Liebherr: »Die Zukunft sind offene Systeme«

Rundherum zufrieden ist die Firmengruppe Liebherr mit der Resonanz auf den Bauma-Auftritt der sieben in München präsenten Unternehmenssparten, die gut 60 Maschinen zeigten und mehr als 100 Exponate insgesamt. »Die Messetage waren für uns extrem intensiv und erfolgreich. Und sie haben ungeheuer viel Spaß gemacht«, sagte Andreas Böhm, Mitglied des Direktoriums der Liebherr-International AG, und verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Liebherr-Motto »Together – Now & Tomorrow«. Was sich Liebherr für seinen Auftritt in München vorgenommen habe, sei erreicht worden: Kunden, Partner, Fans, Standbesucher sowie die Liebherr-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zusammenzubringen, mit Innovationen von heute zu begeistern und mit Lösungen für die Baustelle der Zukunft zu faszinieren. »In drei Jahren werden wir wieder hier sein, mit neuen Lösungen für die Baustelle der Zukunft«, so Andreas Böhm weiter.

Lesedauer: min

Mit den drei Schwerpunktthemen Effizienz, Digitalisierung und Produktverantwortung reagierte Liebherr auch auf die aktuellen Branchentrends und zeigte unter anderem alternative Antriebskonzepte, die für jeden Einsatz passende Lösungen bieten sollen. Erstmals vorgestellt wurde auch das innovative und adaptive Konzept INTUSI, das die Kommunikation von und mit ­Bau­maschinen revolutionieren soll und für das Liebherr mit dem Bauma-Innovationspreis ausgezeichnet wurde (Seite 26). Es ist für die Bau- und Materialumschlagmaschinen von Liebherr der Schlüssel zum Internet of Things und kombiniert eine intelligente Bedienlogik mit einer ausgeklügelten Maschinenintelligenz. Liebherr hat dazu die komplett neue Steuerungsumgebung geschaffen.

»Einhundert Prozent Transparenz«

In diesem Zusammenhang wiesen Gerold Dobler (Unternehmenskommunikation Liebherr-International) und Julian Priebe (Leiter Social Media und Fachpresse Baumaschinen) im Gespräch mit dem bauMAGAZIN darauf hin, dass Liebherr in der derzeitigen Diskussion, wie Maschinendaten künftig miteinander vernetzt werden sollen und ob bzw. welche offenen Schnittstellen es geben muss, eine ganz klare Position beziehe. »Die Zukunft sind offene Systeme. Denn Digitalisierung bedeutet zu 100 % Transparenz, was Prozesse und Kundennutzen betrifft«, sagte Gerold Dobler. »Und diesen Weg wollen wir bei Liebherr gehen.« Mit diesem Ansatz sei beispielsweise auch das Projekt INTUSI konzipiert worden, das bis 2022 marktreif sein soll. »Wir bei Liebherr denken konsequent vom Kunden und vom Bediener der Maschinen.«

Vier Maschinen interagieren

Dementsprechend habe man auch das Vorführgelände auf dem Messestand gestaltet, in dem die fahrerlose Planierraupe 7XX concept, der Radlader L 550 XPower, der Umschlagbagger LH 40 und der Raupenbagger R 924 interagierten und in den Demo-Shows aufzeigten, »wie die Baustelle der Zukunft im Bereich Erdbewegung aussehen könnte«, so Gerold Dobler. »Unser Messekonzept und unser Motto kommen wirklich hervorragend an«, ergänzte Julian Priebe, der zudem auf die »gute Resonanz« der zahlreichen Besucher auf die vielen neuen Modelle verwies.

