HIDROMEK: »Der deutsche Markt fordert hohe Qualität und genau die wollen wir bieten«

Am Stadtrand von Ankara reihen sich tonnenschwere Hydraulikbagger und frischpolierte Radlader auf dem neu errichteten Fabrikgelände von Hidromek aneinander.

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Inmitten der kargen Felslandschaft um die türkische Hauptstadt wurde ein kompletter Berghang für den neuen Produktionskomplex abgetragen, um genügend Platz für den riesigen Fabrikkomplex zu schaffen. Und das schindet Eindruck – rund 1,2 Mio. m² an Grundfläche wurden benötigt, um die Produktionshallen in Stahlträgerkonstruktion aufstellen zu können. Aber dieser Aufwand wird nicht grundlos betrieben: Die Auftragsbücher sind voll und die gesteckten Ziele für den europäischen Markt ambitioniert, aber nicht unrealistisch. Das bauMAGAZIN war eine Woche lang in Ankara und Izmir vor Ort, um gemeinsam mit dem türkischen Baumaschinenhersteller über neueste Maschinenentwicklungen zu sprechen und um die Frage zu klären, wie sich das Unternehmen am deutschen Markt behaupten will. Denn Tatsache ist, dass deutsche Händler und Unternehmer gern auf Bewährtes setzen und es neue Mitbewerber nicht selten schwer haben, in der Branche langfristig Fuß zu fassen.

Was hierzulande kaum jemand weiß: Hidromek ist seit mehr als 40 Jahren in der Maschinenbaubranche tätig und gilt als familiengeführtes Traditionsunternehmen, das durch die Modernisierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre nun den logischen Schritt nach Europa gewagt hat. In der Türkei ist der Baumaschinenhersteller bereits Marktführer – seit neun Jahren führt er die Lader-Branche an, seit nunmehr sechs Jahren auch das Baggersegment.

Verantwortlich dafür ist laut Stoian Markov, Company Director bei Hidromek West, der hohe Anspruch des Unternehmens selbst: »Unsere Ingenieure, Arbeiter und Designer haben wirklich alles an Herzblut in die Entwicklung der neuen Modellreihen gesteckt, was da war. Und ich finde, das sieht man. In den letzten Jahren wurde außerdem viel investiert: Die neuen Produktionsstandorte und Fertigungsabteilungen zeigen ganz gut, wie ernst wir den hohen Qualitätsanspruch nehmen. Und genau das wird in Europa auch erwartet. Wir wissen, dass zum Beispiel der deutsche Markt ein schwieriges Pflaster ist. Wir wissen aber auch, was unsere Maschinen können, und jetzt ist es Zeit, dass die Leute das in Deutschland wahrnehmen.«

Unabhängig und zukunftsorientiert

Bereits auf dem Weg zu den verschiedenen Produktionsstandorten in Ankara wird deutlich, dass die Türkei in vielerlei Hinsicht im Um- und Aufschwung ist. Mit der Politik kann und will sich Hidromek aber nicht befassen. Als ein türkischstämmiges, aber eben international tätiges Unternehmen bleibe man nach eigener Aussage unabhängig, wisse aber auch, dass man der Heimat viel zu verdanken habe. Die Türkei konnte in den vergangenen Jahren laut Hidromek ein riesiges Wachstumspotenzial aufbieten und das hat für volle Auftragsbücher gesorgt.

Ankara gleicht einem Paradies für Baufirmen und Unternehmer

Die Hauptstadt der Türkei wirkt wie eine riesige Spielwiese für Architekten und Bauherren: Und das nicht aus einer politischen Laune heraus, sondern weil schlicht der Bedarf da ist.

Kaum eine Straße führt nicht an neu hochgezogenen Firmen oder Hochhauskomplexen vorbei, und auch die Infrastruktur für Gewerbe und Industrie befindet sich in einem beispielhaften Zustand. Abzuwarten bleibt, wie sich die Türkei in den kommenden Jahren entwickelt und ob die aktuelle Lira-Krise aus eigener Kraft überwunden werden kann, ohne dabei auf Kreditgeber wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) oder die Europäische Union zurückgreifen zu müssen.

Da sich Hidromek aber bereits seit vielen Jahren auf der internationalen Bühne zeigt, wäre es als Unternehmen nicht so stark von einer lokalen Krise betroffen wie lokale Anbieter. Dass sich der türkische Hersteller gerade jetzt so interessiert am europäischen Markt zeigt, hat aber wohl kaum mit der aktuellen politischen Lage in der Türkei zu tun. Die Markterschließung in Europa ist ein logischer Schritt für ein Unternehmen, dass seine Konkurrenz auf nationaler Ebene bereits meilenweit hinter sich gelassen hat.

