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Warum Bell Deutschland eine »herausragende strategische Rolle spielt«

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Zunächst einmal aber steht die Einführung der kompletten Range der neuen E-Serie an. Mit den bereits 2013 vorgestellten Modellen B25E und B30E, die den aktuellen Emissionsnormen Stufe IV/Tier 4 final entsprechen, sei der Generationswechsel bei den kleinen Baureihen abgeschlossen, erläuterte Andreas Reinert. Jetzt folgten die großen Baureihen B35/B40 und B45/B50. Dabei rechnet man damit, dass die Resonanz der Kunden auf die E-Serie ähnlich positiv ausfällt wie seinerzeit bei der Einführung der D-Serie 2001/2002, als sich Bell aufgrund der zahlreichen technischen Innovationen weltweit die Reputation als »Dumperspezialist« sicherte.


Wieder Maßstäbe setzen

Mit neuem Design, effizienten Antrieben und hoher Wirtschaftlichkeit will Bell bei der E-Serie wieder Maßstäbe setzen. So erfüllten bereits die Fahr­zeuge der kleinen Baureihen dank neuer Mercedes-Benz-Motoren (OM 936LA) und einer spezifischen Kombination aus »leichter« Abgasrückführung (EGR) und Adblue-Zugabe (SCR) die aktuellen Abgasstandards ohne den Einsatz von Diesel-Partikelfiltern (DPF) – und das bei unverändert hoher Wirtschaftlichkeit, heißt es bei Bell.

»Auch unsere neuen großen Baureihen B35/B40 und B45/B50 werden diesen echten Praxis-Vorteil bieten«, betonte Andreas Reinert weiter. »Im Zusammenspiel mit höheren Motorleistungen und nach oben angepassten Nutzlasten zeigen sie zudem in den derzeit laufenden Praxistests konstante oder gar verbesserte Verbrauchswerte, was weiter signifikante Betriebskosten-Einsparungen erwarten lässt.« Die Vorserienproduktion der großen Modelle der E-Serie soll bereits in diesem Herbst in Eisenach beginnen, die Markteinführung dann mit Auslaufen der letzten Stufe III B/Tier 4 interim-Produktionsmodelle voraussichtlich im Frühjahr 2016 erfolgen.Nahe an den Absatzmärkten Europas

Die starke Stellung von Bell Deutschland in der weltweiten Bell-Organisation rührt in erster Linie daher, dass sich das Unternehmen mit heute knapp 100 Mitarbeitern von einer reinen Vertriebs­organisation zum zentralen Bestandteil der ­internationalen Produktions- und Logistikkette im Bell-­Konzern gewandelt hat. So zählt Vertriebsgeschäftsführer Andreas Heinrich heute insgesamt 17 Staaten in Nord-, Mittel- und Osteuropa, für die Bell Deutschland via nationaler Händler und Servicepartner zuständig ist. Ferner beliefert Bell Deutschland die Märkte in den USA und in Kanada.

Den Löwenanteil am Ergebnis erwirtschaftet das Bell-Montagewerk in Eisenach, das 2003 als Niederlassung von Bell Deutschland gegründet wurde und nach wie vor die einzige ausländische Produktionsstätte von Bell Equipment ist. »Damit spielt die deutsche Niederlassung eine strategisch herausragende Rolle für den Bell-Konzern«, so Andreas Heinrich. Ausschlaggebend für Auslagerung und Standortwahl waren damals erhebliche Verbesserungen in der Produktionslogistik, wie sie sich durch die Nähe zu europäischen Zulieferern und europäischen Endkunden gleichermaßen er­ga­ben. So mussten Motoren, Getriebe bzw. Hydraulik- oder Elektronik-Komponenten nicht mehr langfristig vorfinanziert und von Europa aus ins Bell-Stammwerk Richards Bay transportiert werden, um von dort im fertigen Muldenkipper frachtkostenintensiv zurück nach Europa oder andere nördliche Zielmärkte der Bell-Allianzpartner zu gelangen.

