LiuGong: »Glauben daran, dass wir auch in Deutschland unseren Platz finden und langfristig Erfolg haben werden«

Den Schritt nach Europa hat LiuGong schon vor einigen Jahren gewagt, seit diesem Sommer ist der chinesische Baumaschinenhersteller und weltweit größter Hersteller von Radladern auch in Deutschland präsent. »Wir sind überzeugt davon, mit unseren robusten Maschinen in Europa und vor allem auch in Deutschland langfristig Erfolg haben zu können«, betonte Howard Dale, Präsident von LiuGong Europe, der im Gespräch mit dem bauMAGAZIN zusammen mit seinen Kollegen Ivan Sankovic (Business Manager) und Robbert Kreber (Service Director Europe & Sales Manager) den Fünf-Punkte-Investitionsplan erläuterte. Nach der Ernennung der im münsterländischen Velen ansässigen Muli Baumaschinen Service zum ersten deutschen Vertriebspartner Mitte Juni soll bis 2023 die Präsenz auf rund 14 Händler in Deutschland erhöht werden. »Auch wenn Deutschland der Markt in Europa ist, in dem es den größten Wettbewerb gibt«, so Howard Dale, »glauben wir, dass wir unseren Platz finden werden.«

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Von: Michael Wulf

Wenn LiuGongs Europa-Chef Howard Dale erklärt, wie der chinesische Baumaschinenhersteller seine Präsenz in Europa und vor allem in Deutschland aus- bzw. aufbauen möchte, dann fällt vor allem eines auf: Mit welcher Zurückhaltung der gebürtige Engländer, der 17 Jahre lang in Shanghai gelebt und dort bis 2014 für den italienischen Konzern CNH das Asien-Pazifik-Geschäft verantwortet hat, die Ambitionen und Ziele LiuGongs vorstellt. So lautet eine seiner Kernaussagen: »Bei LiuGong, das in China eines der respektiertesten Unternehmen ist, werden keine übereilten Entscheidungen getroffen. Aber wenn eine Entscheidung gefallen ist, dann ziehen alle an einem Strang.«

Das vor 62 Jahren gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Liuzhou im Südwesten Chinas gehört mit einem Umsatz von zuletzt rund 2,8 Mrd. US-Dollar (2019), 19 Produktlinien und der Produktion von knapp 55 000 Maschinen zu den 20 größten Baumaschinenherstellern der Welt. Zudem gilt LiuGong mit insgesamt rund 420 000 produzierten Einheiten als weltweit größter Hersteller von Radladern.

Europazentrale in Warschau

Nach der Übernahme des polnischen Raupenherstellers Dressta 2012 hat LiuGong 2017 damit begonnen, im Werk im südost-polnischen Stalowa Wola auch Bagger und Radlader für den europäischen Markt zu produzieren. Zudem wurde in der polnischen Hauptstadt Warschau die Europazentrale installiert, von wo aus der Vertrieb, das Marketing und die Kundenbetreuung in allen europäischen Märkten organisiert wird.

Mit der »Vision 2020« und einem Fünf-Punkte-Investitionsplan hat LiuGong Ende vergangenen Jahres die Weichen dafür gestellt, um die ambitionierten Wachstumsziele in Europa realisieren zu können. »Derzeit sind wir in 21 Ländern Europas mit 24 Händlern präsent, zudem haben wir vergangenes Jahr in Großbritannien eine eigene Niederlassung gegründet«, so Howard Dale. Seit Mitte Juni, nach der Ernennung der Muli Baumaschinen Service GmbH zum ersten deutschen Vertriebshändler, ist LiuGong jetzt auch in Deutschland präsent (das bauMAGAZIN berichtete in Heft 7/20, Seite 80).

Velen soll künftig als deutsche Zentrale fungieren

Dieser erste deutsche Stützpunkt im münsterländischen Velen soll künftig zudem als deutsche Zentrale des chinesischen Weltkonzerns fungieren. So ist für rund 1,8 Mio. Euro der Bau eines ca. 1 000 m² großen neuen Firmengebäudes geplant, das spätestens Ende kommenden Jahres in Betrieb genommen werden soll. Neben Büro-, Verkaufs- und Schulungsräumen sollen dort dann auch eine Werkstatt sowie ein Lager für Maschinen sowie Kleinteile untergebracht sein.

»Wir verfolgen in Deutschland eine andere Strategie als in Großbritannien mit unserer eigenen Niederlassung«, sagte Howard Dale im Gespräch mit dem bauMAGAZIN. »Dort ist die Vermietung der dominierende Faktor, und das kann gut durch eine Niederlassung gesteuert werden. In Deutschland hingegen funktioniert der Markt anders. Dort sind die Maschinen wesentlich spezieller und individueller ausgestattet. Um diese Kundenanforderungen adäquat erfüllen zu können, bedarf es eines Händlernetzes, das regional verankert ist.«


»Schritt für Schritt aufbauen«

Dieses Netz soll in Deutschland flächendeckend in den kommenden Jahren »Schritt für Schritt aufgebaut werden«, wie es der dafür bei LiuGong Europe für die DACH-Region zuständige Business Manager Ivan Sankovic formuliert. So sei es das Ziel, bis zum Ende dieses Jahres mit drei Händlern in Deutschland präsent zu sein und diese Präsenz im kommenden Jahr auf »mindestens« sieben Händler zu erweitern. Bis 2023 sollen es dann etwa 14 Händler sein. »Dabei wollen wir den Markt nicht kaufen«, betont Ivan Sankovic. »Sondern wir wollen die Kunden mit der Qualität unserer Maschinen und mit unserem Service überzeugen.«

