Komatsu: »Unsere Auftragslage ist wirklich sehr, sehr gut«

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Von: Michael Wulf

Die Stimmung ist bestens, die Nachfrage der Kunden groß und dementsprechend entwickeln sich die Absatzzahlen: Am Standort Hannover, an dem Komatsu Germany kleine und große Radlader (5 t bis 36 t) sowie Mobilbagger (bis 20 t) für den europäischen Markt entwickelt und produziert, ist die Zuversicht groß im Jubiläumsjahr 2021. Denn vor 100 Jahren ist Komatsu, heute der zweitgrößte Baumaschinenhersteller der Welt, gegründet worden. »Wir denken, dass wir in Hannover relativ zeitnah wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen werden«, erklärten im Gespräch mit dem bauMAGAZIN Marco Maschke als Leiter des Deutschland-Büros von Komatsu Europe International und Ingo Büscher, Geschäftsführer des Werkes Hannover, das im Geschäftsjahr 2019/20 mit seinen gut 750 Mitarbeitern einen Umsatz von 262,4 Mio. Euro erwirtschaftete. »Wir sind relativ optimistisch für 2021 und gehen von einem Wachstum von 5 % aus.« So liegen seit September die Auftragseingänge weit über denen des Vorjahreszeitraums, gehören Überstunden wieder zum Alltag. »Unsere Auftragslage ist wirklich sehr, sehr gut«, so Ingo Büscher.

Dass Corona im vergangenen Jahr auch bei Komatsu Germany zu Beginn für Irritationen und bei den Kunden zu einer »enormen Verunsicherung« sowie in der Folge zu einem Rückgang bei den Maschinenauslieferungen geführt hat, haben Marco Maschke und Ingo Büscher schon so gut wie abgehakt. »Die Folgen der Pandemie waren wesentlich geringer für uns als beispielsweise nach der Finanzkrise«, betonten sie. So habe man wegen Corona das Werk nicht geschlossen, sondern nur zeitweise auf eine Drei-Tage-Woche umgestellt. Keinerlei Einschränkungen habe es bei den fünf deutschen Komatsu-Distributoren in den Bereichen Service, Verkauf und Beratung gegeben. »Wie andere Hersteller auch, haben wir sehr davon profitiert, dass die Bauaktivitäten in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa, wegen Corona so gut wie nicht eingeschränkt waren und nahezu normal auf den Baustellen gearbeitet wurde.«

Seit September letzten Jahres hat sich die Situation grundlegend verändert. Erst zog die Nachfrage nach den kompakten Radladern an, die von den pandemiebedingten Rückgängen nur im geringen Umfang betroffen waren, dann nach den großen Maschinen, vor allem gegen Ende des Jahres. Dafür gibt es laut Marco Maschke und Ingo Büscher mehrere Gründe. Zum einen seien die Bauaktivitäten in Deutschland nicht eingeschränkt worden, zum anderen sei die Nachfrage nach Rohstoffen ungebrochen hoch. »Vor allem unsere Großkunden investieren seitdem in neue Maschinen.« Weshalb sich Kunden auch schon einmal gedulden und eine Lieferzeit von ein paar Wochen akzeptieren müssen.

Knapp 3 000 Einheiten für dieses Jahr in der Planung

Wurden im vergangenen Jahr exakt 1 896 Maschinen in Hannover produziert und ausgeliefert, so geht man für 2021 von einer »deutlichen Steigerung« aus. »Wir wollen wieder klar stärker wachsen als der Markt«, so Marco Maschke, »und wir sind zuversichtlich, dass das auch so kommen wird.« Danach sollen – so der Stand kurz nach Ostern – dieses Jahr knapp 3 000 Einheiten in Hannover vom Band laufen. »Geplant sind rund 1 100 kleine Radlader, 1 100 große Radlader und ungefähr 700 Mobilbagger«, konkretisierte Ingo Büscher die Planungen. Selbst wenn die Nachfrage noch einmal anziehen würde, könnte man ohne größere Aufwände »ein Plus von 500 Maschinen« realisieren. »Die Ressourcen dafür haben wir.«