»Man setzte damals auf eine möglichst hohe Flexibilität, und dies hat sich in den vergangenen Jahren als sehr weitsichtig und richtig erwiesen«, sagte André Krings. »Wir wollten einfach nahe an den Absatzmärkten in Europa sein. Das konnten wir aber niemals von Südafrika aus schaffen. Deshalb mussten wir in Europa präsent sein. Ein weiterer Vorteil ist natürlich auch, dass wir so das Label ›Made in Germany‹ nutzen können.«

»Mit der wachsenden Population von Bell-Fahrzeugen in den Märkten der Nordhalbkugel ist unser in Alsfeld ansässiges European Logistic Center nicht nur ein unverzichtbarer, sondern mit einem Umsatz von 13 Mio. Euro bei einem Gesamtumsatz von zuletzt 106 Mio. Euro auch ein wirtschaftlich wichtiger Bestandteil unserer Aktivitäten geworden.«

Andreas Heinrich, Geschäftsführer Vertrieb


Harter Einbruch in der Krise 2009

Insgesamt 13 Mio. Euro hat Bell in das 10 ha große Areal mit einer 6 000 m² großen Produktionsfläche investiert, die im Einschichtbetrieb für eine Jahresfertigung von 800 Fahrzeugen ausgelegt ist. »Wir montieren auf ­Basis von angelieferten Container-Kits aus unserem Stammwerk«, so André Krings. »Darin enthalten sind alle Bell-Kernkomponenten des spezifischen Modells, wie Karosserie-Teile, Rahmen, Fahrwerk oder Steuerungen, die wir mit den Aggregaten und anderen Baugruppen komplettieren.« Konsequent habe man dabei die Lieferströme optimiert. »Wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, haben wir die Produktion einzelner Komponenten verstärkt lokalisiert«, sagte André Krings. So liege der Anteil von Bauteilen mit EU-Herkunft bei Fahrzeugen aus Eisenacher Produktion heute bei 60 % und darüber.

In Eisenach werden alle sechs Dumper-Mo­delle mit einer Nutzlast von 24 t bis 45,4 t auf einer gemeinsamen Montage-Linie produziert, was die Flexibilität entscheidend erhöhe. »Dadurch kön­nen wir schnell auf Nachfragespitzen reagieren und kundenspezifische Sonderausrüstungen bereits frühzeitig berücksichtigen«, erklärte André Krings und verwies auf unterschiedliche Abgasstufen, länderspezifische Besonderheiten oder die für den pazifisch-asiatischen Markt bestimmten Fahrzeuge in Farben des Bell-Allianzpartners Hitachi. Der Erfolg des Eisenacher Produktionskonzepts habe sich bereits früh gezeigt, als man 2005 mit rund 650 Maschinen die bisher höchste ­Auslastung erreichte. War der Rückgang in den ­Folgejahren um gut 200 Einheiten durch die Auslagerung des nordamerikanischen Produktionskontingents an den US-Standort des ehemaligen Bell-Allianzpartners John Deere noch einkalkuliert, traf der Einbruch gerade der europäischen Märkte 2009 das Werk in Eisenach umso härter. »Gefühlt kam die Produktion praktisch zum Erliegen«, erinnert sich André Krings mit Grauen. Gemeinsam mit den Beschäftigten, Partnern vor Ort und dem Stammwerk habe man allerdings die personelle Kompetenz nachhaltig sichern können.

»Seit 2013 liefern wir wieder über den Atlantik und erreichen heute unter eigener Flagge nahezu wieder die Stückzahlen wie zu Zeiten der Vertriebskooperation mit John Deere. Mit Einführung unserer neuen großen E-Serie vom nächsten Jahr an, wird sich dieses Potenzial noch deutlich steigern. Unser mittelfristiges Ziel ist es, in den USA und in Kanada insgesamt rund 300 Einheiten im Jahr abzusetzen.«

