Modular kombinierbar für unbegrenzte Möglichkeiten

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Bisher wurden bei Faymonville größtenteils Fahrzeuge »design to order« gefertigt, maßgeschneiderte Lösungen, passgenau nach den Wünschen des Kunden. Mit der unvermeidbaren Folge, dass die aktuelle Produktpalette mit ihren vierzehn Grundmodellen immer komplexer wurde – bei immerhin mehr als 3 000 verschiedenen Fahrzeug-Rahmen zwischen 8 m und 60 m und einem Eigengewicht zwischen 6 t und 44 t. »Bisher zweifellos die richtige Philosophie, da wir schnell und flexibel produzieren, was der Kunde zeitnah benötigt«, sagt Geschäftsführer Alain Faymonville rückblickend. »Diese Individualität sichert unserem Unternehmen eine starke und stabile Marktpräsenz.« Wie das bauMAGAZIN bei der Produktvorstellung in Büllingen erfuhr, stoße die Komplexität aber zwischenzeitlich an Grenzen. Weshalb Faymonville nicht den kundenspezifischen Lösungen abschwört, sondern ein komplementäres Fahrzeugkonzept lanciert, »mit dem wir Kunden eine kostengünstige Option schaffen, eigene Fahrzeuge individuell konfigurieren zu können«. So skizziert Guy Fickers, der technische Direktor, das neue Produktkonzept. Unter dieser Sichtweise versteht sich der neue Combimax als Ergänzung der bestehenden Produktgruppen Megamax, Multimax, Gigamax, Variomax und Modulmax.Nutzlasten zwischen 60 t und 250 t bei Straßenfahrzeugen im Visier


Modularität ist ein Prinzip, das bereits bei Schwerlastfahrzeugen Anwendung findet. Nun werden Modularität und damit Flexibilität bei Faymonville auf Anhänger und Semi-Tieflader für mittlere bis schwere Nutzlasten zwischen 60 t und 250 t übertragen. Als ein wichtiger Grund für die Entwicklung des Combimax gilt nicht zuletzt die EU-weite Harmonisierung der Zulassungsvorschriften mit künftiger Begrenzung der Achslasten auf maximal 12 t bis 14 t.»Die weltweite Tendenz zur Beschränkung der Achslasten zwingt unweigerlich zu neuen Überlegungen und Entwicklungen«, weiß der kaufmännische Direktor Arnold Luxen. Um den Combimax zu realisieren, hat ein Entwicklungsteam neue Komponenten und Verfahren entwickelt. So u. a. eine Leichtbauweise für modulare Fahrzeugrahmen, dezentrale Add-On-Lenkungen, universelle Einheitsschwanenhälse, leichtere Pendelachsen und Einzelradaufhängungen, symmetrische Kupplungsköpfe und Baukastenelemente aus überlangen Kantteilen zur automatischen Verschweißung.


Basislenkung durch universellen Schwanenhals


Die technischen Vorteile des Combimax sind weitreichend, so allein schon durch die einheitliche Basislenkung. »Hier gibt es nur noch einen einzigen Lenkgeber für alle bisher in den verschiedenen Aggregaten verwendeten Lenknehmer«, nennt Alain Faymonville einen konzeptionellen Eckpunkt. »Alle Lenksysteme können von einem neu entwickelten, universal einsetzbaren Schwanenhals angesteuert werden. Ganz gleich ob es sich um Fahrzeuge mit 4- oder 8-fach bereiften Pendelachsen, Fahrzeuge mit Achsschenkellenkung (hydraulisch- oder luftgefedert), oder Fahrzeuge mit Einzelradaufhängung der Baureihe Twin Axle II handelt.«


Ebenfalls neu ist die Zusammenfassung von drei Kupplungssystemen, die als Einzellösungen seit langem bekannt sind. Ob Bolzen-Laschen-Kupplung, Schnellkupplungs-Hakensystem oder einbaubare Teleskop-Mittelträger – an der neuen Combimax-Systemschnittstelle greifen die drei Komponenten standardmäßig ineinander. Dies soll den Anwendern ermöglichen, auch nach dem Kauf flexibel auf die verschiedensten Transportanforderungen reagieren zu können. Zusätzlich ermöglicht die neue Systemschnittstelle auch die direkte Kombination von Fahrzeugen mit verschiedenen Höhen und Breiten, bei gleicher Achslast in der Gesamtkombination. Zudem wurde die Bedienung spürbar erleichtert, die bisher gerade bei schweren Modellen durchaus eine komplexe Herausforderung für den Bediener darstellen konnte. Die Verschlankung der Bedienelemente und damit ein einfacher Betrieb sind ein wichtiger und nach Ansicht der Faymonville-Spezialisten oft vernachlässigter Faktor in der heutigen, internationalen und stark vernetzten Transportwelt.Flexibel bei schnell wechselnder Auftragslage


