»Es muss einfach wieder das Ziel bei Neuentwicklungen sein, eine Baumaschine effizienter zu machen«

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bauMAGAZIN: Entgegen den Erwartungen der deutschen ­Baumaschinenhersteller und des VDMA-Fachverbandes – allgemein war eine »Seitwärtsbewegung« prognostiziert wor­den – stieg der Umsatz 2015 im einstelligen Bereich, nachdem es im Jahr zuvor ein Umsatzplus von 8 % auf 8,4 Mrd. Euro gegeben hat. Wie sind die exakten Zahlen hinsichtlich Umsatz und Stückzahlen im Baumaschinenbereich? Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für diese Entwicklung? Wie ist Ihre Prognose für 2016?

Joachim Schmid: Bei den Baumaschinen unterscheiden wir ja zwischen Maschinen für den Hochbau, für Erdbewegung und für den Straßen­bau. Alle drei Bereiche zusammengefasst, stehen wir für 2015 bei einem Umsatzplus von nominal 7 % auf knapp 9 Mrd. Euro. Preisbereinigt waren es 6 %, während der Auftragseingang bei plus 3 % liegt. Das Ganze verteilt sich jedoch etwas ungleichmäßig: So hat der Hochbau mit einem Umsatzplus von 14 % und einem Plus von 12 % bei den Auftragseingängen am besten abgeschnitten. Beim Erdbau gibt’s eine kleine Delle mit einer Nullrunde beim Umsatz, während die Auftragseingänge mit 5 % im Minus lagen. Der Straßenbau, in dem schon seit mehreren Jahren gute Zahlen geschrieben wurden, bleibt stabil. Dort wurde der Umsatz um 9 % gesteigert, der Auftragseingang um 8 %. Das sind sehr erfreuliche Zahlen …

Johann Sailer: … der Hochbau hat im Vergleich zum Erdbau, der nach der Krise große Zuwächse verzeichnete, die wesentlich geringeren und langsameren Wachstumsraten. Doch jetzt zeigt sich, dass dieses zurückhaltende Wachstum das kontinuierlichere ist, wenn man das über einen längeren Zeitraum betrachtet. Und natürlich ist im Hochbau der Bedarf vorhanden, sei es beim Neubau, sei es bei der Sanierung. Da gibt es querbeet, nicht nur bei uns in Europa, sondern auch in Nordamerika, einen Riesenbedarf, um die Nachfrage nach Wohnraum überhaupt erfüllen zu können. Der Industriebau hingegen ist ein wenig rückläufig aus unserer Sicht. Das Wachstum im Bereich der Hochbaumaschinen resultiert in Großbritannien zum Beispiel vor allem daraus, dass die dortigen Vermieter nach jahrelanger Investitionszurückhaltung jetzt wieder in ihren Maschinenpark investieren und neue Maschinen bestellen.

Am Ende sind wir als VDMA-Fachverband aber zuversichtlich und erwarten für 2016 ein Branchenplus im Umsatz von etwa 3 %.« Joachim Schmid

bauMAGAZIN: Heißt das aus Ihrer Sicht: In den Ländern, in denen die Konjunktur funktioniert, dort ist grundsätzlich auch die Nachfrage stark?

Sailer: Natürlich ist es so: Wenn die Wirtschaft funktioniert, gibt es eine größere Nachfrage. Aber es ist beileibe nicht automatisch, dass dann beispielsweise der Hoch­bau floriert. Da gibt es meist unterschiedliche Faktoren. In Großbritannien ist es, wie schon gesagt, der große Nachholbedarf. In Skandinavien hingegen gibt es einen richtigen Bauboom. Auch in den Ländern Südeuropas spüren wir eine gewisse Erholung der Märkte. Zwar sind die absoluten Werte dort immer noch sehr verhalten. Doch für uns ist wichtig, dass es dort Signale für ein Wachstum gibt. Bei uns in Deutschland funktioniert die Konjunktur, sie ist meines Erachtens aber sehr stark vom Konsum getrieben, was auch mit der Zinspolitik zusammenhängen mag.

bauMAGAZIN: Und wie sind die Aussichten für 2106?