PR 736 G8 als Universalmaschine

Zu denen gehört auch die Planierraupen-Generation »8«, die in München Weltpremiere feierte. Mit zahlreichen Neuentwicklungen für gesteigerten Fahrerkomfort, besten Planiereigenschaften und mit den neuen serienmäßigen Grading-Systemen positioniert sich die im Liebherr-Werk Telfs produzierte PR 736 G8 als Universalmaschine für sowohl Planier- als auch Gewinnungseinsätze, heißt es bei Liebherr. Angetrieben wird die PR 736 G8 von einem neuen Liebherr-Dieselmotor der Evo-Baureihe (160 kW/217 PS). Dieser erfüllt die Abgasstufe V. Die Abgasreinigung erfolgt mit einer Kombination aus DOC (Diesel-Oxidationskatalysator) und SCR-Filter (Selektive katalytische Reduktion und Partikelfilter). Das Einsatzgewicht beträgt bis zu 25,5 t. Zur Abdeckung eines möglichst großen Einsatzspektrums werden unterschiedliche Schildvarianten (Brust-, Semi-U- und 6-Wege-Schild) mit Kapazitäten von 4,1 m³ bis 5,56 m³ sowie zahlreiche heckseitige Ausrüstungsoptionen angeboten.

Neues Assistenzsystem OAS

Das neue Liebherr-Assistenzsystem OAS (Operator Assistance Systems) hält drei Level an Fahrerunterstützungen bereit: »Free Grade« für aktive Schildstabilisierung beim Feinplanieren, »Definition Grade« für die automatische Schildpositionierung beim Erstellen von 2D-Flächen, »3D Grade« als optionale GPS-Maschinensteuerung zum Modellieren komplexer Geländeformen – unter anderem mit werkseitig dachmontierten GPS-/GNSS-An­tennen.

Serienmäßig kommt »Liebherr Active Sensor Control« zur Stabilisierung aller Schildachsen zum Einsatz. Zwei unabhängige, fest in die Maschine integrierte Sensorkreise (Gyro- und Trägheitssensoren) sollen besonders hohe Planiergeschwindigkeiten und ein perfektes Feinplanum zu jeder Zeit ermöglichen. Die leistungsstarke elektronisch vorgesteuerte Arbeitshydraulik erlaube schnelle Arbeitsspiele bei gleichzeitig hoher Präzision, so Liebherr. Sie lasse sich optimal auf die Einsatzverhältnisse und die Bedürfnisse des Fahrers abstimmen.

Für ergonomisches und produktives Arbeiten bietet der Fahrerstand viele Neuerungen: So kommt erstmalig ein Haltegriff mit integriertem Joystick für den Heckaufreißer in der 25-t-Klasse zum Einsatz. Dieser garantiert eine stabile Sitzposition bei Fahrt über unebenes Gelände. Mit der vollständigen Entkopplung der Kabine vom Grundgerät und dem schalloptimierten Antriebsstrang wurden Vibrationen reduziert und das Geräuschspektrum hinsichtlich kritischer Frequenzen nochmals verbessert.

Erhöhte Kapazität

Von der Raupengeneration »6« wurden neben dem hydrostatischen Fahrantrieb sowohl die proaktive Leistungsanpassung als auch der Eco-Mode übernommen. Daraus resultiere neben hoher Schubleistung auch ein besonders wirtschaftlicher Betrieb. Der neue 6-Wege-Schild mit erhöhter Kapazität (bis 4,84 m³) steigere die Produktionsleistung und vereinfache dank optimierter Anlenkgeometrie das Planieren. Das serienmäßige Flotten-Management-System LiDAT liefert Informationen zur Lokalisierung sowie zum Betrieb der Planierraupe. Dazu gehören unter anderem die Maschinenposition, die Betriebs- und Nutzungszeiten, der Kraftstoffverbrauch sowie Serviceintervall-Informationen.

Großdrehbohrgerät mit Akku

Neu ist auch das vom Liebherr-Werk Nenzing konzipierte und produzierte Großdrehbohrgerät LB 16 unplugged, das nach Herstellerangaben weltweit als erstes seiner Art mit einem Akku betrieben werden kann. Das LB 16 unplugged hat laut Liebherr gegenüber der konventionellen Ausführung keine Einschränkungen in Leistung und Anwendung. Genau wie beim herkömmlichen Gerät mit Dieselmotor können damit maximale Bohrdurchmesser von 1 500 mm und Bohrtiefen bis 34,5 m umgesetzt werden. Der Akku ist für die Dauer eines Arbeitstages von zehn Stunden ausgelegt. Über einen herkömmlichen Baustellenanschluss (32 A, 63 A) wird dieser geladen. Eine Schnellladung in sieben Stunden ist per 125-A-Anschluss möglich.


