Auf den ersten Blick unterschiedlicher könnten der speziell umgerüstete Unimog Geräteträger U 430 und die Muldenkipper-Raupe »Muly« nicht sein: Während der Unimog aufgrund seiner Vielseitigkeit bei der Auswahl an Geräten und Aufbauten maximale Flexibilität bietet, verfügt das extrem geländegängige Sonderfahrzeug von Mörtlbauer über eine hohe Nutzlast von 30 t und wurde speziell für schwere Transportarbeiten im Hochgebirge, Forst und nicht tragfähigen Gelände entwickelt. Beide vereint die Herausforderung, dass sie für die Erledigung ihrer Aufgaben eine dauerhaft hohe Leistung benötigen – und das auch für die Nebenabtriebe. Das WaVe-Projektteam konnte anhand der beiden Fahrzeug-Prototypen beispielhaft aufzeigen, dass insbesondere für solche Anwendungen der Wasserstoff-Verbrennungsmotor geeignet ist. Dieses Antriebskonzept ermöglicht ein schadstoffarmes Fahren und Arbeiten bei gleichzeitig konstant hoher Motorleistung.
Entwicklung des »Muly«
Mit komplexen Um- und Neuentwicklungen von Baumaschinen, etwa der Umrüstung von Hydraulikbaggern auf E-Antrieb, hat Mörtlbauer bereits seit vielen Jahren Erfahrungen gesammelt.
Jetzt ist der Händler für Baumaschinen, Anbaugeräte und Verschleißteile einen großen Schritt weitergegangen und präsentiert sich erstmals als Hersteller von Sondergeräten für besondere Baumaßnahmen und Anforderungen: Der Spezialgeräteträger »Muly« wurde als extrem geländegängiges Raupen-Fahrzeug mit hoher Nutzlast für schwere Transportarbeiten im Hochgebirge, Forst und nicht tragfähigem Gelände entwickelt. Neben einer Nutzlast von 30 t verfügt es über ein von Mörtlbauer entwickeltes hydraulisches Planier-Schild. Dieses kann sowohl zum Planieren des ausgeschobenen Materials als auch im Verbund mit anderen Aufbauten – wie einer Pritsche mit hydraulischem Ladekran – als Abstützung eingesetzt werden. Aktuell ist das Fahrzeug mit einer 16 m3 großen Abschiebe-Mulde für den Transport loser Schüttgüter ausgestattet.
Die Idee zur Entwicklung einer völlig neuen Maschinengattung für Sondereinsätze ist vor allem der Lage von Mörtlbauer an der deutsch-österreichischen Grenze geschuldet. Hier stehen Kunden bei alpinen Baumaßnahmen vor besonderen Anforderungen, was nicht nur die Maschinentechnik und das Arbeiten am Steilhang, sondern auch den Green Footprint angeht. »Aufgrund zahlreicher Anfragen von Kunden hinsichtlich einer Lösung für spezielle Anforderungen fiel die Entscheidung, dass wir unser Umbau-Know-how in Verbindung mit neuesten Technologien in die Waagschale werfen und die passende Maschine selber bauen. Da wir hier in Fürstenzell über eine eigene Schweißhalle verfügen, sind wir in der Lage, jedes gewünschte Gerät für die Kunden auch wirklich in Eigenregie herzustellen«, so Mörtlbauer.
Langjährige Erfahrung bei komplexen Um- und Neubauten
1973 von Walter Mörtlbauer sen. in Fürstenzell bei Passau gegründet, fasste das Unternehmen zunächst als Werkstatt und Servicepartner Fuß und entwickelte sich ab 1983 zum Handelshaus. Komplexe Um- und Neubauten von Baumaschinen stehen für das Unternehmen seitdem auf der Tagesordnung. Erfahrungen hat Mörtlbauer beispielsweise mit der Umrüstung von Hydraulikbaggern auf E-Antrieb.
