Argumente für den Plattenverdichter verdichten sich

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Stehr verspricht mit seinen neuen Plattenverdichtern, die als Anbaugerät für Radlader, Walzenzüge, Bagger oder auch Traktoren eingesetzt werden können, eine enorme Kraftstoff­einsparung, einen deutlich geringeren Schadstoffausstoß und eine beste CO₂-Bilanz bei höherer Leistung. Die Stehr-Entwicklung bietet Zentrifugalkräfte bis 24 kN und stelle, so das Unternehmen, eine Energieeffizienz dar, die momentan keine andere Baumaschine weltweit aufzuweisen habe.


Untersuchung an Schweizer Hochschule


Die Energieeffizienz gilt als Maß für den Energieaufwand zur Erreichung eines festgelegten Nutzens. Ein Vorgang ist dann effizient, wenn ein bestimmter Nutzen mit minimalen Energieaufwand erreicht wird. Dies entspricht dem ökonomischen Prinzip (Minimalprinzip) und wird mit der neuen Stehr-Erfindung umgesetzt; Verdichtungsarbeiten von Straßen und Flächen sollen sich energieeffizienter, einfacher, schneller, umweltgerechter und damit deutlich kostengünstiger durchführen lassen. Herkömmliche Walzen oder dergleichen arbeiten beim Verdichten von kiesigen, sandigen Böden mit einer relativ schlechten Energieeffizienz, wie dies beispielsweise auch von Roland Anderegg (Hochschule für Technik und Automation in Windisch/Schweiz) festgestellt wurde (AND2011). Versuche ergaben hier, dass beim Einsatz von herkömmlichen Walzenzügen auf granularen Medien nur ein Anteil von ca. 30 % der bereitgestellten Energie für die eigentliche Verdichtungsenergie zur Verfügung steht. Der restliche Anteil der aufgewendeten Gesamtenergie in Höhe von ca. 70 % geht durch die lineare Einleitung der Verdichtungsdynamik und der damit verbundenen höheren Abrollkraft über den zylindrischen Walzenkörper und durch eine breite Ausstreuung in die Umgebung verloren.


Zusätzlich erfolgt keine gleichmäßige Verdichtung bis in die Oberfläche, da das Material ausweicht und horizontal verschoben wird. Als nachteilig hat sich außerdem herausgestellt, dass diese teilweise unerwünschten, breit gestreuten und damit nicht effizienten Schwingungen zu sogenannten schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Es treten immer öfter Probleme beim Verdichten in bewohnten Gebieten durch Erschütterungen auf. So wurden und werden oft Gebäudeschäden und Ausfälle von elektronischen Geräten im Zusammenhang mit Verdichtungsarbeiten festgestellt.


Anwohner beschweren sich über zu hohe Erschütterungen


Die entstandenen Schäden an Gebäuden und Einrichtungen müssen mit erheblichen Kosten vom Verursacher aufwendig saniert werden. Besonders bei innerörtlichen Baumaßnahmen sind diese Probleme bekannt. Die in der DIN 4150-3 definierten Grenzwerte für Schwinggeschwindigkeiten würden aber, so weiß man bei Stehr, meist weit überschritten. Baustellen würden zwar nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz in der Regel als nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gelten, sie seien aber so abzuwickeln und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Minimum zu beschränken sind. Diese Vorgaben waren jedoch bislang, so Stehr weiter, oft mit den bekannten Verdichtungsgeräten nicht einzuhalten. Große Firmen und weltweite Marktführer der Verdichtungstechnik befassten sich in der Vergangenheit mit diesen bekannten Problemen und suchten nach Lösungen, ohne zufriedenstellendem Ergebnis. So finden sich rund 1,5 Millionen Ergebnisse bei der Suche nach »Risse in Gebäuden durch Verdichten« in der Internetsuchmaschine Google.


Alle negativen Effekte sollen jedoch durch die Stehr-Erfindung vermieden werden: Die Stehr-Plattenverdichter als Anbaugerät oder in Kombination Walzenzug mit Plattenverdichter (ebenfalls eine Stehr-Erfindung) sieht man mittlerweile auf vielen Baustellen. In der Kombination erfolgt der Betrieb so, dass eine Hydraulikpumpe für die Vibration des Walzenkörpers und eine Pumpe für die Vibration der Plattenverdichter zuständig ist. Stehr war es, der festgestellt hat, dass beim Einsatz des neuen Plattenverdichters auf die Vibration der Walzenbandage verzichtet werden kann, da hierbei die komplette erforderliche Energie ohne Nutzen vernichtet wird. Die neuen Stehr-Plattenverdichter erreichen eine gleichmäßige, sehr gute Verdichtung in allen Lagen, die keine viel schwerere Walze erreicht. Durch eine für verschiedene Böden stufenlos anzupassende Gewichtsverstellung auf das nichtschwingende Oberteil, einer hohen Frequenz über 70 Hz mit dadurch resultierender hoher Zentrifugalkraft, die durch gerichtete Schwingungen in den Boden geleitet wird, kommt es zu einer schnelleren und besseren Kornverschiebung und somit zu einer besseren Verschließung der Hohlräume.


