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Rammer: »Wir wollen anders sein als die anderen«

Erfunden hat Rammer den Hydraulikhammer nicht, diese Ehre gebührt anderen.

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»Dafür haben wir 1978 mit dem legendären S800 den ersten Hydraulikhammer mit einem Dienstgewicht von 2 t auf den Markt gebracht, was damals eine Sensation war«, sagt Jens Schwark, für das finnische Unternehmen mit Stammsitz in Lahti Verkaufsleiter Zentraleuropa und als solcher für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. »Und wir sind der Erfinder des schallgeschützen Hydraulikhammers, bei dessen Markteinführung 1991 unsere Wettbewerber noch geschmunzelt haben.« Heute zählt Rammer, seit dem Jahr 1989 Teil des schwedischen Weltkonzerns Sandvik, zu den drei größten Herstellern von Hydraulikhämmern weltweit und feiert im Juni mit einem großen Fest sein 40-jähriges Bestehen. »Uns zeichnet vor allem eines aus«, betonte Jens Schwark beim Redaktionsbesuch im SBM Verlag in Kempten im Gespräch mit bauMAGAZIN-Chefredakteur Michael Wulf: »Wir sind ein relativ kleines Unternehmen, das Entscheidungen extrem schnell umsetzt. Unsere Hauptcharakteristika sind schnell, innovativ, kundenorientiert.« Im Jubiläumsjahr 2018 strebt Rammer ein Umsatzplus von 15 % an, so Jens Schwark, und will dabei auch mit den Hämmern der neuen Performance Line punkten. Aber auch mit dem immer umfangreicheren Portfolio an Abbruchwerkzeugen will Rammer seine Marktanteile erhöhen. »Ziel ist es, die ›Nummer 1‹ oder ›Nummer 2‹ in den Märkten zu sein, in denen wir präsent sind«, so Jens Schwark.

bauMAGAZIN: Rammer feiert 2018 seinen 40. Geburtstag. Wie würden Sie Rammer als Unternehmen charakterisieren im Vergleich zu Wettbewerbern, wie Atlas Copco, Montabert, FRD, NPK, Indeco oder Soosan?

Jens Schwark: Vom Anbeginn der Zeit haben wir uns auf die Fahnen geschrieben: Wir wollen anders sein als die anderen. Also nicht auf eingefahrenen Wegen hinterherlaufen. Wir sind ein relativ kleines Unternehmen, das Entscheidungen extrem schnell umsetzt. Unsere Hauptcharakteristika sind schnell, innovativ, kundenorientiert.

bauMAGAZIN: Die Kernkompetenz von Rammer liegt bei den Hydraulikhämmern. Was unterscheidet einen Rammer-Hammer von einem Hammer der anderen Hersteller?

Schwark: Der erste wichtige Punkt ist: Unsere Hämmer werden exakt so gebaut, wie vom Kunden nachgefragt. Es gibt ganz umfangreiche und aufwendige Erprobungsreihen, die wir zusammen mit unseren Kunden machen. Wir konstruieren also nach Kundenwünschen, wie es so schön heißt, und nicht anders herum. Das Zweite ist: Die Kunden können unsere Hämmer selbst reparieren, sollte das notwendig sein. Die Hämmer sind extrem servicefreundlich, man braucht kein Spezialwerkzeug. Zusammengefasst kann man es so formulieren: Wie bieten ein sehr leistungsfähiges Werkzeug mit sehr geringen Unterhalts- und Servicekosten, also ein stimmiges Paket. Denn wir wollen ja auch in den Märkten präsent sein, in denen der Bediener oder auch der Servicemann vielleicht nicht so ein großes technisches Verständnis hat wie beispielsweise in Europa. Und dafür braucht man wirklich Hämmer, die für einen einfachen Service konstruiert sind. So ein Hammer hat eine Gewährleistung von ein bis drei Jahren, in denen unsere Händler den Service übernehmen. Ist die Gewährleistung abgelaufen, kann der Kunde anhand der bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Reparaturunterlagen den Hammer selbst warten und gegebenenfalls reparieren. Denn wir wollen keine versteckten Kosten produzieren.

bauMAGAZIN: Rammer bietet seit der Steinexpo zwei verschiedene Hammer-Reihen an: Die Excellence Line und die Performance Line. Was zeichnet diese beiden Produktreihen aus?