Schmid: Auch wenn sich das nicht sehr spannend anhört: Wir sehen unter dem Strich weiterhin eine relativ stabile Entwicklung. Dabei ist Deutschland natürlich der größte Markt in Europa, der jetzt seit einigen Jahren auf einem sehr ordentlichen Niveau läuft. Wir erwarten dort keine großen Veränderungen. Vielleicht reduziert sich der Umsatz um ein paar Prozentpunkte, aber es ist nichts Dramatisches zu erwarten. Weltweit sind die Risiken natürlich größer geworden: politische Konflikte, die niedrigen Öl- und Rohstoffpreise insgesamt und nicht zuletzt ungelöste wirtschaftliche Probleme. Die wirken nicht in jedem Land gleichermaßen, und je nachdem, wo ein Unternehmen seine Hauptmärkte hat, wird es stärker oder weniger betroffen sein. Am Ende sind wir als VDMA-Fachverband aber zuversichtlich und erwarten für 2016 ein Branchenplus im Umsatz von etwa 3 %. Ein moderates Wachstum – bestimmt auch durchsetzt von Negativmeldungen in einzelnen Märkten – ist für die Firmen sicher einfacher zu managen als die extremen Hochs und Tiefs, die wir in früheren Zeiten immer wieder gesehen haben.

Sailer: Das stimmt absolut. Dieses konstante Wachstum, wie beispielsweise im Hochbau, das ist schon eine sehr gute Entwicklung. Auch ich sehe trotz steigender Unsicherheiten eine positive Tendenz für 2016 und glaube nicht, dass es in einem Segment einen Rieseneinbruch geben wird.

Wir müssen, denke ich, jetzt endlich von der isolierten Abgasdiskussion wegkommen und uns bei der Entwicklung von Baumaschinen wieder auf Innovationen konzentrieren, durch die eine Maschine effizienter wird.« Johann Sailer

bauMAGAZIN: Caterpillar hat angekündigt, Werke zu schlie­ßen und rund 10 000 Mitarbeiter zu entlassen. Von deutschen Herstellern waren solche Hiobsbotschaften bislang nicht zu hören. Wie sehen Sie die deutsche Baumaschinenindustrie grundsätzlich positioniert im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz?

Sailer: Als deutsche Hersteller sind wir sicherlich gut positioniert. Auch weil wir mit Krisen umgehen können – im Gegensatz vielleicht zu chinesischen Herstellern. Wir müssen uns dem Wettbewerb querbeet und weltweit stellen, und das gelingt uns ganz gut …

Schmid: Der Fall Caterpillar ist ja ganz explizit der negativen Entwicklung im Mining-Sektor ge­schul­det. Auch bei uns im Fachverband sieht es im Bereich Mining nicht rosig aus. Das Nachfrage-Niveau ist jetzt schon seit nahezu zwei Jahren sehr schlecht, manche sagen auch katastrophal. Wenn wir bei uns nur auf den Bereich Baumaschinen schauen, dann jedoch gibt es aus aktueller Sicht keine Anzeichen dafür, dass Stellen abgebaut werden sollen.

bauMAGAZIN: Vor drei Jahren haben wir im Vorfeld der Bauma über die Gefahr gesprochen, dass chinesische Unternehmen dank ihrer Gewinn-Margen aufgrund eines boomenden Heimatmarktes auch international immer konkurrenzfähiger werden und verstärkt ausländische Firmen und damit auch technisches Know-how übernehmen. Prominente Beispiele in Deutschland waren unter anderem Putzmeister und Sany oder Schwing und XCMG. Jetzt schwächelt Chinas Wirtschaft, im Baumaschinenbereich gab es einen gravierenden Einbruch in den vergangenen drei Jahren. Ist damit die »chinesische Gefahr« gebannt? Wie bewerten Sie die Lage in China bezüglich der Baumaschinenindustrie?

Sailer: Man muss immer aufpassen: Den Wettbewerb mit China wird es auch in Zukunft geben, egal, wie die Situation dort jetzt ist. Wir als deutsche Unternehmen finden immer Rezepte – ob die Wirtschaft dort boomt oder nicht. Deshalb konnte man nicht vor drei Jahren davon sprechen, dass die ­»chinesische Gefahr« uns überrollt. Und genauso falsch wäre es zu sagen, die »chinesische Gefahr« ist gebannt, weil Chinas Wirtschaft schwächelt. Grundsätzlich denke ich, dass die großen deutschen Unternehmen in China mit der Krise besser umgehen können als die dort heimischen Firmen. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck.

