MAN: Weiterentwicklung, Digitalisierung und fahrerlose Absicherung

MAN präsentiert auf der IAA u. a. seine zuletzt aktualisierte TG-Baureihe. Den Schwerpunkt legt die deutsche Löwenmarke auf Produkttugenden wie ­Zuverlässigkeit, Effizienz und Kundenorientierung. Daneben will MAN mit seinen Digital Services auch Antworten auf künftige ­Kunden- und Logistik­anforderungen geben. Unter dem Stichwort »Rückendeckung« hat MAN zudem ein fahrerloses Absicherungsfahrzeug für Autobahnbaustellen entwickelt.

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Bis zu 640 PS bietet der D38-Motor in der TG-Reihe seiner stärksten Ausführung und erreicht sein bis zu 3 000 Nm hohes Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen. Für Flottenanwendungen ist der D26-Motor optimiert, bietet ein Leistungsspektrum von 420 PS bis 500 PS bei gleichzeitig niedrigem Eigengewicht und geringem Kraftstoffverbrauch.

In Verbindung mit MAN-TipMatic-Getriebe samt individuellen Fahrprogrammen für jeden Einsatzzweck sowie der feinfühligen Anfahr- sowie effizienten und zugleich einsatzorientierten Schaltstrategie verfügen die schweren MAN-Baureihen TGS und TGX über effiziente und sparsame Antriebsstränge. Im mittleren Lkw-Segment fahren TGL und TGM mit dem Ende 2017 vorgestellten D08-Motor mit Leistungsstufen von 160 PS, 190 PS und 220 PS in der Vier­zylindervariante bis 250 PS, 290 PS und 320 PS in der Sechszylinderversion vor. Die neue D08SCR-Motorgeneration soll sich durch ihre auf SCR-Technologie beruhende Abgasnachbehandlung und einen einfacheren Aufbau auszeichnen. Dies erweitert das Einsatzspektrum und soll zudem der Wartungsfreundlichkeit dienen sowie die Zuverlässigkeit stärken. Außerdem konnte MAN den Verbrauch des Aggregates nach eigenen Angaben um 5,5 % reduzieren. Die mit der aktuellen D08-Generation eingeführten Funktionen für das TipMatic-Getriebe kommen Fahrkomfort und Effizienz bei TGL und TGM zusätzlich zugute.

Passgenaue Dienstleistungen und Anwendungen

Mit der Einführung der neuen Konzernsparte Digital Services will MAN passgenaue digitale Dienste und Anwendungen exklusiv für MAN-Fahrzeuge bieten. Mischflottenbetreiber können, auf Basis der cloudbasierten offenen Logistikplattform Rio, mit den MAN-Digital-Services ihre MAN-Fahrzeuge und weitere Marken vernetzen, um diese noch effizienter zu nutzen. Gleichzeitig sind die Digital-Services-Anwendungen funktional und alltagstauglich konzipiert sowie benutzerfreundlich gestaltet. Seit Sommer letzten Jahres ist die Rio-Box serienmäßig Teil aller neuen MAN-Lkw-Baureihen der Euro-6-Norm in Europa. Die Rio-Box soll künftig als Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Rio-Plattform fungieren.

Fahrerloses Absicherungsfahrzeug für Autobahnbaustellen

Rund 44 % aller Unfälle auf deutschen Autobahnen mit Lkw-­Beteiligung passieren auf der rechten Spur oder auf dem Standstreifen. Auffahrunfälle auf die Absicherungsfahrzeuge für Wanderbaustellen des Straßenbetriebsdienstes gehören regelmäßig dazu. Obwohl die kommunalorangen Fahrzeuge einen Anhänger mit einer 4 m hohen, ­beleuchteten Warn- bzw. Absperrtafel hinter sich herziehen, werden sie übersehen oder zu spät erkannt – leider oft mit schwerwiegenden Folgen.

MAN Truck & Bus und weitere Partner aus Industrie, Forschung und Verwaltung entwickelten innerhalb des Forschungsprojekts »aFAS« einen mobilen Lösungsansatz für dieses Sicherheitsrisiko: »Rückendeckung«, die in gefährlichen Situationen keinen Menschen am Lenkrad benötigt. »aFAS« steht für »automatisch fahrerlos fahrendes Absicherungsfahrzeug für Arbeitsstellen auf Bundesautobahnen« und beschreibt den Prototyp eines Absicherungsfahrzeugs, das vollautomatisiert und fahrerlos den mobilen Baustellen auf dem Seitenstreifen folgen kann und das Baustellenpersonal sowie weitere Baustellenfahrzeuge gegen den fließenden Verkehr absichert.

Das Forschungsprojekt begann 2014 und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit ca. 3,4 Mio. Euro gefördert. Es untersuchte die technische Machbarkeit, betrachtete ebenso inwieweit aktuelle Normen und Gesetzesgrundlagen abgeändert werden müssten und auch, wie sich ein Realbetrieb auf öffentlichen Straßen auswirkt. MAN entwickelte in Zusammenarbeit mit weiteren technischen Projektpartnern das automatisiert fahrende Absicherungsfahrzeug und war dabei für die Themen Fahrfunktion, Funkkommunikation, HMI (Human Machine Interface) und Gesamtfahrzeug verantwortlich.

Als Versuchsträger kam ein MAN TGM 18.340 zum Einsatz, der mit Kameras und Radaren zur Umfeldwahrnehmung sowie diversen Assistenzsystemen ausgestattet wurde. Auch Lenk- und Bremssystem, Sensorik und die steuernde Software mussten strenge Kriterien erfüllen. Realisiert wurde das Prototypenfahrzeug weitgehend mit Serienkomponenten, sowohl für die reguläre Steuerung, als auch bei der Umsetzung funktionaler Sicherheitsaspekte. Eine zusätzliche, speziell entwickelte Umgebungssensorik mit hohem Sicherheitslevel und einer integrierten, zuverlässigen Objekt- und Fahrstreifenerkennung ermöglichte es überdies, Daten zu Streckencharakteristik und Verkehrssituation zu analysieren. Die Datenkommunikation zwischen Arbeitsfahrzeug vorne und Absicherungsfahrzeug hinten erfolgte über W-LAN und Displays in beiden Fahrzeugen zeigen den Betriebszustand des fahrerlosen Prototyps an.

Nachdem der Fahrer alle Systeme aktiviert und das Fahrerhaus des TGM verlassen hat, lenkt, beschleunigt und bremst dieser eigenständig und folgt dem vorausfahrenden Fahrzeug in einem definierten Abstand. Bei Störungen bleibt er automatisch stehen. Für das Passieren von kritischen Stellen, wie Ein- oder Ausfahrten, kann der Prototyp bis auf wenige Meter an das vordere Fahrzeug herangeholt und digital »angekoppelt« werden.

Nachdem das System in den ersten Jahren zuerst auf MAN-Teststrecken und Ende letzten Jahres auf abgesperrten Baustellenabschnitten in Hessen getestet wurde, ging das Fahrzeug zurück zu den Entwicklern nach München. Anhand der gewonnenen Erfahrungen konnte der TGM-Prototyp optimiert werden und war dann seit Anfang April im realen Pilotbetrieb auf hessischen Autobahnen unterwegs.

Im Juni wurde das »aFAS«-Projekt abgeschlossen. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen bei MAN in künftige Serienentwicklungen und weitere Test- und Forschungsprojekte zum Thema automatisiertes und autonomes Fahren, wie etwa Platooning, ein.    §

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