IVECO: »Wollen zuhören und Vordenker sein«

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Von: Dan Windhorst

Alternative Antriebslösungen und eine signifikante Effizienzsteigerung bei möglichst geringen Kosten sind im Offroad-Lkw-Segment ebenso gefordert, wie der fahrerseitige Wunsch nach gesteigertem Kabinen- und Bedienkomfort. Das bauMAGAZIN hat mit Martin Kemter, Leiter des Aufbauhersteller-Managements der Iveco Magirus AG, am Standort in Ulm über die aktuelle Entwicklungsarbeit gesprochen. In den Mittelpunkt stellt Iveco zwei Dinge: Gasantriebe und Anwendernähe. »Gas ist längst keine Brückentechnologie mehr – im Bauwesen und Kommunalbereich erweisen sich die Antriebe als sinnvollste Alternative zum konventionellen Dieselmotor.« Gleichzeitig betont Kemter das »Zuhören«: »Die Meinung des Fahrers hat heute eine weit stärkere Gewichtung – wir knüpfen deshalb bereits im Entwicklungsprozess daran an und lassen die Erfahrungswerte in unsere Arbeit einfließen.«

Die Baubranche – ein Sinnbild für Beständigkeit, aber eine »schwere Geburt«, wenn es um Veränderungen geht. Alternative Antriebslösungen wurden über viele Jahrzehnte hinweg als wenig praktikabel abgetan. So manch mühselige Ingenieursarbeit verstaubte deshalb in der Entwicklerschublade. Derzeit erlebt die Bau- und Nutzfahrzeugbranche jedoch tiefgreifende Einschnitte: Notwendige Emissionseinsparungen und steigende Energiepreise zwingen Bauunternehmen eine neue Kalkulationsformel auf, weshalb alternative Lösungen auf dem Vormarsch sind. Tatsächlich ist Iveco seit mittlerweile 40 Jahren im Gasantriebssegment vertreten und hat laut Martin Kemter bisher rund 40 000 gasbetriebene Fahrzeuge auf den Weg gebracht. »Deutschland war hier lange Zeit rückständig, wenn es beispielsweise um die Ausschreibungen für Projekte mit der Nutzung von Gasantrieben ging. Die Anzahl an öffentlichen Ausschreibungen für konventionelle Antriebe ist aber nach wie vor dominierend – der Trend zu entsprechenden Ausschreibungen mit geforderten alternativen Antrieben nimmt aber kontinuierlich zu.«

»Gastankstellen wie Pilze aus dem Boden geschossen«

Ein Argument, das in den vergangenen Jahrzehnten gern vorgeschoben wurde, um flächendeckend auf Gas zu setzen, war dessen Verfügbarkeit. »Für viele Unternehmer ist die berechtigte Frage nach verfügbaren LNG-Tankstellen wichtig – denn die muss gewährleistet sein, damit ein Gasantrieb für die Baubranche überhaupt Sinn macht.« Auch hier, so der Iveco-Experte weiter, habe es in den vergangenen Jahren gewaltige Fortschritte gegeben. »Mittlerweile sind rund 120 LNG-Tankstellen und ein exponentielles Wachstum vorhanden. Zu bedenken gilt, wo wir noch vor fünf oder sechs Jahren standen. Seither sind Gastankstellen wie Pilze aus dem Boden geschossen – die Verfügbarkeitsbedenken haben sich erübrigt.« In die Karten spiele allerdings auch die gestiegene Investitionsbereitschaft in Verflüssigungsanlagen, wie sie derzeit von Shell vorangetrieben würden. »Durch die jüngsten Entwicklungen kommt deshalb viel Bewegung in die Debatte. Auch mit Blick auf Bio-LNG: Für die kommenden zwei Jahre rechnen wir mit einem starken Anstieg sowie einer sich einpendelnden Preisstabilität.«

 

 »Allein in den sozialen Netzwerken sind wir mittlerweile rund 30 % aktiver als vor Corona. Allerdings kann das eine Präsenzmesse nicht ersetzen.« Patrick Wanner, Head of Public Relations & Public Affairs bei der Iveco Magirus AG

 

Iveco auf der IFAT 2022 in München

Sowohl alternative Antriebe als auch die neuesten Lkw-Modelle aus dem On- und Offroad-Bereich sollen bei Iveco in den kommenden Monaten auf Messen im Mittelpunkt stehen. Nachdem die meisten Großveranstaltungen aufgrund von Covid-19 abgesagt oder verschoben wurden, freut sich Iveco nunmehr, endlich wieder durchzustarten. »Für 2022 ist geplant, die IFAT in München, die RettMobil in Fulda, die IAA Transportation in Hannover und den Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring zu nutzen, um wieder vor Ort bei den Anwendern, Herstellern und Händlern zu sein«, so Patrick Wanner, Head of Public Relations & Public Affairs bei der Iveco Magirus AG. In den vergangenen zwei Jahren hatte Iveco verstärkt auf seine Online-Präsenz gesetzt. Virtuelle Stände und digitale Kanäle waren hilfreich, um den Draht zum Kunden aufrecht zu erhalten.

