BKL: Heiratswillige sollten bei Auslandsaufenthalten aufpassen

Nicht nur Paare, die wegen der Arbeit Zeit im Ausland verbringen, sollten das europäische Güterrecht beachten. Betroffen sind damit ebenso nicht nur Eheleute mit internationalen Wurzeln, sondern auch alle deutsch-deutschen Paare. Heiratswillige sollten aktiv werden, um keine finanziellen Nachteile zu erleiden, wie Andreas Otto Kühne, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner, schildert.

Lesedauer: min

Immer häufiger kommt es zu Partnerschaften mit internationalem Bezug. Dazu zählen nicht nur binationale Paare, bei denen ein Partner einen ausländischen Pass hat. Gleiches gilt auch für deutsch-deutsche Paare, die längere Zeit im Ausland wohnen wie Expatriates, Auswanderer, aber auch Auslandsrentner oder Pflegetouristen. Oder ebenso Partnerschaften mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die als Einwanderer oder Impatriates in Deutschland Fuß fassen.

Die beiden EU-Verordnungen EuGüVO und EuPartVO haben für diese Gruppen das Güterrecht grundlegend verändert. Hiernach entscheidet in erster Linie der Lebensmittelpunkt und nicht mehr die Staatsangehörigkeit über das maßgebliche Güterrecht. Ziel ist es, im Scheidungsfall die Vermögensauseinandersetzungen von Eheleuten mit internationalem Bezug zu vereinfachen. Die Neuerungen betreffen alle Eheleute, die neu heiraten oder eine Güterrechtswahl treffen. Gleiches gilt für eingetragene Lebenspartnerschaften. Die Bestimmungen gelten EU-weit, mit Ausnahme von Irland und Dänemark sowie einem Großteil der osteuropäischen Staaten wie auch nicht mehr für Großbritannien.

Gravierende Änderungen

Lange galt bei Eheschließungen mit gleichen Staatsangehörigkeiten das Güterrecht des betreffenden Landes. Jetzt gilt für neue Eheschließungen und Güterrechtsvereinbarungen grundsätzlich das Güterrecht des Landes, in dem die Ehepaare ihren »ersten gemeinsamen gewöhn­lichen Aufenthalt« haben. Wer glaubt, ein Wohnsitz reiche dafür aus, wiegt sich in trügerischer Sicherheit. Entscheidend sind die gesamten Lebensumstände, was im Einzelfall abzuwägen ist.

Betroffene sollten die Auswirkungen für ihre Lebenssituation prüfen und klare güterrechtliche Verhältnisse schaffen. Im Falle einer Scheidung drohen erhebliche finanzielle Nachteile.


Von den Neuregelungen sind im Prinzip alle neuen Eheschließungen betroffen. Schließlich ändern sich die Lebensumstände im Laufe der Zeit und ein ausländischer Wohnsitz ist keine Seltenheit mehr. Deshalb ist grundsätzlich Weitblick gefragt. Heiratswillige sollten klare Regelungen für den Güterstand treffen, die eine flexible Lebensplanung ermög­lichen und böse Überraschungen vermeiden.

Risiken im Blick

Wenn ein deutsches Paar in Italien heiratete und dort seinen ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, galt bislang das deutsche Güterrecht und damit die Zugewinngemeinschaft. Jetzt kommt für neue Eheschließungen das italienische Recht zum Tragen, womöglich ohne dass die Eheleute sich darüber im Klaren sind. Das italienische Güterrecht weicht komplett vom deutschen Pendant ab – es ist eine Mischung aus Gütergemeinschaft und -trennung. Das Gleiche gilt für den umgekehrten Fall: Heiratet ein italienisches Paar in Deutschland, wo es auch seinen ersten gemeinsamen Aufenthalt hat, so findet automatisch das deutsche Güterrecht Anwendung. Nur wenn die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung unterschiedliche gewöhnliche Aufenthalte haben, greift hilfsweise das Güterrecht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit.

Das Güterrecht ist europaweit unterschiedlich. Kommt französisches Güterrecht zur Anwendung, wird ab der Eheschließung bei einem Immobilienkauf des Ehemanns die Ehefrau automatisch Miteigentümerin. Wer solche güterrechtlichen Fallstricke umgehen möchte, sollte vertragliche Vorkehrungen treffen.

Für Klarheit sorgen

Die Neuregelungen bieten Eheleuten die Wahl, welches Güterrecht zur Anwendung kommen soll. Dies kann das Güterrecht eines Landes sein, in dem einer der Eheleute wohnt oder dessen Staatsangehörigkeit einer der Partner besitzt. Bei Eheleuten mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten und verschiedenen Wohnsitzen im Ausland stehen verschiedene Rechtsordnungen zur Wahl. Betroffene sollten prüfen, ob sie von der Möglichkeit der Rechtswahl Gebrauch machen wollen. So sorgen sie für klare Verhältnisse und bestimmen ein vorteilhaftes Güterrecht für ihre Belange (siehe Kasten »Das richtige Vorgehen« auf Seite 120).

In vielen Fällen ist das deutsche Güterrecht erste Wahl. Die Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts bietet überdies für den Erbfall einige steuerliche Optimierungsmöglichkeiten. Eheschließungen, die eventuell die Anwendung des Güterrechts einer fremden Rechtsordnung auslösen, bergen Risiken. Heiratswillige sollten vorab einen erfahrenen Spezialisten für Fragen des internationalen Familien- und Erbrechts hinzuziehen. So lassen sich viele Unsicherheiten umgehen und faire und vorteilhafte Lösungen für die Eheleute finden.    t

[9]
Socials

AKTUELL & SCHNELL INFORMIERT