Weniger Überfahrten nötig


Mit dem Stehr-Plattenverdichter sind weniger Überfahrten nötig, die Oberfläche wird verdichtet und nicht aufgelockert. Viele Überfahrten, die zu einer Entmischung des Bodens führen (Feinanteile und Wasser werden an die Oberfläche gefördert) und zusätzlich noch zu einer Kornzertrümmerung führen, werden so vermieden.


Stehr-Plattenverdichter arbeiten mit kaum in der Umgebung wahrnehmbaren Schwingungen. Diese ungewollten Schwingungen verbrauchen erheblich Energie. »Für was und warum«, fragte man sich bei Stehr und setzte bei der Entwicklung der Plattenverdichter auf eine konsequente Vermeidung der nicht für die Verdichtung wirksamen Schwingungsanteile. Nach umfangreichen, mit hohem finanziellen Aufwand verbundenen Versuchen liegt nun eine technische Lösung vor, die durch Gutachten unter anderem vom Zentrum für Geotechnik der TU München bestätigt wird.


Die Untersuchungen belegen, dass eine Verdichtung mit erheblich geringeren Kosten, aber trotzdem mit viel besserem Ergebnis durchzuführen ist. So entdeckte man bei Stehr, dass zum Verdichten von bindigen, klebrigen und/oder stark tonhaltigen Böden deutlich mehr Leistung und somit auch mehr Energie bereitgestellt werden muss. Hier liegt die optimale Schwingungsfrequenz bei maximal 35 Hz bei einer hohen Amplitude. Beim Verdichten von lockeren, kiesigen oder granularen Böden werden dagegen nur 50 % der ursprünglichen Energie verbraucht. Hier liegt die optimale Frequenz bei über 70 Hz, mehr als dem Doppeltem der Eigenschwingungsfrequenz des Bodens.

 


 


»Probleme zu lösen, war schon immer unsere Vision.«

Jürgen Stehr


 


 


Das Ziel der Stehr-Erfindung bestand auch darin, verschiedene Bodenarten mit einem Trägerfahrzeug möglichst energieeffizient zu verdichten. Dafür wurde ein Antrieb für die Vibration eines Walzenkörpers einer Straßenwalze so ausgelegt, dass beim Verdichten von schweren Böden eine hohe Motor- und Hydraulikleistung zur Verfügung steht, um auf diese Weise eine ausreichende Menge an Energie zum Antrieb des Vibrationsgetriebes des Walzenkörpers bereitzustellen.


Dagegen ist es sinnvoll, beim Verdichten von kiesigen, sandigen oder granularen Böden mit an der gleichen Walze angebauten Plattenverdichtern mit deutlich reduziertem Energieeinsatz zu arbeiten, da hierfür wie ausgeführt nur ca. 50 % der grundsätzlich verfügbaren Antriebsenergie benötigt wird. Die Stehr-Erfindung sieht vor, die hydraulische Energie, die zum Betrieb des Walzenvibrationsantriebs verfügbar sein muss, so umzuleiten, dass über eine elektronische Steuerung die Motordrehzahl reduziert und die hydraulische Leistung so bis zur Hälfte reduziert wird. Somit stehen zwei unterschiedliche Betriebsmodi zur Bereitstellung einer hohen bzw. reduzierten Antriebsleistung für die Verdichtungseinrichtungen zur Verfügung.


50 % weniger Energie bedeuten eine wesentliche Einsparung an Kraftstoff. Wenn die Leistung eines Walzenzuges mit 120 kW angegeben wird, entsteht ein Kraftstoffverbrauch von ca. 20 l/h. Da beim Betrieb nur mit dem Stehr-Plattenverdichter 50 % weniger an Leistung gebraucht wird, lässt sich, so Stehr, der Kraftstoffverbrauch zu gleichen Teilen senken. Weiterhin bedeute dies rund 50 % weniger Schadstoffausstoß und eine deutlich geringere Lärmbelästigung. Damit werde die CO₂-Bilanz bei diesem Arbeitsablauf erheblich verbessert und die verschiedensten Verdichtungsaufgaben würden energieeffizienter mit höherer Leistung und ­damit auch kostengünstiger durchgeführt. Gerade das Verdichten ohne schädliche Schwingungsemissionen im innerstäd­tischen Bereich ist eine technische Herausforderung, der sich Stehr gestellt hat. »Hierfür haben wir eine Lösung gefunden, auf die wir sehr stolz sind, denn Probleme zu lösen war schon ­immer unsere Vision«, unterstreicht Jürgen Stehr nicht ohne Stolz.

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