RAL-Gütegemeinschaft Flüssigboden: Lösungen für den Kanalbau in Hanglagen

Für die Erschließung des Bundesverteidigungsministeriums auf der Bonner Hardthöhe wurde vor wenigen Jahrzehnten auch der Straßenneubau – hinunter in die Stadt – in Angriff genommen. Regelmäßig sind in diesem Bereich aber heute Tiefbauarbeiten zu beobachten. Da wird eine Fernwärmeleitung geflickt, dort eine gebrochene Hauptwasserleitung repariert. Erst kürzlich wieder sackte auf einer Kreuzung der Asphalt ein. Mitten auf der Straße tat sich ein mehrere Meter tiefes Loch auf. Es dauerte Wochen, bevor hier der Kanal wieder erneuert worden war. Wer denkt, dass es sich um unumgängliche Erneuerungsmaßnahmen handelt, der irrt. Normalerweise halten Kanäle bei qualitativ guter Bauweise bis zu 100 Jahre und länger. Aber hier handelt es sich um eine Straße, die erst vor etwa 50 Jahren gebaut wurde. Flüssigboden mit einer Gütesicherung nach RAL GZ 507 und der dazugehörigen Planung und Nachweisführung soll nun helfen, die vor Ort auftretenden hydro­logischen Probleme zu lösen.

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Gero Kühn – Gründer von Kühn Geoconsulting in Bonn – beobachtet die Problemsituation seit einigen Jahren. Er ist der festen Meinung, dass die Straße auf der Hardthöhe eine spezielle Untergrundsituation hat, die mit den üblichen Bauweisen für Ver- und Entsorgungsleitungen nicht beherrscht werden kann. Und er kennt die eigentliche Ursache der zahlreichen Schäden.


 

Sowohl die geologische Karte als auch die neuere ingenieurgeologische Karte von Bonn zeigen, dass sich unter der Straße tertiäre Schichten befinden. Neben Braunkohle bestehen sie vor allem aus einem relativ schnellen Wechsel von Tonen und Feinsanden. Da die Feinsande jeweils in unterschiedlichem Umfang Wasser führen, kommt es bei einem Anschneiden dieser Schichten immer wieder schnell zu Rutschungen, was schon mancher Bonner Bauherr bei Aushub seiner Baugrube mit Entsetzen feststellen musste.

Überdeckt werden die tertiären Ablagerungen von Löß und Lößlehm. Weiter oben am Hang der Hardthöhe finden sich dann auch noch Kiessande im Bereich der Hauptterrasse. Während der Eiszeit war das Areal immer wieder tiefgründig gefroren. Bekannt ist, dass unter den damaligen Witterungsverhältnissen solche Hänge ständig in unterschiedlicher Form abrutschten und damit immer weiter abflachten. Das führte dann dazu, dass Löß und Lößlehm ihre Lage änderten und sich dabei mit dem oberhalb anstehenden Kiessand vermischten.

Heute ist ein Untergrund vorhanden, der aus Schichten unterschiedlichster Wasserdurchlässigkeit besteht und in dem überall in unterschiedlichstem Umfang Wasser vorhanden ist. Am bekanntesten ist hier die »Kurfürstenquelle«. Die Wasserführung zeigte sich auch bei verschiedenen Erschließungen oberhalb von Duisdorf bei Bonn, bei denen die Bauherren teilweise größte Probleme mit der Wasserhaltung und der Abdichtung für ihre Projekte bekamen.

Ver- und Entsorgungsleitungen

Seit man im 19. Jahrhundert begann, in den deutschen Städten die Kanalisation zu bauen, war es üblich, die empfindlichen Rohre in einem Sandbett zu verlegen. Bei größeren Rohrdurchmessern werden diese auch schon mal auf Beton verlegt oder ganz mit Beton ummantelt, wobei ein in Trassenrichtung starrer Körper entsteht, der bei jeder noch so kleinen Setzung mit den entsprechenden Folgen brechen kann. Anschließend wird der Graben mit Kiessand verfüllt, den man benötigt, damit man den Verfüllbereich in der herkömmlichen Technologie verdichten kann.

