Aus der Vereinbarung wird eine der weltweit größten Bergbauflotten entstehen, die komplett emissionsfrei arbeiten. Es war deshalb ein großer Moment für die Firmengruppe, als Dr. Willi Liebherr, Mitglied des Verwaltungsrats der Liebherr-International AG, und Dr. Andrew Forrest, Executive Chairman von Fortescue, in Las Vegas den Vertrag für die erweiterte Partnerschaft zwischen ihren beiden Unternehmen unterzeichneten. Damit besiegelten Liebherr und Fortescue nicht nur ein Vertragsvolumen für die initialen Maschinenlieferungen im Gesamtwert von rund 2,5 Milliarden Euro, sondern gleichzeitig auch eine bedeutende Intensivierung ihrer strategischen Zusammenarbeit, die sich aus einer mehrjährigen Kundenbeziehung entwickelt hat.
Wegweisend für die Mining-Branche
Bereits in 2022 erkannten Dr. Willi Liebherr und Dr. Andrew Forrest, dessen Unternehmen ein langjähriger Kunde des Mining-Segments von Liebherr ist, das große Potenzial in der Bündelung der Kompetenzen ihrer Unternehmen. Aus diesem gemeinsamen Bestreben resultierte eine Partnerschaft, die auf der gezielten Kombination des Liebherr Know-hows in der Entwicklung und Herstellung hochqualitativer Maschinen mit der Technologiekompetenz von Fortescue im Bereich batterieelektrischer Antriebe beruht. Das gemeinsame Ziel ist seitdem, Maschinen mit Technologien hervorzubringen, die alle Leistungsanforderungen des Off-Highway- und Schwerlastbereichs erfüllen und dabei nicht mehr auf fossile Brennstoffe angewiesen sind – und so bis 2030 gemeinsam ein komplett emissionsfreies Arbeiten in Minen zu ermöglichen. Dies befähigt die beiden Partner zugleich, ihre eigenen hochgesteckten Dekarbonisierungsziele zu erreichen.
Nachdem sich die Zusammenarbeit in der Entwicklung bisher vor allem auf den Antrieb für eine Teilflotte von 120 Muldenkippern bezog, wurde mit der Vertragsunterzeichnung vergangene Woche die Erweiterung der Partnerschaft darüber hinaus offizialisiert: die beiden Unternehmen arbeiten nun auch im Bereich der Antriebe für Planierraupen sowie auf dem Gebiet der Maschinenautonomie zusammen. Ferner wurde zusammen die Umrüstung von Großhydraulikbaggern mit Verbrennungsmotor auf Elektro-Antrieb erfolgreich umgesetzt. Gemeinsam wollen Liebherr und Fortescue dadurch der weltweit erste Anbieter von einer lokal emissionsfreien und zugleich autonomen Maschinenflotte für die Rohstoffgewinnung auf dem Miningmarkt werden.
Einer der größten Meilensteine auf diesem Weg wurde einem breiten Fachpublikum auf der MINExpo vorgestellt: der Prototyp des ersten batterieelektrischen und zugleich autonomen Muldenkippers T 264. Die Maschine wird mit einem von Fortescue bereitgestellten Batteriesystem sowie mit einer von beiden Unternehmen gemeinsam entwickelten Autonomie-Lösung zum fahrerlosen Einsatz ausgestattet. Zudem wurde auch die notwendige Infrastruktur für das Laden der Batterien präsentiert. Alles zusammen bildet ein Gesamtpaket, die sogenannte „Autonomous Haulage Solution“, das sowohl in seiner Gesamtheit als auch seinen einzelnen Bestandteilen von keinem anderen Mining-Maschinen-Hersteller am Markt derzeit angeboten werden kann.
Was die erweiterte Partnerschaft außerdem bedeutet: Von den insgesamt 475 Maschinen, die Fortescue Liebherr im Rahmen des Vertrags abnehmen wird, werden 360 elektrische und autonome T 264-Muldenkipper sein – damit kauft Fortescue die dreifache Menge der zu Beginn der Partnerschaft in 2022 geplanten 120 Muldenkipper. Hinzu kommen weitere 115 Maschinen: 55 E-Bagger R 9400 E und 60 Planierraupen PR 776. Damit verbunden ist ebenso eine große Menge hydraulischer und mechanischer Komponenten und Elektroniksysteme in diesen Maschinen, die die Firmengruppe im eigenen Haus entwickelt und herstellt – das macht den Auftrag für Liebherr zu einem der wichtigsten und größten seit Firmengründung in 1949.
