bauMAGAZIN: Sie sind ziemlich exakt seit einem Jahr CEO der Ammann Gruppe? Wie lautet Ihr Fazit nach einem Jahr CEO?
Hans-Christian Schneider: Für mich persönlich ist es eine schöne, große Herausforderung, die ich da angetreten habe. Es macht viel Spaß. Wir sind gut unterwegs. Wir investieren in Produkte, Innovationen und Dienstleistungen und sind in den vergangen zwölf Monaten gewachsen. So haben wir unser eigenes Produktions- und Montagewerk in Brasilien in Betrieb genommen, haben ein Joint Venture mit dem indischen Marktführer gegründet und zu Beginn dieses Jahres den deutschen Betonmischanlagenhersteller Elba in Ettlingen übernommen. Außerdem erweitern wir unsere weltweiten Niederlassungen und Vertriebskanäle kontinuierlich.
bauMAGAZIN: Machen Sie als CEO etwas anders als Ihre Vorgänger in dieser Position und wie stark sehen Sie sich der Unternehmenstradition verpflichtet?
Schneider: Keine Frage: Unsere Mission, unsere Werte, die sind dieselben geblieben. Da hat sich nichts geändert. Kundenzufriedenheit und insbesondere hohe Produktivität unserer Produkte sind für mich und für die gesamte Gruppe auch weiterhin oberstes Gebot. Das gehört zu unserem Leitmotiv »Productivity Partnership for a Lifetime«. Diese Philosophie verbunden mit größtmöglicher Partnerschaft hat sich bei Ammann bewährt. Der Name des Gründers steht auch heute noch für Kundenorientiertheit, Qualität, Innovation und Glaubwürdigkeit. Dafür stehe ich in der sechsten Generation ein. Aber wir stärken jetzt auch ganz bewusst unsere Präsenz außerhalb Europas. Wir wollen uns weltweit besser aufstellen.
bauMAGAZIN: Wie beurteilen Sie als CEO eines weltweit tätigen Unternehmens die Volksabstimmung in der Schweiz, bei der eine Mehrheit der Bevölkerung für ein neues, restriktiveres Einwanderungsgesetz votiert hat?
Schneider: Ich glaube, wir Schweizer werden einen pragmatischen Weg finden, wie wir damit umgehen. Denn wir sind ein Teil Europas, und wir wollen das auch sein.
bauMAGAZIN: Aber diese Abstimmung kann doch nicht von Vorteil für Ihr Unternehmen sein?
Schneider: Ein Vorteil ist der Ausgang dieser Abstimmung meiner Meinung nach nicht. Inwiefern es ein Nachteil ist, das ist schwierig zu sagen. Wir sind als Unternehmen heute schon mit vielen Werken außerhalb der Schweiz präsent. Aber ich bin Optimist und mir sicher, wir finden einen Weg. Denn die Schweizer Geschichte zeigt doch, dass wir vom Handel leben. Wir veredeln einen Rohstoff, stellen ein Produkt her und verkaufen dieses. Das macht, sehr vereinfacht dargestellt, die Schweizer Wirtschaft aus. Deshalb wird es nicht dazu kommen, dass wir uns selbst nachhaltig schaden.
bauMAGAZIN: Ammann hat auf der Bauma ein komplett überarbeitetes Produktportfolio an Verdichtungsmaschinen und Straßenfertigern vorgestellt. Wie war die Resonanz der Kunden darauf und wie hat sich seitdem die Nachfrage nach den neuen Maschinen und Geräten entwickelt?
Schneider: Die Implementierung der neuen Motorengeneration Tier 4 interim haben wir erfolgreich für die Entwicklung und den Bau einer komplett neuen Walzengeneration genutzt. Zudem haben wir an einem neuen durchgängigen Design gearbeitet, das heute allen unseren Produkten ein einheitliches Gesicht gibt. Vergleicht man unsere Produktpalette mit der von vor fünf Jahren, dann ist da ein sehr großer Unterschied. Und ich bin überzeugt, das geht absolut in die richtige Richtung. Was einzelne Produkte betrifft: Unsere schemelgelenkte Tandemwalze ARP 95 ist weltweit das technologisch wohl beste Produkt. Sie liefert klar die beste Qualität, und das wird auch vom Markt anerkannt. Vorgestellt wurde ebenfalls die neue Generation unseres intelligenten Verdichtungsmess- und Regelsystems ACE sowohl auf den schemel- als auch auf den knickgelenkten Asphaltwalzen. Unsere ARX-Baureihe der kleinen Walzen von 1,5 t bis 4,8 t umfasst jetzt 13 Modelle mit Arbeitsbreiten von 820 mm bis 1 380 mm. Dabei werden erstmals mit den Modellen ARX 36, ARX 40 und ARX 45 Maschinen mit zwei Amplituden und zwei Frequenzen in dieser Klasse angeboten. Mit der ARX 45 mit 4,8 t Einsatzgewicht gehen wir auf Wünsche unserer Kunden ein, die eine Vibrationswalze in der 5-t-Klasse für den Asphalteinbau auf mittleren Baustellen gefordert haben. Bei den Rüttelplatten haben wir mit dem Drei-Wellen-Erregersystem ein Alleinstellungsmerkmal, und mit der neuen Stampfergeneration ist uns ein richtig guter Wurf gelungen. Das zeigen die hervorragenden Absatzzahlen.
bauMAGAZIN: Mit der Übernahme des Betonmischanlagen-Herstellers Elba in Ettlingen ist Ammann jetzt ein Komplett-Anbieter im Straßenbau. Sind weitere Akquisitionen geplant?
