Liebherr-International Deutschland GmbH Die Tatkraft eines Tüftlers – drei Generationen gereift

Auf den ersten Blick wirkt alles wie eine längst erzählte Geschichte – eine, die wie in Stein gemeißelt vor den Füßen liegt: Die Marke Liebherr ist seit mehr als 73 Jahren weltweit für ihre Baumaschinen, Motoren und Krane bekannt. Den Begriff »Liebherr« verbindet die Bauindustrie mit hochwertigen Lösungen, mit geradlinigem Denken und weitreichender Beständigkeit. In den vergangenen 25 Jahren war das bauMAGAZIN ein Wegbegleiter: Heute und damit anlässlich dieser Jubiläumsausgabe, unternimmt die Redaktion jedoch den Versuch, einmal mehr in der Marke Liebherr zu sehen, als es uns die eindrucksvollen Bauma-Auftritte und fulminanten Produktpräsentationen suggerieren. Denn eines, so viel sei vorab verraten, hat sich bei Liebherr auch nach all den Jahren bis heute nicht geändert: Das Unternehmen ist der DNA treu geblieben, die Hans Liebherr mit seinen eigenen Händen einst aus dem Boden gestampft hat.

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Eines scheint untrennbar mit Liebherr verbunden – gigantische Ausmaße. Bereits der Blick auf die heutige Unternehmensstruktur verrät, dass rund 50 000 Mitarbeiter bei über 140 Gesellschaften, 13 Produktsegmenten und 11,6 Mrd. Euro Umsatz in mehr als 50 Ländern dieser Welt eine ganz eigene Sprache sprechen. Wer Liebherr kennt, spricht deshalb aus gutem Grund von »einem der ganz Großen«. Und das spiegelt sich auch bei den tonnenschweren Hydraulikbaggern sowie Mobil- und Turmdrehkranen schnell wider, mit denen das Unternehmen in der Bauwirtschaft berühmt geworden ist. Gern wird in diesem Zusammenhang jedoch vergessen, dass sich eine Erfolgsgeschichte wie diese nicht von allein schreibt. Keine milliardenschwere Übernahme, kein waghalsiges Spekulationsgeschäft oder das Verprassen familiärer Bankenmillionen. Die global agierende Unternehmensgruppe Liebherr hat ihren Ursprung in einem kleinen Holzhaus in Kirchdorf an der Iller (heute Baden-Württemberg), wo Hans Liebherr 1938 seine Prüfung zum Baumeister absolvierte und wenig später die Leitung des elterlichen Baubetriebs übernahm.

Ein Vordenker und »einer von uns«

Hans Liebherr – er galt als unermüdlicher, aber bodenständiger Mensch, der sich Zeit seines Lebens in Bescheidenheit übte. Letzteres stellte er noch Jahrzehnte später in für ihn typischen Worten unter Beweis: »Sie wissen ja, ich bin eigentlich nur Maurermeister«, so Hans Liebherr im Rahmen der ihm verliehenen Ehrendoktorwürde durch den Dekan der Technischen Hochschule Aachen, Prof. Dr. Weyres, im Jahr 1964. Wohlwissend, dass Hans Liebherr als einer der großen Pioniere der deutschen Nachkriegswirtschaft gilt und die einst kleine Baufirma seiner Eltern zu einem der weltweit führenden Baumaschinenhersteller gemacht hat, gebührt solch bescheidenen Worten zweifelsohne Anerkennung. Ein Blick auf das Schaffenswerk von Hans Liebherr verrät allerdings auch, dass er ein pragmatischer Geschäftsmann war, der mit Weitsicht agierte und nichts für wüste Spekulationen übrig hatte.

Investitionen tätigte er stets durch Eigenkapital. »Ich bin eigentlich nie ein Risiko eingegangen – ich habe immer nur so weit disponiert, wie mein Arm reicht.« Und das zeigt sich auch in den Büchern: Privatentnahmen tätigte Hans Liebherr kaum. Stattdessen verblieben die Gewinne im Unternehmen, insbesondere, um die Bereiche Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb unabhängig von Konjunkturschwankungen agieren zu lassen. So war es Hans Liebherr beispielsweise möglich, notwendige Produktentwicklungen bei Bedarf über lange Zeiträume hinweg zu verfolgen. Etwas, das nur wenigen Geschäftsführern derartiger Großunternehmen gelang, war außerdem die bodenständige Nähe zu den Mitarbeitern: Sie betitelten Hans Liebherr gern als »einen von uns«, der mit den Leuten sprach, sich sein eigenes Bild von den täglichen Arbeitsfortschritten machte und dann zu schnellen, pragmatischen Entscheidungen kam. Selber machen, selber denken und nicht lange reden, sondern handeln, soll seine Devise gewesen sein.

