Gewinnung / Aufbereitung / Brechen / Sieben Videos

Bruchsichere Multifunktionsscheibe

Lesedauer: min

Die bruchsicheren Fensterscheiben bestehen aus einer Polycarbonatscheibe mit einer nanobeschichteten Oberfläche (Thermoplast), die über fast die gleichen Eigenschaften wie Glas verfügt und – wie der Hersteller betont – dennoch bruchsicher ist. Zudem ist die Hammerglass-Lösung lediglich halb so schwer wie Glas, ist dabei aber rund 300 mal stärker. »Normales Glas gehört nicht in eine Arbeitsmaschine. Es spielt keine Rolle, ob es gehärtet oder laminiert ist. Zerbricht eine Scheibe in der Fahrerkabine der Maschine, kann die Maschine nicht mehr benutzt werden. Eine neue Scheibe muss geliefert und eingesetzt werden, aber erst nachdem die Kabine von sämtlichen Scherben gereinigt wurde. Es kostet Geld, aber vor allem Zeit und die Verspätungen hierdurch führen zu unnötigen Irritationen. Manchmal kann es weiter dazu führen, dass neue Aufträge gar nicht angenommen werden können, weil die Maschine nicht einsatzbereit ist«, sagt Anders Bergsten. Er ist für den Bereich Export Hammerglass Automative bei Hammerglass AB verantwortlich.Wurzeln liegen im Isolierfensterbau

Das Produkt Hammerglass stammt ursprünglich aus der Baubranche. Mitte der 1990er-Jahre experimentierte das Unternehmen mit verschiedenen Oberflächenbehandlungen, um eine Oberfläche zu finden, die im Isolierfensterbau benutzbar wäre. Üblicherweise lässt sich Polycarbonat nicht in solchen Fenstern verwenden, die Feuchtigkeitsmoleküle dringen durch den Kunststoff hindurch, in der Folge bildet sich Kondenswasser in der Fensterkassette. »Aber wir haben das Problem 1995 gelöst. Soweit wir wissen, sind wir immer noch alleine in der Welt, Isolierfenster mit bruchsicheren Thermoplastscheiben herzustellen, die das halten was sie versprechen. Heute liefern wir an die meisten Fensterhersteller in Skandinavien und Europa sowie in manchen Bereichen anderer Länder«, freut sich Bergsten.

»Normales Glas gehört nicht in eine Arbeitsmaschine.

Es spielt keine Rolle, ob es gehärtet

oder laminiert ist.«

Anders Bergsten,

Export Hammerglass Automative

 

Im Jahre 2009 begann das Unternehmen mit dem Vertrieb von Baumaschinen-Windschutzscheiben. »Die Windschutzscheiben an sich sind teuer, aber das ist nicht das entscheidende«, so Peter Andersson, der technischer Leiter der Hammerglass AB. Vielmehr seien es die Lohn- und Mietkosten für Ersatzmaschinen, die dem Betreiber die Kosten in der Höhe treiben würden, wenn die eigentliche Maschine nicht einsatzbereit sei. »Es hat außerdem einige böse Unfällen mit Sprengstoff gegeben, bei denen der Fahrer durch hereindringende Kabinenglasscherben ernsthaft verletzt wurde«, sagt Andersson.

Die schwedische Arbeitsschutzbehörde schreibt seit 2010 vor, dass der Maschinenführer sicher und geschützt in der Fahrerkabine arbeiten soll. Diese Vorschrift gilt vor allem dann, wenn die Maschine in gefährdeten Bereichen eingesetzt wird, wie beispielsweise in ­Steinbrüchen, Gruben oder im Straßenbau. »Als wir anfingen die Richtlinien zu prüfen, stellte sich heraus, dass es keine Branchen-Standards für die Prüfung und Zertifizierung von Arbeitsmaschinenglas gab. In gefährdeten Bereichen hatte man bisher Panzerglas verwendet, aber es war nicht nur teuer und schwer, sondern zerbrach, wenn es von einem Gegenstand getroffen wurde. Die gesamte Branche wurde von der neuen Gesetzgebung überrascht, weil es nicht darauf hingewiesen wurde, wie die Anforderungen zu lösen seien«, berichtet Andersson.Prüfmethode

In den Jahren 2010 und 2011 hat Hammerglass gemeinsam mit der schwedischen Maschinenindustrie und dem Arbeitsumweltamt einen Vorschlag erarbeitet, wie solche Tests auszusehen haben und durchgeführt werden sollen.