André Krings, Geschäftsführer Produktion


In Nordamerika erfolgreich

»Heute liegen wir in etwa wieder auf dem Produktionsniveau von 2008«, rechnete André Krings vor und nannte als Gründe dafür vor allem die Erholung wichtiger europäischer Märkte und die erfolgreiche Rückkehr von Bell Equipment nach Nordamerika – mit zuletzt knapp 3 000 Fahrzeugen in USA und Kanada der weltweit größte Muldenkippermarkt. »Seit 2013 liefern wir wieder über den Atlantik und erreichen heute unter eigener Flagge nahezu wieder die Stückzahlen wie zu Zeiten der Vertriebskooperation mit John Deere«, so André Krings. »Mit Einführung unserer neuen großen E-Serie vom nächsten Jahr an, wird sich dieses Potenzial noch deutlich steigern. Unser mittelfristiges Ziel ist es, in den USA und in Kanada insgesamt rund 300 Einheiten im Jahr abzusetzen.«Langjährige Partnerschaften

Positiv beurteilen die Bell-Verantwortlichen auch die Markt-Entwicklung in Deutschland, wo Bell ein flächendeckendes Vertriebs- und Servicenetz aus neun unabhängigen Regionalhändlern, vier festen Servicepartnern sowie eigenem Verkauf und ­Kundendienst im überregionalen Direktvertriebsgebiet betreut. »Unser Geschäft ist geprägt von langfristigen Partnerschaften mit professionellen Vertriebs- und Serviceteams, die voll hinter unserer Muldenkipper-Technologie stehen«, sagte Andreas Heinrich. »Gerade in schwierigen Konjunkturphasen haben wir zudem von der großen Marktdurchdringung und der Beratungskompetenz unserer Händler profitiert.«

Denn der deutsche Muldenkippermarkt sei in den vergangenen Jahren teilweise dramatischen Schwankungen unterworfen gewesen. Habe der Maschinenabsatz nach der Jahrtausendwende beständig bei insgesamt 300 bis 400 Maschinen pro Jahr gelegen, sei der Dumpermarkt 2009 infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise mit einem Rückgang von annähernd 90 % »regelrecht eingebrochen«. Mittlerweile habe er sich bei 200 bis 250 Neumaschinen im Jahr stabilisiert, so Andreas Reinert.

»Lag die durchschnittliche ­Jahresauslastung eines ­Kundenfahrzeugs vor zehn Jahren noch bei 1 500 Betriebsstunden, kommen viele Maschinen heute gerade noch auf 1 250 Betriebsstunden im Jahr, was sich natürlich auf Ertrag und ­Investitionsverhalten niederschlägt.«

Andreas Reinert, Leiter Verkauf und Marketing


Geringere Maschinenauslastung

Neben diesem Rückgang, die insbesondere auf ­fehlende Großinvestitionen im Bereich öffentlicher Infrastruktur zurückzuführen ist, machten sich für Knicklenker im klassischen Erdbau auch andere Entwicklungen negativ bemerkbar. Weniger anspruchsvolle Einsatzprofile auf den Baustellen favorisierten alternative Verfahren wie Großschlepper-Anhänger-Kombinationen sowie schwe­re Allrad-Lkw oder sorgten grundsätzlich für eine geringere Auslastung der für schweres Gelände prädestinierten 6x6-Mulden. »Lag die durchschnittliche Jahresauslastung eines Kundenfahrzeugs vor zehn Jahren noch bei 1 500 Betriebsstunden, kommen viele Maschinen heute gerade noch auf 1 250 Betriebsstunden im Jahr, was sich natürlich auf Ertrag und Investitionsverhalten niederschlägt«, erklärte Andreas Reinert.

Auch die Auflösung der von 2002 bis 2010 dauernde Kooperation mit Liebherr, in dessen Mietpark und Werksvertretungen man insgesamt rund 170 Einheiten geliefert habe, »hat uns richtig weh getan«, so Reinert. Gleichwohl habe man immer noch gute Kontakte zu Liebherr-Händlern und pflege eine »sehr partnerschaftliche Zusammen­arbeit«, zumal die Familienunternehmen Bell und Liebherr auch enge Partner in afrikanischen Märkten seien. Deshalb wolle man die Gerüchte, Liebherr entwickle seine Dumper TA 230 und TA 240 nicht weiter und werde sich aus dem Maschinensegment zurückziehen, auch nicht kommentieren, erklärte Reinert. Auf Nachfrage des bauMAGAZIN hat Liebherr inzwischen dementiert, dass es Pläne gebe, sich aus dem Dumper-Geschäft zurückzuziehen. »Unser Dumper-Programm wird definitiv nicht eingestellt«, erklärte Gerold Dobler, Leiter der Unternehmenskommunikation Baumaschinen bei Liebherr. »Wir überarbeiten derzeit unsere Modelle TA 230 und TA 240 und arbeiten zudem an der Entwicklung eines neuen Modells.«Eigene Mietflotte aufgebaut