Ein unermüdlicher Tüftler

Die schlussendliche Erfolgsgeschichte von Liebherr beginnt mit großem Erfindergeist: 1949 und damit inmitten der jungen Nachkriegszeit gelingt es Hans Liebherr, gemeinsam mit Konstrukteuren und Handwerkern, den ersten mobilen Turmdrehkran, den TK 10, zu entwickeln. Er ließ sich für die damalige Zeit leicht transportieren und einfach auf der Baustelle montieren. Zugleich war der Turmdrehkran der Beginn der im selben Jahr gegründeten Hans Liebherr Maschinenfabrik. Aber wie so oft, war aller Anfang wahrlich schwer: Der junge Unternehmer traf auf wenig Zustimmung. Die Vorstellung des ersten Turmkrans im Rahmen der Frankfurter Herbstmesse 1949 verlief mehr als enttäuschend: »Nach der Messe hätte ich eigentlich meine Fertigung im Kranbau wieder einstellen können«, erinnerte sich Hans Liebherr. Statt das Handtuch zu werfen, bewies der Liebherr-Gründer jenes Durchhaltevermögen, für das er im Laufe seines Lebens berüchtigt war. Er hielt an seinen Plänen fest, bis die ersten Aufträge eintrudelten. Spätestens mit der Fertigung der Nachfolgemodelle lief die Kranproduktion bei Liebherr deutlich an. Aus der einstig kleinen Baufirma war ein Baumaschinenhersteller geworden.

In den darauf folgenden Jahren setzte Liebherr alles daran, das Produktportfolio zu erweitern und den Bekanntheitsgrad des Unternehmens zu erhöhen. Als er 1953 einen Seilbagger mietete, fiel ihm das Missverhältnis zwischen Gewicht und Leistungskraft auf. Nur acht Monate später stellte er mit dem Modell L300 einen um das Vier­fache leichteren Bagger vor. Gleichwohl handelte es sich dabei aber auch um den ersten Hydraulikbagger Europas. Der L300 wog nur 7,5 t und konnte durch die verbauten Hydraulikzylinder eine weit höhere Grabkraft gegenüber konventionellen Modellen aufbringen, die zu dieser Zeit nur mit dem Eigengewicht der Schaufel arbeiteten und damit klar im Nachteil waren. 1954 fertigte Liebherr die Maschine bereits in Serie.

Zeit für weitere Expansion

In Deutschland hatte sich Liebherr als Unternehmen längst etabliert. Ab 1958 war dann die Zeit der Expansion eingeläutet: Liebherr nahm das erste Werk im Ausland in Betrieb. Um sich auf dem britischen sowie nordamerikanischen Markt vorwagen zu können, errichtete das Unternehmen eine Produktionsstätte in Killarney im Südwesten Irlands. Dort wurden zunächst Turmdrehkrane, später dann Container-, Werft- und Spezialkrane gefertigt. In den 1960er-Jahren entstand mit Südafrika außerdem die erste Liebherr-Gesellschaft außerhalb von Europa, wodurch Hans Liebherr entscheidende Weichen für die spätere internationale Ausrichtung der Firmengruppe stellte. Im 20. Jahr nach Firmengründung beschäftigte Liebherr rund 6 000 Mitarbeiter weltweit und die Expansionspläne nahmen weiter Fahrt auf: Neben Irland, Südafrika und Österreich sollte mit Frankreich im Jahr 1961 ein weiterer Standort entstehen, um über die Landesgrenzen hinaus zu denken. Überdies sollte Frankreich die neue Heimat der Raupenbagger-Produktion werden: Im elsässischen Colmar entstand ab Juli 1961 ein sich rasant entwickelnder Fertigungsstandort, um sowohl Maschinen im Bereich Erdbewegung als auch in den Sparten Abbruch und Tunnelbau herzustellen. Nur ein Jahrzehnt später sollte außerdem die Produktion von Liebherrs Mining-Baggern starten. In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre baute Liebherr seinen Erfolg trotz Rezessionsphasen weiter aus. Im Jahr 1969 entschloss sich Hans Liebherr dazu, nicht nur außerhalb zu expandieren: Auch innerhalb Deutschlands sollte der Produktion neues Leben eingehaucht werden. Mit der Gründung der Liebherr-Werk Ehingen GmbH im Südosten Baden-Württembergs, rund 20 km südwestlich von Ulm, machte sich Liebherr zum führenden Anbieter von Mobil- und Raupenkranen. Ab 1970 etablierte sich Liebherr auch in Nordamerika: In Newport News im US-Bundesstaat Virginia wurde die Liebherr-America Inc. gegründet – 1974 folgten Gesellschaften in Kanada und weltweit in Brasilien, Österreich und der Schweiz.

