Weniger CO² und mehr Digitalisierung auf der Baustelle

Das Thema »Nachhaltiges Bauen« treibt die Baubranche nach wie vor um. In dieser Start-up-Zone stellen wir zwei Projekte vor, die bei der CO²-Reduzierung unterschiedliche Ansätze verfolgen. Außerdem hat die tibe.io GmbH mit »inGo« den Baustellenzutritt digitalisiert und kann dank papier- sowie kontaktfreier Prüfungen Unternehmen vor Strafen wie Lohndumping, Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung schützen.

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Von: Thomas Seibold

Grundsteinlegung mit Carbonbeton

Ende April war Bundesbauministerin Klara Geywitz auf Einladung von solid Unit e. V. und dem C3 – Carbon Concrete Composite e. V. an der 49. Grundschule in Dresden. Mit dem symbolischen Platzieren des ersten Carbonbeton-Wandelements legte sie den Grundstein für den nächsten Bauabschnitt der dortigen Sporthalle. Die Besonderheit dieses Vorreiter-Bauprojekts liegt in der Verwendung von Carbonbeton als Baumaterial in der oberirdischen Tragstruktur des Gebäudes. Das Carbonbeton-Wand-System wurde kürzlich mit dem Sächsischen Landespreis »Baupraxis der Zukunft – nachhaltig, innovativ, zirkulär« ausgezeichnet und wird erstmals bei einem öffentlichen Gebäude verwendet.

»Carbonbeton leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität der Baubranche. Innovative Bauweisen wie diese haben enormes Entwicklungspotenzial und sind bereits heute bedeutend, um ressourcenschonender und damit umweltfreundlicher zu bauen«, so das Fazit von Klara Geywitz. Und Thomas Zawalski, Geschäftsführer von solid Unit, ergänzt: »Carbonbeton ist eine von vielen Innovationen der mineralischen Bauweise, mit denen schlankere, CO₂-reduzierte Bauteile und sogar modulares Bauen möglich ist. Der heutige Termin hat gezeigt, dass wir diese Technologien auch künftig weiter fördern müssen.« Dazu Prof. Christian Kulas, Vorstandsvorsitzender von C3: »Wir erfahren täglich, dass die Anwendung von Carbonbeton immer beliebter wird. Die Verwendung von Carbonbeton in der Tragstruktur öffentlicher Gebäude wie Schulen bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern gewährleistet auch Sicherheit und Langlebigkeit. Carbonbeton stellt die ideale Lösung für nachhaltiges Bauen dar.«


NeoCarbon: Reaktor für Direct-Air-Capture

Die Zementindustrie trägt etwa 8 % der weltweiten Industrieemissionen bei, daher sind CO₂-Abscheidungsverfahren in emissionsintensiven Industrien entscheidend für globale Klimaziele. Direct-Air-Capture (DAC) ist eine vielversprechende Technologie, die jedoch aufgrund hoher Kosten Herausforderungen birgt. Fortgeschrittene DAC-Technologien können die Abwärme bestehender Industriestandorte nutzen und dadurch jährlich etwa 1,3 Mrd. t CO₂ abscheiden. Das Stichwort lautet Nachrüstung (Retrofitting). NeoCarbon hat einen Reaktor entwickelt, der eine Kombination aus Wärme und Vakuum verwendet, um CO₂ aus der Umgebungsluft abzuscheiden. Der Reaktor ist mit hochspezifischen Sorptionsmitteln ausgestattet, die durch fortschrittliche Fertigungstechniken hochoptimiert sind. Durch das Reaktordesign wird die Wärme direkt an das Sorptionsmittel geleitet, was zu reduzierten Wärmeverlusten und schnelleren sowie effizienteren Abscheidungszyklen führt. Der gesamte Prozess erfolgt zweistufig: Zunächst wird die Umgebungsluft durch en Reaktor geleitet und anschließend ein Vakuum erzeugt, um das abgeschiedene CO₂ zu isolieren und zu reinigen. Diese Technologie ermöglicht es, vorhandene Industrieanlagen nachzurüsten und sie zu kohlenstoffnegativen Fabriken zu transformieren, indem sie DAC mit anderen Emissionsminderungssystemen kombiniert. NeoCarbon plant, den Reaktor bis Anfang 2025 in vollem Maßstab zu realisieren und dann mit der Serienproduktion zu beginnen.

inGo: der digitale Baustellenzutritt

Auf Baustellen gestaltet sich die Dokumentation von Anwesenheiten der dort tätigen Personen oft sehr aufwendig und vor allem papierlastig, denn Standards für Baustellenausweise gibt es nicht. Will man sich als Bauherr bzw. Auftraggeber zudem gegen Lohndumping, Schwarzarbeit oder Beitragshaftungen absichern, wächst der Papierberg mit unzähligen Kopien von Dokumenten und Nachweisen weiter. Diese müssen zusätzlich dem Datenschutz entsprechen und abgestimmt werden. In Summe ein sehr zeit- und kostenintensives Unterfangen mit hohem Fehlerpotenzial.

Gemeinsam mit der esatus AG entwickelte die tibe.io GmbH die »inGo«-App. Diese ist wie ein digitaler Baustellenschlüssel zu verstehen und ermöglicht eine papier- und kontaktlose Prüfung der auf der Baustelle tätigen Personen. Erforderliche Dokumente, wie beispielsweise der Ausweis oder eine Arbeitserlaubnis, werden als digitale Credentials via Blockchain-Technologie verschlüsselt an das Smartphone gesendet und ein individueller QR-Code erstellt. Die Überprüfung erfolgt in Sekundenschnelle nur noch per simplen Scan. Somit wird nicht nur das Papierchaos reduziert, sondern auch der zeitliche Aufwand. Es herrscht volle Transparenz über die Weitergabe der eigenen Daten. Der Baustellenzutritt wird standardisiert, digital und schnell. Darüber hinaus sind weitere Anforderungen realisierbar, wie eine Zugangsberechtigung für Sicherheitsbereiche, Logistik, Lager etc. oder auch Alarmierungs-/Informationssysteme via Push Notification auf Baustellen. Auf ersten Baustellen der Lindner Group ist »inGo« bereits erfolgreich im Einsatz. s

Carbonbeton ist Beton, der eine Bewehrung aus Carbon, Glas oder Basalt beinhaltet. Dabei werden Stäbe und Matten verwendet, die hoch tragfähig sind und nicht rosten. Im Konkreten bedeutet das, dass die Carbonbeton-Bauweise schon heute schlankere Baukonstruktionen mit bis zu 80 % weniger Materialverbrauch und einem reduzierten CO²-Fußabdruck von mindestens 50 % ermöglicht. Auch die Verwendung von Öko- und Recyclingbeton ist problemlos möglich.

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