Verhaltener Optimismus, eine neue Software und ein »Schalungskrimi« in Straßburg

Lesedauer: min

[gallery link="file" columns="4"]


Nach einem heftigen Umsatzrückgang im Krisenjahr 2009 profitiert PASCHAL jetzt von den zahlreichen Innovationen und Investitionen in den vergangenen Jahren. Dazu gehören unter anderem der Bau eines Werkes in Indien oder die Eröffnung einer Niederlassung in Bahrain, aber auch die Entwicklung des Systems PASCHAL-Ident – mit dem sich mittels eines eingebauten Transponderchips Schalungselemente individuell markieren, erfassen und verwalten lassen – oder der multifunktionalen Arbeitsplattform Multip. Neueste Innovation ist die von der PASCHAL-Tochterfirma planitec entwickelte Schalungsplanungssoftware »PASCHAL Plan light« (PPL) in der Programmversion 10.0, die erstmals auf den PASCHAL-Aktionstagen Mitte September in Steinach vor­gestellt wurde. Für die planitec-Geschäftsführer Jürgen Schnaiter und Gerhard Schmitt deckt die Neuentwicklung des 64 bit-kompatiblen und »cloud­fähigen« PPL 10.0 mit ihren zwei Modulen »Design« und »Warehouse« die »komplette Baulogistik« ab und ist dabei gleichzeitig »äußerst anwenderfreundlich«


Trotz ihres verhalten optimistischen Ausblicks auf das kommende Jahr betonte Barbara R. Vetter, dass nach den »wahnsinnigen Auswirkungen der Finanzkrise in 2009 die derzeitigen Schuldenkrisen der USA und südeuropäischer Länder nicht ernst genug zu nehmen sind«. Gleichwohl habe PASCHAL keine großen Schwankungen bei der Zahl der Beschäftigten, die sich derzeit in der gesamten PASCHAL-Gruppe auf 465 beläuft. Neben dem für das kommende Jahr prognostizierten Anstieg des Inlandsgeschäfts um zwölf Prozent sind es vor allem die Märkte in der Schweiz und in Indien, in denen PASCHAL sehr erfolgreich ist. So geht Vetter für 2011 in den nicht zur EU gehörenden europäischen Ländern von einem Umsatzplus von 23 Prozent aus, in den außereuropäischen Märkten rechnet sie mit einer Steigerung von 63 Prozent. »Diesen Sprung haben wir vor allem Indien zu verdanken«, so Vetter. In Visakhapatnam im Bundesstaat Andhra Pradesh am Golf von Bengalen hat PASCHAL in einem Joint Venture mit NCC Ltd. im April 2010 ein neues Werk in Betrieb genommen.


Insgesamt ist PASCHAL weltweit mit 21 Niederlassungen bzw. Tochtergesellschaften vertreten, unter anderem mit einem neuen Firmengebäude in Bahrain sowie in Dubai, in Algerien, Irak, Jordanien, Kasachstan und Russland. Mehr als 60 Handelspartner sowie erfahrene Fachberater sorgen für den Service, der von der Projektberatung bis hin zur Reparatur gebrauchter Schalungs- und Trägersysteme oder dem umfassenden Fortbildungsangebot reicht. Investiert hat PASCHAL aber auch in Deutschland. So wurde vor zwei Jahren am Stammsitz in Steinach eine neue Schweißhalle in Betrieb genommen.


Bei den Produktinnovationen hat PASCHAL mit der Markteinführung von PASCHAL-Ident oder der multifunktionalen Arbeitsplattform Multip für Aufsehen gesorgt in der Branche. So werden beim System Ident bei der Herstellung der Raster-Universalschalung und bei den Logo.3-Schalungen Transponderchips in die Schalungen integriert, mit denen der »komplette Lebenslauf« – wie Herstellungsdatum, Einsatzdaten, Einsatzorte, technischer Zustand oder Zeitwert – eines Schalungselements mittels einer Software erfasst wird und jederzeit abgerufen werden kann. »Diese exakte Identifizierung erleichtert die Finanzierung und kann Liquiditätslücken verhindern«, sagte Barbara R. Vetter, »und das ist ein großer Vorteil.« Beim Leasing profitiere der Bauunternehmer zudem von den »positiven Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote«.


Die ebenfalls von PASCHAL entwickelte multifunktionale Arbeitsplattform Multip leistet laut Hans-Peter Steiner, leitender Ingenieur und zuständig für die technische Dokumentation der PASCHAL-Produkte, »einen großen Beitrag zur Arbeitssicherheit beim Ein- und beim Ausschalen«. Trotz der verhältnismäßig hohen Investition amortisiere sich diese klappbare Arbeitsbühne aus Stahl durch die eingesparte Zeit bei den Lohnstunden und die längere Lebensdauer, sagte Steiner. »Von den betriebswirtschaftlichen Folgen eines Arbeitsunfalls ganz abgesehen«, so Steiner, »bedeutet sicherer, auch schneller arbeiten zu können.« Das Thema Sicherheit steht auch ganz oben auf der Agenda beim aufwendigen Umbau der Straßburger National- und Universitätsbibliothek, der zweitgrößten in Frankreich. Der zwischen 1889 und 1894 gebaute Gebäudekomplex wird derzeit für rund 61 Mio. Euro komplett umgebaut, wobei die besondere Schwierigkeit darin besteht, dass die Außenfassade, zahlreiche innere Strukturen sowie das Dach bestehen bleiben sollen. »Der schwierigste Teil des Umbaus besteht in der Entkernung und Unterstützung des Mittelbaus, der von der weithin sichtbaren viereckigen Kuppel gekrönt wird, von der kein Zugang möglich ist«, erläuterten Frank G. Gerigk, bei PASCHAL verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, sowie PASCHAL-Fachberater Christian Bordier, der die Arbeiten vor Ort koordiniert.