Bühne frei für den ersten All-Terrain-Kran

Eine technische Innovation, die ab 1977 für Aufsehen sorgte, war der weltweit erste All-Terrain-Mobilkran LTM 1025 – er wurde für den kombinierten Straßen- und Geländeeinsatz konzipiert. Sein Teleskoparm hatte eine Länge von über 25 m, während die Tragkraft ca. 25 t betrug. Aufgrund dieser Kombination boten sich vielfältige neue Einsatzmöglichkeiten, wodurch diese Neuentwicklung innerhalb der Branche viel Aufmerksamkeit erregte. In Verbindung mit dem Nachfolgemodell, dem LTM 1030, konnte der LTM 1025 somit den Erfolg des All-Terrain-Konzepts bei Liebherr einläuten. Heute kann Liebherr das weltweit mit Abstand breiteste Produktportfolio in diesem Segment anbieten. Gefertigt werden die Mobil- und Raupenkrane in Ehingen, Biberach an der Riß sowie im österreichischen Nenzing.

Die Dachgesellschaft entsteht

Ab 1976 schied Hans Liebherr aus dem operativen Geschäft aus und konzentrierte sich fortan auf die strategische Unternehmensführung. Mit Beginn der 1980er-Jahre fand ein Um- bzw. Weiterdenken statt. Ab 1983 entschied Liebherr sich zu einer zentralen Dachgesellschaft, der Liebherr-International AG mit Sitz im schweizerischen Bulle, die die Geschicke des Unternehmens im Übrigen bis heute leitet. Und das aus gutem Grund: Seit der Gründung hatte Hans Liebherr stets zu seinem Grundsatz gestanden, Familienunternehmer zu bleiben. »Er wollte immer, dass alle mitdenken und Verantwortung übernehmen«, so sein Sohn Willi Liebherr einst über seinen Vater. Obwohl die Firmengruppe unter der Führung von Hans Liebherr zur Konzerngröße heranwuchs, verzichtete er auf einen zentralen Großkonzern. »Immer, wenn ich ein neues Werk gebaut habe, habe ich ihm auch eine neue Führung mitgegeben. Ich will nicht, dass ein Werk von oben geführt wird«, so der Unternehmer damals. Geprägt waren die 1980er-Jahre bei Liebherr außerdem von der 1984 beginnenden Serienproduktion von Dieselmotoren.

 