Schwark: In der Excellence Line steckt das komplette Know-how von Rammer – also alles, was wir technisch zu bieten haben. Das sind alles Hochleistungshämmer. Die auf der Steinexpo neu vorgestellten vier Modelle der Performance Line sind im Prinzip eine auf Schallschutz, Schmieranlage und Leerschlagschutz reduzierte Version, mit der wir auf die Marktanforderungen reagieren. Wir wollen damit eine Alternative bieten für neue Kunden, die auf der Suche nach einer kostengünstigen Investition sind. Wir bieten ihnen mit der Performance Line Werkzeuge eines Marken-Herstellers, dessen globales Netzwerk große Vorteile bietet.

bauMAGAZIN: Ist die Performance Line eine Wortneuschöpfung oder eine Weiterentwicklung der Bretec-Hämmer, die ja auch ein Rammer-Produkt sind?

Schwark: Bretec ist eine ganz alte Handelsmarke, die wir uns irgendwann einmal gesichert haben. Der Plan war, damit den Massenmarkt in Asien zu beliefern. In der Performance Line nutzen wir jetzt einige Bretec-Komponenten, wie die bewährten und in großen Stückzahlen verkauften Schlagwerke, und ergänzen diese mit Rammer-Technologien, wie der On-Board-Service-Anzeige Ramdata oder der automatischen Schmieranlage Ramlube. Und damit können wir den Kunden ein preisoptimiertes Werkzeug anbieten. Mit der Reihe Pro Line haben wir zudem seit 1995 eine Tunnelserie im Portfolio. Die Marke Bretec gibt es weiterhin, aber nur in den Märkten, die extrem preissensibel sind.


bauMAGAZIN: Das heißt also, es gibt drei Hammer-Serien…

Schwark: …und zwar die Excellence Line mit den Hochleistungshämmern, die neue Performance Line mit den durch Rammer-Technologie optimierten Bretec-Hämmern, und für ganz bestimmte Märkte haben wir noch die Bretec-Option.

bauMAGAZIN: Nachdem Rammer von Sandvik im Jahr 1998 übernommen worden ist, verschwand Rammer als Marke und die Hämmer trugen das Logo von Sandvik. 2012 wurde diese Entscheidung revidiert, und es gab die »Wiedergeburt« der Marke Rammer. Was waren die Gründe für die Entscheidung?

Schwark: Ein sensibles Thema. Ich versuche es mal mit folgender Formulierung: Vielleicht ist bei der Zusammenführung mit der Marke Sandvik nicht alles optimal gelaufen. Es gab ja das Vertriebs­konzept, dass wir als Sandvik Mining and Construction Central Europe mit Sitz in Essen alle Sandvik-Produkte vertreiben: von den zig Millionen Euro teuren Anlagen, wie Bohrmaschinen für den Untertageeinsatz oder große Brech- und Siebanlagen, bis zum Rammer-Hammer, bei dem auch ein Meißel im Wert von gerade einmal einhundert Euro geliefert werden musste. Oder ein kleiner Hammer für ein paar tausend Euro. Und wenn’s ein großer war, dann ging es um 80 000 Euro. Der Fokus lag aber, logischerweise, auf den großen Zahlen. Deshalb kam es zur Diskussion, die Marke Rammer wieder aufleben zu lassen. Dafür wurde folgende Konstruktion gewählt: Das Werk beliefert die Rammer-Händler in den Ländern direkt, die dann auch für Service und Marketing zuständig sind. Eine eigene Organisation vor Ort gibt es nicht mehr. Also ganz kurze Entscheidungswege. Und deshalb heißt es seit 2012: »Rammer is back!« Aber klar: Wir sind weiter ein Teil von Sandvik, unbestritten.

bauMAGAZIN: Wie hat sich Rammer seitdem weltweit ent­wickelt?

Schwark: Wir haben unseren Umsatz mehr als verdoppelt. Von den Stückzahlen her gesehen liegen wir im weltweiten Ranking derzeit zwischen Platz zwei und drei. Die Mitspieler dabei sind nach wie vor NPK, Atlas Copco, FRD und Montabert.

bauMAGAZIN: Von 0,6 t bis 120 t – Rammer ist in allen Hammer-Gewichtsklassen präsent. Wie ist das Ranking hinsichtlich Stückzahlen und Umsatz?

