Sanierung unter Insolvenzschutz: Effektive Wege aus der Krise

Mehr als 20 000 Unternehmen beantragen im Jahr ein Insolvenzverfahren. Damit werden regelmäßig Werte bis zu 40 Mrd. Euro und mehr als 100 000 Arbeitsplätze vernichtet. Dabei wären tausende ­insolvenzgefährdete Unternehmen zu retten, wenn sich die Verantwortlichen rechtzeitig mit einer Sanierung unter Insolvenzschutz auseinandersetzen würden. Das betont Robert Buchalik, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Wirtschaftskanzlei und Unternehmensberatung Buchalik Brömmekamp mit Sitz in Düsseldorf. Er hat seit Inkrafttreten des »Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen« (ESUG) im Jahr 2012 rund 140 Unternehmen durch eine Eigenverwaltung begleitet.

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Viele Unternehmen meiden ein gerichtliches Verfahren und melden erst Insolvenz an, wenn auch die letzten finanziellen Reserven erschöpft sind. Gleichzeitig verschleppen Untersuchungen zufolge rund zwei Drittel der Geschäftsführer die Insolvenz um fast ein Jahr, verstoßen damit gegen geltendes Recht und machen sich strafbar. Mit dem ESUG wollte der Gesetzgeber die Stigmatisierung der Insolvenz überwinden und Unternehmen in einer Krisensituation den Weg ebnen, sich über eine Insolvenz zu sanieren.


Rund 1 300 Unternehmer haben seither ein Eigenverwaltungsverfahren im Rahmen des ESUG genutzt. Im Eigenverwaltungsverfahren erhalten Unternehmer eine realistische Chance, Arbeitsplätze zu erhalten, Know-how zu sichern und die Firma zu retten. Am Ende des Verfahrens steht ein Sanierungsplan, der die Entschuldung des Unternehmens sowie die Befriedigung gesicherter und ungesicherter Gläubiger regelt. Diesem Plan müssen die Gläubiger zustimmen.

Bis zu drei Monate Insolvenzgeld

Das ESUG eröffnet betroffenen Unternehmern Möglichkeiten, Liquidität zu generieren, die sie für die Sanierung benötigen. Löhne und Gehälter werden bis zu drei Monaten als Insolvenzgeld aus einem Topf gezahlt, der allein aus Arbeitgeberbeiträgen gefüllt wird.

Während des meist dreimonatigen vorläufigen Verfahrens zahlen betroffene Unternehmen im Ergebnis weder die Umsatzsteuerzahllast noch Lohnsteuer oder sonstige Steuern. Weiterhin können sie sich von zu teuren Liefer- und Mietverträgen und verlustreichen Kundenaufträgen befreien.

Wie im Regel­insolvenzverfahren müssen und dürfen Rechnungen, die bis zur Antragstellung noch offen sind, nicht mehr gezahlt werden. Die ungesicherten Gläubiger erhalten einen geringen Teil ihrer Forderungen erstattet, der Rest gilt als erlassen. Diese Anreize sollen Unternehmen bewegen, frühzeitig eine Insolvenz als Sanierungsoption ins Auge zu fassen. Das dient dem Erhalt von Arbeitsplätzen sowie von Kunden- und Lieferantenbeziehungen.

Insgesamt nutzten 2016 etwa 250 insolvenzgefährdete Unternehmen die Option zur Sanierung. Von den knapp 22 000 Unternehmensinsolvenzen 2016 eigneten sich allenfalls 500 bis 600 für ein solches Verfahren. Von den 100 größten von einer Insolvenz betroffenen Unternehmen haben in 2016 fast 70 % das Eigenverwaltungsverfahren als Sanierungsinstrument genutzt.

Unternehmen in einer Krisensituation, die noch ausreichend Liquidität besitzen, um die Verfahrenskosten zu finanzieren und ein belastbares operatives Sanierungskonzept umsetzen, können damit im Einklang mit den Gläubigern ihr Unternehmen wieder wettbewerbs- und marktfähig aufstellen.    §

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