Hans Liebherr – ein unermüdlicher Tüftler

Geboren im Jahr 1915 in Kaufbeuren (Allgäu) legte Hans Liebherr bereits 1938 seine Prüfung zum Baumeister ab – wenig später übernahm er die Leitung des elterlichen Baubetriebs. Wichtiger Meilenstein im Leben von Hans Liebherr waren die Patentanmeldung des ersten fahrbaren Turmdrehkrans samt der Gründung der Hans Liebherr Maschinenfabrik im Jahr 1949. Grundsätzlich galt der Vordenker und Visionär als unermüdlicher, aber eben auch bodenständiger Mensch, der sich Zeit seines Lebens in Bescheidenheit übte. Letzteres stellte er noch Jahrzehnte später in für ihn typischen Worten unter Beweis: »Sie wissen ja, ich bin eigentlich nur Maurer«, so Hans Liebherr im Rahmen der ihm verliehenen Ehrendoktorwürde durch den Dekan der Technischen Hochschule Aachen, Prof. Dr. Weyres, im Jahr 1964. Rund zehn Jahre später, im Jahr 1974 wurde Hans Liebherr außerdem der Titel des Ehrensenators der Universität Karlsruhe in Anerkennung seiner bahnbrechenden technischen Entwicklungsarbeit verliehen. 1986 folgte das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland – verliehen durch den damaligen Ministerpräsidenten, Lothar Späth. Nach seinem Tod im Jahr 1993 übernahmen drei seiner insgesamt fünf Kinder die Leitung des Großunternehmens. Beachtlich ist, dass alle Gesellschafter bis zum heutigen Tag in mittlerweile dritter Generation Familienmitglieder sind und damit sowohl das Andenken an Hans Liebherr selbst als auch an dessen Lebenswerk hochhalten. Hans Liebherr verstarb am 7. Oktober 1993 in La-Tour-de-Peilz, im Kanton Waadt in der Schweiz.

Ehre, wem Ehre gebührt

In den darauf folgenden Jahren rückte das Lebenswerk von Hans Liebherr mehr und mehr in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit: Seine Lebensleistung als Unternehmenspersönlichkeit honorierte etwa die Eberhard-Karls-Universität Tübingen, indem sie ihn im Februar 1984 zum Ehrensenator ernannte. Neben vielen weiteren Ehrungen folgte außerdem die Auszeichnung mit dem »Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland«, die Hans Liebherr durch den damaligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Lothar Späth, verliehen wurde.

Untermauert wurde sein Lebenswerk zudem mit der Feier zum 40. Geschäftsjahr der Firmengruppe: Auch nach mittlerweile vier langen Jahrzehnten, die von so manch weltweiter Finanz- und Wirtschaftskrise geplagt waren, fiel die Bilanz für Liebherr deutlich positiv aus. Das Zusammenspiel von wohlüberlegter Strategie und geradliniger Investitionsbereitschaft hatte in 40 Jahren eine Expansion zur Folge, die sich Hans Liebherr im Traum nicht hätte ausmalen können.

Am 7. Oktober 1993 verstarb Firmengründer Hans Liebherr dann im Alter von 78 Jahren. Für jeden, der ihn kannte, war es nicht verwunderlich, dass er bis zuletzt jedoch die unternehmerische Gesamtverantwortung für die Firmengruppe trug. Zu diesem Zeitpunkt übernahmen Hans Liebherrs Kinder ein Unternehmen mit 46 Gesellschaften, rund 15 000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 4 Mrd. DM. Der Tradition ihres Vaters folgend, übernahmen fortan die Geschwister Isolde und Willi Liebherr die Geschicke der Unternehmensführung, während Hubert, Hans und Markus Liebherr auf ihre Anteile an der Firma verzichteten.

Die zweite Generation: Mit Volldampf voraus

Im Verlauf der 1990er-Jahre erschlossen Isolde und Willi Liebherr als nunmehr zweite Generation weitere Märkte: 1996 wurde beispielsweise der Ausbau der Vertriebs-, Service- und Fertigungsaktivitäten im chinesischen Markt vorangetrieben. Es folgte das erste chinesische Joint-Venture von Liebherr in Xuzhou (Provinz Jiangsu). Im Blick hatte Liebherr hierbei vor allem Entwicklung, Herstellung sowie Vertrieb von Fahrmischern und Mischanlagen. 1997 folgte dann der folgenreiche Aufbau des Mietgeschäfts mit der Gründung der Liebherr-Mietpartner GmbH.

Millennium: Außergewöhnliches Wachstum

Im bereits fünften Jahrzehnt des Bestehens zeigte sich die Firmengruppe zunehmend dynamischer: Mittels umfangreicher Investitionsmaßnahmen sowie neuer organisatorischer Strukturen konnte Liebherr ab 2001 die internationale Wettbewerbsposition weiter stärken.

