Im Rahmen einer »Sale-and-lease-back«-Transaktion übernahm das Karl-Gruppenunternehmen K1 Imovina GmbH 2019 das rund 210 000 m² große Firmenareal der Textilwerke Deggendorf (TWD) im Ortsteil Seebach. Als Mieter nutzte der traditionsreiche Hersteller alle Produktionsgebäude und -anlagen weiter – Ende 2022 folgten allerdings Insolvenz und Komplettschließung. Konzepte für die Nachnutzung des in der Nähe der Autobahn A3 gelegenen Standorts mussten her. Bereits Ende 2023 konnten rund 18 000 m² Fläche mit Hallenbauten in Randlage »revitalisiert« werden und dienen nach grundlegender Modernisierung heute als Logistikzentrum für einen regionalen Spülenhersteller. Da die restliche Bestandsbebauung sehr produktionsspezifisch ist und nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprach, fiel die Entscheidung, das komplette Baufeld rückzubauen. Ziel des umfangreichen Brownfield-Developments ist es, im Zusammenspiel von städtebaulichen Neustrukturierungen, dem Rückbau alter Strukturen und der Neuerschließung, hochwertige Gewerbeflächen zu schaffen, ohne Grünflächen versiegeln zu müssen. Konkret umfasst das Projekt die Neuentwicklung von rund 150 000 m² Gewerbefläche, wobei allein die größte Parzelle 124 000 m² misst. Bereits im Sommer 2025 sollen die Arbeiten an den bodenfertigen Flächen und das derzeit laufende baurechtliche Verfahren abgeschlossen sein. Nach Demontage der TWD-Produktionsanlagen und Maschinen laufen seit Februar die umfangreichen Rückbauarbeiten in Seebach. Planung und Durchführung des hinsichtlich Volumen und Aufgabenstellung anspruchsvollen Projekts übernahm die Karl-Bau GmbH.
Aufwendiger Maschineneinsatz
Maximal 26 m hoch waren die bis zu fünfstöckigen Gebäude mit Geschosshöhen von teilweise 6 m. Die massive Stahlbeton-Bauweise von Stützen, Bindern und Decken – mit Unterzügen von gut 1 m Stärke – machte großes Gerät notwendig. Gleichzeitig erforderte die typische Schadstoffbelastung der in den 60er/70er-Jahren erstellten Bauwerke (Asbest, KMF) und die angestrebte Wiederverwertung von Bau- und Wertstoffen vor Ort einen großen Personaleinsatz sowie eine Vielzahl von flexibel einsetzbaren kleineren Maschinen. Die entsprechenden Arbeiten und anfallenden Stoffe, von der manuellen Demontage und Entsorgung leicht asbesthaltiger Bitumenabdeckungen auf gut 45 000 m² Flachdachfläche bis hin zu vor Ort produzierten Frostschutzmaterialien aus unbelastetem Betonbruch, wurden bereits vor Projektbeginn in einem spezifischen Entsorgungskonzept erfasst, das mit Fortgang der Rückbauarbeiten ständig aktualisiert wurde. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass sämtliche mineralische Baustoffe, gemäß der Ersatzbaustoffverordnung, zu hochwertigen mineralischen Ersatzbaustoffen (Frostschutzersatzmaterial) verarbeitet werden. Dieses Material soll im Zuge der Neuentwicklung Wiederverwendung finden. Dies trägt zum ressourcenschonenden Umgang mit Baustoffen und letztendlich zum Klimaschutz bei.
16 Bagger im Einsatz
In der Spitze bis zu 65 Mitarbeiter – davon rund 50 eigene Kräfte – arbeiteten unter Polier Daniel Sellner in Fünf-Tagesschichten. Insgesamt 16 Bagger, vom leichten Ein-Tonner unter anderem für die Indoor-Entkernung über hochflexible Umschlag-Mobilbagger für das gezielte Sortieren bis hin zu zwei 36- bzw. 24-m-Longfront-Geräten, waren parallel über die weitläufige Baustelle zu koordinieren. Wie bei vielen Karl-Abbruchprojekten immer ganz vorne dabei: zwei Kobelco-Großbagger »SK850LC-10E«, die den effizienten Rückbau und das Abräumen der massiven unteren Gebäudestrukturen bis 15 m Höhe übernahmen. Direkt im Nachgang zu den beiden 85-Tonnern brach ein Kobelco »SK500LC-10« die großstückigen Stahlbeton-Trümmer vor, bevor ein weiterer 30-Tonner des japanischen Herstellers mit dem Pulverisierer Betonbruch und Baustahl zur Vor-Ort-Aufbereitung bzw. Wiederwertung im Stahlrecycling trennte. Komplettiert wurde das Kobelco-Quartett in Seebach durch einen »SK350LC-11« sowie einen 26 t schweren »SK260NLC-11«.
