Rekord-Umsatz im Jubiläumsjahr: »Bleiben auf Wachstumskurs und unseren Prinzipien treu«

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Bilder @ Michael Wulf


Das erklärten Jürgen und Stefan Wirtgen, die Söhne des Firmengründers und geschäftsführende Gesellschafter der Wirtgen Group, bei den 5. Technologietagen mit rund 3600 Gästen aus mehr als 80 Ländern im neuen Vögele-Werk in Ludwigshafen und betonten, dass sie weiterhin »sehr stark an den Produktionsstandort Deutschland glauben«. So habe man sich in den vergangenen fünf Jahren »auf den Bau von vier komplett neuen Werken« für die Marken Wirtgen, Vögele, Hamm und Kleemann konzentriert. Allein in den Jahren von 2008 bis 2010 beliefen sich die Investitionen auf rund 405 Mio. Euro. »Wir setzen unseren Wachstumskurs fort und haben mit unseren vier Werken in Deutschland eine phantastische Plattform für die Zukunft. Die Wirtgen Group steht auch im 50. Jahr ihres Bestehens für Stabilität, Kontinuität und Wachstum.«


 


Das sieht man bei der Wirtgen Group auch als einen der Hauptgründe dafür an, dass die Firmengruppe mit 55 Niederlassungen und mehr als 100 Händlern weltweit die Finanz- und Wirtschaftskrise unbeschadet überstanden und sogar seine Marktanteile ausgebaut hat. »«Weil wir weltweit auf allen Märkten vertreten sind, sind wir weniger anfällig«, sagte Jürgen Wirtgen im Gespräch mit dem bauMAGAZIN. »Und natürlich haben wir auch Vorteile aufgrund unser Investitionen. Denn in den neuen Werken ist die Produktivität sehr hoch, was uns in Krisenzeiten zugute kommt, denn dadurch können wir unsere Marktanteile ausbauen. Wir erwarten für dieses Jahr zweistellige Wachstumsraten bei allen vier Marken.«


Für beide Brüder steht es außer Frage, dass die Wirtgen Group als Familienunternehmen mit insgesamt rund 5000 Mitarbeitern »immer die langfristigen Perspektiven sieht und seine Wachstumsstrategie dementsprechend ausrichtet«. So seien die beiden Geschäftsbereiche Straßenbau und -sanierung und Mineral Technologie »langfristige Wachstumsmärkte«. Weshalb die »oft monatlich wechselnde Nachrichtenlage« – wie im Fall der aus den Finanzkrisen resul­tierenden Börsenturbulenzen – nicht relevant sei für die Wirtgen Group. »Wir lassen uns in unseren Entscheidungen nicht durch kurzfristige Entwicklungen lenken«, sagte Stefan Wirtgen. »Wir bleiben unseren Prinzipien treu und setzen langfristig auf einen starken Wachstumstrend, auch wenn 2012 ein etwas schwierigeres Jahr werden könnte.«

Umsatz steigt auf rund 1,8 Mrd. Euro


Für dieses Jahr erwarten Jürgen und Stefan Wirtgen aber noch einmal ein kräftiges Umsatzplus von rund 1,8 Mrd. Euro nach 1,565 Mrd. Euro in 2010 und 1,18 Mrd. Euro in 2009. Im Einzelnen geht man bei den vier Kernmarken für 2011 von folgenden Umsatzsteigerungen aus: Wirtgen GmbH plus 8,7 % auf 550 Mio. Euro (Vorjahr 506), Vögele AG plus 15,4 % auf 375 Mio. Euro (325), Hamm AG plus 31,6 % auf 275 Mio. Euro (209) und Kleemann GmbH plus 38,9 % auf 107 Mio. Euro (77). In Stückzahlen gerechnet, will die Wirtgen Group in diesem Jahr knapp 10000 Maschinen absetzen nach rund 7 500 im vergangenen Jahr. Dabei entfallen, so die Prognose, auf Wirtgen 1 850 (+11,7 %), auf Vögele 1 900 (+21,7 %), auf Hamm 5800 (+42,2 %) und auf Kleemann 270 Maschinen (+86,2 %).

Strategie ist die richtige


Diese positive Entwicklung ist für Jürgen und Stefan Wirtgen der klare Beweis dafür, dass die Fokussierung der Wirtgen Group auf die Bereiche Straßenbau und -sanierung und Mineral Technologie mit einem Produktportfolio von derzeit insgesamt 137 Maschinen, von denen es 438 Typen mit 6157 Optionen gibt, die richtige strategische Entscheidung gewesen ist. »Wir sind klarer Weltmarktführer bei Kaltfräsen, Recyclern, Asphaltfertigern, Tandemwalzen und Surface Minern«, so Jürgen Wirtgen, »und unser Ziel ist es, diese marktführende Position weiter auszubauen.« Vor allem der Bereich Sur­face Mining habe sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt. »Mittlerweile sind wir mit allen großen Mining-Gesellschaften der Welt ins Geschäft gekommen.«


Durch den Bau der vier neuen Werke in Deutschland – derzeit werden weitere 40 Mio. Euro in den Stammsitz Windhagen investiert – habe man jetzt eine »phantastische Plattform« dafür, um in den wachstumsstarken Regionen der Welt wie in China, Brasilien oder Indien weiter zu expandieren. »Wir konzentrieren uns jetzt darauf, in diesen Emerging Markets ähnliche Plattformen zu installieren wie in Deutschland«, sagte Stefan Wirtgen. So habe man im Sommer im indischen Pune ein neues Werk eröffnet, in dem Hamm zunächst spezielle Walzenzüge für den indischen Markt produziert. Künftig wolle man aber in Indien das »ganze Leistungspaket« anbieten. »Grundsätzlich wollen wir uns in den Emerging Markets genauso präsentieren wie in Deutschland.«