Einsatzprofil entscheidet

Liebherr zeigte auf der Bauma diverse innovative Antriebskonzepte für verschiedene Einsatzbereiche, hänge doch die Wahl des jeweiligen Antriebskonzepts vom Einsatzprofil des Produkts ab, so die Philosophie der Unternehmensgruppe. Welches Antriebskonzept sich für welchen Einsatz und welche Maschine eigne, sei aber auch immer eine Frage der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Deshalb stehe Liebherr im Zuge aller Entwicklungen stets im intensiven Dialog mit Kunden. Denn sie seien es, die ihre Einsatzbereiche und Rahmenbedingungen am besten kennen. In der Umsetzung verbinde Liebherr die Erfahrungen und Erwartungen seiner Kunden mit dem Know-how und der Test- und Prüfinfrastruktur der Firmengruppe. Dabei sei es ein großer Vorteil, dass das Unternehmen für Neuentwicklungen gegebenenfalls auch Lösungen aus anderen Projekten und Produktsparten aufgreifen und entsprechend adaptieren könne.

Systemlösungen bei Komponenten

Dementsprechend standen Condition Monitoring und Systemlösungen im Mittelpunkt des Bauma-Auftritts der Liebherr-Komponenten. So stellte Liebherr die Demoversion einer App vor, die Möglichkeiten des Condition Monitorings für sämtliche Liebherr-Komponenten aufzeigt – von Dieselmotoren über Energiespeicher, Hydraulik, Getriebe und Großwälzlager. Darüber können Maschinenhersteller die Flotten-Manager, Servicemitarbeiter und Maschinenbediener ihrer Kunden zukünftig über den Zustand der Komponenten informieren. Zusätzlich kann der OEM die erfassten Daten auch zur Optimierung von Kraftstoffverbrauch und Leistung des Geräts nutzen. Perspektivisch lassen sich notwendige Wartungen und außerplanmäßige Servicefälle rechtzeitig erkennen und somit Ausfälle der Maschine reduzieren und verhindern. Liebherr Components fungiert dabei als Entwicklungspartner für den Maschinenhersteller. Innovative Sensortechnologien erweitern die verfügbare Datenbasis, während eine rechenstarke Telematikeinheit mit zahlreichen Schnittstellen fr eine sichere Datenübertragung bei anspruchsvollen Umgebungsbedingungen sorgt.

Zwei neue Motoren

Der Themenkomplex Antriebssysteme mit dem Schwerpunkt Elektrifizierung spielte ebenfalls eine große Rolle auf dem Stand der Liebherr-Komponenten. Dort gab es sowohl einen Überblick über bestehende Elektrifizierungslösungen als auch einen Ausblick auf künftige Möglichkeiten, die neue High-Speed-Elektromotoren bieten. Ein elektrisches Windensystem, eine Antriebsgruppe mit Dieselmotor und Hydraulikpaket, ein Rotationssystem für Tunnelbohrmaschinen und weitere Exponate waren Beispiele für leistungsfähige Liebherr-Teilsysteme. Zu den Highlights bei den Produktvorstellungen zählte unter anderem die Erweiterung des Diesel-Portfolios um einen 6-Zylinder-Motor mit 18 l Hubraum und einen 16-Zylinder mit 83 l Hubraum. Eine modulare Baureihe im Druckbereich bis 260 bar ergänzt das Programm der Hydraulikzylinder. Zudem stellt Liebherr eine neue Generation von Display-Controllern für mobile Arbeitsmaschinen vor.       ß

[11]
Socials