Weil die Platzverhältnisse so eingeschränkt sind, dass herkömmliche Arbeitsgerüste an Schalungen nicht eingesetzt werden können, schwere Betonarbeiten aber in 24 m Höhe ausgeführt werden mussten – ohne dass ein Kran die Materialien durch die Kuppel reichen konnte –, entschied man sich für folgende Vorgehensweise: Die statisch nicht wirksamen Gebäudebestandteile wurden entfernt und ein etwa 24 m hohes Lehrgerüst aus vier Türmen erstellt, das die Last der Kuppel aufnimmt. An den vier Ecken des Mittelbaus wurde in größtmöglicher Höhe, also unterhalb der Stützkonstruktion der Kuppel, jeweils ein Schwenkarm eines Hubkranes mit einer maximalen Belastung von 1,5 t installiert. Es wurde auf dem Gerüst ein viereckiger Unterzug aus Ortbeton erstellt, auf dem die Kuppel aufliegt. Zusammen wiegt allein diese Konstruktion über 600 t. An den frei gehaltenen Ecken wachsen L-förmige, mit 32 mm-Armierung versehene Betonsäulen dem Unterzug entgegen, die letztlich die Gesamtlast tragen. Zwischen den Säulen und den tragenden Wänden gibt es einen Abstand von lediglich 1,5 m. Sobald der statisch-konstruktive Anschluss an den Unterzug gelungen ist, werden die Stützgerüste rückgebaut und der Innenausbau kann beginnen.


»Die Betonarbeiten erwiesen sich unter diesen schwierigen Umständen als höchst anspruchsvoll«, so Gerigk. »In allen Planungs- und Ausschreibungsphasen sprangen jene ab, die das Projekt in der gewollten Form für technisch oder kostenmäßig nicht machbar hielten. Letztlich kristallisierte sich PASCHAL als einziger Dienstleister heraus, der ein tragfähiges Konzept besaß.« Dieses sah wie folgt aus: Der Unterzug ist 0,8 m breit, 1,1 m hoch und mit jeweils 14,58 m quadratisch geformt. Die Ecken der Längsseiten sind dabei um jeweils 1,45 m länger als jene der Querseiten, was der Konstruktion grob die Form eines H gibt. Geschalt wurde mit liegenden, bis zu 2,7 m langen Elementen des Schalsystems Logo.alu, das aufgrund seines geringen Gewichtes leicht und gut zu handhaben ist – in der Beengtheit unter der Kuppel eine notwendige Voraussetzung. Die Logo.alu kann in 1 cm-Schritten auf die erforderliche Länge angepasst werden, und so fielen auch die lästigen bauseitigen Restmaßausgleiche an dieser Stelle weg. Als Unterstützung wurde PASCHAL Deck eingesetzt.


Als Schalsystem für die L-förmigen, 3,8 x 3 m messenden, 0,6 m dicken Pfeiler wurde die Logo.3 gewählt. Die Logo.3 nimmt 70 kN/m² Frischbetondruck auf, nach DIN 18218 mit ihrem profilierten Flachstahlrahmen, der sich besonders für beengte Verhältnisse eignet. Ein Höhentakt war 2,94 m hoch; sieben gab es davon, und der achte bzw. der Anschlusstakt wurde erneut mit der Logo.alu geplant. Ab dem vierten Höhentakt betrugen die Weiten nur noch 3 x 3 m, was sich auch vielgestaltig in den Planungen niedergeschlagen hat, denn Spannstellen, Elementmaße und Arbeitsgerüste mussten dementsprechend voreingestellt werden. Die Logo.3 wurde als Kletterschalung mit Nachlaufgerüst eingesetzt. Alle zwei Tage wurde ein Takt erstellt. Insgesamt waren zwei Schalsätze im Einsatz, die an diagonal gegenüberstehenden Pfeilern eingesetzt wurden.


Weil es ein serielles Arbeitsgerüst für Schalungen, das zwischen die engen Wände passt und zudem die höchsten Sicherheitsanforderungen erfüllt, nicht gibt, entwickelte die PASCHAL Konstruktionsabteilung zudem zwei gänzlich neue Klettersysteme (jeweils eines für die Vorder- und Hinterseite). Diese haben nur 1,05 m schmale Konsolen, in denen fest installierte Leitern integriert sind. »Das war ein echter Schalungskrimi«, so Gerigk und Bordier, »von dessen Ausgang heute alle begeistert sind.«


Von Michael Wulf

[3]
Socials

AKTUELL & SCHNELL INFORMIERT