Schmid: Das sehe ich auch so. Das Thema ist natürlich spannend für die Öffentlichkeit, wenn plakativ von der »chinesischen Gefahr« die Rede ist. Und es ist ja auch richtig, dass man dieses Thema ernst nimmt. Die Chinesen hatten Rückenwind, und das hat sie als Wettbewerber gefährlich gemacht. Jetzt zeigt sich, dass China nicht der einzige relevante Markt ist und auch dort die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Denn alles, was hoch geht, kommt irgendwann auch mal runter …

Sailer: Sollte es in der chinesischen Wirtschaft jedoch richtig knallen, hätte das riesige Auswirkungen auf uns alle. Das ist keine Frage. Aber ich glaube nicht, dass dort jetzt das Chaos ausbricht. Auch die Chinesen werden lernen müssen, sich nicht nur am Wachstum zu orientieren, sondern wie sie auch mit geringeren Wachstumsraten als im vergangenen Jahrzehnt zurecht kommen können.

bauMAGAZIN: Glauben Sie, dass die große Zeit der BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China – die nach der globalen Finanzkrise die Weltwirtschaft am Laufen hielten – vorerst vorbei ist? Denn nicht nur in China kriselt es gewaltig, sondern auch in Russland und in Brasilien.

Sailer: Das muss man differenziert betrachten. Man darf nicht alle BRIC-Staaten über einen Kamm scheren. Nehmen wir Russland. Dort ist der Markt für Baumaschinen im vergangenen Jahr um 70 % zurückgegangen. Das ist zum einen auf den Boykott zurückzuführen, zum andern auf die allgemeine schlechte wirtschaftliche Situation und den extrem niedrigen Ölpreis, der voll durchschlägt. Wie auch in Brasilien, wo uns zudem die politische Instabilität Sorgen macht. Und das Thema China haben wir ja schon besprochen. Aber ich halte es für völlig überzogen zu sagen, die BRIC-Staaten spielen keine wichtige Rolle mehr. Die werden auch in Zukunft für uns wichtige und interessante Märkte sein. Das sind einfach wirtschaftliche Schwergewichte …

Schmid: … und man darf nicht vergessen: Es sind riesige Volkswirtschaften, die wegen einer Krise nicht auf den Status eines Dritte-Welt-Landes zurückfallen werden.

Wird eine Baustelle um 50 % effizienter betrieben, dann braucht eine Maschine abgastechnisch überhaupt nicht besser zu werden und man spart trotzdem 50 % der Abgase ein.«

Joachim Schmid

bauMAGAZIN: Die Globalisierung gilt heute als Grundvoraussetzung für Wachstum. Doch sollte Wachstum nicht auch eine stabile Basis haben – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich? Oder anders gefragt: Müssten deutsche Unternehmen nicht grundsätzlich bestrebt sein, vermehrt auf die Märkte Europas zu setzen, anstatt auf die manchmal zugegebenermaßen verlockenden Wachstumsraten in Schwellenländern zu starren, in denen man aber nur auf Entwicklungen reagieren kann, aber so gut wie keine Gestaltungsmöglichkeiten hat?

Sailer: Ich sage immer: Der Heimatmarkt muss für jeden Hersteller die Basis sein. Wenn die deutschen Hersteller aber sagen würden, wir überlassen beispielsweise den asiatischen Herstellern den asiatischen Raum und engagieren uns dort nicht, würden sie auf lange Sicht total verlieren. Deshalb müssen wir uns natürlich den Herausforderungen in diesen Märkten stellen.

Schmid: Fast alle unsere Mitglieder haben ihre Standbeine auf dem Heimatmarkt sowie in Nord- und Westeuropa und in Nordamerika. In diesen Märkten wird meines Erachtens sehr wohl Geld verdient.

Sailer: Man muss einfach global aufgestellt sein, weil es Verschiebungen in den verschiedenen Regionen gibt, was wir ja jetzt am Beispiel China sehen.

