Der zur Verfügung stehende Maschinenpark der Lhoist-Gruppe ist durchaus umfangreich: Neben Cat-Radladern wie einem 992 der neuen Generation, einem 992K und zwei 988K sind elf Skw, darunter zehn Cat-Modelle wie etwa die Baureihen 777G und 777D, im Einsatz. Ausgestattet mit Sensoren zeichnen sie eine Fülle an Daten auf, unter anderem zu Spritverbrauch, Betriebsstunden, Leerlauf oder Fehlercodes. Diese Informationen werden anschließend genutzt, um Ressourcen wie Betriebsmittel, Fahrzeuge und das Personal aufeinander abzustimmen. Das Ziel: eine stetige Verbesserung der Abläufe und Prozesse. »Die Daten werden zusätzlich in ein Analyse-Tool von Caterpillar auf Basis der Power BI (Business Intelligence) eingespielt, um noch spezifischere und detailliertere Auswertungen zu erhalten. Diese Daten nutzen auch wir zusammen mit Caterpillar für die begleitende Beratung«, erklärt Stefan Lanio, Zeppelin Niederlassungsleiter Köln, der den Kunden mit seinen Kollegen der Projekt- und Einsatztechnik, der Projekt- und Einsatzberatung sowie vom Flottenmanagement unterstützt.
Daten als Basis für Unternehmensentscheidungen
Über die BI-Plattform, vergleichbar mit einem Dashboard, werden die Betriebsdaten erfasst, visualisiert und so umgewandelt, dass sie als valide Informationen und Basis für Unternehmensentscheidungen zur Verbesserung der operativen Effizienz genutzt werden können. Hierzu zählen umfassende Informationen, die stetig erweitert wurden und genau auf die Anforderungen des Betriebs und seiner geologischen Bedingungen, die massiven Einfluss auf den Baumaschineneinsatz haben, zugeschnitten sind. »Da wir eine große Flotte mit überwiegend Cat-Maschinen im Einsatz haben, bot es sich an, die Telematiklösung unseres Hauptlieferanten zu implementieren«, erklärt Dorian Kunert, der seit zwei Jahren dort als Hauptbetriebsleiter Gewinnung verantwortlich ist, und fügt hinzu: »Wir haben in der Gewinnung eine hohe Verantwortung für die Produktion und die Bereitstellung ausreichender Lagerbestände. ›Feeding the Dragons‹, füttere die Drachen beziehungsweise die Öfen, nennen wir das. Denn mit sechs Schachtöfen und vier Drehrohröfen ist Flandersbach das größte Kalkwerk Europas, das zu einem Großteil die Stahlindustrie versorgt.«
Die Fahrer mitnehmen und einbinden ist ein großes Thema, wenn es um akribische Datenerfassung und -auswertung geht.
Mit Digitalisiewrung die Produktionsziele erreichen
Bedingt durch eine hohe Auslastung war damit das Ziel verbunden, die spezifische Produktionsleistung pro Stunde zu erhöhen und zeitlich begrenzte Spitzenleistungen mit einer bestehenden Flotte zu gewährleisten. Digitalisierung soll dabei unterstützen, die geforderten Produktionsziele zu erreichen. Stellschrauben sind Tonnagen pro Stunde, maximale Nutzlasten, kurze Ladezeiten, schnellere Umläufe und Reduzierung von Stillstand/Leerlauf.
Grundsätzliche Anforderungen an »VisionLink Productivity« betrafen die Zuverlässigkeit der Datenübertragung und die Richtigkeit der übermittelten Werte. »Das war anfangs etwas holprig und mag vielleicht auch an der Kabelanbindung gelegen haben, die Vibrationen, Temperaturen und Staub ausgesetzt ist. Es kam zu Abweichungen bei den Tonnagen. Doch die typischen Anfangsschwierigkeiten haben wir inzwischen gut in den Griff bekommen und seit mehreren Monaten eine akribische sowie solide Auswertung«, meint Dirk Unverricht, Asset Manager für die Gewinnung im Werk.
Ein weiterer Schritt war, verschiedene Geofences zu definieren, um den Standort der eingesetzten Maschinen zu begrenzen und das Umfeld der Baumaschinen festzulegen, in dem sie sich bewegen. Eine Besonderheit ist hierbei der Kalksteinabbau, der in den Abbaugebieten Silberberg und Rohdenhaus erfolgt – verbunden durch einen nur einspurig befahrbaren Tunnel. »Daher kommt es zu Wartezeiten, die jedoch zunächst als Abkippen der Mulden interpretiert wurden. Es hat gedauert, bis wir dahinterkamen«, so Dirk Unverricht. Die Lösung: ein zusätzlicher Sensor, der nun den echten Abkippvorgang aufzeichnet und erfasst.
Daten der Muldenkipper münden inzwischen in eine Nutzlastverteilkurve, die genau anzeigt, was im Schnitt an Tonnage bewegt wurde.
