Liebherr bleibt trotz Corona zuversichtlich: »Keinerlei Anzeichen von Panik«

Die Unternehmensgruppe Liebherr, die 2019 einen Rekord-Umsatz in Höhe von 11,75 Mrd. Euro erwirtschaftet hat, rechnet coronabedingt in diesem Jahr mit einem Umsatzrückgang von etwa 13 Prozent. Im bauMAGAZIN-Interview Ende Oktober zeigten sich Vertreter der Unternehmensspitze trotzdem zuversichtlich und kündigten an, spätestens 2022 elektrisch angetriebenen Kompaktradlader sowie Teleskoplader auf den Markt zu bringen und das neuartige Bedienkonzept INTUSI von der Bauma 2022 an sukzessive im Zuge von Neueinführungen in allen Liebherr-Erdbewegungsmaschinen zu implementieren.

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Von: Michael Wulf

Andreas Böhm als Mitglied des Direktoriums der Liebherr-International AG (Bulle/Schweiz) und Joachim Strobel als Geschäftsführer der Liebherr EMtec GmbH (Kirchdorf/Iller) erläuterten diese Woche im Video-Interview mit bauMAGAZIN-Chefredakteur Michael Wulf, dank welcher Maßnahmen die Unternehmensgruppe Liebherr die Corona-Krise bislang gemeistert hat. Eine wichtige Rolle habe dabei – wie schon in der Finanzkrise 2009 – die finanzielle Unabhängigkeit des Konzerns sowie dessen dezentrale Unternehmensstruktur und die breite Diversifikation gespielt. So habe man bislang Entlassungen vermeiden und die Beschäftigtenzahl stabil halten können.

Neue Vertriebszentrale für Erdbewegungsmaschinen

»Wir bei Liebherr verfallen weder in extreme Euphorie, wenn es gut läuft, noch bekommen wir Panik, wenn so etwas passiert wie 2009 oder jetzt die Corona-Pandemie«, sagte Andreas Böhm. »Ich denke, wir haben die Pandemie bislang ganz gut gemeistert, indem wir sehr rational und pragmatisch die Themen abgearbeitet haben. Es gab bei uns in der Gruppe wirklich keinerlei Anzeichen von Panik.« So werde Liebherr seine Investitionen in Höhe von zuletzt 756 Mio. Euro auch nur geringfügig reduzieren. Unter anderem baut Liebherr derzeit in Dettingen bei Kirchdorf/Iller eine neue Vertriebszentrale für Erdbewegungsmaschinen und investiert in den Bau eines Logistikzentrums im Radladerwerk Bischofshofen (Österreich).        

Während die Sparte Aerospace bislang am stärksten von der Pandemie betroffen ist, wird der Umsatzrückgang im Bereich Baumaschinen und Mining laut Andreas Böhm dieses Jahr »eher bei zehn bis zwölf Prozent liegen«. In der Sparte Erdbewegung sieht man bei Liebherr »in Europa eine stabile Entwicklung«. Zwar rechnet Joachim Strobel als dafür verantwortlicher Geschäftsführer der Liebherr EMtec GmbH hinsichtlich des deutschen Marktes dieses Jahr »mit einem Rückgang von etwa 15 Prozent, allerdings ausgehend von einem wirklich sehr hohen Niveau«.

Elektroantrieb für Kompaktradlader und Teleskoplader  

Er kündigte zudem an, dass Liebherr spätestens 2022 seine Kompaktradlader und Teleskoplader auch mit einem Elektroantrieb ausrüsten und zudem – beginnend mit der Bauma 2022 – sein Bedienkonzept INTUSI im Zuge von Maschinen-Neueinführungen nach und nach in alle Erdbewegungsmaschinen implementieren wird. Darüber hinaus erläuterte Joachim Strobel, dass Liebherr bei der Entwicklung von alternativen Antrieben in allen Bereichen forschungstechnisch aktiv sei – bei Brennstoffzellen, Elektroantrieben oder Hybridlösungen. »Aber wir können noch nicht erkennen, wohin die Reise geht. Deshalb werden wir uns heute nicht auf eine Technologie festlegen.«


Einen »Riesenmehrwert« sehe man bei Liebherr derzeit eher in der synthetischen Kraftstofftechnologie, so Joachim Strobel weiter, wenn die Reduzierung der Umweltbelastung im globalen Maßstab das Thema sei. »Denn das ist derzeit die einzige Technologie, mit der sich der weltweit bestehende Maschinenbestand mit relativ geringem technischen Aufwand in kürzester Zeit umrüsten lässt.«

Keine Prognose wagte Joachim Strobel im bauMAGAZIN-Interview, wie schnell die Baumaschinen-Hersteller die Problematik der offenen Schnittstellen bei Flottenmanagementsystemen lösen können. Mit der VDMA-Initiative »Machines Construction 4.0« sei man aber »auf einem guten Weg«, so Strobel. »Der Kunde ist am Ende der Entscheider. Wenn der feststellt, dass er sich mit einem System gleichzeitig an eine Marke bindet, dann dürfte die Mehrzahl der Kunden damit auf Dauer ein Problem haben. Und das, so glaube ich, erkennen mittlerweile alle.«

Das komplette bauMAGAZIN-Interview mit Andreas Böhm und Joachim Strobel erscheint in der November-Ausgabe des bauMAGAZIN in der Rubrik »Im Blickpunkt«.

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