Mit dem jüngsten Vorstoß aus Berlin wird beispielsweise gefordert, bei Baumaschinen eine Farbskala ähnlich wie bei den Autos ­einzuführen: Danach symbolisiert die Farbe Blau die zukünftige ­Abgasstufe V, und die Farbe Grün ist für die Maschinen vorgesehen, die einen Partikelfilter haben, auch wenn der nur nachgerüstet ist. Das heißt im Umkehrschluss: Man kann mit einer Uraltkiste von 1950, die man mit einem Partikelfilter ausstattet, eine grüne Plakette bekommen. Es ist einfach absurd, dass solch ein Vorschlag zu Papier gebracht wird.«

Joachim Schmid

bauMAGAZIN: Ein Thema, das die Baumaschinenhersteller jetzt schon seit Jahren beschäftigt und auch ärgert, sind die immer wieder verschärften Emissionsvorschriften. Nach der Stufe IV steht jetzt die Stufe V ins Haus. Wie ist der derzeitige Stand der Dinge? Wann kommt die Stufe V und was wird von den Herstellern alles gefordert?

Schmid: Das ist in der Tat eines der wichtigsten Themen. Was von der EU als Abgasrichtlinie kommt, das ist bekannt und das haben die Hersteller im Griff und unter Kontrolle. Die Stufe V wird ab 2019 gestaffelt eingeführt. Aber es gibt ­beispielsweise bei den Übergangsregelungen keine Flexibilität wie noch vor einigen Jahren. Es ist alles straffer geregelt, dafür ist auch alles rechtzeitiger bekannt. Die Motorenhersteller sind schon ziemlich weit in der Entwicklung. Manche haben bereits verkündet, dass ihre Stufe-V-Motoren marktreif sind. Mit den neuen Vorschriften können unsere Firmen leben, darauf können sie sich einstellen. Die Umstellung auf die Stufe V bekommen sie also hin. Im Vergleich dazu waren die Umstellungen auf die Stufe IIIB und die Stufe IV Riesenschritte, weil dafür die Maschinen komplett neu konstruiert werden mussten. Denn der Motor war auf einmal nicht mehr nur ein Motor, sondern auch so etwas wie ein kleines Chemiewerk. Das große Problem für die Hersteller war damals: Sie wussten nicht genau, was auf sie zukommt, und die Fristen für die Umsetzung waren viel zu knapp.

Sailer: Daraus haben wir als Verband und die maßgeblichen Hersteller gelernt. Wir sind enger zusammengerückt und haben gesagt: Lasst uns ge­mein­sam in Brüssel auftreten. Denn auch wir als Verband brauchen die Unterstützung von Firmen, die zentral was zu sagen haben. Und das ist der gravierende Unterschied im Vergleich zu der Zeit, als über die Stufen IIIB oder IV debattiert wurde.bauMAGAZIN: Auch die Emissionswerte für handgeführte ­Baumaschinen sowie die Nachrüstung von älteren Baumaschinen mit Partikelfiltern haben zuletzt für heftige Diskussionen in der Branche gesorgt. Wie beurteilt der VDMA diese Diskussion?

Schmid: Da gibt es einmal das Thema Umweltzonen. Da werden Feinstaubgrenzwerte in den Städten gerissen, und die sehen sich dadurch verpflichtet, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Und da geht’s dann auch um Dieselpartikelfilter für Baumaschinen. Beim zweiten Punkt geht es um öffentliche Aufträge, wenn Kommunen den Einsatz von besonders umweltfreundlichen Maschinen fordern. Und dann haben wir noch die Berufsgenossenschaften mit dem Thema »Exposition am Arbeitsplatz«. Auch von der Seite kommen dann Forderungen. Und in allen drei Fällen sind die Partikel ganz besonders in den Fokus gerückt. Was dann natürlich zum Problem wird für unsere Hersteller, wenn diese drei Fraktionen sagen: Die Reduzierung der Partikel geht für uns über alles, und deshalb fordern wir den Einsatz von Dieselpartikelfiltern. Die Einhaltung der modernen Abgasstandards, wie mit der Stufe IIIB oder IV, das wird dabei nahezu vernachlässigt. Mit dem jüngsten Vorstoß aus Berlin wird beispielsweise gefordert, bei Baumaschinen eine Farbskala ähnlich wie bei den Autos einzuführen: Danach symbolisiert die Farbe Blau die zukünftige Abgasstufe V, und die Farbe Grün ist für die Maschinen vorgesehen, die einen Partikelfilter haben, auch wenn der nur nachgerüstet ist. Das heißt im Umkehrschluss: Man kann mit einer Uraltkiste von 1950, die man mit einem Partikelfilter ausstattet, eine grüne Plakette bekommen. Es ist einfach absurd, dass solch ein Vorschlag zu Papier gebracht wird. Mit solchen Geschichten haben wir uns unentwegt auseinanderzusetzen. Mit der Berufsgenossenschaft sind wir jetzt in einem vernünftigen Dialog. Dort erkennen sie jetzt an, dass sie ihre Forderungen irgendwie mit den EU-Abgasvorschriften in Einklang bringen müssen. Denn es kann nicht sein, dass unsere Hersteller lange Jahre auf etwas hinarbeiten, was schwierig zu erreichen ist, und dann heißt es zum Beispiel: Mit einer Stufe-IV-Maschine, die aufgrund einer innermotorischen Lösung ohne DPF auskommt, darf man nicht in Umweltzonen arbeiten oder in Hallen oder Tunnels. Das ist ein richtiges Problem, und dagegen kämpfen wir als Verband massiv an.