»Wir waren seit März 2020 alles andere als untätig«, ergänzt Patrick Wanner. »Allein in den sozialen Netzwerken sind wir mittlerweile rund 30 % aktiver als vor Corona. Allerdings kann das eine Präsenzmesse nicht ersetzen. Wir haben in den vergangenen Monaten deshalb verstärkt auf Kunden- und Thementage sowie kleinere, regionale Treffen gesetzt, wo sich Abstandsregeln und Corona-Auflagen einhalten lassen. Jetzt ist es aber an der Zeit, endlich auch wieder große Messeveranstaltungen ins Visier zu nehmen.« Ein besonders wichtiger Termin wird für Iveco die vom 30. Mai bis 3. Juni in München geplante IFAT sein. Insgesamt sollen rund 15 Fahrzeuge am Iveco-Messestand sowie auf den Ständen der Aufbauhersteller vertreten sein. »Geplant ist, mit fast allen Baureihen aufzutreten. Dazu gehören neben dem Daily und dem Eurocargo auch der S-Way und X-Way mit unterschiedlichsten Aufbauvarianten, um die gesamte Palette an Möglichkeiten aufzuzeigen. Zu den Highlights wird außerdem der T-Way als 4x4 zählen, der insbesondere für die D-A-CH-Region interessant sein dürfte: Als 3-Seiten-Kipper samt Ladekran oder auch mit Winterdienstaufbauten«, sagt Martin Kemter. Ein weiteres Thema zur IFAT, so der Iveco-Experte, wird Natural Power sein: Ziel ist es, Gasantriebe mit teils komplexen Aufbauten zu verbinden. Diesem Bereich begegnen wir mit breiter Brust, da wir mittlerweile über eine beachtliche Breite an CNG- sowie LNG-Aufbaulösungen verfügen, ob Kehrmaschine, Abfallsammelfahrzeuge oder Abrollkipper.«

Das Wort des Fahrers gilt

Ein Thema, das Iveco ebenfalls umtreibt, ist eine angepasste Entwicklungsarbeit. Längst entstehen neue Ideen nicht mehr nur im stillen Kämmerchen am Reißbrett, sondern sind beeinflusst durch das direkte Feedback der Anwender. »Offen gesprochen hat der Chef eines Logistik- oder Bauunternehmens vor zehn Jahren noch müde gelächelt, wenn sein Fahrer mit Sonderwünschen um die Ecke kam. Aufgrund des generellen Fahrer- und Fachkräftemangels hat sich das Blatt gewendet – und dem trägt letztlich auch der Hersteller Rechnung«, sagt Martin Kemter. Grundsätzlich, so der gebürtige Nordhesse, galt über viele Jahre hinweg der Grundsatz, dass der Onroad-Bereich auf hochwertige Verarbeitung und weitreichende Komforteigenschaften in der Fahrerkabine setzt. Begründen kann Martin Kemter das mit der Tatsache, dass der Lkw im Fernverkehr das zweite Zuhause darstellt und die Ansprüche des Fahrers dementsprechend höher sind. »Der Offroad-Bereich hat sich dagegen eher mit der reinen Funktionalität des Lkw auseinandergesetzt. Aber auch das hat sich in so manchen Details deutlich geändert.«

Zwar würden im Baubereich nach wie vor viele analoge Systeme verlangt, aber die Affinität zu digitaler Unterstützung wachse stetig. So habe Iveco deshalb viel Wert auf Testfahrten und Feedback-Berichte aus der Praxis gesetzt. »Denken wir rund zehn Jahre zurück, war fast jedes Fahrzeug vom Grundsatz her identisch konfiguriert. Es gab keine größeren Unterschiede. Und diese Kundengruppe gibt es heute noch. Dennoch hat ein Generationswechsel stattgefunden. Aufgrund des Fahrermangels sowie dem gestiegenen Bedürfnis nach mehr Komfort hat mit der Zeit der Anteil an Fernverkehrsfahrerkabinen um bis zu 20 % bis 30 % zugenommen. Die Stimme und Meinung von Fahrern ist wichtiger geworden – nicht zuletzt auch bei Iveco, indem wir bereits während des Entwicklungsprozesses mit erfahrenen Profis sprechen.«