Hinsichtlich des Antriebs gingen anfängliche Überlegungen in Richtung Brennstoffzelle. Auf den ersten Blick weist diese zwar gegenüber einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor einen besseren Wirkungsgrad aus. Armin Mörtlbauer geht ins Detail: »Wenn wir allerdings das ganze System vom Wasserstoff als Energieträger bis zur Erzeugung mechanischer bzw. hydraulischer Energie betrachten, sieht das etwas anders aus. Denn der Verbrennungsmotor kann im Gegensatz zu Brennstoffzelle in nur einem einzigen Umwandlungsvorgang die benötigte Energie zum Zeitpunkt des Bedarfs erzeugen. Hingegen muss bei der Brennstoffzelle die elektrische Energie zuerst in Batterien zwischengespeichert werden, um damit den Elektromotor entsprechend der Lastanforderung versorgen zu können.«
Betankung mit mobiler Wasserstoff-Tankstelle
Ein weiterer wesentlicher Vorteil des Verbrennungsmotors liegt in seinen Anforderungen an die Reinheit des zu Verfügung stehenden Wasserstoffs. Das stellt auch in Hinsicht auf den Betankungsvorgang im freien Feld auf lange Sicht einen wesentlichen Vorteil dar, weswegen Mörtlbauer den H2-Verbrennungsmotor im MidSize-Segment als besonders zukunftsfähig ansieht. Dazu Armin Mörtlbauer: »Auch hier haben wir rein aus Kundensicht gedacht, denn die Kraftstoffversorgung einer Baumaschine mit H2-Antrieb stellt nun mal eine große Herausforderung dar. Darum bedienen wir uns hier einer modularen Tankstelle mit Kompressor, Steuerung, Lager und Nebenaggregaten, die mit Containern mit grünem Wasserstoff befüllt wird.« Zum Einsatz kommt eine H2-Tankstelle von Wolftank. Diese verfügt über einen Druck von 700 bar und bietet eine Tageskapazität von etwa 45 kg Wasserstoff. In Verbindung mit dem am Heck des »Muly« angebrachten Wasserstofftank mit einem Fassungsvermögen von 14,5 kg steht damit die benötigte Energie für einen kompletten Tageseinsatz zur Verfügung. Verbaut ist ein Mercedes-Benz Medium-Duty Motor, den die Experten von Mercedes-Benz Special Trucks für den Antrieb mit Wasserstoff speziell umgerüstet haben. Dafür wurden beispielsweise angepasste Kolben, ein wasserstofffähiges Eingassystem und eine optimierte Zündanlage verwendet. Bei der Wasserstoffverbrennung im Motorraum entsteht Wasser, das als heißer Wasserdampf über den Auspuff entlassen wird. Mit rund 290 PS bietet das Aggregat ausreichende Kraftreserven für jede denkbare Einsatzart.
Der »Muly« ist (L x B x H) 6,60 m x 2,99 m x 3,10 m groß und hat ein Gewicht von 24 t mit drehbarer Mulde. Fahrwerk, Drehdurchführung, Drehmotor und Kabine stammen von einem serienmäßigen Kettenbagger der 35-t-Klasse. Der Oberwagen wurde ganzheitlich neu konstruiert. Kabine, Steuerung, Motor und H2-Tank sind auf der linken Seite des Oberwagens zusammengefasst – so entsteht rechts ein großer Bauraum für Aufbauten. Aktuell sind Aufbauten in Form einer Ausschub-Mulde mit 16 m³ Fassungsvermögen gehäuft, einem Betonmischer 6 bis 9 m³ sowie Transportmöglichkeiten für Rohre und Langgut angedacht – Optionen für weitere Möglichkeiten hält man sich offen: Vom Kunden gewünschte Aufbauten wie eine Mulde, ein hydraulischer Ladekran oder Mischer können an die Fahrzeugeigenschaften angepasst werden und sind tauschbar. Mörtlbauer setzt bewusst auf leicht zu beschaffende Serienkomponenten, um die Ersatzteilversorgung einfach und transparent zu gestalten sowie auch nach dem vorgeschriebenen Zeitraum von 10 Jahren Ersatzteile gewährleisten zu können.
Zertifizierung der Wasserstoff-Komponenten
Eine Herausforderung stellte die Zertifizierung der Wasserstoff-Komponenten dar. Denn für diese gibt es noch keine umfassende Normung, weswegen auf die Richtlinien aus dem Automobil-Bereich zurückgegriffen werden muss. Armin Mörtlbauer weist in auf die unterschiedlichen Normenwelten zwischen DIN-Normen für den Fahrzeugbau und Maschinenrichtlinie hin: »Derzeit bedienen wir uns der Druckgeräte-Richtlinie (stationäre Aufbauten), was naturgemäß die Komplexität des selbstfahrenden Geräts nur unzureichend abdeckt. Dennoch sehe ich dem Inverkehrbringen gelassen entgegen, weil wir die Normen und Richtlinien, die uns für dieses Projekt zur Verfügung standen, befolgt haben.« Jedoch sieht sich Mörtlbauer nicht nur mit dem »Muly« für die Zukunft gut gewappnet. Laut Armin Mörtlbauer »ist der Umbau von Baggern, Radladern und hydraulischen Anbaugeräten immer mehr im Kommen, denn die Kundenanforderungen werden immer spezieller. Und wir sind in der Lage, diese umzusetzen«.s