Grundsätzlich ist Marco Maschke davon überzeugt, dass man »relativ zeitnah wieder ein Niveau erreicht, wie es vor der Pandemie der Fall war«. Vor allem auf Grund des nach wie vor sehr hohen Bedarfs im Bereich der Infrastruktur in Deutschland, auch wenn die Planungen dafür in den zuständigen Behörden wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht im gewünschten Umfang umgesetzt werden könnten – obwohl die finanziellen Mittel dafür vorhanden seien. »Wir sind trotzdem sehr zuversichtlich für die kommenden zwei bis drei Jahre«, so Marco Maschke, »zumal in Deutschland viele unserer Kunden über eine hohe Liquidität verfügen nach den Rekordjahren 2018 und 2019 und in neue Maschinen investieren wollen.« Das sei allerdings eine »Besonderheit des deutschen Marktes«, der sich in dieser Hinsicht von anderen europäischen Märkten unterscheide.

WA475-10 mit »modernster Antriebstechnologie«

Zwei in Hannover produzierte Maschinen spielen dabei eine besondere Rolle: Der Radlader WA475-10 und der Mobilbagger PW158-11. Diese neuen Ma­schinen sind auf »durchweg positive und große Resonanz« in Deutschland gestoßen, betonte Marco Maschke. Mit seinem leistungsverzweigten Getriebe verfüge der WA475-10 über die »mo­dernste Antriebstechnologie« und biete eine wesentlich »bessere Kosteneffizienz« als das Vorgängermodell. Dementsprechend seien die Rückmeldungen der Kunden. Weshalb schon heute feststehe, dass man die ursprünglichen Absatzplanungen für dieses Jahr deutlich übertreffen werde – was Ingo Büscher so kommentiert: »Es macht einfach Spaß, den WA475-10 zu bauen.«

Mobilbagger PW158-11 »trifft absolut den Nerv«

Das gilt auch für den Mobilbagger PW158-11. »Das ist für uns eine sehr besondere Maschine«, so Ingo Büscher weiter. »Wir haben den PW158-11 in Zusammenarbeit mit unseren Distributoren für den europäischen Markt in Rekordzeit komplett neu entwickelt und die Absatzzahlen im Vergleich zum Vorgängermodell mehr als verdoppeln können.« Aufgrund der kompakten Abmessungen dank des geringen Heckschwenkradius’ von lediglich 1 900 mm sei dieser 16 t schwere Kurzheckbagger vor allem für den Einsatz auf räumlich begrenzten, innerstädtischen Baustellen ausgelegt und ermögliche mit seinen großen Hubkräften in allen Positionen eine hohe Produktivität. »Mit dem PW158-11 haben wir den Nerv bei unseren Kunden absolut getroffen.«

HITeC wertete den Standort Hannover auf

Diese Neuentwicklung sei zudem auch ein gutes Beispiel dafür, wie gut und eng Komatsu Germany mit seinen fünf deutschen Distributoren – BRR Baumaschinen Rhein-Ruhr (Herne), GP Baumaschinen (Halle), Kuhn Baumaschinen Deutschland (Hohenlinden), Ritter & Schwald Baumaschinen (Schliengen) und Schlüter Baumaschinen (Erwitte) – zusammenarbeite und wie das für rund 15 Mio. Euro neu gebaute und 2019 eröffnete »Hannover Innovation Technical Center« (HITeC) den Komatsu-Standort Hannover aufgewertet habe.

