Der Marquardt-Bau entstand vor rund 160 Jahren in der Nähe des damaligen Stuttgarter Bahnhofs als Hotel und wurde im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Nur die Außenmauern blieben weitestgehend erhalten und stehen unter Denkmalschutz. Drei Jahre nach seiner Zerstörung erwarb der Stuttgarter Architekt Eugen Mertz das Objekt und baute es als Geschäftshaus mit Kino und Theatersaal wieder auf. Um den Besuchern die Anfahrt so angenehm wie möglich zu machen, bietet das Objekt ein unterirdisches Parkhaus, 1956 errichtet als erste Tiefgarage Stuttgarts. Im Jahr 2017 musste sie einer ausführlichen Bauwerksuntersuchung unterzogen werden.
Bestandsaufnahme
Die Verantwortlichen stellten fest, dass das Tragwerk des Gebäudes aus einem alten Stahlskelett besteht, das durch Stahlbetonstützen und Wände ergänzt wird. Die Decken sind als Stahlbeton-Rippendecken ausgebildet. Das Parkhaus besteht aus zwei Ebenen, wobei das erste Untergeschoss über eine zweispurige viertelgewendelte Rampe erschlossen wird. Von hier aus gelangt man über eine gerade Abfahrtrampe in das zweite Untergeschoss bzw. über eine halbgewendelte Auffahrtrampe wieder zurück. Alle Rampen und Fahrdecken sind aus Stahlbeton. Bei der Analyse des Gebäudezustandes zeigte sich, dass das Stahlskelett unterdimensioniert und dass der Stahl zudem durch Chloride (Tausalz) stark geschädigt war. Eine Sanierung war dringend geboten.
Gewicht sparen
Um das Tragwerk dabei möglichst wenig zu belasten, musste eine Möglichkeit gefunden werden, auf der rund 1 600 m² großen Fläche Gewicht einzusparen. Dabei war der Ergänzungsortbeton notwendig, um eine Schutzschicht über den Stahlträgern herzustellen und eine ebene, zu beschichtende Fahrbahnfläche zu schaffen. Die Carbonbewehrung dient dazu, die Risse im Aufbeton zu minimieren. Bei Stahlbeton hätte der Aufbau eine Stärke von insgesamt 9,5 cm gehabt (2 cm untere Betondeckung plus 2 cm Bewehrung plus 5,5 cm obere Betondeckung). Mit Carbonbeton konnte dieser auf 4 cm bis 5 cm reduziert werden (2 cm untere Betondeckung plus wenige Millimeter Carbonbewehrung plus 2 cm bis 2,5 cm obere Betondeckung).
Zudem kann Carbonbeton mit mehreren Vorteilen aufwarten, die sich auf die Bausituation positiv auswirken: So ist er wesentlich leichter als eine vergleichbare Bewehrung aus Stahl und er korrodiert nicht. Die Deckung kann damit wesentlich geringer ausfallen als bei normalem Beton. Die Verantwortlichen entschieden sich, die obere Schicht der Fahrbahnplatten sowie der Rampen abzutragen und diese durch eine wesentlich dünnere Carbonbeton-Schicht zu ergänzen.
Das Albstadter Unternehmen solidian hat sich auf nicht-metallische Bewehrungen spezialisiert, führt hierzu unterschiedliche Produkte und steht mit beratenden Ingenieuren zur Seite. Als »solidian Grid« werden unterschiedliche Carbon-Bewehrungsmatten angeboten, die als ebene Matten oder als Rollenware verfügbar sind.
Vorteil beim Transport, Einbau und der Sanierung
Individuelle Zuschnitte sowie geformte Bewehrungslösungen bietet solidian auf Wunsch an. Beim Marquardt-Bau kamen epoxidharzgetränkte Matten zum Einsatz, deren Gitterabstand 38 mm x 38 mm beträgt. Sie haben eine einfach transportierbare Größe von 5 m x 1,2 m – von Vorteil am Marquardt-Bau, denn es war nicht möglich, die Bewehrung mithilfe eines Krans an den Einsatzort zu heben. Mit dem Einbringen der Carbon-Bewehrung und des Betons waren 260 Mannstunden für die Verlegung der Bewehrung erforderlich. Die kurze Zeit wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass es wesentlich einfacher sei, die leichten Bewehrungsmatten aus Carbon zu tragen und einzubauen als herkömmliche Matten aus Stahl. t