»Im harten Mieteinsatz behauptet«

Dass dieser Weg kein einfacher sein wird, das wissen sie bei LiuGong Europe. »Deutschland ist der Markt in Europa, in dem es den größten Wettbewerb gibt«, sagt Howard Dale. »Trotzdem sind wir überzeugt davon, dass wir unseren Platz finden werden.« Sein Optimismus rührt auch daher, dass LiuGong in seinem derzeit wichtigsten europäischen Markt Großbritannien in diesem Jahr mit dem Absatz von rund 230 Maschinen sehr erfolgreich ist. »Viele unserer Maschinen behaupten sich dort im harten Mieteinsatz, und das spricht für ihre technische Qualität. Denn wir bauen wirklich sehr robuste Maschinen.«

Diese werden nicht mehr wie in früheren Zeiten komplett aus China geliefert. Vielmehr werden jetzt die Fertigungskapazitäten im Werk in Stalowa Wola genutzt, das modernisiert wurde. Neue Schweißroboter, neue CNC-Maschinen oder eine moderne Lackieranlage haben die Kompetenzen in der Produktion nachhaltig erweitert. So habe man den Anteil der Teile, die in China vorproduziert werden, immer weiter reduziert, wie Howard Dale erklärte. Weshalb Baggerausleger, Baggerarme und Chassisteile sowie Radladerarme mittlerweile komplett in Stalowa Wola gefertigt werden können.

»Lange und erfolgreiche Partnerschaft mit ZF«

Ein wichtiger Grund, warum sich LiuGong für einen eigenen Produktionsstandort in Europa – neben den 17 Werken in China und je einem in Indien und in Brasilien – entschieden hat, »sind die kurzen Wege« der wichtigsten Zulieferer, so Howard Dale. Das sind bei den Motoren Cummins, die im nordenglischen Darlington produziert werden, bei den Getrieben und Achsen ZF Friedrichshafen und bei der Hydraulik Bosch-Rexroth. Mit ZF bestünde zudem seit der Vereinbarung eines Joint Venture im Jahr 1995 eine »sehr lange und sehr erfolgreiche Partnerschaft«. Auch deshalb freue man sich bei LiuGong, so Howard Dale, »endlich in Deutschland präsent zu sein«.

Fünf-Punkte-Investitionsplan

Zu den Kernpunkten des Fünf-Punkte-Investitionsplans gehörten die Investitionen in die Bereiche Produktion, Verkauf und Ersatzteilvertrieb, europäische Zentrale, Mitarbeiter und vor allem Forschung und Entwicklung, sagte Howard Dale. So verfüge man im britischen Stoke über ein Designcenter, dessen Team unter anderem den »Red Dot Award« für den Grader 4180 D erhalten habe. Zudem errichte man in Manchester ein Forschungs- und Entwicklungszentrum allein für Bagger.

Darüber hinaus habe man im Distributionscenter in Stalowa Wola und im Importlager in Zeebrugge (Belgien) die Verfügbarkeit signifikant gesteigert und auf rund 92 % erhöht. In Deutschland habe man das Ziel, dass bis um 15 Uhr aufgegebene Bestellungen am nächsten Tag ausgeliefert werden.

Investitionen als »entscheidender Baustein«

In diesem Zusammenhang verwies Robbert Kreber als Service Director Europe & Sales Manager auf die Philosophie von LiuGong. »Es gilt die Devise: Erst wenn wir in einem Markt den Service und die Ersatzteilversorgung sicherstellen können, verkaufen wir dort auch Maschinen. Oder anders gesagt: Das Haus muss erst gebaut werden, dann kann man es eröffnen. Das gehört zur DNA von LiuGong und ist ein sehr wichtiger Faktor für unseren Markteintritt in Deutschland.«

Für Howard Dale sind diese Investitionen mit der »entscheidende Baustein«, um auf den europäischen Märkten und vor allem auch in Deutschland erfolgreich sein zu können. »Wir entwickeln und fertigen unsere Produkte in Europa. Wir testen sie in Europa nach europäischen Standards. Und wir betreuen sie von Europa aus«, sagte er. »Tatsächlich haben wir für eine chinesische Marke einen ausgeprägt europäischen Geschmack. Dies ist kein Zufall. Wir haben ein europäisches Flair, weil wir auf unser Netzwerk und unsere Kunden hören und daran arbeiten, das Unternehmen zu sein, das unsere Kunden und Händler wollen.«

Rund 700 verkaufte Maschinen für 2020 als Ziel

Für dieses Jahr rechnet LiuGong in Europa mit einem Absatz von rund 700 Maschinen, so Howard Dale, davon seien etwa 56 % Bagger und 44 % Radlader. Allerdings werde sich dieses Verhältnis demnächst ändern, denn: »Von diesem August an bringen wir in Europa fünf Mini-Bagger-Modelle im Bereich von 1,8 t bis 2,5 t auf den Markt.«

Derzeit werden in Stalowa Wola neben den Dressta-Raupen vier Baggermodelle mit einem Einsatzgewicht von 22 t bis 36 t sowie drei Radlader mit einem Einsatzgewicht von 15 t bis 24,5 t gemäß den europäischen Emissionsnormen produziert. Insgesamt können derzeit auf dem knapp 44 000 m² großen Werksgelände rund 1 000 Einheiten produziert werden. »Allerdings können wir relativ einfach unsere Produktionskapazität verdreifachen«, sagte Howard Dale. »Denn aufgrund der umfangreichen Investitionen in die technische Ausstattung des Werks haben wir in der Produktion das nächste Level erreicht.«     M

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