Bremer Inkasseo: Eigentumsvorbehalt kann Verlusten vorbeugen

»Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Verkäufers« ist eine geradezu allgemein bekannte Formulierung. »Was das jedoch genau bedeutet, ist vielleicht nicht jedem bekannt. Besonders Unternehmer unterschätzen nach meiner Erfahrung noch zu oft die Bedeutung der Vereinbarungen über den Eigentumsvorbehalt«, sagt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso. Leider träfen längst nicht alle Unternehmer Vereinbarungen zum »Eigentumsvorbehalt« oder wüssten, wo und wie so eine Vereinbarung in die Geschäftsabläufe und -papiere einfließen sollte. Unter Umständen aber könne gerade die richtige Formulierung und Anwendung den Unternehmer vor Schaden bewahren. »Kommt es bei Kunden zur Insolvenz, so kann so eine ›unscheinbare‹ Vereinbarung über den Totalverlust einer Forderung entscheiden«, so Drumann.

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Den Unterschied der Begriffe »Eigentum« und »Besitz« sollte man kennen, damit der »Eigentumsvorbehalt« zu verstehen ist. »Eigentum« be­sagt, dass einem eine Sache rechtmäßig gehört. »Besitz« steht für die tatsächliche Herrschaft über diese Sache. »Man kann etwas in seinem Besitz haben, was rechtlich aber einem anderen gehört. Eigentum und Besitz an einer Sache können, müssen nicht bei ein und derselben Person liegen«, so Bernd Drumann.

(Normaler) Eigentumsvorbehalt

Als Eigentumsvorbehalt wird eine »besondere Verabredung« bei einem Kaufvertrag über bewegliche Sachen bezeichnet, die besagt, dass der Käufer mit Lieferung der Ware zwar Besitzer wird, Eigentümer aber der Verkäufer bleibt – bis die Ware vollständig bezahlt wurde. Erst mit der Bezahlung der Rechnung wird der Käufer auch zum Eigentümer, vorher war er nur Besitzer und hatte ein Anwartschaftsrecht. »Ist die ›besondere Verabredung‹ Vertragsbestandteil, sichert der Eigentumsvorbehalt dem Verkäufer bei Vertragsabschluss das Eigentum an der Ware, bis diese vollständig bezahlt ist«, betont Drumann.

 

Zur Person

Bernd Drumann ist Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH. Das Unternehmen berät und bietet juristische Unterstützung bundesweit und international im Bereich des Forderungseinzugs. Das im Jahr 1984 von Bernd Drumann gegründete Unternehmen ist seit 1996 als Bremer Inkasso tätig und beschäftigt rund 20 Mitarbeiter in der Firmenzentrale. Die Sachbearbeitung erfolgt überwiegend durch speziell ausgebildete Volljuristen. Bremer Inkasso ist Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Inkassounternehmer.


Erweiterter Eigentumsvorbehalt

Der erweiterte Eigentumsvorbehalt (auch »Kontokorrentvorbehalt« genannt) soll das Risiko der »Nichterfüllung« in einer laufenden Geschäftsbeziehung minimieren. Während beim einfachen Eigentumsvorbehalt das Eigentum mit der Zahlung (nur) gerade des Kaufpreises für diese Sache auf den Käufer übergeht, wird der erweiterte Eigentumsvorbehalt auf andere Forderungen des Verkäufers ausgedehnt – oft (je nach Vereinbarung) auf alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung zwischen Käufer und Verkäufer. »Der Käufer erwirbt das Eigentum also erst dann, wenn er dem Verkäufer gar nichts mehr aus der Geschäftsverbindung schuldet«, wie Bernd Drumann betont.

Verlängerter Eigentumsvorbehalt

»Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ermöglicht es dem Kunden, die Ware, auch wenn sie noch nicht vollständig bezahlt ist, bereits zu verarbeiten und/oder weiterzuverkaufen. »Der verlängerte Eigentumsvorbehalt trägt den üblichen Geschäftsgebaren und -abläufen noch mehr Rechnung als der normale und ist eine Erweiterung des normalen Eigentumsvorbehalts«, unterstreicht Drumann. Werde die Ware verarbeitet, erwerbe der Lieferant unmittelbar das Eigentum an der neu hergestellten Sache (ggf. anteilig), bei einem Verkauf (auch der neu hergestellten Sache) damit automatisch die Kaufpreisforderungen gegen die Kunden seines Käufers (auch hier ggf. anteilig).

