Getreu dem Grundsatz »Schneiden statt brennen« hatten die Hersteller die Schrottschere SH600R von MBI an einem Kettenbagger SK350NLC-11E von Kobelco auf der IFAT vorgestellt. Der Clou: Die Nutzung der Schere egalisiert nicht nur die ökologischen Richtlinien – sie ist dem klassischen Schneidbrennen auch wirtschaftlich betrachtet um einiges voraus. Aufgrund der seit gut zwei Jahren geltenden Neufassung der TA Luft, die faktisch das Schneidbrennen als thermisches Trennverfahren auf Abbruchbaustellen und in anderen ungeschützten Bereichen wie etwa Schrottrecyclingplätzen weitgehend einschränkt oder gar verbietet, steht die Branche vor neuen Herausforderungen – viele Betriebe müssen gewohnte Arbeitsweisen überdenken oder massiv in TA-Luft-gerechte Schutzmaßnahmen investieren. Gleichzeitig, so Dominik Erath, ist aber der »Bedarf an hochwertigen Sekundär-Rohstoffen enorm gewachsen, da sich auch die Stahlproduktion in einem tief greifenden Transformationsprozess befindet«. Statt weiter auf die klassische CO₂-intensive Hochofen-Produktion, die zudem nur eine geringe Schrottzugabe erlaubt, setzt die Branche immer mehr auf moderne Elektrolyt-Verfahren. Diese ermöglichen Wiederverwertungsraten von bis zu 100 %. Soll heißen, das Stahl-Recycling gewinnt immer mehr an Bedeutung, weshalb effizientere Lösungen gegenüber dem Schneidbrennen ohnehin angeraten sind.
Ein wahrlich guter Grund ist die Kosteneffizienz
Letztlich dürfte sich das »Schneiden statt brennen« nicht nur als kluges Umdenken, sondern auch als wirtschaftlicher Vorteil erweisen. Der Einsatz eines Schneidbrenners kostet laut Branchenexperten zwischen 50 und 60 % mehr als das Schneiden mit einer Schere. Ein wichtiger Faktor ist dabei auch der Geräteträger: »Die neueste Generation an Baggern greift auf moderne Technik zurück, mit der sich die Effizienz der Maschine steigern und die Emissionen verringern lassen. Gleichzeitig steht dem Anwender mit einem Bagger wie dem SK350NLC-11E ein Multitool-Carrier zur Verfügung, der mit hoher Leistung, Zuverlässigkeit und Flexibilität punktet«, wie Hanns Markus Renz klarstellte.
Tatsächlich kommt der 350er auf eine Leistung von 210 kw bei einem Einsatzgewicht von 37 t bis 38,6 t. Verantwortlich ist dafür ein wassergekühlter Sechszylindermotor des Typs Isuzu 6HK1 der EU Stufe V. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vielseitigkeit des Kobelco-Baggers. Der SK350NLC-11E lässt sich überall da einsetzen, wo viel Kraft, aber auch flexibles und schnelles Arbeiten notwendig ist. Bereits in der Standardausrüstung mit 6,50-m-Ausleger und 3,30-m-Stiel ermöglicht er Anbaugewichte bis 5 t: Über klassenübliche Schnellwechsler kann der 40-Tonner so mit effizienten Werkzeugen bis 4,5 t arbeiten. Mithilfe zahlreicher Voreinstellungen der Baggerhydraulik gestalten sich Werkzeugwechsel schnell und problemlos. Und mit 2 990 mm Transportbreite des NLC-Fahrwerks lassen sich laut Hersteller auch Kurzzeiteinsätze schnell und kostengünstig realisieren.
Ein bedarfsgerechtes Zerkleinern und Vorsortieren
Noch leistungsfähiger soll der Kobelco-Vierzigtonner im Zusammenspiel mit einer direkt am Ausleger montierten Schrottschere sein. In München zeigten Kobelco und MBI diese »Customized«-Lösung, die vom Kobelco-Händler Thomas Baumaschinen aufgebaut wurde. Unter anderem erhielt das Grundgerät mit gestrecktem Ausleger eine Tele-Kippkabine, Zentralschmierung, Kettenabstreifer sowie weitere Sonderlösungen auf Kundenwunsch. Bei der bedarfsgerechten Zerkleinerung unterschiedlichster Stahlkonstruktionen, kompletter Fahrzeuge oder Maschinenkomponenten ist die rund 6 t schwere MBI-Schrottschere MBI SH600R voll in ihrem Element. Mit über 9 000 kN Schneidkraft trennt sie auch schwere Stahlträger und -rohre, was laut Dominik Erath die Bereitstellung von sortenreinen und maßgerechten Recycling-Stählen bereits vor der Anlieferung oder direkt im Stahlwerk erleichtert.
