Ein Jahr geht zu Ende, das für die deutsche Baumaschinenindustrie sicherlich eines war, auf das man gerne mit einem zufriedenen Lächeln zurückblickt: Nachfrage und Umsatzzahlen sind im Plus, die Konjunktur in Deutschland brummt mit weiterhin besten Aussichten, der Euro scheint halbwegs stabil, Brexit und Trump haben – zumindest bislang – nicht für größere wirtschaftliche Verwerfungen gesorgt. Selbst Krisenländer wie Spanien, Italien oder Portugal sind wieder als Absatzmärkte auf dem Radar. Gleichwohl ist die Stimmung in der Branche unterschwellig immer noch von einer gewissen Zurückhaltung geprägt, die mit dem Adjektiv »vorsichtig« vielleicht am treendsten umschrieben wird.
Das Thema Ausbau und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur scheint bei den Sondierungs - verhandlungen für eine Jamaika-Koalition, Stand Mitte November, eine eher untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Zumindest war es in dieser Hinsicht verdächtig ruhig. DieMaut als solche, die strittigen ÖPP-Projekte, ein neues Gesetz zur Beschleunigung der Planungsprozesse, der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs auf der Basis von Elektro mobilität oder die schon seit Jahrzehnten geforderte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene: Es wurde noch nicht einmal bekannt, ob darüber verhandelt wurde. Was nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist.
Geburtstag feiern im Konjunktur-Hoch Wer zu runden Geburtstagen einlädt, der hört oft den Spruch »Kinder, wie die Zeit vergeht!« Im Fall von Tante Martina oder Onkel Markus bedeutet das dann: Gerade erst ist der Lieblingsneffe eingeschult worden – und jetzt wird er schon 20. Ähnliches trifft auf das bauMAGAZIN zu: Vor 20 Jahren erstmals im Kemptener SBM Verlag erschienen, ist das bauMAGAZIN schnell erwachsen geworden und gilt heute im deutschsprachigen Raum als eines der führenden Fachmagazine, wenn es um Baumaschinen, Baugeräte und Baufahrzeuge geht. Aus diesem Anlass präsentieren wir Ihnen unsere Oktober-Ausgabe in einer »Special Edition« mit einer auf 30000 Exemplare erhöhen Auflage – und erinnern in unserem »Jubiläumsteil« an die manchmal doch turbulenten Anfangszeiten und daran, warum und wie das bauMAGAZIN seine starke Position im Markt erreichen konnte.
In der deutschen Bauwirtschaft dürfte es in den vergangenen Jahren kaum einen solch’ »sonnigen« Sommer gegeben haben, wie der jetzt zu Ende gegangene. Dabei bezieht sich das »sonnig« aber nicht aufs Wetter, sondern darauf, dass Umsätze und Auftragseingänge weiterhin auf einem hohen Niveau sind – und zwar mit steigender Tendenz. Das ansonsten so gefürchtete Sommerloch war 2017 noch nicht einmal ansatzweise ein Thema. Dementsprechend gut ist auch die Stimmung bei den Baumaschinenherstellern, wie unter anderem die beiden großen Herbstmessen Steinexpo und Nordbau gezeigt haben. In manchen Maschinensegmenten soll es sogar schon wieder längere Lieferzeiten geben.
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Wenn gewählt wird, formulieren Verbände, Interessengruppen und Lobbyisten jeglicher Couleur ihre Forderungen und Wünsche. Vor allem im Vorfeld von Bundestagswahlen heißt es »Wünsch Dir was«. Weshalb es auch nicht verwundert, wenn der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) in einem sogenannten »Parlamentsbrief zur Bundeswahl 2017« eine ganze Latte an Forderungen und Vorschlägen artikuliert. Ganz oben auf der Agenda: Die Wende in der Beschaffungspolitik einleiten, Planungen beschleunigen, Verfahren vereinfachen und mehr bezahlbaren und energieeffizienten Wohnraum schaffen. Ach ja: Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik sollten nicht wie bisher auf verschiedene Ministerien verteilt, sondern in einem starken Ministerium für Bau und Infrastruktur gebündelt werden.