Großmaschinen sparen Zeit
»Wir sparen Zeit und Kosten«, kommentiert Polier Daniel Sellner den hohen Aufwand mit den Kobelco-Großmaschinen, die aufgrund langjährig erfahrener Baggerführer auch auf engstem Raum im effizienten Doppelangriff arbeiten. Die unmittelbare Verarbeitung der bis zu mehreren Tonnen schweren Stahlbeton-Trümmer ohne Zwischentransport entzerrte zudem die Baustellen-Logistik – je nach Standort übernahm ein Großradlader den Transport des auf max. 600 mm vorzerkleinerten Betonbruchs zum 300 t/h-Mobilbrecher, der im Zuge des Projekts rund 80 000 t Frostschutz-Ersatzmaterialien direkt auf der Baustelle produzierte. Die Stahl- und Metallanteile wurden nach Größe und Material direkt in bereitstehende Container sortiert, was das weitere Handling und damit die Wertschöpfung von Altmetallen optimierte.
Für den Abbruch gemacht
Seit 2020 bzw. 2021 führen die beiden »SK850LC« die Kobelco-Flotte der Karl-Bau GmbH an, die mit aktuell 44 Geräten aller Leistungsklassen mehr als die Hälfte des Baggerbestands im Unternehmen ausmacht. Über 50 Maschinen des japanischen Kettenbaggerspezialisten bezogen die Niederbayern seit den frühen 90er-Jahren immer vom angestammten Regionalhändler EMB Baumaschinen aus Neukirchen bei Passau. Bereits früh erkannte man dort das Potenzial der Kobelco-Technik im Abbruch und passt konventionelle Erdbau-Bagger mit eigenen Umbauten auf die spezifischen Anforderungen im Rückbausektor an. Seit 2018 bietet Kobelco als Nr. 1 auf dem japanischen Abbruchmarkt auch europäische »Demolition«-Modelle mit innovativen Wechselauslegern von 45 t bis 130 t Betriebsgewicht an.
Individuell abgestimmt
Das EMB-»Customizing« an den beiden Kobelco »SK850LC« von Karl umfasste neben dem Einbau von zusätzlichen Druckwaagen in der Arbeitshydraulik und der Ausrüstung mit einem Onboard-Kompressor insbesondere die fahrerfreundliche Kippfunktion der Originalkabine. Damit spielen die beiden 85-Tonner nicht nur im schweren Erdbau mit 5-m³-Tieflöffel ihre Standfestigkeit sowie großen Hub- und Losbrechkräfte aus, sondern überzeugen auch im Primärabbruch mit leistungsstarken Abbruchscheren und Zerkleinerern. Wie beim kleineren Kobelco »SK500LC« ermöglichen hohe Anbaugewichte und große Leistungsreserven der Arbeitshydraulik nicht nur den flexiblen Einsatz schwerer Werkzeuge am Schnellwechsler – in Seebach sind es auch Abbruchscheren und Pulverisierer zwischen 5 t und 6 t Eigengewicht sowie Schrottscheren bis 8 t. Die leistungsoptimierte Auslegung von Motoren und Arbeitshydraulik auf Kawasaki-Basis deckt selbst große Leistungsspitzen ab, während die Baggersteuerungen mit drei Grundeinstellungen (H/S/Eco) und bis zu 20 frei konfigurierbaren Programmen für unterschiedlichste Anbauten ein gleichermaßen feinfühliges wie schnelles und vor allem wirtschaftliches Arbeiten ermöglichen. So lässt sich zum Beispiel der Hydraulikdruck beim Öffnen der Betonschere gezielt reduzieren – die nicht benötigte Leistung steht unmittelbar den anderen Kreisläufen für schnelles Heben oder Schwenken zur Verfügung.
Weitere wichtige Features
Zur großen Wirtschaftlichkeit im Betrieb trägt auch das innovative Stiel-Zwischenfluss-System von Kobelco bei: Rein durch das Gewicht des absenkenden Auslegers wird der ausfahrende Stiel-Zylinder direkt mit Öl aus dem Auslegerzylinder versorgt, was unnötig große Ölmengen oder Arbeitsdrücke vermeidet. Auch nach mehreren Tausend Betriebsstunden ist Polier Daniel Sellner von der Wirtschaftlichkeit der Kobelco-Großbagger überzeugt: »Selbst unter Volllast arbeiten wir mit unseren 85-Tonnern mit 44 l bis 48 l pro Stunde, was für diese Maschinengröße beachtlich ist. Und auch unser »SK500LC« beschränkt sich im Mittel auf rund 26 l/h und liegt gleichauf mit wesentlich leistungsschwächeren Maschinen.« Grundsätzlich gelten die Kobelco-Bagger als vielseitige Arbeitstiere, die insbesondere auf eine Kombination aus Leistungskraft, Produktivität und Langlebigkeit setzen – und das sind, gerade im Abbruchsegment, unerlässliche Attribute.d