»Sämtliche Unternehmensbereiche arbeiten hier eng vernetzt«, sagte Ingo Büscher. »Diese direkte Kommunikation macht die Arbeitsabläufe effizienter und wirkt sich positiv auf die Abstimmung bei der Produktentwicklung aus.« So ist das Werk Hannover mittlerweile auch in die globale Komponenten-Lieferkette von Komatsu integriert und produziert Achsen für Komatsu in Amerika. »In einigen Bereichen sind wir technologisch mit führend im Konzernverbund und können dementsprechend auch Impulse geben«, so Ingo Büscher weiter. Die kontinuierlichen Investitionen »in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags«, wie es Marco Maschke formuliert, haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Standort Hannover »mittlerweile auf Augenhöhe diskutieren kann« mit den Komatsu-Stammwerken in Japan. »Das ist ein ganz großer Vorteil für uns.« Eine entscheidende Rolle spiele dabei in Hannover die »digitale Transformation, die in einem permanenten Prozess eine effizientere und sicherere Produktion ermögliche (siehe auch Kasten »Die digitale Transformation als Katalysator« auf Seite 26).

»Die digitale Transformation  fungiert wie ein Katalysator«

Einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag hat Komatsu Germany in den vergangenen Jahren in das Werk in Hannover investiert, um mit neuen Technologien, Konzepten und Innovationen den Kundennutzen zu stärken. »Im Zuge der Digitalisierung und mit einer klaren Ausrichtung auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern, Distributoren und Kunden wurden all diese Aktivitäten umgesetzt«, betont Ingo Büscher, Geschäftsführer der Komatsu Germany GmbH.

Oberste Priorität hätten die Bedürfnisse der Kunden mit dem Fokus auf Sicherheit, Qualität und Lieferzeiten, so Ingo Büscher weiter. Dabei fungiere »die digitale Transformation wie ein Katalysator«, und zwar »von der Ideenfindung bis zur einsatzfähigen Baumaschine – und darüber hinaus in steigendem Maße in Form von immateriellen Werten und Nutzen für Kunden und Gesellschaft«. Ein Beispiel für die über­greifende Zusammenarbeit und Lösungsentwicklung sei der Virtual-Reality-Raum. Er werde sowohl von Forschung und Entwicklung, als auch für Serviceschulungen für Distributoren genutzt.

In Hannover sind zudem die Produktionsprozesse weiter digitalisiert und neue, sehr flexible Produktionsanlagen in Betrieb genommen worden, wie zuletzt Schweißroboter aus dem eigenen Konzern oder ein Groß-Bearbeitungszentrum des Systempartners Emco. Durch die weitgehend abgeschlossene Digitalisierung der entsprechenden Prozesse seien die Voraussetzungen dafür geschaffen, auch seltene Optionen mit der gleichen Präzision wie Basisumfänge herzustellen. Das ermög­liche die Produktions-Losgröße »1« nicht nur in der Montage, so Ingo Büscher, sondern auch bei vorgelagerten Prozessen, wie der Kommissionierung.

Kernkomponenten in Hannover produziert

Qualität und Flexibilität seien für Komatsu-Kunden ausschlaggebende Punkte bei der Kaufentscheidung. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten die Kernkomponenten, wie beispielsweise Achsen, Getriebe, Schaufeln, Oberwagen oder Vorder- und Hinterrahmen, die »just in time« im Werk in Hannover produziert werden. Aber nicht allein die Produktion am Standort Hannover profitiere von diesen Kernkompetenzen. So bezieht aufgrund der globalen Vernetzung auch Komatsu in Amerika Achsen »Made in Germany«.

Durch die jüngsten Investitionen in zwei neue Komatsu-Schweißroboter habe man bei Kostenreduktion die Prozesssicherheit und die Produktionskapazität im Stahlbau deutlich verbessern können. Durch die Erhöhung des Roboter-Schweißanteils von 70 % auf 90 % im Zusammenspiel mit der Echtzeit-Steuerung seien die Durchlaufzeiten in etwa halbiert worden, was zu kürzeren Lieferzeiten der Endprodukte beitrage.

