Doka: Ganz schön schräg

Mitten im Frankfurter Bankenviertel klettert der Omniturm in die Höhe. Der fast geradlinige Glasturm wird Bewegung in die Skyline der Stadt bringen, denn etwa in der Mitte macht der Turm eine Art »Hüftschwung«. Für diese spiralförmige Achsen­verschiebung entwickelte Doka ein neues Schutzschild, das sich vorwärts, rückwärts und seitwärts bis zu 21° neigen lässt.

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Frankfurt am Main ist bekannt für seine Skyline aus Wolkenkratzern. Mit dem Omniturm, der am Ende ca. 190 m messen wird, entsteht in der Großen Gallusstraße aktuell das sechsthöchste Gebäude der Stadt, schräg gegenüber von Deutschlands höchstem Gebäude, dem Commerzbank Tower (259 m). Mit seiner Fertigstellung, die für Anfang 2019 geplant ist, verfügt Frankfurt dann über Europas einzige Straßenkreuzung, bei der an jeder der vier Ecken ein Hochhaus (≥ 100 m Höhe) steht. Zudem wird der Omniturm deutschlandweit das erste Hochhaus mit Mischnutzung darstellen, das gleichzeitig Büro-, Wohn- und öffentliche Flächen enthält. Auch optisch wird er »heraus­ragen«. Denn der Entwurf des Architekten Bjarke Ingels (BIG) sieht für die Stockwerke 15 bis 22 eine spiralförmige Verschiebung der Ebenen zueinander vor – eine ungewöhnliche Herausforderung für das bauausführende Unternehmen Adolf Lupp und deren Schalungstechniker von Doka.


 

Der »Hüftschwung« des Omniturm markiert einen Nutzungswechsel im Gebäude. Bis zum 15. Stockwerk sind öffent­liche und Büroflächen vorgesehen, ab der 23. Etage schließen sich ebenfalls wieder Büroflächen an. Dazwischen liegt der »Residential«-Bereich. Hier stehen später knapp 8 200 m² Wohnfläche zur Verfügung, mit Terrassen und Überhängen auf allen vier Gebäudeseiten, die zueinander versetzt sind. In diesem seitlich verschobenen Bereich lag auch die außergewöhnliche Ingenieursleistung für die Schalungsplanung und die Ausführung auf der Baustelle.

Sicherheit bei jeder Neigungs- und Wetterlage

Die Sicherheitsanforderungen auf der Baustelle in der belebten Innenstadt sind enorm. Sowohl Passanten und Autofahrer, die jeden Tag zu tausenden die Baustelle passieren, als auch die Baustellenmannschaft müssen vor herabfallenden Gegenständen bzw. gegen Abstürze und selbst extreme Witterungsverhältnisse geschützt werden. Normalerweise würde man ein senkrechtes Schutzschild aufbauen, das mit der Baustelle mitklettert – was aber aufgrund des verschobenen Residential-Bereichs nicht möglich war. Also tüftelten die Ingenieure von Doka an einem Novum: einem Schutzschild, das nicht nur senkrecht hydraulisch klettern kann, sondern sich in den versetzten Ebenen – ohne Umbauten – entweder nach vorne oder nach hinten und gleichzeitig sogar zur Seite neigen lässt. Das Gebäude macht an den zueinander verschobenen Ebenen einen Sprung von je bis zu 1,35 m. Das Schutzschild wird damit je nach Ausrichtung in alle Richtungen um bis zu 21° geneigt. »Das Besondere an diesem Windschild: Man kann über Lamellen eine Parallelverschiebung in beide Seiten vornehmen und variabelst in der Höhe verstellen. Das ist für unser Projekt eine große Hilfe – eine sehr große Hilfe sogar«, sagt Michael Bellon, Oberpolier der Baufirma Lupp.

In der größten Verschiebung liegt der Residential-Bereich um insgesamt mehr als 5 m zur Grundlinie versetzt. Da die Deckenränder hier gleichzeitig als Balkone bzw. als Vordächer genutzt werden, beträgt die Stärke der Deckenränder lediglich 15 cm. Um die hohen Lasten sowohl bei der Betonage als auch des Schutzschilds tragen zu können, wurde hier mit extrem tragfähigen Unterstellungen gearbeitet. So finden sich unter den Ecken des Residential-Bereichs Gespärre und Stützen, die sonst nur im Brückenbau eingesetzt werden. Im März erreichte das Schutzschild seine stärkste Neigung. Danach wandern die Ebenen zurück zur Grundlinie, um wieder senkrecht nach oben zu wachsen.

Vorauseilende Baustelleninfrastruktur

Das Innenleben des Omniturm besteht aus zwei Hochhauskernen (für Aufzüge und Treppenhäuser), die über zwei voneinander unabhängige Plattformen nach oben wachsen. Zum Einsatz kommt das Plattformsystem SCP inklusive Hydraulik. Bei dieser Baumethode eilt der Kernbereich den nachlaufenden Decken voraus. Die getrennte Herstellung von Wand und Decke ermöglicht einen einfacheren Bauablauf mit Fokus auf das jeweilige Bauteil. Die Baustelleneinrichtung inklusive Bewehrung wird quasi auf der Plattform gelagert. Starke Hydraulikzylinder heben Plattform, Schalung und Materialcontainer in einem Hub kranlos in den nächsten Betonierabschnitt. Auf diese Weise wird nicht nur Zeit, sondern auch Platz gespart, was auf dieser Baustelle mit sehr beengten Platzverhältnissen sowohl am Boden als auch in der Höhe einen wichtigen Faktor darstellt.    §

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