Victaulic: Geschäftsmodelle und Produkte digitalisieren

Im Zuge der Digitalisierung gilt: Produkte, die digital nicht existieren, kommen analog kaum zum Einsatz. Der technologische Wandel erfasst mittlerweile nicht nur Produkte und Werkzeuge, sondern ganze Geschäftsmodelle. Diese Transformation betrifft auch kleinere Gewerke, wie das Beispiel des Rohrsystementwicklers Victaulic zeigt.

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Victaulic hat im Jahr 2014 begonnen, die eigenen Arbeitsprozesse durch den Einsatz virtueller und kollaborativer Technologien weiterzuentwickeln. Ziel war es, die Prozesstransparenz zu maximieren und den Infoaustausch zu optimieren. Innerhalb von zwei Jahren wurden die CAD-Planungsabläufe in BIM-Anwendungen überführt, die heute ein standardisiertes Arbeitswerkzeug darstellen. Die neue Arbeitsmethode reduzierte den Zeitaufwand für 3D-Modellierungen und Projektprüfungen nach internen Berechnungen um mehr als ein Drittel. Als Autodesk-Partner suchte Victaulic mit Revit nach Verbesserungen, um die Produktivität insbesondere bei der Planung und Konstruktion von Rohrleitungssystemen zu erhöhen. Aus dieser Zusammenarbeit entstand das Revit-Add-In »Victaulic Tools for Revit«, das die Basisversion von Revit um mehrere Planungs- und Fertigungsanwendungen erweitert. Beispielsweise erstellt das Beschaffungs-Tool innerhalb des 3D-Modells aus Stücklisten die passenden Teilenummern, während der Montage-Manager eine nahtlose Interaktion verschiedener Baugruppen ermöglicht.

Digitalisierung der Geschäftsmodelle

Eine Herausforderung bei der digitalen Transformation von Victaulic war die globale Zusammenarbeit. In der Abteilung für digitale Konstruktionen bei Victaulic arbeiten rund 100 Ingenieure und Techniker auf vier Kontinenten jährlich an über 1 000 Projekten. Kollaborative Planung, File-Sharing und Daten-Management erwiesen sich als schwierig. Drei Jahre nach dem Wechsel zur BIM-Methode begann Victaulic das Kollaborations-Tool »BIM 360 Design« zu nutzen, um cloudbasiertes Worksharing und Dokumenten-Management betreiben zu können. Die Software ermöglichte den Mitarbeitern BIM-basiertes Echtzeit-Co-Authoring in Revit, virtuelle Überprüfung in 2D oder 3D sowie visuelle Versionsvergleiche in einer kontrollierten Cloud-basierten Umgebung.

Die Digitalisierung erfasst nicht nur einzelne Werkzeuge, sondern ganze Geschäftsmodelle. So verschieben sich die Inhalte der Wertschöpfungskette zunehmend in die Vorplanung. Bauunternehmer und Architekten setzen bei der Entwicklung ihrer BIM-Referenzmodelle die digitalen Produkte ein, die verfügbar sind und den jeweiligen Arbeits- und Projektbedürfnissen entsprechen. Produkte werden somit zunächst auf digitaler Ebene eingesetzt und erst später auf analoger Ebene als eigentliches Produkt erworben. »Die Kaufentscheidung basiert somit auf den digitalen Produkten. Je weiter der Einsatz von BIM voranschreitet, desto wichtiger ist die Verfügbarkeit dieser digitalen Produkte in der Planungsphase«, sagt Kenneth Verlinden, Virtual Design & Content Manager bei Victaulic. Vereinfacht lasse sich für die BIM-Methode schlussfolgern: Produkte, die digital nicht existieren, existieren gar nicht.


Aus diesem Grund sollten seiner Meinung nach auch Unternehmen, die kleinen Gewerken angehören, ihre Produkte digitalisieren. Die Entwicklung des BIM-Add-Ins »Victaulic Tools for Revit« gehe deswegen über bloße Produktivitätssteigerungen hinaus und setze am Geschäftsmodell von Victaulic an. Von kompletten HVAC-Systemen bis zum kleinsten Ventil bietet das Unternehmen für jedes seiner Produkte kostenlos einen digitalen BIM-tauglichen Zwilling.

Fehlererkennung mittels VR-Anwendung

Fortgeschrittene und komplexere Bauprojekte erfordern die Koordination zahlreicher Beteiligter und Arbeitsabläufe. Um eine möglichst effiziente BIM-Koordination gewährleisten zu können, nutzt Victaulic die Echtzeit-Problemverfolgungs-Software Revizto.

Für jedes Problem erstellt Revizto ein Item, das Abbildungen des Fehlers, eine Beschreibung und Angaben zum Verantwortlichen beinhaltet. Ein Beispiel für die Zusammenarbeit ist die Kollisionsprüfung. Üblicherweise entwickelt der Generalunternehmer ein einfaches Referenzmodell des Projekts, etwa einen Pumpenraum, in Autodesk Revit. Die Datengrundlage liefert u. a. der Scan des Raumes durch einen BIM-konformen 3D-Laser. Innerhalb des Modells arbeiten die Fachplanungsdisziplinen die jeweiligen Modelle ihrer Bereiche ein. Nach Fertigstellung der Teilmodelle verknüpft der Generalunternehmer diese zu einem Gesamtmodell.

Auf Basis des Modells führt Victaulic VDC mithilfe von Revizto eine Kollisionsanalyse durch. Mittels Navisworks und Solibri lassen sich die Kollisionsprüfungen in Revit importieren. Die Tools suchen die Schnittpunkte in einem Satz ausgewählter Elemente oder in allen Elementen des 3D-Modells. Die Software zeigt unerwünschte Überschneidungen in einem Bericht an, worauf die zuständigen Fachbereiche im kollaborativen Team eine Benachrichtigung erhalten. Massen-E-Mails an alle Beteiligten gibt es nicht mehr. An den Kollisionen arbeiten nur maßgeschneiderte Teams gleichzeitig am virtuellen Modell. Um eine Kollision zu beheben, können die Team-Mitglieder Bauteilen andere Prioritäten zuweisen oder gegeneinander verschneiden, sodass es keine ungewollten Überschneidungen mehr gibt.

Bei Planungsproblemen, aber auch im laufenden Prozess ist eine optimale räumliche Vorstellung für den Projekterfolg bedeutend. Deswegen kombiniert Victaulic die Revizto-Software mit dem Einsatz von Virtual Reality-Tools und stattet die Beteiligten mit VR-Brillen und Headsets aus. Was zunächst ein Gimmick war, entwickelte sich zur Standardanwendung für jedes Projekt in allen Arbeitsschritten, von der Konzeption bis zur Umsetzung. Nutzer bekommen durch die VR-Anwendung auf der virtuellen Baustelle einen deutlich präzisierten Eindruck von den geplanten Gebäuden, Anlagen und einzelnen Komponenten.    t

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