Bohnenkamp AG Seit 25 Jahren läuft es rund

Lesedauer: min | Bildquelle: Bohnenkamp
Von: Dan Windhorst

Eine Reise, die im indischen Mumbai beginnt und über die italienische Lombardei bis ins Osnabrücker Land nach Niedersachsen führt: Die Zusammenarbeit zwischen Reifenhersteller BKT und Reifengroßhändler Bohnenkamp besteht seit mittlerweile 25 Jahren. Und genau das haben beide Unternehmen kürzlich zum Anlass genommen, um in Osnabrück einen Blick auf Vergangenheit und Zukunft dieser indisch-deutschen Verbindung zu werfen. »In dieser Branche stellt eine 25-jährige Partnerschaft eine lange Zeit dar – und diese 25 Jahre sollen erst der Anfang sein«, sagte Arvind Poddar, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer bei BKT, gegenüber bauMAGAZIN-Chefredakteur Dan Windhorst.

Spürbar war, dass BKT und Bohnenkamp einen Grundsatz teilen: »Ein guter Reifen braucht Beständigkeit: Von der Entwicklung über die Fertigung bis hin zur Beratung vor Ort fordern wir von uns selbst ein hohes Maß an Qualität ein«, so Gregor Rüth, Vorstandsvorsitzender bei Bohnenkamp. Begonnen hat die Partnerschaft zwischen BKT und Bohnenkamp mit einer typisch deutschen Note. Nachdem Bohnenkamp-Einkaufsleiter Harm Jonkeren 1998 im Rahmen einer Essener Messe mit BKT ins Gespräch kam, folgte nur kurze Zeit später die erste Lieferung an Implement-Diagonalreifen. »Typisch deutsch hat Bohnenkamp unsere Reifen dann erst mal zum TÜV geschickt – zum Glück mit sehr gutem Ergebnis«, wie Arvind Poddar schmunzelnd anfügte. Tatsächlich erwies sich das, was BKT produktseitig zu bieten hatte, als auffallend hochwertig – der Startschuss also für Bohnenkamp, um mit BKT-Reifen am deutschen Markt durchzu­starten.

In den Folgejahren zeigte sich, dass der indische Reifenhersteller sein Portfolio stetig erweitern konnte: Im Jahr 2000 stellte BKT seine Flotation-Diagonalreifen vor, ein Jahr darauf standen die Diagonal-OTR-Reifen in den Startlöchern. Infolge dieser erfolgreichen Zusammenarbeit investierte Bohnenkamp u. a. in die Auslandsgesellschaft Bohnenkamp SRO in der Slowakei, während BKT mit der Reifenlinie Agrimax im Jahr 2004 den ersten Traktor-Radialreifen auf den Markt brachte. Im selben Jahr eröffnete BKT seinen Europa-Hauptsitz in Mailand und legte den Grundstein für ein neues Reifenwerk im indischen Bhuj. Geprägt waren die Folgejahre von zahlreichen Neu- und Weiterentwicklungen – erstmals überschritt Bohnenkamp 2015 das Handelsvolumen von 2 000 Containern und übernahm 2016 das Handelsgeschäft der Firma Starco mit Standorten in Skandinavien und Osteuropa. »Auf diese Weise konnten wir auch die Präsenz von BKT in Osteuropa unterstützen«, fügte Gregor Rüth an.

Das Herzstück: Der Reifengroßhändler hat in eine neu konzipierte Montagemaschine investiert, die die vollautomatische Montage von Reifengrößen bis 52" ermöglicht.