Zwischen 2003 und 2008 erlebte Liebherr wiederum ein außergewöhnlich starkes Wachstum. Der konsolidierte Gesamtumsatz konnte in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt werden und erreichte 8,4 Mrd. Euro. Gleichzeitig nahm Liebherr viel Geld in die Hand, um seine bestehenden Standorte zu erweitern und neue Produktionsstätten zu etablieren.

Der Mobilbagger A 900 C

Inmitten der 2000er sticht gerade mit Blick auf den deutschen Markt ein Segment deutlich hervor: Die Mobilbagger genießen hierzulande breites Vertrauen, lassen sie sich doch in unzähligen Arbeitsbereichen einsetzen und dadurch flexibel nutzen. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der ab 2003 erstmals produzierte Mobilbagger A 900 C, der durch seine Folge­modelle, so auch dem A 900 C ZW Litronic, bis 2014 vom Band lief. Das Ursprungsmodell wies ein Einsatzgewicht von 16,7 t auf und verfügte über einen von Liebherr produzierten 4-Zylinder-Reihenmotor des Typs D 944 S mit 6,4 l Hubraum und 95 kW Leistung. Der Dieselmotor erhielt besondere Aufmerksamkeit, weil er sich durch eine hohe Lebensdauer, das große Zylindervolumen und der zuverlässigen Ölversorgung auch bei extremer Schräglage auszeichnete. Die hydraulische Maximalfördermenge lag bei 300 l/min, während der Mobilbagger insbesondere durch niedrige Betriebskosten auffallen sollte.

Dunkle Zeiten als Gradmesser

Mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers erreichte im September 2008 die Weltfinanzkrise ihren Höhepunkt. Selbst für Unternehmen wie Liebherr bedeutete dies einen Aufbruch in stürmischere Zeiten. Denn auch die international tätige Firmengruppe bekam die Folgen dieses Finanz- und Wirtschaftsdesasters zu spüren. Gleichwohl lässt sich dieser Krisenzeitpunkt aus heutiger Sicht auch als Gradmesser betrachten: Trotz deutlicher Umsatzrückgänge blieb die Mitarbeiterzahl des Unternehmens stabil – zentrale Investitionsmaßnahmen wurden auch zu diesem Zeitpunkt weiter fortgeführt. Bereits im Folgejahr verzeichnete die Firmengruppe erneut ein Umsatzplus – und das laut Liebherr von fast 10 %.

Ein Kraftpaket im Radladersegment

Große Erfolge konnte Liebherr im Radladerbereich durch die Vorstellung des 31,4 t schweren Modells L 586 feiern: Er zählte zu den größten, aber eben auch leistungsstärksten Ausführungen des Maschinensegments und wurde ab 2007 angeboten. Zurückzuführen war das u. a. auf den kraftvollen Motor: Verbaut waren ein Dieselmotor des Typs D936 A7, ein wassergekühlter Reihenmotor mit Ladeluftkühlung und sechs in Reihe geschaltete Zylinder. Der Motor erzeugte eine Leistung von bis zu 260 kW bei 1 800 min¯¹. Das maximale Drehmoment lag hingegen bei 1 969 Nm bei 1 000 min¯¹. Der L 586 war mit einer Schaufel ausgerüstet, die ihre Kapazität von 5,5 m³ bis zu einer Höhe von 3,31 m entladen konnte, was zu dieser Zeit als überdurchschnittlich für diesen Maschinentyp galt. Die Produktion dieses Typs wurde im Jahr 2015 eingestellt – ab 2016 sollte dann der Radlader L 586 XPower folgen.

Die dritte Familiengeneration folgt

Von 2011 bis 2015 zeigte sich bei Liebherr erneut viel Bewegung: Viele Produktneuheiten im Baumaschinen- sowie Kransektor sowie weitere Expansionspläne und Veränderungen innerhalb der Unternehmensleitung versprachen eine spannende Zukunft. Die Gesellschafter der Firmengruppe übertrugen in dieser Zeitspanne zunehmend Aktienanteile auf ihre Kinder: Mit Jan Liebherr, Stéfanie Wohlfarth, Sophie Albrecht und Patricia Rüf stiegen nunmehr die ersten Vertreter der dritten Generation in die Firmenleitung auf und erhielten Anteile am Familienunternehmen.

