Die Interessengemeinschaft der acht Unternehmen hatte bereits beim Europäischen Gericht (EuG) eine Nichtigkeitsklage gegen zentrale Artikel der Verordnung eingereicht. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung zurück, es fehle an individueller Betroffenheit. Seit dem 1. Juli 2024 schreibt die Verordnung vor, dass die CO2-Emissionen von Sattelanhängern um 10 Prozent, bei sonstigen Anhängern um 7,5 Prozent reduziert werden müssen – basierend auf Simulationen mit dem EU-eigenen Tool »Vecto-Trailer«, das zentrale Grundlage der Regulierung ist. Werden diese Ziele nicht erreicht, drohen massive jährliche Strafzahlungen ab dem Jahr 2030: 4 250 Euro pro Fahrzeug und Gramm CO2-Emissionen pro t/km. Berechnungen zeigen, dass allein die drohenden Strafzahlungen den Anhängerpreis um bis zu 40 Prozent erhöhen könnten – und damit den Verkauf für viele Hersteller wirtschaftlich unrentabel machen. »Ein Tool, das CO2-Einsparungen simuliert, obwohl in der Realität mehr Lkw unterwegs sind, steht im Widerspruch zu den Klimazielen. Wir brauchen reale Effizienzgewinne im Gesamtsystem statt modellierter Scheinlösungen. Die Verordnung in ihrer jetzigen Form gefährdet nicht nur die Klimaziele, sondern auch Standorte, Wettbewerbsbedingungen und über 70 000 Arbeitsplätze. Wir sehen daher keine andere Möglichkeit, als gerichtliche Schritte zu gehen«, erklärt Gero Schulze Isfort als Sprecher der Interessengemeinschaft. Die acht klagenden Unternehmen sind überwiegend mittelständisch geprägt. Anders als große Konzerne verfügen sie nicht über unbegrenzte finanzielle oder technologische Ressourcen, um regulatorische Lasten kurzfristig abzufedern. Für sie stellt die Verordnung eine akute Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz dar – mit direkten Folgen für Tausende Arbeitsplätze in der Industrie und im Zuliefernetzwerk.
Technisch nicht nachvollziehbar
Die Hersteller kritisieren insbesondere die Anwendung des »Vecto-Trailer«-Modells. Es bewertet theoretisch modellierte Verbesserungen am Anhänger – wie beispielsweise eine abgesenkte Höhe oder geringeres Gewicht – positiv, ohne reale Transportauswirkungen zu berücksichtigen. In der Praxis führen solche Maßnahmen zu geringerem Ladevolumen, mehr Leerfahrten und erhöhtem Verkehrsaufkommen mit dem Effekt, dass letztlich mehr CO2 ausgestoßen wird. Die Hersteller betonen, dass moderne Lkw-Anhänger bereits heute u. a mit Leichtbau, Aerodynamik, Rollwiderstandsoptimierung sowie dem Einsatz von Lenk-, Lift- und E-Achsen erhebliche Effizienzgewinne liefern. Doch statt reale Fortschritte zu bewerten, orientiert sich die Regulierung an theoretischen Einzelparametern, die der realen Transportlogistik widersprechen. »Klimaschutz braucht ganzheitliches Denken. Nur wenn die gesamte Transportkette effizienter wird, erreichen wir auch echte CO2-Einsparungen«, so Schulze.
Korrektur statt wirtschaftlichen Schadens
Um diese Einsparungen zu erreichen und wirtschaftlichen Schaden abzuwenden, fordern die Hersteller die Abschaffung des »Vecto-Trailer«-Simulationstools, ein Moratorium auf Sanktionszahlungen, solange die Zielvorgaben technisch nicht umsetzbar sind, sowie die Anrechnung emissionsfreier Zugmaschinen auf die CO2-Ziele für Anhänger (»ZE Vehicle Correction Factor«). Die klagenden Unternehmen (Fliegl Fahrzeugbau GmbH, Kögel Trailer GmbH, Krone Commercial Vehicle SE, Langendorf GmbH, Schmitz Cargobull AG, Schwarzmüller GmbH, System Trailers Fahrzeugbau GmbH, Wecon GmbH) repräsentieren über 80 Prozent der jährlichen Zulassungen in den betroffenen Fahrzeugklassen in Deutschland und über 70 Prozent in Europa. Sie stehen zum Pariser Klimaabkommen und sind überzeugt, dass Klimaschutz dauerhaft nur dann Wirkung entfalten kann, wenn er mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit und technischer Machbarkeit verbunden ist. Ohne Anpassung der Verordnung drohe der Verlust von über 70 000 Arbeitsplätzen, wie die Unternehmen mitteilen. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen für Deutschland und den Industriestandort Europa wären laut ihrer Aussage gravierend. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) teilt die Bedenken hinsichtlich unrealistisch hoher und in der Flotte nicht erreichbarer CO2-Ziele. Auch er sieht die Mehrheit der Anhängerhersteller in Deutschland und in Europa in ihrer Existenz bedroht, wenn die Verordnung (EU) 2024/1610 in ihrer jetzigen Form zur Anwendung gebracht wird.d