Man einigte sich auf vier Prüfmethoden, die jede für sich die Widerstandskraft der Scheibe von verschiedenen Kräften prüfen soll: »R« (ECE Regulation Nr. 43 (R43) Kratzer, UV-Einstrahlung und Stärke), »A« (Einschlag von scharfen Gegenständen wie beispielsweise einer Axt), »B« (Druckwellen-Verhalten bei einer Explosion) und »S« (Zug-Test gegen Gegenstände hoher Geschwindigkeit). Ein Zertifikat sollte die Erfüllung aller vier Kriterien bestätigen. Von der englischen Kennzeichnung ­dieser Prüfungen (R43, Axt, Blast sowie Stone) stammt die entsprechende Bezeichnung »RABS«.

 

Explosivstoffe

Was passiert, wenn der Bagger beim Graben einen Blindgängern findet, der – im schlimmsten Fall – in der Schaufel detoniert? »Gemeinsam mit dem schwedischen Forschungsinstitut SP haben wir unsere Scheiben in verschiedenen Stärken getestet, um eine Scheibe zu finden, die allen vier Prüfungen widerstehen kann. Es stellte sich heraus, dass die Explosion die schwerste Prüfungshürde war«, berichtet Bergsten. Das schwedische Forschungsinstitut testete dabei mit 3 kg TNT sowie 5 kg Steine, die bei einer Entfernung von 3 m »abgefeuert« wurden. »Wir haben einen sehr kräftigen Stahlrahmen verwendet, der der Druckwelle der Detonation unserer 12-mm-Scheiben noch standhalten konnte. Wir haben jetzt die marktgängigen Maschinenrahmen auf Lager und es kommen ständig weitere Modelle hinzu«, so Bergsten weiter. Die neue RABS-Klasse wird nach Angaben von Hammerglass inzwischen auch in weiteren Ländern wie beispielsweise Österreich verwendet.

»Die Windschutzscheiben an sich sind teuer, aber das ist nicht das entscheidende. Vielmehr sind es die Lohn- und Mietkosten für Ersatz­maschinen, die dem Betreiber die Kosten in der Höhe treiben, wenn die eigentliche Maschine nicht einsatzbereit ist.«

Peter Andersson,

Technischer Leiter Hammerglass AB

 

Verhalten gegen Kratzer und Schmutz

In den überwiegenden Fällen kommen normale Hammerglass-Scheiben in Baumaschinen zu Einsatz. »Wir haben Kunden, die die Scheiben mehrere Jahre ohne Probleme eingesetzt haben. Wenn im Steinbruch eingesetzt, können sporadisch Abnutzungen eintreten. Um die Schäden zu verringern, haben wir einen besonderen Schutzfilm entwickelt. Diesen kann der Fahrer selbst austauschen. Da der Kleber nur auf die Folie heftet, kann der Schutzfilm einfach abgezogen werden. Danach sprüht der Anwender per Sprühflasche eine Seifenmischung auf die Scheibe, bevor der neue Film daran klebt. Dabei verwendet er den mitgelieferten Schaber. Der gesamte Vorgang dauert zwischen 10 und 20 Minuten«, beschreibt Andersson.

 

Erwärmung durch Sonneneinstrahlung

Die Eigenschaft der Oberflächenbeschichtung von Hammerglass führe, so Bergsten, dazu, dass die UV-Strahlung zu 99,96 % nicht durchdringen könne. Ansonsten sei das Verhalten bei Sonneneinstrahlung mit üblichem Glas vergleichbar. »Aber wir haben auch ein IR-Modell (Infrarot), das ­ungefähr die Hälfte der Hitze-Einstrahlung blockiert. Das infrarote Element in der Poly­carbonat-Mischung ist dabei ­erstaunlich effektiv«, betont Bergsten. »Wenn wir mit einer Infrarotlampe auf die Scheibe leuchten, ist der Unterschied zwischen normalem Glas und Hammerglass wie Tag und Nacht. Gerade im Bereich Automotive haben wir mit IR-Scheiben eine enorme Nachfrage.«

Video

[8]
Socials

AKTUELL & SCHNELL INFORMIERT