Innerhalb dieser Zeitlinie setzte Liebherr weitere Eckpfeiler der unternehmerischen Weiterentwicklung. So startete Liebherr beispielsweise 2011 mit einer Produktionsstätte samt Entwicklungszentrum für Mining-Bagger im französischen Colmar und entschloss sich 2012 dazu, zum Komplettanbieter für Betontechnik zu werden. So übernahm Liebherr die Waitzinger Baumaschinen GmbH, um die eigenen Wachstumschancen in diesem Produktsegment verbessern zu können. Großen Bau-Eifer bewies Liebherr allerdings auch in Bulle in der Schweiz: Hierzu gehörten der Bau eines neuen Logistik- und Schulungszentrums sowie die Erweiterung des Entwicklungszentrums und der Produktionseinrichtungen. In der Nähe von Kirchdorf/Iller wurde wenig später ebenfalls ein neues Logistikzentrum in Betrieb genommen. Es liefert weltweit Ersatzteile für Liebherr-Erdbewegungsmaschinen.

Die Planierraupe PR 776 als Erfolgsgarant

Im Jahr 2016 lief die Produktion eines bis heute erfolgreichen Modells aus der Sparte der Planierraupen an. Mit der PR 776 Litronic hatte Liebherr eine Maschine entwickelt, die bei einem Einsatzgewicht von 71,8 t und einer Motorleistung von 440 kW gewaltige Kräfte mit sich brachte. Das Schild der PR 776 war auffallend nah an das Grundgerät angebaut – die Schildkapazität lag bei rund 18,5 m³ bis 22 m³. Ein Blick in das Innenleben der Raupe zeigte einen Dieselmotor des Typs D 9512 A7 mit 440 kW Leistung vorwärts und 565 kW Leistung rückwärts. Der 12-Zylinder-Motor war wassergekühlt, verfügte über einen Abgasturbolader sowie einen Luft-Luft-Ladeluftkühler.

USA-Investition und Komponentensegment

Im Verlauf von 2016 ging es bei Liebherr unermüdlich weiter: Mit der Liebherr-Components Biberach GmbH weihte die Unternehmensgruppe ein neues Zweigwerk in Biberach an der Riß ein und konnte damit fortan auf die Entwicklung und Fertigung von Schaltanlagen sowie Elektromotoren und -generatoren setzen. Im selben Jahr setzte Liebherr außerdem auf eine organisatorische Neuausrichtung am US-Markt: Liebherr USA, Co. nahm 2016 die Arbeit auf.

Eine weitere Besonderheit war 2017 die Vorstellung des 50 000. Radlader, der im Werk von Bischofshofen vom Band lief. Dabei handelte es sich um einen L 566 XPower, der in goldener Lackierung gehalten war, um feierlich dem langjährigen Liebherr-Kunden Geiger übergeben zu werden.

Das Jahr 2017 war zudem geprägt von weiteren Investitionen in die Produktionsstätten und Vertriebsnetze: Rund 749 Mio. Euro nah Liebherr beispielsweise in die Hand, um eine 2 500 m² große Halle im Reman-Kompetenzzentrum der Liebherr-Ettlingen GmbH zu realisieren, den Neubau des Entwicklungs- und Vorführzentrums in Kirchdorf an der Iller voran zu treiben und weitere Serviceangebote in der Schweiz zu ergänzen.

2018 und 2019 die Erwartungen übertroffen

Mit einem Umsatz von 10,5 Mrd. Euro erwirtschaftete die Firmengruppe erstmalig in ihrer Geschichte die Marke von 10 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr, 2017, erzielte Liebherr damit insgesamt eine Steigerung um 7,5 %. Bei den Baumaschinen und Mining-Geräten stieg der Umsatz um 10,8 % auf 6,8 Mrd. Euro. Dazu zählten insbesondere die Sparten Erdbewegung, Mining und Fahrzeugkrane.

Noch im selben Zeitraum fand außerdem der Spatenstich für ein neues Logistikzentrum der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH in Kirchdorf an der Iller (Deutschland) statt. Einen Monat später stand der Bau der neuen Firmenzentrale von Liebherr USA, Co. in Newport News in den USA an. Das Geschäftsjahr 2019 bescherte Liebherr das bislang beste Umsatzergebnis aller Zeiten: Rund 11,7 Mrd. Euro erzielte die Firmengruppe, was insgesamt für eine Steigerung von 11,4 % gegenüber dem Vorjahr stand.