Ein ähnliches Bild zeigt sich laut Kemter auch bei der Fahrzeugsicherheit: »Wir haben die Entwicklung kontinuierlich vorangetrieben. Damit einher gehen die gesetzlichen Vorgaben. Auch hier lohnt der Vergleich mit der Vergangenheit. Wir bewegen uns im Bereich der Fahrer- und Fahrzeugsicherheit mittlerweile auf einem erstaunlich hohen Niveau – als noch keine Assistenzsysteme existierten, hätte das sicher keiner für möglich gehalten. Mit der neuesten Emissionsklasse Euro VI/E, Notbremsassistenten, komplexer Radar- und Kameratechnik oder Fahrspurassistenten erfüllen wir die gesetzlichen Vorgaben, aber das allein reicht nicht aus. Wir wollen Vordenker sein und uns von der Pflicht abheben.«    d

Ausbau der E-Mobilität für Nutzfahrzeuge in Europa

Die Iveco Group und Enel X haben Ende März eine mögliche Zusammenarbeit angekündigt, um das Elektromobilitätspotenzial für Nutzfahrzeuge in Europa zu erschließen, wobei der Schwerpunkt u. a. auf leichten und schweren Nutzfahrzeugen liegen soll. Enel X ist Teil der Enel-Group und widmet sich der Entwicklung und dem Vertrieb innovativer Energiedienstleistungen und -lösungen für die Elektromobilität.

Die Zusammenarbeit soll ebenfalls darauf abzielen, ein gemeinsames Angebot für batterieelektrische Nutzfahrzeugflotten zu entwickeln, das u. a. die Ladeinfrastruktur für leichte und schwere Nutzfahrzeuge umfasst. Iveco und Enel X nutzen dabei ihre jeweilige Forschungs- und Entwicklungskompetenz und ihr technisches Know-how, um die Kompatibilität der Enel-X-Ladeinfrastruktur mit den Iveco-Elektrofahrzeugen und die mögliche gemeinsame Entwicklung von Diensten zu prüfen wie intelligentes Laden und Vehicle-to-Grid (V2G), eine Technologie, die es ermöglicht, Energie aus den Batterien von Elektrofahrzeugen zurück in das Energiesystem zu speisen.

 

Auf die Bedürfnisse des Baugewerbes ausgelegt

Der Offroader T-Way ist für härteste Einsätze unter Extrembedingungen optimiert und soll durch eine Kombination aus Robustheit, Zuverlässigkeit und Komfort punkten. Damit einher geht laut Iveco die Tatsache, dass der T-Way auf Produktivität, Zuladung und Sicherheit abzielt. Damit soll das robuste Fahrgestell in Verbindung mit den Fahrzeugkomponenten eine optimale Offroad-Leistung abliefern.

 

 

Der Schwerlast-Truck ist auf die besonderen Bedürfnisse des Baugewerbes ausgelegt und ist mit einer größeren Auswahl an Euro-VI-Dieselmotoren verfügbar: Der Cursor 9 mit 8,7 l Hubraum ist mit 250 kW sowie 265 kW erhältlich. Der Cursor 13 hingegen bietet 12,9 l und ist mit 301 kW, 331 kW sowie 375 kW gelistet. Alle Varianten setzen auf das Abgasnachbehandlungssystem HI-SCR. Der T-Way besitzt darüber hinaus neue Hinterachsen und eine neu konzipierte Luftfederung für Tandemachsen. Ein 16-Gang-Hi-Tronix-Getriebe mit Offroad-Funktionen soll überdies eine Vielzahl an Funktionen und Modi sowie vier Rückwärtsgänge bereitstellen. So vermag beispielsweise der Boost-Modus, ein maximales Drehmoment von bis zu 12 500 Nm auf die Vorderachse zu bringen.

Nutzen lässt sich das T-Way-Konzept u. a. als Fahrmischer, Kipper, Kippsattler, in Kombination mit Pritsche und Kran, als Holztransporter, im Kommunalbetrieb oder als Lkw mit Kanalreinigungsaufbau. Das modulare Konzept soll damit eine möglichst große Bandbreite abdecken und zahlreiche Ausstattungsmerkmale aufbieten, um den T-Way individuell zuzuschneiden.

 

Firmeninfo

IVECO Magirus AG

Nicolaus-Otto-Straße 27
89079 Ulm

Telefon: +49 89 31771-0

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