»Immer wieder neue Segmente erschlossen«

Die rasante Entwicklung beider Unternehmen lässt sich sicherlich auf vielschichtige Faktoren zurückführen – nicht zuletzt lebten BKT und Bohnenkamp jedoch vom hauseigenen Know-how und der Tatsache, mutig genug gewesen zu sein, die Fühler stets nach Neuem auszustrecken: »Gemeinsam haben wir immer wieder neue Segmente erschlossen: diagonal, radial, spezielle IF/VF-Reifen und dann die Bereiche Erdbewegung, Industrie und Krane. Wenn ich zurückschaue, haben wir jedes Jahr zwischen 80 und 100 neue Produkte ins Sortiment aufgenommen«, so Thomas Pott, Gesamtvertriebsleiter bei Bohnenkamp. »Während BKT die Produktionskapazitäten deutlich erweitert hat, haben wir als Distributionspartner unsere europäische Präsenz ausgebaut – in vielen Ländern gemeinsam mit BKT«, ergänzte Gregor Rüth.

»BKT war bereit, massiv zu investieren«

Heute befinden sich laut Thomas Pott mehr als 3 200 BKT-Produkte im Sortiment des Osnabrücker Großhändlers – die Jahreskapazität erreicht mittlerweile rund 6 000 Container. »Dieses Wachstum geht mit der Notwendigkeit einher, unsere Produktionskapazitäten zu steigern: Erst kürzlich haben wir die Fläche am Standort Bhuj von Anfangs 123 ha auf 323 ha ausgeweitet«, teilte BKT-Geschäftsführer Rajiv Poddar mit, der überdies ein genaues Bild von der Tragweite des Reifenherstellers zeichnete. Und das hinterlässt Eindruck: Nach wie vor befindet sich der Hauptsitz des Unternehmens in Mumbai, während weitere Standorte in Nordamerika und Europa betrieben werden. Die reinen Produktionsstätten finden sich in Chopanki, Bhiwandi, Bhuj und Dombivali, wo mittlerweile mehr als 7 000 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Thomas Kettler, Leiter Logistik bei Bohnenkamp, erklärte, wie wichtig die Rundlaufprüfung sowie die Überprüfung des Seitenschlags der Felge ist: »Jede Abweichung hat Auswirkungen auf das fertige Produkt, weshalb hier höchste Präzision gefragt ist.«

Auffällig an der Produktion sind die hohen technischen Standards: Ausgestattet sind die Fertigungsstandorte mit hochmodernen Anlagen, während den Reifen ein hohes Maß an Produktqualität zugesprochen wird. »Als wir anfingen, für den internationalen Markt zu produzieren, haben unsere Reifen überzeugt«, so Rajv Poddar, dem Thomas Pott nur zustimmen konnte: »BKT war bereit, massiv in hochwertiges Equipment zu investieren. Und die Qualität der Reifen hat letztlich den Ausschlag gegeben – geholfen hat außerdem, dass die Reifenpalette bei BKT ständig gewachsen ist.«

Auch Osnabrück ist »mitgewachsen«

Was zur Gründung im Jahr 1950 durch Friedel Bohnenkamp als kleiner lokaler Anbieter begann, hat nicht zuletzt durch die spätere 25-jährige Zu­sammenarbeit mit BKT zur Großhandelsgruppe geführt: Die Bohnenkamp AG verfügt heute über Standorte in Lüneburg, Kletzin und Leipzig, während der Hauptsitz in Osnabrück stetig erweitert wurde. Im Jahr 2021 hat Bohnenkamp eine umfassende Neustrukturierung der Fertigung abgeschlossen, allein die Lagerfläche wurde damals auf mehr als 90 000 m² erhöht. Ebenso investierte der Reifengroßhändler in eine neue Montagemaschine: In Kooperation mit Entwicklungspartner 3Defacto aus Darmstadt realisierte Bohnenkamp eine Maschine, die die vollautomatische Montage von Reifengrößen bis 52" ermöglicht. »Damit ist es uns möglich, alle 70 Sekunden ein Komplettrad zwischen 20" und 52" zu montieren«, erklärte Gregor Rüth. Ebenso plant Bohnenkamp die Einführung der »Wheel ID« mit Vermessungsinformationen und Servicedaten für die individuelle Kombination aus Reifen und Felgen.