Schwere Dämpfer – erprobte Philosophie

Als die Welt 2019 von SARS-CoV-2 erfuhr und spätestens zu Beginn 2020 mit einer pandemischen Lage zu kämpfen hatte, rief sich Liebherrs bewährte Philosophie auf den Plan, auch in Zeiten der Krise auf Beständigkeit und Weitsicht zu setzen. Die Corona-Krise hatte weltweit Auswirkungen auf nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Der zunehmende Rohstoffmangel, bedingt durch Lieferschwierigkeiten und Corona-bedingter Produktionsausfälle, sorgte weltweit für Materialpreissteigerungen und Logistikprobleme. Trotz Pandemie konnte Liebherr sein hohes Niveau der vorherigen Jahre halten: 2020 erzielte die Firmengruppe einen Umsatz von 10,3 Mrd. Euro, was zwar einen Rückgang um 1,4 Mrd. bedeutete, in Anbetracht der Covid-19-Situation jedoch keineswegs als Rückschlag bezeichnet werden konnte. Ein großer Vorteil war, dass insbesondere die Bauwirtschaft 2020 weit weniger von den Auswirkungen der Pandemie betroffen war, als andere Branchen. So konnten auch die Baumaschinenhersteller trotz Umsatzrückgängen ein starkes Niveau halten.
Ein Blick auf das Folgejahr verriet, dass Liebherr die Krise nicht nur gut überstehen, sondern alle Erwartungen einmal mehr übertreffen konnte: 2021 knüpfte Liebherr mit einem Umsatz von 11,6 Mrd. Euro beinahe an das Rekordjahr 2019 an (das bauMAGAZIN wird in Heft 7/22 ausführlich berichten) – die Steigerung gegenüber 2020 betrug 12,6 %.

Ein Blick auf das laufende Geschäftsjahr 2022 verrät jedoch, dass auch Liebherr kein Patentrezept auf Unerschütterlichkeit hält: Die Materialknappheit, Lieferengpässe und damit einhergehende Preissteigerungen sorgen 2022 für erschwerte Bedingungen. Hinzu kommt der Ukraine-Krieg: Mit dem Angriff Russlands auf das Nachbarland bekommt auch die Liebherr-Gruppe die Auswirkungen zu spüren. Aufgrund drastischer Sanktionsmaßnahmen des Westens mussten viele Aktivitäten in Russland auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden.

Willi Liebherr, Präsident des Verwaltungsrates, sowie Isolde Liebherr, Vizepräsidentin des Verwaltungsrates der Liebherr-International AG, zeigten sich kürzlich bestürzt über die Entwicklungen des Krieges und brachten ihr tiefes Mitgefühl gegenüber den Familien der Opfer sowie jener Menschen aus, die ihre Heimat aufgrund der weiter andauernden Kampfhandlungen verlassen mussten. »Bis vor Kurzem hätten wir eine solche Eskalation nicht für möglich gehalten«, so Willi Liebherr. »Es ist unfassbar, was in Europa gerade geschieht« – es erinnere ihn an längst vergangen geglaubte Zeiten. In der Ukraine ist Liebherr mit langjährigen Handelspartnern vertreten – in Russland ist die Firmengruppe zudem seit 1965 aktiv und betreibt dort zwei Produktionsstätten in der Region Nischni Nowgorod sowie eine Vertriebs- und Servicegesellschaft mit Hauptsitz in Moskau. Schwer abzuschätzen sei laut Willi Liebherr, welche mittel- und langfristigen Auswirkungen der Krieg auf die dortigen Geschäftstätigkeiten habe – aktuell richte man sich nach den geltenden Sanktionsmaßnahmen, rechne gleichzeitig jedoch mit deutlichen wirtschaftlichen Folgen. Insgesamt sei die Firmengruppe laut Isolde Liebherr mit sehr guter Auftragslage in das Jahr 2022 gestartet und blicke trotz der veränderten Rahmenbedingungen verhalten optimistisch auf den weiteren Jahresverlauf – wohlwissend, dass ein Blick in die Glaskugel derzeit kein verlässlicher Ratgeber sei.

