Welcher Schauspieler träumt nicht davon, endlich einmal eine Hauptrolle spielen
zu können, anstatt im Film-Abspann nur immer im Kleingedruckten erwähnt zu werden. Und welches Unternehmen wünscht sich nicht, dass seine Produkte bei der werten Kundschaft endlich auf eine solche Resonanz stoßen, dass selbst die Platzhirsche der Branche anerkennend nicken. Eine Erfahrung, die seit dem vergangenen Jahr die Manager des südkoreanischen Baumaschinenherstellers Hyundai in Europa immer öfter machen dürfen. »Die Intermat 2015 war ein Meilenstein für uns. Mit den dort neu vorgestellten Baggern der HX-Reihe und den Radladern der HL-Serie haben wir den Durchbruch geschafft«, sagt Frank Frickenstein im Gespräch mit dem bauMAGAZIN. Weshalb er als Vertriebsleiter für die Märkte in der deutschsprachigen DACH-Region ein anspruchsvolles Umsatzziel formuliert: »Nach 10 % bis 15 % Plus im vergangenen Jahr rechnen wir für 2017 mit einer Umsatzsteigerung von bis zu 30 %. Und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.«
Von Michael Wulf - Es gibt gleich mehrere Gründe für das gewachsene Selbstbewusstsein der Hyundai-Manager. Einer davon hängt auch ein wenig mit einem Ereignis zusammen, das schon ein paar Jahre zurückliegt und die Schwesterfirma Hyundai Motor Group mit den Automarken Hyundai und Kia betrifft. Als nämlich 2011 auf der IAA in Frankfurt der damalige unangefochtene VW-Chef Martin Winterkorn samt Entourage den Golf-Rivalen Hyundai i30 genauestens inspizierte, wurde daraus ein weltweiter YouTube-Hit. Denn das Video zeigt, wie sehr die extrem solide Lenkradverstellung des i30 dem VW-Boss imponierte – »Da scheppert nix« – und der leicht ungehalten fragte: »Warum kann’s der? BMW kann’s nicht, wir können’s nicht. Warum kann‘s der?« Für die Automanager war das Winterkorn-Lob aus marketingtechnischer Sicht unbezahlbar, aber es schlug auch in der gesamten Hyundai-Welt hohe Wellen. »Alle Hyundai-Ingenieure, auch unsere, liefen auf einmal nur noch mit einem Lächeln herum«, erinnert sich Frank Frickenstein an den »Ritterschlag« durch VW.
Produktreihen vervollständigt
Bei den jüngsten Erfolgen der Hyundai-Baumaschinensparte indes spielen auch andere Aspekte eine große Rolle. An erster Stelle stehen dabei die erstmals 2015 auf der Intermat in Paris neu vorgestellten und ein Jahr später auf der Bauma komplettierten Bagger- und Radlader-Reihen HX, HW und HL. »Wir haben alle unsere Produktreihen vervollständigt und bieten diese auch mit Optionen an, die für den europäischen sowie speziell für den deutschen Markt unabdingbar sind«, betont Frank Frickenstein. »Und das mit einem hohen Qualitätsanspruch bei Einhaltung aller Emissionsnormen, mit Top-Werten beim Kraftstoffverbrauch sowie mit modernster elektrohydraulischer Steuerung und einer extrem effizienten Hochleistungshydraulik.« So verfüge Hyundai bei den Baggern über eine nahezu durchgängige Range von 1,6 t bis 120 t, einzig im Bereich von 70 t gebe es noch eine kleine Lücke. Ebenfalls komplett sei nach der Neuvorstellung des HL975 im März die neue Radlader-Reihe HL, zu der außerdem die Modelle HL940, HL955, HL960, HL970 und HL980 gehören.