Die Schrottschere SH600R entspringt der neuen MBI-Scherengeneration der Produktreihe SH Eagle 3 und ist »das Ergebnis aus über fast 30 Jahren an Entwicklung und Forschung«, wie Paolo Mantovani, CEO bei MBI, in einer Mitteilung kürzlich klarstellte. Insgesamt seien rund 3 000 h an Entwicklungsarbeit und über 10 000 Teststunden eingeflossen, um am Ende eine leichtere und kompaktere, aber eben auch leistungsfähigere Schere auf den Weg zu bringen. Die SH600R ist für Bagger mit bis zu 70 t Einsatzgewicht konzipiert worden. Gegenüber seinen Vorgängern verfügt sie über ein neues Schnittsystem, neue Zylinder mit vergrößertem Durchmesser sowie ein neues Design des beweglichen Oberkiefers. Hinzu kommt, dass die am stärksten beanspruchten Bauteile mit austauschbaren Hardox 500-Stahlplatten verstärkt wurden.
Höhere Produktivität bei steigender Wertschöpfung
Laut Dominik Erath ist das Bagger-Schere-Verfahren im direkten Vergleich zur manuellen Schneidbrenner-Zerkleinerung um bis zu 60 % wirtschaftlicher. »Und das bei ungleich besseren Voraussetzungen für das Personal und die Umwelt.« Die erklärte Zielsetzung beider Hersteller ist es, höhere Produktivität bei gleichzeitig steigender Wertschöpfung zu erreichen. Dieses Ziel verfolgen auch die Demontagebagger von Kobelco, die vom japanischen Baumaschinenhersteller insbesondere für Verwertungsbetriebe entwickelt wurden. Am Unterwagen findet sich eine Klemmzange, die das Altfahrzeug fixiert und diverse Werkzeuge zum Lösen und Schneiden von Einzelkomponenten wie etwa Kabelbäumen bietet. Die spezielle Demontageschere soll laut Hanns-Markus Renz »ein sehr schnelles Zerlegen von Karosserien bei fachgerechter Trennung der enthaltenen Wert- und Reststoffe ermöglichen«.
Begutachten konnte das bauMAGAZIN in diesem Fall die 2 t schwere Schere KVE720PR an einem »Multi-Dismantler« SK210-11E MD. Gegenüber dem Kettenbagger-Grundmodell kommt der Spezialist mit einem höheren Gegengewicht sowie einem speziellen Schutzpaket, bestehend aus Kabinengitter, Zylinderabdeckungen und Karosserieverstärkungen. Wird noch mehr Wendigkeit auf engem Raum benötigt, lohnt sicherlich auch der Einsatz eines Fahrzeug-Demontagebaggers SK140SRD-7. Diese rund 20 t schwere Maschine auf Basis eines Kurzheckbaggers verfügt über einen 78,5 kW starken Motor.
Nicht neu erfunden – dafür aber weiterentwickelt
Ein Fazit: Die Vorgabenverschärfung zum Schneidbrennen hat innerhalb der Branche für Aufsehen gesorgt, gab gleichzeitig aber auch den wichtigen Impuls, das gewohnte Schrottrecycling umzustellen. Die Idee vom »Schneiden statt brennen« wurde per se nicht neu erfunden – dafür aber konsequent weiterentwickelt. Am Beispiel MBI und Kobelco wird ersichtlich, wie effizient das Arbeiten mit Schrottscheren am Bagger sein kann. Der Bauunternehmer profitiert vom flexiblen Einsatz eines wirtschaftlichen Multitool-Carriers und kann dennoch gutes Geld mit der Trennung von hochwertigem Stahlschrott direkt auf der Baustelle machen.
Der Stahlrecycler wird allerdings genau wissen wollen, ob sich die teure Schere samt teurem Bagger gegenüber dem altgedienten Schneidbrenner tatsächlich rechnet. »Ganz abgesehen von den Umweltvorteilen schlägt der Bagger mit Schere herkömmliche Verfahren um Längen. Sie benötigen das gleiche, wenn nicht sogar weniger Personal, denn auch beim Schneidbrennen brauchen Sie schweres Gerät für das Handling«, erklärt Dominik Erath. »Darüber hinaus arbeitet der Bagger absolut witterungsunabhängig und gerade auf langen Schichten weitaus produktiver.« Und auch die Anpassung an die neuen Technologien in der Stahlproduktion gelingt leichter: »Kleinere Konfektionslängen bei Elektro-Öfen bedeuten bei Stahlträgern nur einen Schnitt mit der Schere mehr – mit dem Schneidbrenner müssen Sie da ganz anders kalkulieren.«d