Dort war der Bau des neuen Vögele-Werks in Ludwigshafen für 100 Mio. Euro die »größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte«, so Vögele-Vorstand Bernhard Düser. Im »modernsten Fertiger-Werk der Welt« garantiere beispielsweise die 4,2 Mio. Euro teure und lösungsmittelfrei arbeitende Pulverbeschichtungsanlage höchste Oberflächenqualität. Kurze Durchlaufzeiten und optimierte Materialprozesse sorgten zudem für eine sehr flexible Produktion, mit der auf Kundenanforderungen schnell reagiert werden könne. Aufgrund der hohen Lagerverfügbarkeit – in Ludwigshafen ­lagern Ersatzteile im Wert von 18 Mio. Euro – habe man auch die Ersatzteilversorgung weiter optimiert, weshalb 93 % aller bis 18 Uhr bestellten Teile am gleichen Tage ausgeliefert werden. Produziert werden in Ludwigshafen 24 unterschiedliche Maschinenreihen, darunter auch das neue Flaggschiff Super 3000-2, »der Airbus unter den Fertigern« (Stefan Wirtgen), oder der auf den Technologietagen erstmals gezeigte Offset-Beschicker MT 3000-2.


Laut Düser hat Vögele seine marktbeherrschende Position auch in Deutschland weiter ausbauen können. »Man sieht immer mehr gelbe Dächer auf Straßenbaustellen«, sagte Düser und verwies darauf, dass Vögele im vergangenen Jahr rund 220 Fertiger in Deutschland ausgeliefert habe, und das bei einem Gesamtmarkt von 260 bis 270 Maschinen. Eingestellt habe man sich auch darauf, dass in Deutschland immer weniger Straßen neu gebaut werden. »Wir haben spezielle Maschinen entwickelt«, so Düser, »die extra für die Sanierung von Straßen ausgelegt sind.« Verneint wurde in diesem Zusammenhang von Stefan Wirtgen die Frage, ob der Konzern sein Portfolio erweitern will und künftig eventuell auch Straßenkehrmaschinen herstellen will. »Das gehört zum Bereich Kommunaltechnik und hat nicht direkt etwas mit dem Straßenbau oder der Straßensanierung zu tun.«


Neben dem neuen Autopiloten für Gleitschalungsfertiger und der Kaltfräse W 220, die in Ludwigshafen ihre Weltpremiere feierte (Seite 30) und die Kaltfräsen-Palette »nach oben abrundet« (Stefan Wirtgen), sorgten vor allem die neuen Hamm-Walzenzüge H 20i und H 18i (Seite 21) bei den Technologietagen für Aufsehen. Das Kürzel »i« kennzeichnet jene Maschinen der Wirtgen-Group, die schon die neuen Abgasvorschriften der Stufe III B/Tier IV interim erfüllen. »Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit«, so Stefan Wirtgen, »dass wir alle Anforderungen der neuen Abgasvorschriften fristgerecht erfüllen.« Er verhehlte allerdings nicht, dass der Einbau der neuen, abgasärmeren Motoren »eine große Herausforderung« sei, weil diese Aggregate wesentlich mehr Platz benötigten, weil sie unter anderem einen höheren Kühlluftbedarf hätten.

»Sehr hohe Produktivität«


Äußerst zufrieden zeigten sich die Wirtgen-Brüder auch mit der Entwicklung der Marke Kleemann, die jetzt eine komplette Palette an mobilen Brechern mit EVO-Technik anbieten kann: die Mobirex-Reihe 110 bis 130 mit optionaler Doppeldeckvorabsiebung. »Diese Brecher haben eine sehr hohe Produktivität«, so Stefan Wirtgen, denn erstmals sei bei einer Brechergeneration berücksichtigt worden, dass das Material beim Aufbruch mehr Volumen bekomme. Das erhöhe den Materialfluss und steigere so auch die Leistung der Maschinen. Jürgen Wirtgen kündigte an, dass die Wirtgen Group sich mit den »hochtechnischen Produkten« der Marke Kleemann in den kommenden Jahren im Bereich der mittelgroßen Hersteller von mobilen Brechanlagen etablieren wolle. »Unser Ziel ist es nicht, von den Stückzahlen her mit den Großen wie Metso oder Terex in Konkurrenz zu treten. Aber ich denke, dass wir aufgrund unserer Konzernstruktur im Vergleich zu anderen mittelgroßen Herstellern Vorteile haben.«

»Brauchen gute Verkehrswege«


Kritik übt Jürgen Wirtgen an der derzeitigen Situation im Straßenbau in Deutschland. »Die Politik müsste langfristiger agieren im Straßenbau, denn der Verkehr wird in Deutschland in den kommenden Jahren weiter zunehmen«, sagte er im Gespräch mit dem bauMAGAZIN. »Trotz des technologischen Fortschritts in den vergangenen Jahren hinsichtlich des Ausbaus und der Bedeutung des Internets braucht man gut ausgebaute Verkehrswege, um Waren und Güter zu transportieren. Denn das kann die virtuelle Welt einfach nicht leisten.«


Von Michael Wulf

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