Das aktuelle Produktportfolio

Ein Blick auf das aktuelle Baumaschinen-Portfolio mit Schwerpunktlegung auf das Segment der Erdbewegung verrät, dass Liebherr derzeit sowohl mit ausgereiften Maschinen als auch zukunftsweisenden Technologien aufwarten kann. Im Bereich der Raupenbagger sticht derzeit das Modell R 924 hervor: Es repräsentiert die mittlerweile achte Generation an »Arbeitstieren«, die eine außergewöhnliche Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten abdecken. So verfügt der R 924 aus der 24-t-Klasse über einen für Liebherr entwickelten D 924 A7-05 FPT-4-Zylinder-Reihenmotor mit 129 kW Leistung bei 1 800 min¯¹. Der 4-Takt-Common-Rail-Diesel ist mit Turbolader samt Ladeluftkühlung und Abgasnachbehandlung Stufe V ausgestattet. Das verbaute Zweikreis-Hydrauliksystem ermöglicht hingegen eine maximale Fördermenge von 2 x 210 l/min bei einem Betriebsdruck von maximal 380 bar.

Der aktuelle R 924 ersetzt das Vorgängermodell mit identischer Bezeichnung, weist jedoch ein vollständig neues Design auf, das der neuen Modellreihe der achten Generation entspricht. Auch die Bauweise wurde überarbeitet, um laut Liebherr mehr Komfort für den Bediener sowie verbesserte Leistung liefern zu können. Der Raupenbagger weist darüber hinaus eine maximale Grabtiefe von 6,5 m, rund 135 kN Reißkraft und einem Tieflöffelinhalt von 0,55 m³ bis 1,65 m³ auf.

Im Segment der knickgelenkten Muldenkipper hingegen führt nach Ansicht von Liebherr derzeit kein Weg am Modell TA 230 Litronic vorbei: Ein Leergewicht von 24,6 t bei einer beachtlichen Muldenkapazität von 18,1 m³ und einer Nutzlast von 28 t sollen ihn für effiziente Materialbewegung prädestinieren. Für geballte Zugkraft im Offroad-Einsatz soll ein 12-l-Liebherr-D956-Motor mit 265 kW bei 2 100 min¯¹ Leistung sorgen. Der 6-Zylinder-Reihenmotor verfügt über eine Kompaktkühlanlage. Mit den aktiv gesteuerten Längsdifferenzialsperren stehen dem TA 230 automatische Traktionskontrollen zur Verfügung. Ebenfalls wichtig: Zusätzlich zu hydraulisch betätigten Lamellenbremsen an allen Achsen ist das Modell mit einem verschleißfreien vorgelagerten Bremssystem ausgestattet. Um das Beladen effizienter zu gestalten, hat Liebherr überdies ein innovatives Wiegesystem zur Darstellung der Nutzlast auf einem Display verbaut.

Als Repräsentant der modernen Mobilbagger bietet sich bei Liebherr hingegen der A 918 Compact an. Der rund 18 t schwere Mobilbagger eignet sich aufgrund seiner Motorisierung, der Abmessungen und Bedieneigenschaften für eine Vielzahl an Einsatzgebieten. Der Tieflöffelinhalt reicht, je nach bevorzugter Auswahl, von 0,17 m³ bis 1,05 m³. Unter der Motorabdeckung verbirgt sich ein 4,5-l-D924-FPT-Motor mit 115 kW Leistung bei 1 800 min¯¹. Die Hydraulikanlage hingegen ist mit einer Axialkolben-Verstellpumpe ausgestattet und weist eine maximale Fördermenge von 300 l/min auf. Beim Schwenkwerk zeigt sich ein innenverzahnter, abgedichteter Kugeldrehkranz. Das Schwenkmoment liegt bei 54 kNm.

Insgesamt, und auch das hat sich in 73 Jahren als »Liebherr-typisch« entwickelt, verfügt die Firmengruppe über ein gigantisches Produktportfolio. Um den Bogen weiter zu spannen und Ihnen noch mehr spannende Fakten zu Liebherr liefern zu können, empfehlen wir Ihnen die Langversion dieser Liebherr-Reportage, die wir Ihnen auf baumagazin-online.de zur Verfügung stellen.    

Dan Windhorst  d

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