Sonderlösungen im Standardprozess

»Moderne Fertigungstechnik, innovative digitale Prozesse und das Know-how unserer Mitarbeiter ermöglichen es uns, sogar bis zwei Tage vor Produktionsbeginn die Spezifikation noch anzupassen«, erläutert Ingo Büscher. »Das gilt auch für Sonderlösungen, die im Übrigen direkt am Montageband angebaut werden können. Durch das Einfließen in den Standardprozess wird eine durchgängig hohe Qualität sichergestellt – und der Kunde erhält seine Maschine schneller.«

In Hannover wird auch die Versorgung der europäischen Kunden mit aufbereiteten Motoren sichergestellt. Für diese Aufgabe wurde eine der denkmalgeschützten Werkshallen im Innenbereich komplett saniert. Dort erfolgt die auftrags- bzw. kundenbezogene Modifikation von aufbereiteten Basismotoren für unterschiedliche Produktgruppen, sodass diese in den jeweiligen Kundenmaschinen verbaut werden können. Hier fungiert Komatsu als Partner für seine Distributoren.

Die Trainings der Komatsu Driving Academy in Hannover richten sich an Kunden, die eine neue Komatsu-Maschine erworben haben, aber auch für erfahrene Komatsu-Baumaschinenfahrer. Zentraler Bestandteil ist die Schulung auf einem Fahrsimulator, der originalgetreu dem Komatsu Radlader WA470 nachempfunden ist.     m

Globaler Leitgedanke: »Creating value together«

Aber auch die Vernetzung sämtlicher digitaler Prozesse auf der Baustelle und wie die dort eingesetzten Maschinen miteinander kommunizieren können steht für den Hersteller mit im Vordergrund und ist einer der elementareren Bausteine des im Jubiläumsjahr neu formulierten globalen Komatsu-Leitgedanken »Creating value together«.

Der soll das Ziel des Unternehmens unterstreichen, durch Innovationen in Technologien und Fertigungsprozesse mit sicheren, hochproduktiven, intelligenten und sauberen Arbeitsplätzen ein nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen. »Mit unserer Lösung Smart Construction wollen wir eine Brücke bauen, damit künftig alle Maschinen miteinander vernetzt werden können, auch wenn es sich um Maschinen von anderen Herstellern handelt«, so Marco Maschke. Grundsätzlich jedoch sei die Thematik der offenen Schnittstellen immer noch »ein weites Feld«.

Alle Hersteller müssten sich idealerweise auf eine einheitliche Lösung einigen. Als globaler Hersteller, der auch eine globale Lösung benötige, habe Komatsu mittlerweile einen eigenen Vorschlag unterbreitet. Beispielsweise könnten Daten über einen Drittanbieter in einer Cloud gepoolt werden, auf die dann alle Anwender zugreifen können.

Aber eine von allen akzeptierte Lösung wird sich seiner Einschätzung nach »realistisch betrachtet frühestens in zwei oder drei Jahren« realisieren lassen, so Marco Maschke. »Bei dieser Thematik handelt es sich jedoch um eine sehr komplexe An­gelegenheit.«    m

Unternehmen

Komatsu Germany ist eine Tochtergesellschaft der japanischen Komatsu Ltd, dem weltweit zweit­größten Baumaschinenhersteller, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert. Komatsu verfügt in Deutschland über zwei Produktionsstandorte: In Düsseldorf, wo Mining-Bagger produziert werden, und in Hannover, wo Komatsu nach der Übernahme der traditionsreichen Hanomag AG seit 1989 präsent ist. Dort werden auf dem rund 200 000 m2 großen Werksgelände kompakte und große Radlader (5 t bis 36 t) sowie Mobilbagger (bis 20 t) für Europa entwickelt und gebaut. In den Standort Hannover hat Komatsu in den vergangenen Jahren einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag investiert, unter anderem rund 15 Mio. Euro in den Bau des im Oktober 2019 eröffneten Hannover Innovation Technical Centers (HITeC). Das Werk Hannover hat im Geschäftsjahr 2019/20 mit seinen gut 750 Mitarbeitern einen Umsatz von 262,4 Mio. Euro erwirtschaftet, Geschäftsführer dort ist seit April 2020 der langjährige Gesamtproduktionsleiter Ingo Büscher.

 

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