Grundsätzlich denke ich, dass die großen deutschen Unternehmen in China mit der Krise besser umgehen können als die dort heimischen Firmen. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck.«

Johann Sailer

bauMAGAZIN: Wie ist denn der Stand der Dinge beim Thema Nachrüstpflicht von Dieselpartikelfiltern für alte Bau­maschinen? Baden-Württemberg wollte die doch als erstes deutsches Flächenland überhaupt einführen …

Schmid: Diese Nachrüstpflicht ist in Baden-Württemberg jetzt tatsächlich verabschiedet worden. Nach langen Diskussionen haben wir aber erreichen können, dass alle Baumaschinen, deren Motoren die aktuell geltenden Normen erfüllen, von dieser DPF-Nachrüstpflicht ausgenommen sind und so in den Innenstädten eingesetzt werden können.

bauMAGAZIN: Der VDMA-Fachverband fordert schon seit Langem, dass die Politik bei der Erstellung von neuen Normen und Richtlinien auch die wirtschaftliche Machbarkeit bedenken muss. Hat in dieser Hinsicht inzwischen in Brüssel oder in Berlin so etwas wie ein Umdenken stattgefunden? Welche Möglichkeiten hat ein Verband generell, auf die Politik bzw. den Gesetzgeber einzuwirken?

Schmid: Das ist ein Kampf und ein Geben und Nehmen. Da hat sich schon was entwickelt …

Sailer: Man hat schon viel gemacht über den VDMA oder über den CECE, unseren europäischen Dachverband. Was eher schwierig ist in der Politik, ist das Verständnis für die Technik und für die Zeitabläufe. Aber inzwischen hören uns doch schon viele zu.

bauMAGAZIN: Die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist seit Monaten das bestimmende Thema in Deutschland. Unter anderem müssen anstatt der im vergangenen Sommer berechneten 270 000 Wohnungen jetzt jährlich mindestens 400 000 Wohnungen neu gebaut werden. Glauben Sie, dass es dadurch und durch die Aufstockung der öffentlichen Mittel für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur zu einer Art Bauboom in Deutschland kommt, von dem dann auch die Baumaschinenhersteller profitieren?

Sailer: Also ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass durch die Flüchtlingskrise ein Bauboom ausgelöst wird. Natürlich steigt der Mehrbedarf an Wohnraum, das ist keine Frage. Aber man muss schon die Kirche im Dorf lassen.

Schmid: Das würde ich genau so unterstreichen. Wir haben sowieso eine gute Entwicklung in der Bauwirtschaft, weil der Bedarf einfach vorhanden ist, unabhängig von der Flüchtlingskrise. Außer­dem will, so glaube ich, auch niemand einen Boom. Ein normales, ordentliches Wachstum ist viel angenehmer, als wenn plötzlich alles durch die Decke schießt.