Mit Verstellauslegern oder breiteren Achsen
Zu den für deutsche Kunden so wichtigen Optionen zählt Frank Frickenstein vor allem die Verstellausleger, die Hyundai seit Frühjahr sowohl bei den HX-Kettenbaggern im Bereich von 14 t bis 30 t, als auch bei den Mobilbaggern der HW-Reihe im Bereich von 14 t bis 21 t anbietet. Zwar habe es seine Zeit gedauert, bis man »die Kollegen in Südkorea von der Notwendigkeit überzeugen konnte«, Verstellausleger oder auch breitere Achsen bei den Mobilbaggern als Optionen anzubieten, so Frickenstein weiter, »doch jetzt sind wir auf einem Top-Weg«.
Hyundai habe sich bei der Entwicklung der neuen Serien darauf eingelassen, was auch vom deutschen Markt gefordert werde, sagte Frank Frickenstein. »Das Verständnis für die Anforderungen hier hat sich stark verbessert und ist inzwischen ein ganz anderes als noch vor einigen Jahren. Das macht sich massiv positiv bemerkbar.« Zudem habe die Konzernleitung in den vergangenen Jahren sehr wohl gemerkt, wie stabil der deutsche Markt sei. »Hyundai setzt in Europa klar auf Deutschland, das mit der größte europäische Markt ist, was Stückzahlen und Umsatz betrifft. Zumal die Auswirkungen des Brexit auf den Absatz im Vereinigten Königreich noch nicht absehbar sind. Klar ist aber schon heute: Das Leben in UK wird für uns nicht leichter.«
Neue Europazentrale »ein wichtiges Signal«
Als ein »enorm wichtiges Signal« an den Markt – also an Kunden und Händler – bezeichnet Frank Frickenstein den Bau der neuen europäischen Unternehmenszentrale im belgischen Tessenderlo, die in diesen Herbst offiziell eröffnet wird. Insgesamt hat Hyundai rund 30 Mio. Euro in die neue Europa-Zentrale in der Provinz Limburg – der bisherige Standort im benachbarten Geel wird aufgeben – investiert (das bauMAGAZIN berichtete in Heft 10/15, Seite 20).
»Früher fragten uns unsere Geschäftspartner oft, wie langfristig geplant denn das Engagement von Hyundai in Europa oder in Deutschland sei«, erinnert sich Frank Frickenstein. »Diese Frage taucht heute nicht mehr auf. Vielmehr hören wir jetzt immer öfter, dass Kunden über den Wechsel zu einer anderen Marke nachdenken. Und diese Marke sind wir. Ich glaube schon, dass Hyundai in die Lücke stoßen kann, die andere Hersteller hinterlassen haben.«
Hyundai-Konzern ist neu strukturiert
Die neue Hyundai-Europazentrale besteht aus einem dreistöckigen 5 400 m² großen Verwaltungsgebäude, einem Lagerhaus mit einer Fläche von 13 000 m², einem Schulungszentrum, einer Veranstaltungshalle und einem Ausstellungsraum. Das insgesamt 81 000 m² große Gelände liegt verkehrstechnisch ideal an der Autobahn E313, die nach Antwerpen führt, wo das Hyundai-Auslieferungslager beheimatet ist. »Wir sind mit der Marke Hyundai in Europa jetzt seit mehr als 20 Jahren präsent. Mit dieser Europa-Zentrale erreichen wir ein neues Niveau, das uns in die Lage versetzt, unsere ambitionierten Ziele in den kommenden Jahren zu realisieren«, sagt Alain Worp, der bei der Grundsteinlegung im September 2015 noch als Sales Director bei Hyundai Heavy Industries Europe (HHIE) für den Vertrieb der Baumaschinen in allen europäischen Märkten verantwortlich war, im Januar aber zum Geschäftsführer Europa berufen wurde.
Eine wichtige Personalie, ist doch Alain Worp – seit gut 13 Jahren in Diensten von Hyundai – der erste Europäer, dem diese Leitungsfunktion übertragen wurde. Dazu kommt: Der Konzern Hyundai Heavy Industries (HHI) wurde vor allem aufgrund der Krise im Schiffsbau Ende vergangenen Jahres in sechs Bereiche aufgespalten. Die Baumaschinen- und Gabelstapler-Sparte firmiert seit diesem April offiziell als Hyundai Construction Equipment und soll als eigenständiges Unternehmen weltweit seine Marktanteile ausbauen. Die europäischen Aktivitäten wurden von Hyundai Heavy Industries Europe (HHIE) in Hyundai Construction Equipment Europa (HCEE) unbenannt.