Liebherr-Standorte rund um die Welt tragen maßgeblich zu dem Projekt bei
Liebherr ist seit Jahren einer der weltweit größten Hersteller von Bau- und Bergbaumaschinen. Die 475 Maschinen, die Liebherr im Rahmen des Großauftrags an Fortescue liefern wird, werden mit umfassendem Know-how an unterschiedlichen Standorten in der ganzen Firmengruppe entwickelt und produziert. Das schließt eine Vielzahl von Schlüsselkomponenten für die Herstellung und den fortlaufenden Betrieb der Maschinen, sowie die verbaute Elektronik, mit ein. Hinzu kommen umfangreiche After-Sales- und Service-Leistungen, die Liebherr über den Vertrag hinaus für die Maschinenflotte im Einsatz leisten wird.
Neben den zwei Werken in Colmar (Frankreich) und Newport News in Virginia (USA), wo Liebherr die Mining-Bagger und Mining-Muldenkipper entwickelt und produziert, sind auch weitere Einheiten der Firmengruppe maßgeblich in die Vertragserfüllung involviert. Mining-Maschinen werden üblicherweise für einen Zeitraum von zehn Jahren oder länger eingesetzt, bevor diese ersetzt werden. In dieser Zeit arbeiten die Maschinen teilweise sogar über 7.000 Stunden pro Jahr – also rund 80 % von den circa 8.760 Stunden, die ein Jahr im Durchschnitt hat. Die harten Einsatzbedingungen in der Bergbau-Industrie mit Hitze, Staub und großem Verschleiß verlangen den Maschinen alles ab, weshalb Liebherr bei Schlüsselkomponenten auf eigene Fertigung setzt. Liebherr ist für robuste, langlebige und qualitativ hochwertige Maschinen und Komponenten bekannt. Dennoch müssen einige Komponenten über die lange Einsatzzeit gewartet und teilweise ersetzt werden. Daraus resultiert zusätzlich zu den Teilen für die Herstellung der neuen Maschinen auch ein erheblicher Bedarf an Komponenten für den fortlaufenden Einsatz dieser Maschinen im Feld.
Der Vertrag mit Fortescue generiert also auch umfangreiche Folgeaufträge im Bereich der After-Sales- und Service-Leistungen über verschiedene Produktsegmente der Firmengruppe hinweg. Das damit verbundene zusätzliche Umsatzvolumen liegt im Bereich zweistelliger Millionenbeträge pro Jahr für die Firmengruppe.
Beispielsweise wird die Liebherr-Components von ihren Werken im süddeutschen Biberach a.d. Riss und Kirchdorf a.d. Iller aus über die gesamte Betriebszeit der Maschinen einige tausende Komponenten, wie zum Beispiel Hydraulik-Zylinder und Getriebe, liefern. Auch die in den Maschinen verbauten Elektronikkomponenten werden von den Werken in Biberach a.d. Riss sowie in Lindau gefertigt. Dies bedeutet deutlich spürbare positive Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und damit auf ein stabiles Arbeitsumfeld in diversen Liebherr-Werken im süddeutschen Raum.
Daneben umfasst der Vertrag mit Fortescue auch Planierraupen, die Liebherr, als Teil seines Produktsegments Erdbewegung, in Telfs in Tirol (Österreich) entwickelt und produziert. Diese kommen vor allem für den Abbau, den Transport und den Materialumschlag unterschiedlichster Materialien, wie Steine, Erde und Rohstoffe, sowohl in der Bauindustrie als auch in Minen zum Einsatz. Das Modell PR 776, von dem 60 Stück an Fortescue gehen, werden, ebenso wie der Mining-Muldenkipper, mit einem Batteriesystem von Fortescue für emissionsfreies Arbeiten ausgestattet. Dies wird ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der Liebherr-Miningraupe, die schon heute zu den effizientesten ihrer Klasse zählt.