Gero Kühn ging der Frage nach: »Was bedeutet diese Bauweise für den Untergrund?« Grundsätzlich hat die Verfüllung eines Grabens mit artfremden Material immer andere physikalische Eigenschaften, hier besonders die Wasserdurchlässigkeit, als der natürlich vorhandene Untergrund zur Folge. Sand und Kies im Rohrgraben bilden für das vorhandene Hangwasser eine Art Autobahn. Wenn dieser Graben nun noch in Richtung des Hanggefälles verläuft, dann ist auch der notwendige Höhenunterschied vorhanden, der dem Wasser die nötige kinetische Energie gibt und so eine entsprechende Dynamik verleiht. Insbesondere die Feinsande bzw. die gesamte Kanalgrabenverfüllung kann dadurch wirksam und mitunter schnell hangabwärts transportiert werden. Dieser Prozess kann auch über Jahre unsichtbar verlaufen, bis dann an einer Stelle die Straße einbricht oder die Leitung beschädigt wird. Straße und Leitungen fehlen in dieser Situation der weggeschwämmte oder weggerutschte Boden als Auflager.

Einbau von Querriegeln

Kühn ist sich sicher: Grundsätzlich ist der Graben immer ein Eingriff in den Untergrund und je nach Tiefe beeinflusst er immer die Wasserverhältnisse. Damit dieser Eingriff auf ein Minimum beschränkt wird, muss bei den Bauarbeiten gewährleistet werden, dass in Bezug auf die Wasserdurchlässigkeit die natürlich vorhanden Verhältnisse wiederhergestellt werden. Aber auch andere physikalische Prozesse, die das Verhalten bei sich ändernden äußeren Bedingungen wie Bodenfeuchte, statische und dynamische Lasten oder auch nur die Temperatur, die sich auf die Hydrologie auswirkt, müssen beachtet werden. Allerdings muss der Planer auch passende Lösungen kennen bzw. müssen solche verfügbar sein. Lange hatte man mit Ton oder Betonriegeln versucht eine Wassersperre herzustellen, die in bestimmten Abständen beispielsweise quer in den Kanalgraben wasserdicht eingebaut werden muss. Eine Dichtheit kann aber bautechnisch nur selten in ausreichendem Maße und vor allem nie dauerhaft sichergestellt werden.

Hinzu kommt das Problem, dass sich zwischen den Querriegeln immer wieder Wasser anstauen kann, da diese Bereiche wie ein Wasserspeicher wirken. Die Leitung liegt permanent im Wasser, erfährt Auftrieb und kann – z. B. durch Erschütterungen – in ihrer Lage verändert oder zerstört werden. Die Querriegel sind zudem nicht wirklich dauerhaft dicht und führen daher mit der Zeit zu den beschriebenen Wasserbewegungen im Untergrund und hier dann im Kanalgraben. Das Ende vom Lied sind Ausspülungen von Feinkorn, der Versatz von Bodenmassen in bestimmten Bereichen des Untergrundes und kurze Zeit später oder zeitgleich, eintretende Setzungen und Schäden an Leitungen und Straße.

Erfolgt die Verfüllung mit bindigem Boden geringer Durchlässigkeit, dann kann dieser nur unter optimalen Bedingungen ausreichend verdichtet werden. Hier stellt sich das baustellentypische Problem, dass jeder nicht ausreichend verdichtete Bereich später zu Schäden an der Straße und den unter ihr eingebauten Rohren und Leitungen führen wird. Bei unseren Klimabedingungen müsste der Tiefbauer bei jedem Regenschauer die Arbeiten unterbrechen und erst dann weiterbauen, wenn der Boden wieder richtig abgetrocknet ist.

Problemlösung: Flüssigboden

Die hydrogeologische Situation, die hier als typisch für das Vorgebirge um Bonn beschrieben wurde, ist in zahlreichen anderen Gegenden Deutschlands in der ­einen oder anderen Form vorhanden. Da sind z. B. über dem gering durchlässigen Fels Schichtwasser führende Ablagerungen mit Staunässe vorhanden; oder es sind die Hänge im Bereich der Oberen Süßwassermolasse, die solche Probleme aufweisen. Die Schlussfolgerung kann nur heißen, dass bei allen Kanälen und Leitungen in Hanglagen nur nach Nachweis, dass tatsächlich kein Schicht- oder Grundwasser vorhanden ist, gebaut werden kann. Solch ein, für die herkömmliche Bauweise erforderlicher Nachweis, wird bei unseren Klimaverhältnissen kaum zu führen sein. Gero Kühn ist sich sicher: Dieses Problem kann nur durch den Einsatz von Flüssigboden – mit den, an die Erfordernisse angepassten Eigenschaften samt der dazugehörigen fachplanerischen Vorleistungen der Geologen und der Fachplaner für Flüssigboden­anwendungen und der dazu­gehörigen Gütesicherung nach RAL GZ 507 – gelöst werden.

