Liebherr-International Deutschland GmbH Tonnenschwerer Stahl und smarte Technik

Lesedauer: min | Bildquelle: Liebherr
Von: Dan Windhorst

Liebherr auf der Bauma, das ist die pure Reizüberflutung – gleichwohl aber auch das gelobte Schlaraffenland für Baumaschinen. Was mit Worten nur schwer erklärbar ist, lässt sich jedoch in Zahlen ausdrücken: Allein für die Konstruktion des Messestandes wurden in sechs Monaten über 1 200 t Stahl verbaut, rund 75 km Kabel verlegt und knapp 200 Lkw-Ladungen an Material benötigt. Gleichzeitig hat Liebherr über 70 Exponate nach München gebracht, von denen sich das bauMAGAZIN insbesondere mit Blick auf die neuen Erdbewegungsmaschinen ein eigenes Bild gemacht hat.

Liebherr ist seit über 70 Jahren auf der Bauma vertreten und zählt unstrittig zu den Erfindern des berühmten »Bauma-Lächelns« – eben jenem Grinsen, dass immer dann aufkeimt, wenn Klein und Groß das erste Mal in ihrem Leben einen weit über 300 t schweren Bagger zu Gesicht bekommen. Zur diesjährigen Bauma hatte Liebherr beispielsweise den 416 t schweren Muldenkipper »T 264 Battery Electric«, den »620 HC-L«-Obendreherkran mit einer maximalen Hakenhöhe von 74 m sowie den haushohen Miningbagger »R 9400« mit schlappen 1 250 kW Motorleistung nach München gebracht. Hinzu kam, und auch das beherrscht Liebherr seit vielen Bauma-Jahrzehnten, eine Flut an Exponaten, die aus den Bereichen Erdbewegung, Materialumschlag, Mining, Krane, Betontechnik und Komponenten stammten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele der neuen »Liebherr-Schätze« nicht unbedingt Ketten oder Reifen tragen mussten. Mit »Hands on the future« stellte Liebherr bereits im Vorfeld der Weltleitmesse klar, dass das »Eisen« allein nicht ausreicht, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. In den Mittelpunkt rückte Liebherr beispielsweise die Frage, wie ­Baumaschinen in Zukunft angetrieben werden, wie intelligent und eigenständig sie dabei agieren und welche digitalen Tools es braucht, um das Arbeiten künftig effizienter, nachhaltiger und sicherer zu gestalten.

Erster batterieelektrischer Raupenbagger

Ein Highlight stellte der »R 920 G8-E« dar – der erste batterieelektrische Raupenbagger der Firmengruppe Liebherr. Das neue Modell soll das Portfolio der im französischen Colmar produzierten Raupenbagger komplettieren. Es ist besonders leise und emissionsfrei. Dabei entwickelt es dieselbe Leistung wie eine Dieselmaschine der gleichen Kategorie und ist besonders für Baustellen geeignet, die eine geringe Geräuschentwicklung und das Vermeiden von Abgasemissionen erfordern, z. B. in Städten oder in unterirdischen Einsatzorten. Neben dem lokal emissionsfreien Betrieb ermöglicht der Elektroantrieb eine hohe Dauerleistung und maximale Energieeffizienz auf der Baustelle. Der »R 920 G8-E« verfügt über eine Hochvoltbatterie mit einer Kapazität von 188 kWh (Standard) oder 28 kWh (hohe Kapazität). Die Maschine kann mit bis zu 150 kW an Gleichstrom oder bis zu 44 kW an Wechselstrom geladen werden. Je nach Anwendung erreicht der »R 920 G8-E« eine Betriebsdauer von sechs bis acht Stunden ohne Zwischenladung. Mit einer einstündigen DC-Zwischenladung mit 150 kW erhöht sie sich auf zehn Stunden.

Was für ein Ausblick: Vom »9400er« aus wirkten die Standbesucher winzig.

Weltpremiere für »R 917«

Zu sehen bekamen die Bauma-Besucher darüber hinaus den neuen Raupenbagger »R 917 Compact G8«. Mit einem Einsatzgewicht von ungefähr 17,5 t fügt sich die neue Maschine in die Liebherr-Modellreihe der kompakten Maschinen über 14 t ein. Der Raupenbagger ist mit einem Stufe-V-Motor mit 100 kW ausgestattet und hat ein Einsatzgewicht von ungefähr 17,5 t. Auf dem Bauma-Stand präsentierte Liebherr den Bagger mit einem Grabenräumlöffel mit 0,5 m3. Als weiterer Baustein der Produktpalette rundet dieses Modell ein umfangreiches Angebot an Kompaktbaggern ab, das sich seit dem Beginn der 2000er-Jahre am Weltmarkt bewährt hat. In Zukunft wird der Raupenbagger »R 915 Compact G8« den »R 914 Compact G6« ersetzen. Neu kommt der »R 917 Compact G8« ins Sortiment.

