thyssenkrupp: Mit der Vibrationsramme zur Bodensanierung in neuer Dimension

In Ingolstadt entsteht neben dem Audi-Stammsitz auf einem ehemaligen Raffineriegelände ein 60 ha großer Technologiepark. Mit dem Projekt will der Autokonzern Platz schaffen, um neue Technologien für die Mobilität der Zukunft zu entwickeln. Zusätzlich sollen 15 ha mit Renaturierungsmaßnahmen gestaltet werden. Bevor es soweit ist, muss das Erdreich von Altlasten befreit werden: Neben einer Abstromsicherung zum Schutz der Donauauen kam ein Dreiklang aus Air-Sparging (In-situ-Verfahren zur Entfernung flüchtiger Schadstoffe mittels Luftstroms), Wabenverfahren (Bodenaustauschverfahren) und Bodenwaschanlage zur Anwendung, wobei auch die Müller-Vibrationsramme von thyssenkrupp Infrastructure eine wichtige Rolle spielte.

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Für die Bodensanierung wurde eine Arbeitsgemeinschaft von den Firmen Züblin Umwelttechnik (technische Geschäftsführung), Geiger Umweltsanierung (kaufmännische Geschäftsführung), Wilhelm Geiger und STRABAG Umwelttechnik gebildet, die im Auftrag der Stadt Ingolstadt und von Audi für alle Aspekte von Planung und Durchführung verantwortlich ist. Beim Wabenverfahren griffen die STRABAG-Experten wegen der örtlichen Geologie und der Größe der zu sanierenden Fläche auf eine freireitende Müller-Vibrationsramme des Typs MS-40 HFV von thyssenkrupp Infrastructure an einem Liebherr-Trägergerät zurück. Da die Motorleistung des Trägergeräts ausreichend war, um auch die Ramme zu versorgen, entstand ein besonders mobiles und leistungsfähiges mäklergeführtes Rammsystem.

Acht Hektar Bodenaustausch

Über 25 000 Mal rüttelte die Müller-Vibrationsramme die Stahlwaben in den belasteten Untergrund in bis zu 12 m Tiefe. Rund 6 ha der am stärksten belasteten Fläche wurden so von den Altlasten befreit. »Grundsätzlich achtet man beim Thema Bodenaustausch darauf, möglichst wenig Oberfläche der kontaminierten Bereiche auf einmal zu öffnen, um mögliche Emissionen an die Umgebung zu vermeiden. Bei der Sanierung in Ingolstadt war das ein ganz wichtiger Punkt«, erläutert Achim Ernst, zuständiger Bauleiter der STRABAG Umwelttechnik, Bereich Nordost. Zudem herrschen wegen der Nähe zur Donau besondere hydrogeologische Randbedingungen, das Grundwasser drückte immer nach oben, sobald die Möglichkeit dazu bestand. Auch hierfür war es wichtig, nicht zu große Aushübe im Boden zu machen. Damit blieben für den Bodenaustausch nur das Bohr- oder das Wabenverfahren. Da für eine vollständige Sanierung mit dem Bohrverfahren immer mit »Überschnitt« gearbeitet wird, hätte sich die Aushubmenge an Bodenmaterial rechnerisch um rund ein Drittel erhöht. Beim Wabenverfahren dagegen wird durch die Geometrie und die Anordnung der Waben nur die gewünschte Menge an Boden ausgehoben.

Schwierige Bodenverhältnisse

Dabei waren die kiesigen Bodenverhältnisse nicht ideal für das Wabenverfahren: Durch die Vibration kann der Boden sich so sehr verdichten, dass es schwieriger ist, die Wabe vor allem lotrecht in den Boden einzubringen. Hier zeigte sich die Idee des Umbaus von der freireitenden Variante in die mäklergeführte laut Ernst als zielführend: »In der Kombination, von der sonst freireitenden Müller-Ramme und dem Liebherr-Trägergerät, hat das Ganze eine dermaßen große Wucht und Kraft gehabt, dass die Geologie mit den Donaukiesen keine signifikante Rolle mehr spielte.«


Freireitende Systeme nutzen für das Einbringen der Bodenwaben das Eigengewicht der Vibrationsramme, das in Ingolstadt bei rund 14 t lag. Durch das Träger­gerät war man aber in der Lage, zusätzlich noch einmal bis zu 50 t aufbringen zu können. »Im Grunde genommen hatte die Wabe dann keine Chance mehr und ging auch in den verfestigten Boden wie durch Butter«, erinnert sich Ernst. Durch die Führung am Trägergerät wurde die Wabe in ihrer vertikalen Achse gehalten, sodass sie stets lotrecht blieb.