Das Flüssigbodenverfahren verspricht für die beschriebene Problematik eine überzeugende Lösung. »Der Vorteil liegt darin, dass die Wasserdurchlässigkeit und andere bodenmechanische, wie auch wichtige technologische Eigenschaften für den Einbau in Hanglage bei diesem Verfahren den natürlichen Bodenverhältnissen und der Einbausituation gezielt angepasst werden können. Man muss das nur vorher in der Planung berücksichtigen und kompetent umsetzen«, so Kühn. Im Ergebnis soll sich die genannte Problematik mit im Graben fließendem Wasser nicht mehr einstellen können. Ebenso würden Differenzsetzungen zwischen dem Bereich des Grabens und dem gewachsenen Boden vermieden, da erstmals die annähernd ungestörten Verhältnisse derartiger Aufgrabungen wiederhergestellt werden könnten. Der Kanal bzw. die die Leitung behalte, so Kühn, über Jahrhunderte die volle Stützung/Bettung und könne so nicht zur Ursache für Folgeschäden an den Straßen werden.

In Leipzig, beim Entwickler des Flüssigbodenverfahrens, kennt man das beschriebene Problem zur Genüge. Daher wird allen Kommunen empfohlen, beim Kanalbau – nicht nur ins diesem Problemlagen – Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507 einzusetzen.

Olaf Stolzenburg, Fachplaner für Flüssigboden und früherer Obmann der RAL-Gütegemeinschaft Flüssigboden, stellt fest, dass bei einem Flüssigboden, der mit dem Verfahren hergestellt wird, das dem RAL-Gütezeichen 507 zugrunde liegt, neben den bodenmechanischen auch die technologisch relevanten Eigenschaften sowie die benötigten Gebrauchseigenschaften »gezielt eingestellt werden können«. Die richtig eingestellten bodenmechanischen Eigenschaften helfen bei dem beschriebenen Problem Differenzsetzungen zwischen dem Bereich des Grabens und dem gewachsenen Boden zu vermeiden. Stolzenburg: »Die im Rahmen einer Fachplanung festgelegten, technologisch relevanten Eigenschaften machen selbst den Einbau in Hanglagen einfach und damit kostengünstiger, da passend eingestellter Flüssigboden, ähnlich wie ein Putz, zwar unter kinetischem Energieeintrag selbst gepumpt werden kann, am Einbauort aber, ohne weiteren kinetischen Energieeintrag erstarrt und nicht den Hang entlang abwärts läuft.«

Zurück nach Bonn

Von den Gebrauchseigenschaften ist es in Bonn der kf-Wert und damit die richtig eingestellte Wasserdurchlässigkeit, die als wichtigste Voraussetzung dazu dient, die hydrogeologischen Verhältnisse im Untergrund nicht nachteilig zu beeinflussen und Drainagebereiche zu vermeiden. Ergänzt wird diese Eigenschaft durch die Suffosionssicherheit und die Abrasionsfestigkeit, die die Grundlagen dafür bilden, dass keine Feinkornanteile und Teile der Oberfläche aus der Flüssigbodenmatrix ausgespült werden und Hohlräume entstehen können.

Hinzu kommt, dass durch den Einsatz von Flüssigboden nach RAL GZ 507 auch die Forderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu 100 % erfüllt werden, die den Wiedereinbau des Bodenaushubes statt des Einsatzes von Austauschmaterial zwingend vorschreibt.

Gegenüber bindigen Böden hat der nach RAL GZ 507 hergestellte Flüssigboden den Vorteil, dass er bereits nach wenigen Stunden bei geeigneten Rezepturen eine relativ hohe Tragfähigkeit erreichen kann, sodass für so eingestellte Flüssigböden generell der Straßenaufbau schnell wieder aufgebracht werden darf. Da der Flüssigboden bei entsprechender Gütesicherung nach RAL-Gütezeichen 507 unter Einbaubedingungen auch eine hohe Volumenstabilität aufweist, wird, so betont die RAL-Gütegemeinschaft Flüssigboden, neben den eingebauten Rohren und Leitungen auch die Straße länger halten, als bei der üblichen Verfüllung mit verdichtetem Kiessand.

Gerade bei letzterem sind die aus den vorgenannten Differenzsetzungen stammenden Absätze, die sich auf Dauer fast überall auftun, problematisch.

Bei Einsatz des Flüssigbodens dürften Anwohner auch dankbar sein, wenn sie bei dieser Bauweise nicht mehr durch die Schwingungen gestört und Häuser nicht mehr beschädigt werden können. Sowohl die Verdichtung im Kanalgraben wird überflüssig als auch andere Emissionen, wie Lärm, Feinstaub, CO₂, zusätzliche Transporte, die unnötig die Straßen füllen und belasten.    §

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