Von kompakten Maschinen bis zu den Schwergewichten

Für Deutschland interessant sind Neuentwicklungen wie die Radbagger HMK 140 W (15,9 t) und HMK 200 W (22,1 t), die aufgrund ihrer Vielseitigkeit und leichten Handhabung als zuverlässige Helfer am Bau gelten. Echte Arbeitstiere zeigen sich auch im Segment der Raupenbagger: Vom kompakten 15-t-Modell (HMK 140 LC) bis zum kraftvollen HMK 490 LC HD, der stolze 51 t auf die Waage bringt, ist eine große Bandbreite vertreten, um laut Hidromek möglichst viele Arbeitsbereiche in der Bau- und Industriebranche abdecken zu können. Ähnlich verhält es sich mit den Gradern: Die MG-Modelle 330, 460 und 600 wurden für viele Anwendungen entwickelt. Stoian Markov hierzu: »Vom Nivellieren und Graben ist diese Baureihe bis zum Gehren, Grabenziehen und Schneeräumen geeignet. Wichtig war uns bei der Entwicklung die Vermischung von hoher Manövrierfähigkeit, Geschwindigkeit und langer Lebensdauer.« Letzteres gelingt dem Hersteller nach eigener Aussage durch die Verwendung einer besonders starken Rahmenstruktur, durch die eine noch höhere Haltbarkeit und damit Langlebigkeit erzielt werden kann.


Den Anfang bei den Radladern macht der »große Hübsche«

Außerdem hat sich Hidromek erstmals mit einem Modell ins Radlader-Segment vorgewagt: Der HMK 640 WL (das bau­MAGAZIN berichtete bereits in Heft 4/18, Seite 44) ist mit seinen 26,3 t Einsatzgewicht ein stolzer Schwergewichtler, der in Ländern wie Deutschland vorrangig in der Gewinnung und Erdbewegung Verwendung findet. In der Standardausführung weist die Schaufel ein Füllvolumen von 4,2 m³ auf. Angetrieben wird der Lader von einem 6-Zylinder-Dieselmotor des Typs 6R1100 von Mercedes-Benz mit 324 PS Leistung und einem Drehmoment von 1 600 Nm.

Eine Besonderheit stellt das Design dar, auf das Hidromek angesichts diverser Preise und Auszeichnungen auch sichtlich stolz ist: Der HMK 640 WL erhielt sowohl den »German Design Award 2018« als auch den »Red Dot Award 2017« in der Kategorie »best of the best«. Am Fertigungsstandort für die Raupenbagger in Ankara hat Hidromek auch seine Design-Abteilung untergebracht. Die Räume sind gesichert, vor fremden Blicken geschützt und gut ausgestattet: Moderne Serveranlagen, eine eigene Grafikabteilung und zahlreiche junge Kreativköpfe sollen Sorge dafür tragen, dass Hidromek nach eigenen Angaben auch optisch »up to date« bleibt.

Auch in der Baubranche darf es Eitelkeiten geben

Gearbeitet wird mit verschiedenen Mitteln. Die ersten Entwürfe für eine neue Baumaschine entstehen am Bildschirm. Ein Simulator in Kombination mit einem Virtual-Reality-Brillensystem macht dabei die virtuelle Begehung sowie Nutzung der Maschinenentwürfe möglich. Um anschließend auch etwas Handfestes vorzuweisen, werden die Digitalentwürfe mittels Ton und Teilstücke aus dem hauseigenen 3D-Drucker zu einem Modell zusammengesetzt. Aktuell arbeitet das Team zum Beispiel an Neuentwicklungen, die auch zur anstehenden Bauma vorgestellt werden sollen. Sébastien Zilyas, Marketing Manager bei Hidromek West, nennt die Mitarbeiter der Designabteilung die »jungen Kreativlinge mit Ideen, die sonst keiner hat«, und stellt klar, dass es auch in der Baubranche Eitelkeiten geben dürfe und auch müsse: »Am Ende zählt, was eine neu entwickelte Baumaschine in Sachen Leistung, Technologie, Belastung und Verbrauch drauf hat. Das ist Aufgabe unserer Hidromek-Ingenieure. Dem Ganzen aber ein Gesicht verleihen, das passiert im Design. Und dieser Job ist unglaublich wichtig, denn Optik und Funktionalität dürfen sich nicht im Weg stehen, sondern müssen perfekt ineinander greifen. Oder anders gesagt: Unsere Maschinen liefern satte Leistung und sind gleichzeitig richtig hübsch.«