Vollumfängliche Lösungskonzept für Kunden
„Wir haben in Las Vegas auf der MINExpo ein Stück Liebherr-Geschichte geschrieben und sind stolz darauf, einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung, aber auch zur Autonomie von Schwerlastmaschinen leisten zu können“, sagte Dr. Jörg Lukowski. In seiner Rolle als Executive Vice President von Liebherr-Mining Equipment weiß er: „Die Technologie, die im Rahmen dieses Vertrags entwickelt wurde, macht uns zum ersten Anbieter am Mining-Markt, der einen emissionsfreien Antrieb und eine komplett autonome Transportlösung in einem Mining-Muldenkipper verbindet. Das wird unsere Kunden auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung unterstützen und macht Liebherr zu einem Vorreiter in der Dekarbonisierung von Maschinen dieser Größenordnung.“
Die Bestrebungen, Emissionen von Maschinen unter anderem im Einsatz zu reduzieren, gehen in der Firmengruppe weit über das Produktsegment Mining hinaus: 11 der insgesamt 13 Produktsegmente, mit Ausnahme der Kühl- und Gefriergeräte und der Hotels, beschäftigen sich derzeit mit alternativen Antriebstechnologien – mit dem Ziel, höchstmögliche Effizienz und Emissionsreduktion beim Einsatz von Baumaschinen, Kranen und Mining-Maschinen miteinander zu verbinden. Die Elektrifizierung spielt für viele Produktsegmente derzeit eine maßgebliche Rolle – sowohl in Form von netzgebundenen Maschinen, wie der Mining-Bagger R 9400 E, von dem 55 Stück an Fortescue gehen, als auch in Form von batterieelektrischen Produkten als eine wichtige Technologie, an der Liebherr unter anderem zusammen mit Fortescue arbeitet.
Zwar bewährt sich das elektrische Antriebssystem für viele Anwendungen, Liebherr fertigt jedoch eine enorme Vielfalt an Produkten, die in vielen Branchen und in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund befasst sich Liebherr mit verschiedenen heute und in absehbarer Zukunft verfügbaren Techniken der Energieumwandlung und den hierfür geeigneten Energieträgern – darunter zum Beispiel wasserstoff- und ammoniakbasierte Antriebe, konventionelle Motoren, die bereits heute mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden können und Hybridantriebe. Je genauer Antriebstechnik, Anwendung und Einsatzregion sowie die dort nutzbare Infrastruktur aufeinander abgestimmt sind, desto höher der Beitrag sowohl zur Wertschöpfung der Kunden als auch zur Klimaneutralität.
Liebherr ist sich jedoch bereits seit vielen Jahren bewusst, dass für maximale Dekarbonisierung auch andere Phasen des Produktlebenszyklus berücksichtigt werden müssen, so zum Beispiel der Herstellungsprozess sowie das End-of-Life-Management eines Produkts. Mit dem Liebherr-Remanufacturing-Programm (Reman) investiert die Firmengruppe schon seit einiger Zeit intensiv in die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft für Liebherr-Maschinen. Im Rahmen dieses Programms nimmt Liebherr eine Vielzahl bestimmter Altkomponenten von Kunden, wie Motoren, Hydraulikkomponenten und Getriebe, zurück, um sie so aufzuarbeiten, dass sie wieder ihre ursprüngliche hohe Leistung und Zuverlässigkeit erreichen. Auf diese Weise bietet Liebherr Kunden eine umweltbewusste und kosteneffiziente Alternative zum Kauf neuer Komponenten. Im Vergleich zur Herstellung neuer Komponenten können mit diesem Programm bis zu 75 % Rohstoffe und Energie und bis zu 60 % Kohlendioxid eingespart werden.
Auch im Bereich der Digitalisierung und Maschinenautonomie ist Liebherr mit einer großen Bandbreite an digitalbasierten Assistenzsystemen, die einen ersten Schritt hin zum (teil-) autonomen Betrieb darstellen, in vielen Branchen führend. Neben der komplett autonomen (und emissionsfreien) Transportlösung, die Liebherr und Fortescue zusammen für den Muldenkipper T 264 entwickeln, verfügt die Firmengruppe über diverse inhouse entwickelte Lösungen, die bereits in einer Vielzahl seiner Bau- und Miningmaschinen zum Einsatz kommen. Ein weiteres Beispiel für eine bedeutende digitale Lösung aus der Firmengruppe ist das ebenfalls auf der MINExpo vorgestellte „Liebherr Remote Control“ (LiReCon). Über dieses Fernsteuerungssystem operierte ein Maschinenführer von der Messe in Las Vegas aus eine Planierraupe, die sich physisch in Österreich befand, im Rahmen einer Livedemonstration.
Die Partnerschaft mit Fortescue wird Liebherr dabei unterstützen, in den beiden zentralen Innovationsfeldern Antriebstechnologien sowie Digitalisierung und Maschinenautonomie weiter signifikante Fortschritte zu machen und gemeinsam entwickelte Lösungen künftig auch anderen Kunden anbieten zu können. Sowohl das Batterie- als auch das Autonomiesystem, die im Rahmen der Partnerschaft ins Feld gebracht werden, sind skalierbar. Das bedeutet, dass sie in bestehenden Liebherr-Maschinen, darunter Liebherr-Mining-Muldenkipper und Liebherr-Planierraupen, die schon bei diversen Kunden im Einsatz sind, nachgerüstet und somit allen Akteuren am Markt weltweit zugänglich gemacht werden können.