Der »R 917 Compact« zeichnet sich laut Liebherr durch einen kompakten Heckschwenkradius von 1 700 mm aus, der den Einsatz in beengter Umgebung erleichtert. Die Neuentwicklung mit dem Heckschwenkradius ist entstanden, weil es immer mehr Baustellen im urbanen Raum gibt und die Marktnachfrage nach Maschinen dafür laut Liebherr gestiegen sei. Die Kompaktheit sorgt für mehr Sicherheit, Flexibilität und Mobilität auf der Baustelle. Die reduzierten Abmessungen stellen außerdem eine bessere Transportfähigkeit sicher im Falle von punktuellen Einsätzen von einer Baustelle zu einer anderen.

Mit seinem Mining-Muldenkipper »T 264 E« setzte Liebherr ein klares Zeichen – einerseits, weil dieser Gigant elektrisch betrieben wird, andererseits, weil er sich remote bedienen lässt.

»L 507 E«: Neuer E-Radlader

Im Segment der batterieelektrischen Radlader fuhr Liebherr mit dem »L 507 E« ein Modell in München auf, das eine identische Leistungsfähigkeit aufbieten soll wie herkömmlich angetriebene Liebherr-Radlader derselben Größenklasse. Dabei stößt er lokal kein CO2 aus und die Lärmemissionen sind gering. Somit eignet sich der batterie­elektrische Radlader besonders für lärm- und abgassensible Einsätze, etwa im innerstädtischen Bereich oder in Hallen. Liebherr setzt beim »L 507 E« auf ein speziell für den Radlader-Einsatz entwickeltes Hochvolt-Batteriesystem, das eine kraftvolle Leistungsentfaltung und effiziente Ladevorgänge sicherstellt. Abhängig von den jeweiligen Einsatzbedingungen bietet der »L 507 E« laut Hersteller eine Laufzeit von bis zu acht Stunden. Das modulare Batteriekonzept von Liebherr ermöglicht es zudem, auf Kundenwunsch ab Werk einen zweiten Lithium-Ionen-Akku zu verbauen, wodurch sich die Laufzeit weiter erhöht. Vollständige Ladevorgänge sind, abhängig von der On-Board-Ladetechnik und Anschlussleistung, in ca. eineinhalb bis drei Stunden möglich.

Bekanntes Lenksystem

Aufgrund des batterieelektrischen Antriebs kann der »L 507 E« jederzeit die volle Leistung abrufen. Der Fahrer oder die Fahrerin profitiert somit von dynamischen Arbeitsbewegungen und einem spritzigen Fahrverhalten. Die reguläre Höchstgeschwindigkeit des Radladers beträgt 20 km/h. Optional steht der »L 507 E« als »Speeder« zur Verfügung und erreicht in dieser Version eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h, was etwa das Überstellen des Radladers erleichtert. Um die Effizienz zu steigern, wird die Energie, die bergab und beim Abbremsen entsteht, durch Rekuperation in die Batterie zurückgeführt. Der »L 507 E« basiert auf dem konventionellen Liebherr-Radlader »L 507 Stereo«. Somit verfügt auch der batterieelektrische Radlader über eine Stereolenkung. Diese Kombination aus Knicklenkung und gelenkter Hinterachse vereint die Vorteile einer herkömmlichen Knicklenkung mit denen einer Allrad-Lenkung. Das Ergebnis ist ein minimaler Wendekreis sowie ein reduzierter Knickwinkel von 30°, was die Standsicherheit des Radladers erhöht. Liebherr verbaut beim »L 507 E« auch das bewährte Knick-Pendelgelenk, das Bodenunebenheiten ausgleicht und zur hohen Stand- und Kippsicherheit des Radladers beiträgt.


Neues Fernsteuerungssystem

Ein Highlight der Bauma zwar zweifelsohne aber auch die Vorstellung von »LiReCon«, einer Fernsteuerungseinheit. Die Produktsegmente Erdbewegung und Turmdrehkrane präsentieren die Remote-Anwendung anhand eines Raupenbaggers, einer Planierraupe und eines Turmdrehkrans. Das »LiReCon«-System besteht aus einem Teleoperationsstand, der mit modernster Steuerungstechnologie ausgestattet ist. Mehrere Kameras liefern Echtzeitbilder aus verschiedenen Perspektiven, während Mikrofone die Maschinengeräusche übertragen. Diese umfassende Sensorik ermöglicht den Maschinenführern eine präzise Kontrolle über die Baumaschinen aus sicherer Entfernung. Die Technologie bietet laut Aussage von Liebherr entscheidende Vorteile für Baustellen: »Sie erhöht nicht nur die Sicherheit der Bediener in risikoreichen Umgebungen, sondern steigert auch die Maschineneffizienz durch schnellere Schichtwechsel und reduziert Stillstandzeiten. Zudem können mit ›LiReCon‹ auch Bereiche erschlossen werden, die für eine direkte Bedienung vor Ort zu gefährlich wären.« Im Rahmen eines dynamischen Showcase demonstrierte Liebherr die Leistungsfähigkeit des Systems anhand zweier Erdbewegungsmaschinen und eines Turmdrehkrans: Die Planierraupe »PR 726 G8« und der Raupenbagger »R 926 G8« wurden live vom Fahrerstand im InnovationLab ferngesteuert. Der »R 926 G8« überzeugte mit einer Leistung von 150 kW bei 28 t Gewicht. Zusätzlich war die Maschine mit einem Leica-Steuerungssystem ausgestattet, das für höhere Effizienz im Baustelleneinsatz sorgen soll. d

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