Ein Werk als Blaupause für das ganze System
»Es gab vieles in der Testphase zu lernen. Unser Werk ist für Caterpillar eine Blaupause für das ganze System. Der stationäre Betrieb ist komplex, bedingt durch das Zwei-Schicht-System und den Abbau in zwei benachbarten Steinbrüchen. Es gibt viele einzelne Arbeitsschritte und Prozesse abzubilden. Das Projekt ist von Mal zu Mal immer weitergewachsen – es kamen weitere Anforderungen und Parameter dazu, wobei wir die für uns wichtigen KPIs, sprich Leistungszahlen, immer im Auge behielten«, erklärt Dorian Kunert.
Ein großer Baustein war die Zielausladung der Muldenkipper. Solche Daten münden inzwischen in eine Nutzlastverteilkurve, die genau anzeigt, was im Schnitt an Tonnage bewegt wurde. Doch von der angepeilten Zielausladung war man anfangs entfernt. Der Frage nach der Abweichung ging das Werk Flandersbach nach und untersuchte, ob es an der Technik oder an der operativen Anwendung lag.
Um darüber letzte Gewissheit zu haben, wurde ein Leistungstest gemacht, um herauszufinden, wie hoch die Zuladung ist und wie viele Tonnen pro Liter Sprit bewegt werden. Auch ein »Scale Truck« von Caterpillar, eine Art Wiege-Lkw, kam zum Einsatz. Dabei wurde eine Fahrzeugwaage so aufgebaut, dass die im Einsatz befindlichen Muldenkipper im laufenden Betrieb zügig verwogen werden konnten. Die darüber exakt ermittelten Wiegedaten standen dann für weitere Auswertungen zur Verfügung. »Es stellte sich heraus, dass zwei Muldenkipper noch mal neu kalibriert werden mussten«, so der Zeppelin-Niederlassungsleiter. Doch dabei hat man es nicht belassen.
Wichtiger Baustein: die Einbindung der Fahrer
Eine Schulung für Radladerfahrer zum Thema effizientes Beladen folgte; bereits professionelle Kollegen bekamen im Caterpillar Trainingscenter in Málaga den letzten Schliff. Zudem wurde der Wegebau analysiert und die Beschaffenheit der Fahrwege wird Tag für Tag kontinuierlich verbessert. Das Werk Flandersbach konnte 2023 auf 120 Jahre Kalkabbau zurückblicken. Durch den Abbaufortschritt auf tieferen Sohlen sind immer längere Fahrwege die Folge, die sich auf den Produktionsprozess auswirken. Drei bestehende Engstellen wurde aufgehoben. Inzwischen unterstützt ein Cat Motorgrader 140M dabei, den Wegebau zu verbessern, sodass Wartezeiten reduziert und auch die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit im beladenen und unbeladenen Zustand angehoben wurde. Die Skw-Fahrer sind angehalten, harmonisch gleichmäßig ihr Arbeitsgerät durch das Gelände zu steuern und zu starkes Abbremsen zu vermeiden.
Die Fahrer mitnehmen und einbinden, ist ein großes Thema, wenn es um akribische Datenerfassung und -auswertung geht. Sie müssen verstehen, welche Vorteile es bietet und wie wichtig es für ein Unternehmen wie Lhoist ist, dass Ressourcen geschont werden. Allerdings gibt es auch Daten wie Leerlaufzeiten, die entsprechend sensibel sind. Als Ursache für Leerlaufzeiten können neben Tankvorgängen auch Wartezeiten am Brecher infrage kommen, weil das Material in einer zu großen Stückigkeit gesprengt wurde und dann nicht zügig genug weiterverarbeitet werden kann. Oder es kommt zu einem Stau beim Beladen an der Wand, weil die Umlaufzeiten der verschiedenen Skw zu unterschiedlich sind.
Dirk Unverricht sucht darum kontinuierlich das Gespräch mit seinen Kollegen, wenn er einmal wöchentlich die Betriebsdaten der Baumaschinen ausgewertet hat. Dabei ist er überzeugt: »Wir können uns nur gemeinsam im Team weiterentwickeln und unsere Fortschritte sind nur dank unserer Maschinisten möglich.« Als Ansporn dienen ihnen dabei die geförderten und bewegten Tonnen pro Schicht. Oder im letzten April wurde ein Kicker ausgelobt für das Team, dem es gelungen ist, den ganzen Monat den Materialfluss konstant mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit am Rollen zu halten. »Der Erfolg unseres Unternehmens ist ein Gruppenerfolg. Uns ging es dabei darum, das Interesse der Fahrer zu wecken und ihnen so zu zeigen, welchen wichtigen Anteil sie daran haben«, unterstreicht Dorian Kunert. Vielleicht wird es für sie schon bald eine neue Challenge geben. »Wichtig ist uns, dass sich langfristig etwas verändert. Das ist alles ein Lernprozess, aber wir müssen auch akzeptieren, dass es hier ein Steinbruchbetrieb ist, der Wind, Wetter und einer heterogenen Geologie ausgesetzt ist. Wir können daher nicht alles beeinflussen, sondern müssen manche Parameter auch akzeptieren«, macht Dorian Kunert letztlich deutlich. s