Ein wichtiges Plus für den Spediteur liegt vor allem im flexiblen Auf- und Ausbau seines Fuhrparks. »Wir geben unseren Kunden ein Instrument an die Hand, ihren eigenen Fahrzeugpark universeller zu konzipieren«, verweist Luxen auf die hohe Kundenwertigkeit des Combimax. Mit seinem Kapitaleinsatz soll ein Spediteur deutlich mehr Transportalternativen erreichen, den Einsatzgrad und die Laufleistung seiner Fahrzeuge erhöhen und eine flexible und zeitnahe Anpassung an die oft schnell wechselnde Auftragslage durchführen können. »Im Grunde reduziert er seinen Leerstand an Fahrzeugen auf dem Hof, da er sich aus dem Combimax-Baukasten die gerade benötigte Transportkombination zusammenstellen kann – ideal, da passgenau«, ergänzt Fickers.Wichtige Erkenntnisse aus der Philosophie des MAX-Trailers


Mit der Erarbeitung der Combimax-Baukastenmodule wurden und werden neue Entwicklungsprozesse, neue Fertigungsverfahren und neue Informationstechnologien eingeführt. Hier taten sich in den vergangenen Jahren wertvolle Erkenntnisse mit der Fertigung des MAX-Trailers auf, die nun in die Entwicklung des Combimax einfließen. Beim MAX-Trailer handelt es sich gleichfalls um ein standardisiertes Produkt. »Das war zweifellos eine willkommene Erfahrung«, blickt Yves Faymonville nach Goleniow, wo der MAX-Trailer in einer eigens errichteten Montagehalle gefertigt wird. Ähnlich sieht es Arnold Luxen. »Die Combimax-Konzeption basiert in puncto Standardisierung, Konfiguration und Logistik auf der MAX-Trailer-Philosophie – nur angepasst auf höhere Nutzlasten.« Die ersten Prototypen des Combimax laufen momentan im Test, teils bei innerbetrieblichen Tests, teils schon im Kundenauftrag. Somit soll der selbst gesteckte Zeitplan einer kontinuierlichen Fertigung ab Frühherbst eingehalten werden. Zuerst noch in Büllingen (Belgien), ab dem nächsten Jahr dann in Luxemburg. Guy Fickers ist fest überzeugt, dass »wir mit dem Combimax einen Nerv der Zeit treffen«, zumal die Erwartungshaltung am Markt nach den ersten Rückmeldungen aus dem Kreis einer ausgewählten Kernkundschaft ebenso hoch wie positiv ist. Von daher gilt die langfristige interne Zielvorgabe ab 2016 als eher ehrgeizig.


Das Unternehmen


Die Entwicklung des Combimax macht auch eine Ausweitung der Produktionsstandorte von Faymonville erforderlich. Das Unternehmen plant künftig die Produktion von bis zu vierhundert Combimax jährlich. Deshalb wurde die Hallenfläche für den in Goleniow (Polen) angesiedelten Stahlbau durch eine Erweiterung um weitere 6 300 m² erhöht, und das Personal aufgestockt. In Lentzweiler (Luxemburg) entsteht derzeit ein neues Montagewerk für den Combimax. Auf einem Areal von 7,5 ha baut Faymonville eine Fertigungshalle mit 10 000 m² für Montage und Ober­flächenbehandlung. Eine mögliche, spätere Verdoppelung der Kapazität ist berücksichtigt. Auch in Lentzweiler startet die Produktion in einer ersten Phase mit zusätzlichen Fachkräften. Hinzu kommt in Luxemburg ein neues Schulungs- und Auslieferungszentrum für alle hier gefertigten Faymonville-Produkte.


Combimax-Fakten


Arbeitsabläufe auf ein vertretbares Maß zurückschraubenMit dem Combimax will Faymonville auch betriebsintern neue wirtschaftliche Perspektiven schaffen. »Wir können den internen Arbeitsaufwand reduzieren, indem wir eine konsequente Standardisierung durchführen«, so der kaufmännische Direktor Arnold Luxen.

Geschäftsführer Alain Faymonville ergänzt: »Mit dem Combimax werden wir auch kundenspezifische Wünsche schneller, flexibler und kostengünstiger in individuelle Fahrzeuglösungen umsetzen können.« Zugleich unterstreicht er mit Nachdruck, dass »wir im Grunde nichts neu erfinden. Alle Einzellösungen gibt es bereits. Wir schaffen jedoch mit dem Combimax eine gemeinsame Plattform, mit der wir die Vorzüge der bisherigen Baureihen (Mega­max, Multimax, Gigamax, Variomax und Modulmax) vielfältig kombinieren können.«Aus dem variablen Basis­prinzip des Combimax lässt sich jede denkbare Kombi­nation darstellen – sogar noch effizienter als in der Automobilbranche, in der das Plattformdenken seit Jahren bewährter Standard ist. »Mit dem Combimax schlagen

wir praktisch den Bogen vom ›Polo‹ bis zum ›Bentley‹.«

Mit einer überschaubaren Anzahl Bauteilen kann Faymonville nun Modelle »ad infinitum« fertigen. Der interne ­Stellenwert des Projektes lässt sich auch am geplanten Investitionsvolumen ablesen, das die Geschäftsführung mit 30 Mio. Euro bis Ende nächsten Jahres beziffert. »Wir wollen den Tiefladermarkt definitiv revolutionieren und einen weiteren Meilenstein in der Branche setzen«, so Alain Faymonville.

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