Hersteller von mobilen Arbeitsmaschinen müssen abwägen, ob sie Pumpen über Druck, Moment oder Schwenkwinkel regeln – und gehen damit immer Kompromisse ein. Ebenso verhält es sich mit anderen Parametern, die auf Hardware-Seite einmal definiert über die gesamte Lebensdauer der Maschine feststehen. Die neue elektrohydraulische Lösung von Bosch Rexroth will dem entgegenwirken, indem sie Regelungsfunktionen vom hydromechanischen Regler in die Software überträgt, um Maschinen noch vielseitiger und flexibler einsetzbar zu machen. Gleichzeitig sollen sie von gestiegener Produktivität und geringerem Energieverbrauch profitieren (das bauMAGAZIN berichtete bereits in Heft 12/21, Seite 104).
Zentrale Pumpenkomponente
Die elektrohydraulische eOC-Pumpe mit Schwenkwinkelsensor und Drucksensoren ist die zentrale Komponente der eOC-Architektur. Sie sorgt für die Regelung der erforderlichen Sollwerte für Drehmoment, Druck oder Volumenstrom. Dabei regelt die Pumpe hochdynamisch im Millisekundenbereich, um beispielsweise den Druck modulieren zu können. In Kombi mit der eOC-Software können Kenngrößen wie Dynamik und Leistungsregelung eingestellt, geändert und kombiniert werden.
Maschinenoptimierung
Die eOC-Software ermöglicht, über eine CAN-Schnittstelle angesteuert, die flexible Einstellung unterschiedlicher Regelungsparameter während des Betriebs. Mit der Übertragung hydromechanischer Steuerungsfunktionen und Schnittstellen in die Software können Steuerungsmodi während des Betriebs angepasst und die Pumpendynamik variabel eingestellt werden. In einem elektronisch geschlossenen Regelkreis werden so Druck, Drehmoment, Volumenstrom und Schwenkwinkel unabhängig geregelt. Mit vordefinierten Parametern verhält sich die Pumpe laut Bosch Rexroth bei jeder Funktion optimal im Hydrauliksystem. Über CAN-Bus können Sollwerte und Parameter dynamisch angepasst werden, um zusätzliche Funktionen zu eröffnen und Maschinen auf spezifische Wünsche und unterschiedliche Arbeitsaufgaben anzupassen.
Die eOC-Software kann auf einem Rexroth-BODAS-Steuergerät oder auf dem eines Drittherstellers installiert werden. Sie passt die Hydraulikleistung kontinuierlich an das verfügbare Motormoment an und ermöglicht so laut Hersteller dynamische und präzise Arbeitsfunktionen, um die Gesamtproduktivität der Arbeitsmaschine zu erhöhen. Der Energieverbrauch des gesamten Hydrauliksystems werde, so der Hersteller, optimiert und führe zu geringerem Kraftstoffverbrauch oder einer besseren Batterienutzung.
Marktreifes Maschinenkonzept
Eine Reihe von Serienmaschinen profitiert laut Bosch Rexroth bereits von der Hydraulikarchitektur wie beispielsweise ein Kompaktbagger, der in der ersten Jahreshälfte 2021 in Serie gegangen ist. Für diesen wurde ein Power-Mode zum Leistungsbaggern entwickelt. Diese Betriebsart ermöglicht Maximaldruck und Maximalmoment sowie eine maximale Druckaufbaudynamik, beispielsweise für das Ausschütteln der Schaufel. Auch verfügt die Maschine über einen Fein-Mode mit ruckelfreier und geschmeidiger Bedienung, beispielsweise für Rohrverlegearbeiten.
Als weitere Anwendungen für die eOC-Architektur gelten Mobilbagger. Um bei diesen Multifunktionsmaschinen die Leistung an die jeweilige Aufgabe anzupassen, waren bisher zahlreiche Ventile notwendig. Die Umstellung auf die eOC-Architektur soll den Hardware-Aufwand deutlich reduzieren, damit Kosten minimieren und potenzielle Fehlerquellen in der Ventilumschaltung umgehen.
Stetige Weiterentwicklung
Als skalierbare Lösung ermöglicht das Rexroth eOC-Portfolio eine schrittweise Implementierung, angefangen von der elektrohydraulischen eOC-Pumpe mit Schwenkwinkelsensor und Drucksensoren bis zur Möglichkeit, das gesamte Hydrauliksystem abzubilden. Dafür stehen ein eOC-Hauptsteuerblock sowie ein elektrischer Joystick bereit.
Bosch Rexroth hat ein breites Portfolio an Axialkolbenpumpen ertüchtigt und dem Grundkonzept neue Funktionen hinzugefügt. Beispielsweise ermöglicht die eOC-Architektur auch die dynamische Regelung des Verlaufs von Druck, Schwenkwinkel und Drehmoment. Eine weitere Neuheit unter den eOC-Funktionen ist die Auto-Kalibrierung, bei der die Komponente direkt in der Maschine kalibriert wird. Die Kalibrierung findet also nicht mehr einmalig statisch am Bandende des OEM statt, sondern zyklisch, im Betrieb der Maschine.
Fahrantrieb im Blick
Die eOC-Architektur soll neben neuen Möglichkeiten für die Arbeitshydraulik auch einen neuartigen Ansatz für den Fahrantrieb insbesondere kompakter Arbeitsmaschinen eröffnen. Das Fahren im eOC funktioniert nach dem Konzept der Sekundärregelung. Diese kombiniert die Funktionalität eines Fahrantriebs im geschlossenem Kreislauf mit dem physischen Aufbau eines Antriebs im offenem, der nur eine Pumpe für Fahr- und Arbeitsfunktionen benötigt.
So können alle Fahr- und Arbeitshydraulik-Funktionen kompakter Maschinen in einem Hydraulikkreislauf vereint werden – alle rotierenden Verbraucher werden an die Druckleitung angeschlossen. Eine Sekundärlogik ohne zusätzliche Wegeventile steuert das Verdrängungsvolumen bzw. das Motorabtriebsmoment, um die gewünschte Drehzahl der Hydraulikmotoren zu erreichen. Das eOC-Fahrkonzept erfordert laut Bosch Rexroth weniger Komponenten in der Maschine und vereinfacht die hydraulische Architektur. Die Komplexität des Hydrauliksystems werde damit in die Software verlagert und Fahrtrichtungs- sowie Bremsventile erübrigen sich. Darüber hinaus ermöglicht die Kombination von Arbeits- und Fahrfunktionen in einem Hydraulikkreis die Rückgewinnung von hydraulischer Energie beim Bremsen oder Senken für eine optimierte Nutzung der Antriebsleistung. t
Der Name Bosch Rexroth steht in der Antriebs- und Steuerungstechnologie für effiziente, leistungsstarke und sichere Bewegung in Maschinen und Anlagen. Das Unternehmen bündelt weltweite Anwendungserfahrungen in seinen Segmenten Mobile Anwendungen, Anlagenbau und Engineering sowie Fabrikautomation. Bosch Rexroth bietet Hydraulik, Elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik, Getriebetechnik sowie Linear- und Montagetechnik einschließlich Software und Schnittstellen ins Internet der Dinge. Das Unternehmen ist in mehr als 80 Ländern aktiv und erwirtschaftete mit mehr als 29 600 Mitarbeitern im Jahr 2020 einen Umsatz von rund 5,2 Mrd. Euro.