Auf die Beendigung der Dumper-Partnerschaft mit Liebherr hat Bell Deutschland Ende 2011 mit dem Aufbau einer eigenen Mietflotte als Ergänzung zu bestehenden Angeboten seiner Regionalpartner reagiert. »Wir konzentrieren uns dabei auf mittel- bis langfristige Projekte mit überdurchschnittlichen Anforderungsprofilen«, sagte Andreas Heinrich. »Die entsprechenden Ansprüche an die Maschinenausstattung erfüllen wir mit hervorragend gewarteten Maschinen der Bell-Typenreihen B30E, B40D und B50D sowie mit einer hohen Kompetenz in der Projektberatung und Feldbetreuung durch unsere Experten.« Etwa 20 Maschinen umfasse derzeit die Bell-Mietflotte, die meist binnen Jahresfrist »runderneuert« werde. »So halten wir unsere Technik aktuell und generieren gleichzeitig junge Gebrauchtmaschinen, die derzeit intensiv nachgefragt werden«, erläuterte Andreas Heinrich das erfolgreiche Mietprogramm, das auch durch die Auslastung der eigenen Kundendienst-Kapazitäten zum wichtigen Bestandteil im deutschen Bell-Geschäft geworden sei.

Wie wichtig angesichts schwankender Märkte ein erfolgreicher Aftersale-Bereich ist, zeige auch das Beispiel des in die Bell Equipment Deutschland GmbH integrierten und am Bell-Hauptsitz Alsfeld ansässigen European Logistic Centers (ELC), so Andreas Heinrich. Seit 2002 versorgt das Ersatzteilzentrum die Bell-Märkte in Europa, Nordamerika sowie Teile Asiens und kooperiert dabei eng mit dem 2008 gegründeten globalen Bell-Logistikzentrum (GLC) in Johannesburg. Neben der Lieferung von Teilen an Bell-Händler oder Endkunden koordiniert das ELC eigenständig auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Zulieferern, um den Bestand an 10 000 Einzelpositionen für die Bell C-/D-/E-Serien aktuell zu halten, wobei die Erstverfügbarkeit bei 93 % liegt.Neues Muldenkipper-Konzept

»Mit der wachsenden Population von Bell-Fahrzeugen in den Märkten der Nordhalbkugel ist das ELC nicht nur ein unverzichtbarer, sondern auch ein wirtschaftlich wichtiger Bestandteil unserer Aktivitäten geworden«, kommentierte Andreas Heinrich im Hinblick auf die kontinuierliche »krisensichere« Umsatzentwicklung im ELC, das zu­letzt rund 13 Mio. Euro zum Gesamtumsatz der Bell Equipment Deutschland GmbH von 106 Mio. Euro (2014) beigesteuert hat.

Auf der Pressekonferenz kündigt Verkaufsleiter Andreas Reinert abschließend die Einführung des B60E für 2016/17 an: »Mit Prototypen auf Basis der D-Serie erproben wir schon seit drei Jahren, was wir als grundlegend neues Muldenkipper-Konzept bezeichnen: den Einsatz von zweiachsigen Allrad-Knicklenkern der 60-t-Klasse als Ergänzung oder Alternative zu klassischen Starrrahmenkippern im Tagebau. Dabei kooperieren wir eng mit Praktikern, die uns die Überlegenheit bei nasser Witterung und auf schwierigem Terrain bestätigen, was dem wendigen 4x4 mit Zwillingsbereifung maximale Auslastung im Ganzjahresbetrieb oder bei Abraumaufgaben garantiert.«

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