Unter »Monster Truck«-Fans wohlbekannt: Der »Earth Shaker« durfte am Osnabrücker Bohnenkamp-Standort begutachtet werden.

Doch bei allen Expansionsplänen mahnte Gregor Rüth dazu, seine Wurzeln nicht zu vergessen: »Die Größe dieses Unternehmens war und ist nur deshalb möglich, weil wir unsere Herkunft kennen.« Seiner Ansicht nach habe sich Bohnenkamp trotz der Erfolge »die Kultur und das Denken eines mittelständischen Unternehmens erhalten«. Zurückführen lässt sich das sicherlich auch auf die Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung, die die Aktien der Bohnenkamp AG hält und laut Gregor Rüth eine sehr solide Inhaberstruktur schafft.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Blick

Einher geht die Weiterentwicklung von Bohnenkamp allerdings auch mit wichtigen Leitthemen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit: Während neue Lager- und Verwaltungssysteme sowie Planungstools an allen Standorten mit einem neu konzipierten Onlineshop verbunden sind, der im kommenden Frühjahr an den Start gehen soll, setzt Bohnenkamp auch auf hochgesteckte Umweltschutzziele: »Bereits jetzt können wir aufgrund der Nutzung von Solarenergie und Erdwärme rund 60 % des anfallenden Strombedarfs hier am Standort in Osnabrück selbst gewinnen«, so Gregor Rüth, der in diesem Zusammenhang u. a. auf die Dach­fläche der Produktionshalle verwies, die vollflächig mit modernen Solareinheiten bestückt ist. Grundsätzlich möchte Bohnenkamp aber noch einen weiteren Schritt gehen und hat laut Thomas Pott vor allem die Reifen selbst im Blick: »Geplant ist eine Altreifenverwertung: In Kürze werden wir dafür einen neuen Service anbieten.«


Ambitionierte Zukunftspläne

Auch wenn ein Blick in die Glaskugel aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sowie der noch immer spürbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erschwert wird, wagen sowohl Bohnenkamp als auch BKT eine optimistische Prognose für die kommenden Jahre. »Die Shutdowns in Indien und unterbrochene Lieferketten haben uns im Zuge der Corona-Krise durchaus gebeutelt. Insgesamt sind wir aber gut durch diese Zeit gekommen«, so Gregor Rüth. »Und auch der Ukraine-Krieg hinterlässt Spuren: Unser Reifenlager in der Nähe von Kiew wurde 2022 bei einem Panzer­gefecht vollständig zerstört.« Auf die rein wirtschaftliche Entwicklung bezogen, rechnen beide Unternehmen mit weiterem Wachstum. So hat BKT kürzlich verlauten lassen, dass man für die kommenden Jahre die Umsatzmarke von 2 Mrd. US-Dollar anstrebe.

Das ambitionierte Ziel geht bereits mit der signifikanten Erweiterung der Produktionskapazitäten am zentralen Werk in Bhuj einher: Auf dem Areal sollen künftig auch Laufketten produziert werden, die ab 2024 auch im Bohnenkamp-Sortiment zu finden sind. Und obwohl die Konkurrenz gerade in Europa groß ist, sieht sich BKT in einer guten Position: »Entscheidend sind die Qualität der Reifen, das Know-how der Mitarbeiter und die zur Verfügung stehenden Kapazitäten. In genau diesen Bereichen ist BKT stark aufgestellt«, sagte Rajiv Poddar, der insbesondere auf das vorhandene Fachpersonal, die Partnerschaft zu Bohnenkamp und den ausgebauten Service hinwies. »Mit Blick in die Zukunft haben wir noch viel vor. Es ist uns wichtig, diese Schritte als Partner zu gehen. Unsere Vision ist klar, wir möchten voranschreiten und gemeinsam erfolgreich sein«, so Arvind Poddar abschließend.    d

 

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