Während im Vorfeld der Verabschiedung der Bund-Länder-Finanzreform mit der neuen Infra strukturgesellschaft als einer der zentralen Bestandteile die medialen Wellen zeitweise sehr hoch schlugen, ist das Echo nach der finalen Entscheidung im Bundesrat Anfang Juni vergleichsweise klein ausgefallen. Was wohl daran lag, dass das höchst strittige Thema einer möglichen Privatisierung der Gesellschaft und damit des 13000 km langen Autobahnnetzes jetzt per Gesetz ausgeschlossen ist. Weiterhin möglich sind jedoch ÖPP-Projekte – und die sind nach wie vor heftig umstritten.
Früher hätte es in dem Fall lapidar und etwas flapsig geheißen: »Der Laden brummt!«
In heutigen Zeiten jedoch sind eher akademische Formulierungen en vogue, stehen diese doch für Seriosität und für fundierte, mit wissenschaftlichen Methoden ermittelte Daten. Weshalb die Deutsche Bundesbank in ihrem Bericht im Wonnemonat Mai hinsichtlich der Konjunktur in Deutschland zu dem Schluss kommt: »Damit überstieg das Tempo der gesamtwirtschaftlichen Expansion spürbar die Potenzialrate.« Und weil es auf dem Bau besonders brummt, haben die Verbände ihre Umsatzprognose im Bauhauptgewerbe für 2017 angehoben: Statt mit 5 % rechnet man jetzt mit einem Plus von nominal 6 %.
Es gibt nur wenige Branchen in Deutschland, die sich seit Jahren über ein kontinuierliches Wachstum freuen können. Eine dieser Branchen ist der Garten- und Landschaftsbau. Denn dessen Gesamtumsatz ist auch 2016 wieder gestiegen, und zwar von 7,14 (2015) auf 7,48 Mrd. Euro. Besonders bemerkenswert: Dieses Umsatzplus von 4,68 % ist bereits das achte in Folge. Das dürfte selbst im Vergleich mit den erfolgsverwöhnten Hightech-Branchen absolut rekordverdächtig sein.
Jetzt dürften auch die allerletzten Skeptiker überzeugt sein, liegen doch nun die Zahlen schwarz auf weiß vor: Der europäische Baumaschinenmarkt gehört im weltweiten Vergleich zu den Topwachstumsregionen und hat 2016 ein Plus von 10 % verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr. Das hat das »Committee for European Construction Equipment« (CECE), das als europäischer Dachverband die Interessen von mehr als 1 000 Baumaschinenherstellern vertritt, in seinem Jahresbericht 2017 bekannt gegeben. Und auch für 2017 erwartet das CECE 2017 ein stabiles Umsatzwachstum der Baumaschinenindustrie mit leichtem Aufwärtstrend.
Die Digitalisierung ist der Megatrend, der ganze Industriezweige revolutioniert oder neu
kreiert – eben Industrie 4.0, so eine besonders griffige Formulierung. Auch für die Bau- und Baumaschinenindustrie brechen neue Zeiten an. Wie umwälzend diese sind bzw. werden, in welcher Geschwindigkeit dieser Prozess abläuft, das ist heute höchstens in Ansätzen erkennbar. Bei aller berechtigten Euphorie aufgrund der sich bietenden neuen Möglichkeiten sei eine Prognose gewagt: Bis jedes Bauunternehmen die Digitalisierung wirklich nutzen will und kann, wird es noch dauern.
Vorfreude ist die schönste Freude, und diese dürfte in der deutschen Bau- und Baumaschinenbranche zu Beginn dieses Jahres besonders ausgeprägt sein. Denn die Prognosen für die Bauwirtschaft sind mit einem Umsatzwachstum von rund fünf Prozent auf dann etwa 112,2 Mrd. Euro so optimistisch wie schon lange nicht mehr. Dabei sind nahezu alle Indikatoren positiv. Wären da nicht die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump und der Brexit. Beides hat das Potenzial, die internationale Ordnung ins Wanken zu bringen und damit auch die globale Wirtschaft. Dann kann es ein böses Erwachen geben.
Es ist schon verblüffend: Eigentlich sind die Vorzeichen gut, schaut man auf die aktuellen Zahlen und auf die Prognosen für 2017. Trotzdem gibt es in der deutschen Baumaschinenindustrie keine Spur von Euphorie. Es scheint so, als ob viele dem Frieden nicht so richtig trauen, wie es so schön heißt. Was auch verständlich ist: Denn selten dürften die Unwägbarkeiten für die Wirtschaft größer gewesen sein.