Die Idee zur Kombination war laut Ernst bei der STRABAG länger vorhanden. Es habe allerdings bislang kein geeignetes Trägergerät gegeben, das nicht nur sich selbst, sondern auch die Vibrationsramme mit der nötigen Hydraulikleistung versorgen konnte. Ernst: »So konnten wir auf das Aggregat des Rüttlers verzichten.« Beim Einsatz als freireitendes System müsse dies immer »mitgeschleppt« werden und das sei manchmal eher hinderlich. Als dann das nun verwendete Liebherr-Trägergerät auf den Markt gekommen sei, seien die Pläne zur Kombination konkreter geworden, so Ernst weiter.

Ein ewiger Rhythmus

Im Juni 2017 wurde die Baustelle eingerichtet. Da eine Vorgabe war, möglichst viel Bodenmaterial vor Ort zu belassen bzw. wiederzuverwenden, wurde zur Reinigung des ausgehobenen Bodens eine Bodenwaschanlage errichtet. »Hierfür wurde fast ein Jahr benötigt. Zeit, die wir für die Konfiguration der Geräte genutzt haben«, erklärt Ernst. Im August 2018 wurde dann die erste Wabe in den Boden eingebracht. Der Startschuss für einen Kreislauf, der zwei Jahre anhielt: Die Vibrationsramme rüttelte immer sechs bis sieben Waben in den Boden, bevor der Kettenbagger mit Greiferverlängerung und einem an die Wabengeometrie angepassten Greifer den belasteten Boden aus der Wabe holte und dieser zur Waschanlage transportiert wurde. Beim Aushub konnte die Verlängerung immer um ein Sechstel gedreht werden, sodass die Wabe passgenau geleert werden konnte. Nach drei, vier ausgehobenen Waben wurden diese dann mit gereinigtem Bodenmaterial aus der Waschanlage mit einem Radlader verfüllt. Zwischen Ausheben und Verfüllen war wegen des Grundwassers Eile geboten. Sobald die Wabe komplett gefüllt war, wurde sie mit der Vibrationsramme aus dem Boden gezogen und an der nächsten Stelle in den Boden erneut eingebracht. So war die nun mäklergeführte Müller-Vibrationsramme stets im Einsatz.

»Hervorragend gemeistert«

Dass die Leistungsfähigkeit der Vibrationsrammen den hohen Belastungen gerecht werden konnte, hat Bodo Berendt, Spartenleiter Maschinentechnik bei thyssenkrupp Infrastructure, nicht überrascht: »Wir waren immer schon davon überzeugt, dass unsere Geräte für eine Dauerbelastung bestens geeignet sind. Normalerweise gibt es immer Pausen zwischen den einzelnen Vibrationszeiten. In Ingolstadt war dies wegen der großen Fläche nicht der Fall. Hier hatte die MS-40 HFV sehr viele Arbeitsstunden, die sie hervorragend gemeistert hat.« Auch das Problem der Wärmeentwicklung innerhalb der Ramme im Dauereinsatz konnte mit integrierten Kühlvorrichtungen gelöst werden.

Ebenso zeigten sich die Müller-Geräte aufgrund ihrer Bauart als sehr drehzahlstabil. Berendt: »Wenn der Boden sich durch das Einbringen der Wabe verfestigt, verändert die Vibrationsramme nicht ihre Leistung, sondern sie arbeitet stabil weiter.« Durch die Donaukiese verfestigte sich der Boden, aber die Einbringzeiten blieben bei jeder Wabe relativ gleich, das heißt, die Drehzahl konnte auch bei sich änderndem Bodengefüge gehalten werden. »Wir haben in der letzten Zeit bei unterschiedlichen Projekten mit dem Wabenverfahren zahlreiche Erfahrungen gesammelt«, so Berendt. »Unsere Müller-Vibrationsrammen sind vielseitig verwendbar – ob freireitend für kleinere Projekte oder mäklergeführt für Großprojekte. Ingolstadt war ein sehr gutes Beispiel für die Dauerbelastbarkeit unserer Vibrationstechnik.«     t

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