Jetzt zeigt sich, dass China nicht der einzige relevante Markt ist und auch dort die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Denn alles was hoch geht, kommt irgendwann auch mal runter …«

Joachim Schmid

bauMAGAZIN: Vermehrt ist in der Branche von der »smarten Baumaschine« die Rede. Soll heißen: Die neuen Technologien werden jetzt auch verstärkt in der Baumaschinenindustrie eingeführt. Stichworte sind hier Automation, Vernetzung, intelligente Konfigurationen, Flottenmanagementsysteme oder die prozessoptimierte Baustelle. Wie beurteilen Sie diese Ent­wicklung?

Schmid: Da sind wir als Verband intensiv über unsere Forschungsvereinigung im Bereich Baumaschinen dabei. Wir arbeiten jetzt auch vermehrt mit Zulieferern zusammen. Und wir stellen gerade in unserem branchenübergreifenden Netzwerk »Forum Mobima« eine Projektskizze zusammen und wollen uns damit um Fördergelder bemühen. Da geht es um exakt die angesprochenen Techn­ologien, also wie die Baumaschine »Baustellen 4.0-fähig« werden kann. Dafür brauchen wir natürlich auch die Bauindustrie als Partner, was in unseren bisherigen Forschungsprojekten nicht so der Fall war. Denn das ganze Thema ist sehr komplex. Beispielsweise haben wir jetzt in einer ersten Diskussion die Frage ge­stellt: Was soll, was kann denn das Ergebnis eines solchen Großprojekts sein, wenn die »smarte Baumaschine« Wirklichkeit wird? Und da waren manche schon mutig und haben gesagt: Wenn die verschiedenen Maschinen auf einer Baustelle wirklich richtig zusammen arbeiten, wenn alles integriert ist und optimiert funktioniert, wenn die richtigen Maschinen für die Arbeit eingesetzt werden, dann ist eine Steigerung der Effizienz um 50 % nichts Unmögliches. Wichtig ist unserer Ansicht nach, dass auch die politischen Verantwortlichen sich mit dieser Thematik beschäftigen. Und das wollen wir mit unserer Projektskizze und dem Förderungsantrag erreichen. Denn bislang schaut die Politik nur auf Motoren oder Maschinenkomponenten und fordert in den Bereichen eine Emissionsreduzierung. Dabei ist es doch so: Wird eine Baustelle um 50 % effizienter betrieben, dann braucht eine Maschine abgastechnisch überhaupt nicht besser zu werden und man spart trotzdem 50 % der Abgase ein. Dafür werben wir und brauchen die Unterstützung der Politik, die sagt: Jawohl, das verstehen und fördern wir. Und wir quälen euch nicht mit Forderungen, durch die man vielleicht gerade noch einmal 1 % oder 2 % herausholt …

Sailer: Wir müssen, denke ich, jetzt endlich von der isolierten Abgasdiskussion wegkommen und uns bei der Entwicklung von Baumaschinen wieder auf Innovationen konzentrieren, durch die eine Maschine effizienter wird. Damit ist wesentlich mehr zu erreichen. Es muss einfach wieder das Ziel bei Neuentwicklungen sein, eine Baumaschine effizienter zu machen.

 Auch in den Ländern Süd­europas spüren wir eine gewisse Erholung der Märkte. Zwar sind die absoluten Werte dort immer noch sehr verhalten. Doch für uns ist wichtig, dass es dort Signale für ein Wachstum gibt.«

Johann Sailer

bauMAGAZIN: Gibt es einen Zeitplan für dieses Projekt?

Schmid: Ich denke, dass wir eine Verabschiedung der Projektskizze im »Forum Mobima« noch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres realisieren können. Wir wollen es nicht auf die lange Bank schieben, sondern schon Ergebnisse erzielen.

bauMAGAZIN: Zum Abschluss die Frage: Was erwarten Sie sich von der Bauma 2016?

Sailer: Die Bauma ist für uns alle natürlich das absolute Highlight, keine Frage, die weltweit eine Riesenausstrahlung hat. Dabei stehen naturgemäß Neuigkeiten und Innovationen im Fokus. Das zeigt sich auch an der Resonanz auf unseren Bauma-Innovationspreis. 118 Firmen haben sich dafür beworben, davon gut 50 aus dem Ausland. Das beweist, dass der Bauma-Innovationspreis mittlerweile zu einer internationalen Geschichte gewor­den ist. Und ich bin überzeugt davon, dass in München viele Neuigkeiten zu sehen sein werden.

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