Schneider: Wir haben jetzt ein sehr schönes Portfolio. Die Akquisition der Firma Elba haben wir gesucht, denn deren Produkte ergänzen unser Angebot in idealer Weise. Erst einmal werden wir Elba Schritt für Schritt in die Ammann Gruppe integrieren. Weitere Akquisitionen stehen derzeit nicht zur Debatte.
bauMAGAZIN: Mit der Eröffnung eines Montagewerkes in Brasilien und der strategischen Partnerschaft mit Apollo in Indien hat sich die Ammann Gruppe internationaler aufgestellt. Können Sie diese strategische Ausrichtung näher erläutern? In welchen Regionen sehen Sie außerdem die größten Wachstumschancen, Stichwort China?
Schneider: In China haben wir seit den späten 1990er Jahren Vertriebsaktivitäten und seit 2005 auch ein eigenes Endmontagewerk für Asphaltmischanlagen. Für uns ist China ein guter und ein wichtiger Markt mit für uns sehr erfreulichen Zuwachsraten. Und wir werden unsere Präsenz dort weiter ausbauen, denn China ist mit Abstand der potenziell größte Markt. Brasilien ist grundsätzlich der wichtigste Markt in Lateinamerika, der aber gleichzeitig durch hohe Zölle staatlich geschützt ist. Wenn man in diesen Markt will, muss man dort auch produzieren. Und wir wollten und wollen rein, weil unser Markt ein globaler ist. Auch Indien ist für uns ein sehr interessanter Markt. Wir haben verschiedene Optionen geprüft und uns schließlich für das Joint Venture mit Apollo entschieden. Trotz eines derzeit eher schwierigen Umfeldes sind wir in Indien gut unterwegs.bauMAGAZIN: Die Ammann Gruppe gehört zu der Art von Unternehmen, die in Deutschland auch als »Hidden Champions« bezeichnet werden: Eigentümergeführt, hohe Eigenkapitalquote, sehr innovativ, sehr profitabel, weltweit präsent, oft Marktführer. Wie ist es Ammann gelungen, diese Stellung zu erreichen? Und wie will man diese Stellung verteidigen bzw. ausbauen?
Schneider: Ammann ist eine sehr gute Kombination aus einem Familienunternehmen auf der einen Seite und einem ganz normal betriebswirtschaftlich geführten Unternehmen auf der anderen Seite. Zum einen die schlanke Aufstellung des Unternehmens, zum anderen die langfristige Ausrichtung. Ich denke, der Schlüssel zum Erfolg ist, Know-how langfristig aufzubauen, die Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden und eine absolute Kundenorientiertheit. Dann gelingt es dauerhaft, immer wieder neue qualitativ hochwertige und innovative Produkte kreieren zu können und diese erfolgreich zu vermarkten.
bauMAGAZIN: Wie wichtig sind die deutschen Standorte Alfeld und Hennef und jetzt dann auch noch Ettlingen für den Produktionsverbund der Ammann Gruppe? Und welche Rolle spielt der deutsche Markt für Ammann?
Schneider: Ich denke, der deutsche Kunde ist einer der anspruchsvollsten weltweit. Wir entwickeln unsere neusten Produkte auch für Deutschland und Europa – und führen sie oft auch dort in die Märkte ein. Unsere deutschen Fertigungsstätten sind für uns absolute Schlüssel-Werke. Dazu gehört jetzt auch der Betonmischanlagen-Hersteller Elba in Ettlingen. In unserem Werk in Hennef produzieren wir leichte Verdichtungsmaschinen für den weltweiten Markt. In Alfeld bei Hannover werden Ammann Asphaltmischanlagen hergestellt.
bauMAGAZIN: Wie ist die Ammann Gruppe im Vergleich zu den Wettbewerbern – wie der Wirtgen Group, Atlas Copco oder Fayat – aufgestellt?
Schneider: Wir sind als Ammann Gruppe mit der Kombination von Maschinen- und Anlagenbau ziemlich einmalig. Wir versuchen, diese Symbiose unserer zwei Standbeine zu erweitern und wir glauben fest daran, dass uns das langfristig einen Vorteil bringt. Denn wir können die Produkte aus einer Hand anbieten.
bauMAGAZIN: Wo sehen Sie die Ammann Gruppe im Jahr 2020 hinsichtlich Umsatz, Standorte, Mitarbeiter etc.?
Schneider: Unser Ziel ist es, unseren Kunden effiziente, innovative und ökologische Produkte und Dienstleistungen für den Straßenbau anzubieten, und zwar weltweit. Und dabei wollen wir uns immer weiter entwickeln. Aber ich habe keine Glaskugel, in die ich schauen kann…
bauMAGAZIN: …und wann glauben Sie, erstmals einen Umsatz von einer Milliarde Schweizer Franken erwirtschaften zu können, nachdem es zum Ende 2013 rund 910 Mio. Schweizer Franken (rund 746 Mio. Euro) waren?
Schneider: Das hängt von so vielen Faktoren ab, wann wir dieses Ziel erreichen können. Eine Prognose ist deshalb schwierig. Darauf stoßen wir dann an, wenn es soweit ist.