»Bieten eine echte Alternative«
Frank Frickenstein beurteilt diese umfassende Konzern-Restrukturierung als »sehr vorteilhaft« für den Sektor Baumaschinen, könnten doch jetzt strategische Entscheidungen in eigener Regie gefällt werden. »Bei HHI war traditionell der Schiffsbau als größte und wichtigste Sparte die dominierende Unternehmenseinheit, und die gab die Richtung vor. Als jetzt eigenständige Hyundai Construction Equipment sind wir schlanker aufgestellt, wesentlich fokussierter und können künftig eigene Entscheidungen treffen, was sich meiner Ansicht nach mittelfristig positiv auswirken wird.« Beispielsweise dahingehend, dass Hyundai seine Maschinen auch mit eigenen Anbaugeräten ausrüstet. »Aus meiner Sicht wäre das wichtig, auch wenn das derzeit noch nicht absehbar ist«, sagt Frank Frickenstein. Allerdings gebe es Überlegungen, mit Anbaugeräteherstellern zu kooperieren.
Eine andere für Hyundai wichtige Kooperation ist seit Herbst letzten Jahres in trockenen Tüchern: die Partnerschaft mit CNH Industrial. Der Vertrag für die Produktion von Mini- und Midibaggern mit einem Einsatzgewicht von 1,6 t bis 6 t zwischen Hyundai und CNH Industrial mit den Marken Case und New Holland umfasst die Lieferung von vier komplett montierten Minibagger-Modellen sowie von Bausätzen für weitere zehn Bagger in diesem Segment, die im Case-Werk im italienischen San Mauro montiert werden.
»Wir können im Bereich der Mini- und Midibagger, des zuletzt mit am stärksten wachsenden Maschinen-Segments, eine echte Alternative bieten, die auch die hohen technologischen Anforderungen des deutschen Marktes erfüllt«, sagt Frank Frickenstein.
Stellenwert der Marke Hyundai gestiegen
Zufrieden ist er mit der Entwicklung beim Ausbau des deutschen Händlernetzes. »Im Norden und Süden Deutschlands sind wir mittlerweile ganz gut aufgestellt«, sagt er. »So haben wir zuletzt mit Olav Zwingenberger und seiner ZWO Baumaschinen einen leistungsstarken Partner im Rhein-Neckar-Raum gewonnen. Allerdings gibt es in der Mitte Deutschlands sowie im Nordosten und im Südosten noch einige Löcher.«
Ein »ganz spezieller Fall« ist für ihn der Erfolg des norddeutschen Handelspartners Wienäber Baumaschinen. Der habe sich in kürzester Zeit dank eines professionellen Managements und Investitionen in Millionenhöhe »top entwickelt« und sei heute mit der umsatzstärkste Hyundai-Händler in Deutschland und damit ein »absoluter Glücksgriff«.
Grundsätzlich, so Frickensteins Einschätzung, sei in Deutschland der Stellenwert der Marke Hyundai gestiegen. »Das Interesse der Händler, aber auch von den großen Bauunternehmen, ist jetzt viel größer als in den vergangenen Jahren. Hinter Liebherr, Caterpillar und Volvo, die in Deutschland sicherlich die führenden Marken sind, können wir uns immer besser behaupten.«
Dementsprechend selbstbewusst bereiten Frank Frickenstein und sein Team auch den Hyundai-Auftritt auf der Steinexpo vor, auf der die zwei Raupenbagger HX 480 und HX 520 sowie die Radlader HL 975 und HL 980 gezeigt werden. »Mit diesen Maschinen sehen wir uns im Kreis der illustren Steinexpo-Aussteller gut positioniert.«