»Wenn wir schon Baumaschinen entwickeln, dann auch richtig«

Und tatsächlich mühen sich eine Reihe gut ausgebildeter Grafiker, Ingenieure und Designer um immer neue Gestaltungsideen mit vielen Freiheiten seitens des Unternehmens. Man sei laut Zilyas aber nicht unbedingt darauf aus, in Sachen Optik zwanghaft anders zu sein: »Es geht um einen gesunden Mittelweg, einen, der Sinn macht. Uns ist bewusst, dass die raue Baubranche der falsche Ort für überheblichen Firlefanz ist. Ein Unternehmer will in erster Linie, dass sein Bagger oder Radlader zuverlässig arbeitet. Er soll schlicht und ergreifend funktionieren und sein Geld unterm Strich auch wert sein. Und wir sagen uns: Wenn wir schon dabei sind, Baumaschinen zu entwickeln, dann machen wir das auch richtig. Insbesondere dann, wenn neue Design-Ideen zum Beispiel Vorteile in der Bedienung oder Handhabung bieten.«

Neue Baggerserie GEN: Leistungsstark und langlebig

Bereits auf der Intermat in Paris hatte Hidromek Modelle vorgestellt, für die der türkische Hersteller große Chancen auf dem deutschen Markt sieht. Dazu gehören der besagte Radlader HMK 640 WL sowie die neuen Raupenbagger HMK 300 LC und HMK 145 LC SR.

Mit GEN hat Hidromek zudem eine Bagger­serie entwickelt, die vom 51-t-Modell HMK 490 LC HD angeführt wird. Die Maschinen sollen laut Hersteller in Deutschland durch eine hohe Leistungsfähigkeit, Lang­lebigkeit sowie ge­ringe Wartungs- und Betriebskosten auffallen (das bauMAGAZIN berichtete in Heft 8/18, Seite 66).

Der HMK 490 LC HD wird von einem 348 PS (260 kW) starken Motor angetrieben. Ausgelegt ist dieser Hidromek zufolge auf die geforderten EU-Emissionsvorgaben, weshalb der Bagger auch in Deutschland zugelassen ist.

Hohe Präzision bei der Steuerung und Unterstützung durch »Opera«

Als weitere Besonderheit des neuen Modells nennt Stoian Markov das Hochleistungsfahrwerk: Rollen mit Fünfeckbeschlag, die mit dem Unterrahmen verbunden sind, sowie zusätzliche Versiegelungen sollen die Lebensdauer erhöhen und den Wartungsaufwand verringern. »Die Konstruktion beim 490 LC HD ist vom Unterwagen bis zum Ausleger unglaublich robust gebaut. Es stimmt schon, dass wir damit auf die Langlebigkeit abzielen, aber Fakt ist auch, dass die leichte Bedienbarkeit der Ma­schine mindestens genauso heraussticht. Und in Anbetracht der Größe und der Power würde man das von einer solchen Maschine überhaupt nicht erwarten«, berichtet Stoian Markov und setzt sich spontan selbst in die Fahrerkabine des 51 t schweren Raupenbaggers.

Per Joystick manövriert Markov den Ausleger samt Löffel. Auffällig ist die Präzision des Systems: Obwohl hier mit tonnenschwerem Gerät gearbeitet wird, lässt sich extrem feinfühlig arbeiten. »Ein Baggerfahrer mit Erfahrung kennt die dramatischen Unterschiede zwischen damals und heute. Das, was der Stand der Technik heute zulässt, ist bemerkenswert. Und besonders bei so schweren Jungs wie dem 490 LC HD wird einem wieder klar, was für eine Ingenieurskunst eigentlich dahintersteckt. Hidromek hat mit der neuen Serie echte Bedienfreundlichkeit geschaffen, die dem Fahrer die Handhabung bedeutend erleichtert«, ergänzt Markov.

Wesentlichen Anteil an diesen Vorzügen dürfte aber auch die für die GEN-Serie entwickelte Benutzeroberfläche mit Namen »Opera« sein. Von der Navigation über die Wahl der einzelnen Arbeitsmodi können laut Hidromek auch die Kamerasteuerung oder die Überwachung von Hydraulik, Motorkühlung und Motordrehzahl übernommen werden. Das soll laut Hersteller dabei helfen, die einzelnen Arbeitsschritte besser im Blick zu behalten, gleichzeitig aber auch zusätzliche Sicherheit für Mensch und Maschine zu schaffen.    ™

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