Formulierungen mit großer Wirkung

Damit die Vereinbarungen zum normalen Eigentumsvorbehalt, zum erweiterten Eigentumsvorbehalt oder zum verlängerten Eigentumsvorbehalt ihre »rechtswirksame Wirkung« entfalten können, müssen sie von beiden Geschäftsparteien vereinbart werden. Sie sollten in die Geschäftsbedingungen des Unternehmens einfließen, auf deren Grundlage alle Geschäftsabschlüsse getätigt werden sollten. »Es handelt sich dabei nicht um Wortklauberei, sondern um sorgfältig ausgearbeitete Formulierungen, die als Bestandteil der eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unter Umständen bares Geld wert sein können. Diese gefühlt vielleicht so unscheinbaren Formulierungen können einen Unternehmer bei der Insolvenz eines Kunden sogar vor dem Totalverlust seiner Forderung bewahren«, unterstreicht Bernd Drumann.

Formulierungen schriftlich festhalten

Zur schriftlichen Niederlegung der Vereinbarung zum Eigentumsvorbehalt sind am allerbesten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geeignet (das bauMAGAZIN berichtete in Heft 3/22, Seite 126). Eigene, die Individualität des Unternehmens widerspiegelnde Geschäftsbedingungen sollten nicht vom Mitbewerber abgeschrieben werden (ggf. Verletzung des Urheberrechts) oder ungeprüft aus dem Internet heruntergeladen werden. »Das eigene Unternehmen, die eigene Arbeit sollte es einem wert sein, die Geschäftsbedingungen von einem Rechtsanwalt rechtssicher formulieren zu lassen. Über die Konditionen kann man sich im Vorfeld informieren«, wie Drumann betont.

Habe man eigene AGB, nütze das Haben alleine aber gar nichts. »Die AGB müssen immer die Grundlage aller selbst abgeschlossenen Verträge bilden bzw. in diese mit einbezogen werden. Man sollte die eigenen Geschäftsbedingungen kennen und verstehen«, gibt Drumann zu bedenken. Am besten würden die AGB auch auf der Rückseite von Angeboten und Auftragsbestätigungen abgedruckt. Ein Hinweis darauf, dass die AGB rückseitig zu finden sind, sollte dann aber auf der Vorderseite nicht fehlen.

»Hat man keine eigenen AGB, was nach meiner persönlichen Meinung für ein Unternehmen schon fast fahrlässig zu nennen ist, so sollte die Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt zumindest auf allen Geschäftspapieren wie beispielsweise Angebot, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung zu finden sein. Sorgfältige schriftliche Dokumentation aller geschäftlichen Schritte tragen ihr Übriges zu einem bestmöglich abgesicherten Geschäftsabschluss bei«, so Bernd Drumann.    t

Fakten

Drei Beispiele für den Eigentumvorbehalt

Normaler Eigentumsvorbehalt: Unternehmer A hat dem Unternehmen B Holz geliefert. B meldet Insolvenz an. Das Holz wurde noch nicht bezahlt. A hat mit B beim Verkauf des Holzes Regelungen zum Eigentumsvorbehalt getroffen. Daher ist A auch jetzt noch Eigentümer des Holzes. Er hat ein »Aussonderungsrecht«, mit dem er geltend machen kann, dass das Holz, obwohl es sich im Besitz des Insolvenzschuldners B befindet, dennoch nicht zur Insolvenzmasse gehört. A ist daher kein Insolvenzgläubiger und nimmt auch nicht am Insolvenzverfahren teil. Er hat stattdessen gegenüber dem Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Herausgabe des Holzes – oder auf den vollen vereinbarten Preis und nicht nur auf die Insolvenzquote, sofern der Insolvenzverwalter die Sache verwerten will.

Erweiterter Eigentumsvorbehalt: Unternehmer C und Unternehmer D machen laufend Geschäfte miteinander. C liefert D spezielle Stoffe. C hat D am 2.2.2022 Ware geliefert und am 23.2.2022. Für beide Lieferungen wurde der erweiterte Eigentumsvorbehalt vereinbart. D hat lediglich die Rechnung der Lieferung vom 23.2.2022 bezahlt. C ist daher noch Eigentümer beider Lieferungen, denn der Eigentumsvorbehalt gilt für alle gelieferten Stoffe so lange, bis alle Rechnungen bezahlt sind.

Verlängerter Eigentumsvorbehalt: Unternehmer E hat dem Unternehmen F Hart-PVC-Platten geliefert und bei Vertragsabschluss den verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart. Der Kunde F hat die Platten bereits zu Profilen gepresst, die Rechnung aber nicht bezahlt und meldet Insolvenz an. Auch wenn der Insolvenzverwalter des F jetzt die verarbeitete Ware (Profile) bzw. die Forderung aus dem Weiterverkauf (Sicherungsgut) durch Veräußerung oder Einziehung verwertet, ist E (mit verlängertem Eigentumsvorbehalt) vor den anderen Gläubigern aus dem Erlös zu befriedigen. Zuvor darf der Insolvenzverwalter jedoch noch eine Feststellungspauschale von 4 % vom Erlös sowie Kosten für die Verwertung in Höhe von ca. 5 % geltend machen.

 

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