Thyssenkrupp Infrastructure: Linearverbau wird allen Anforderungen gerecht

Im Sommer 2016 wunderten sich die Autofahrer Braunschweig über erste Fahrbahnabsenkungen im Bereich Rebenring. Die Stadtentwässerung Braunschweig (SE BS) ließ die Fahrbahn kurzfristig sondieren. Unter der Fahrbahndecke hatten sich Hohlräume gebildet, zudem zeigte sich, dass der Boden, in dem ein aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammender Kanal eingebettet war, zu großen Teilen fehlte. Erste Hohlräume konnten verfüllt werden, aber es wurde auch deutlich, dass unter dem Rebenring auf einer Länge von etwa 540 m die im Doppelstocksystem angeordneten Schmutz- und Regenwasserkanäle in offener Bauweise erneuert werden mussten. Bei der Sicherung des Rohrgrabens entschieden sich die Beteiligten für den Einsatz des Linearverbausystems von thyssenkrupp Infrastructure. Insbesondere mit Blick auf die Verbautiefe von knapp 7 m und die schwierigen Bodenverhältnisse konnte der Linearverbau seine Stärken ausspielen.

 

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Bei der Umsetzung standen die Beteiligten vor mehreren Herausforderungen: Im Bereich der Baugrube steht das Grundwasser bei ca. 5 m Tiefe, was bedeutet, dass der Schmutzwasserkanal im gesamten Abschnitt unterhalb des Grundwasserspiegels liegt. Für die Baumaßnahme war es notwendig, den Grundwasserspiegel während der einzelnen Bauabschnitte entsprechend abzusenken. Darüber hinaus existieren im gesamten Trassenverlauf Bodenauflockerungen und Hohlräume. »Aufgrund der Ausspülungen und der schwierigen Bodenverhältnisse mussten besondere Sicherheitsvorkehrungen für den Baustellenbetrieb getroffen werden«, so Michael Lanius, Projektleiter der SE BS. »Unter anderem wurde die Fahrstraße für die Baustellenfahrzeuge mit Stahlplatten ausgelegt.« Relativ beengte Verhältnisse vor Ort sowie Arbeiten unter laufendem Verkehr drückten der Baumaßnahme ebenfalls ihren Stempel auf.


Verlegung in alter Trasse

In rund 7 m Tiefe wurden die neuen Schmutzwasserkanäle DN 600 aus Steinzeug sowie – ­darüber und seitlich versetzt – der neue Regenwasserkanal DN 1 400 aus Stahlbeton vom Mittelweg aus abschnittsweise in der alten Trasse verlegt. Hierzu mussten die alten Kanäle weichen. Diese wurde im Doppelstocksystem verlegt, bei dem der Regenwasserkanal DN 1 250 aus Beton über den beiden Schmutzwasserkanälen DN 500 aus Steinzeug positioniert ist: Eine damals in Braunschweig übliche Vorgehensweise, mit der insbesondere Kosten bei den Erdarbeiten gespart werden sollten. Da die unten liegenden Schmutzwasserkanäle schlecht zugänglich sind, wird das System in Braunschweig bei Sanierungsmaßnahmen Schritt für Schritt zurückgebaut.

Kraftschlüssig und setzungsarm

Vorab wurde im Bereich der Einmündung des Mittelwegs in den Rebenring ein Sonderbauwerk aus Beton errichtet, um vorhandene Leitungen zu sortieren und um den Anschluss der neuen Kanäle vorzubereiten. Außerdem wurde die für die Bauphase erforderliche Umleitung für den Schmutzwassersammler eingerichtet. Danach konnte mit dem Freilegen der alten Leitungen begonnen werden. Bei der Diskussion, wie die Baugrube am besten zu sichern sei, haben die Baupartner im Vorfeld verschiedene Alternativen geprüft. »Der Einsatz von Spunddielen wäre technisch möglich, aber wesentlich teurer gewesen«, erklärt Oberbauleiter Gunther Berge von
der bauausführenden Arge BS, ­Rebenring Ost (Stratie Bau/Strabag Hannover/Sach­sen-Anhalt, Gruppe Braunschweig), warum die Entscheidung letztendlich auf den Linearverbau fiel. Hinzu kam, dass die SE BS mit dem Linearverbau von thyssenkrupp Infrastructure bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Das System besteht aus einzelnen Schienen, in denen Platten senkrecht in ebener oder gestufter Anordnung geführt werden. Die gegenüberliegenden Schienen sind nicht durch gelenkige Spreizen miteinander verbunden, sondern durch einen biegesteifen, in der Breite veränderbaren Laufwagen, mit dem der gewünschte Abstand gehalten werden kann. Das sorgt dafür, dass die Grabenbreite bei Ein- und Rückbau des Systems in jeder Bauphase gleich bleibt.

Einschwenken der Verbauplatten

Üblicherweise ergänzen sich zwei Bagger beim Ein- und Rückbau der Verbaumodule. Ein Bagger schachtet aus, stellt die Verbauelemente ein und drückt diese bei gleichzeitigem Bodenaushub nach und nach in das Erdreich. Der zweite Bagger übernimmt den Rückbau und das Verfüllen des Grabens. Schon beim Ansetzen des ersten Verbaufeldes zeigen sich die Pluspunkte des Linearverbausystems: Nach der Vormontage der Führungsrahmen mit dem auf die vorgesehene Grabenbreite eingestellten Laufwagen wird der Graben für eine Feldlänge rund 1,2 m tief ausgehoben. Als nächster Arbeitsschritt erfolgt das Einstellen des ersten Führungs­rahmens. Dann führt der Bagger die äußeren Grundplatten nicht – wie bei anderen Systemen üblich – von oben ein, sondern schwenkt die Platten seitlich, kurz über Geländeniveau in den Linearverbauträger ein.

»Möglich wird diese Vorgehensweise durch die großen offenen Führungsprofile der Linearverbauträger«, erläutert Marcel Peißker, Fachberater bei thyssenkrupp Infrastructure. »Sind die Platten rechtwinklig zum Laufwagen und parallel zueinander ausgerichtet, kann der zweite Führungsrahmen über die Plattenenden eingeführt werden.«

Kraftschluss

Im weiteren Verlauf kann der Bagger den Boden zwischen den Verbauelementen sukzessive ausheben. »Der Aushub für Platten und Doppelgleitschienen muss jeweils bis unmittelbar an die Innenfläche der Verbauelemente vorgenommen werden«, so Peißker. »Der in seiner Position verstellbare Laufwagen und die glatten Innenflächen des Verbaus bieten dazu ideale Voraussetzungen.« So wird das verbleibende Erdreich unter den Platten und Schienen beim Nachdrücken der Elemente abgeschnitten und fällt in den Graben. Dadurch kommt ein guter Kraftschluss zwischen Verbau und Erdreich zustande. Insgesamt wurden bei der Baumaßnahme in Braunschweig vier Felder des Linearverbaus mit 7,13 m langen Linearverbauträgern vorgehalten, wobei ein Modul aus äußeren und inneren Grundplatten und inneren Aufsatzplatten bestand. »In der Regel haben wir Modullängen von 4,14 m eingesetzt«, erklärt Sascha Mitschke, Schachtmeister Arge BS, Rebenring Ost. »Bei diesen Abmessungen lassen sich die Rohre optimal auf die Rohrsohle absenken.« Allerdings fanden auch kürzere Verbaueinheiten Verwendung, mit denen man den Verbau auch bei querenden ­Leitungen gut an die Verhältnisse im Rohrgraben anpassen konnte.    §

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