Schwark: Wir produzieren hochwertige Hämmer. Weshalb klar ist: Bei den kleinen Hämmern können wir noch wachsen. Wir produzieren relativ teuer, dafür sind unsere Hämmer auch sehr leistungsstark. Aber der Massenmarkt richtet sich nach dem Preis. Aber so günstig können wir in Lahti nicht produzieren. Bei den großen Hämmern passt es wieder. Da sind wir richtig stark. Bei den kleinen Hämmern haben wir fraglos Potenzial. Und wir haben da auch für die Zukunft einige Ideen. Mal schauen.

bauMAGAZIN: Wie hoch ist die Fertigungstiefe bei Rammer?

Schwark: Die ist sehr hoch. In unserem Werk in Lahti haben wir die größte Härterei Skandinaviens. Das ist schon einmal ein ganz wichtiger Fakt. Außerdem haben wir jetzt ein neues Meißel-Werk etwas außerhalb von Lahti in Betrieb genommen. Wir produzieren alle Meißel selber – alle! Die Produktion ist voll automatisiert, alles läuft mit Robotern. Unser Werk ist kein Montagewerk, sondern es wird dort gehärtet, gefräst, geschliffen und poliert. Und ganz wichtig: Wir können stehend schleifen. Das ist eine hochpräzise Fertigung.

bauMAGAZIN: Sind die Rammer-Abbruchwerkzeuge ebenfalls selbst entwickelte und produzierte Werkzeuge, oder gibt es OEM-Partnerschaften?

Schwark: Diese Werkzeuge werden momentan für uns gebaut und erhalten dann das Rammer-Brand. Was Service, Verarbeitung, Gewährleitung oder Logistik betrifft, werden diese Werkzeuge so behandelt, als wäre sie ein in Lahti produziertes Rammer-Werkzeug. Wir arbeiten aber daran, diese Werkzeuge mehr und mehr – wie wir sagen – zu ›rammerisieren‹. Das realisieren wir in Lahti in unserem Forschungs- und Entwicklungscenter, immer in ganz enger Abstimmung mit unseren Kunden und Händlern.

bauMAGAZIN: Es gibt immer mehr Bagger-Hersteller, die unter ihrem Namen auch Hydraulikhämmer als Anbaugeräte an­bieten? Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Gehört Rammer dort zu den OEM-Partnern?

Schwark: Wir hatten mit Caterpillar und Kubota große OEM-Partner. Diese Ehen sind geschieden worden, unter anderem, weil der Preisdruck bei uns nicht mehr darstellbar war. Wir sind aber noch im OEM-Geschäft tätig, beispielsweise mit Stanley Black & Decker in den USA oder Takeuchi in Großbritannien. Und es gehört zu unseren Zielen, dieses OEM-Geschäft mit weiteren Partnern auszubauen. Den Massenmarkt können wir nur auf diesem Weg erreichen. Da gibt es natürlich einen Zielkonflikt, aber den halten wir aus.

bauMAGAZIN: Wie ist der Vertrieb bei Rammer organisiert, vor allem auch in der DACH-Region? Welches sind die wichtigsten Märkte?

Schwark: Ich bin für die DACH-Region zuständig, flächenmäßig das kleinste Vertriebssystem bei Rammer. Wir arbeiten mit Baumaschinen- oder Anbaugerätehändlern zusammen. Die bestellen unsere Produkte über ein Online-Portal direkt im Werk in Lahti. Und wir können auf jede Anfrage, auf jeden Gewährleistungsantrag schnell reagieren. Das spart Zeit und Kosten. Wir haben in Rafael López einen Geschäftsführer und Verkaufsleiter, der die Arbeit des Rammer-Vertriebsteams weltweit koordiniert. In den Märkten, in denen vor allem die Qualität der Werkzeuge das entscheidende Kriterium ist, wissen die Kunden, was sie wollen. Sie investieren in Leistung, Service, Verfügbarkeit – eben in Qualität. Und deshalb kaufen diese Kunden unsere Hämmer, die bekanntlich nicht ganz links auf der Preisschiene positioniert sind.

bauMAGAZIN: Wie viele Händler hat Rammer in der DACH-­Region?

Schwark: Insgesamt sechs: In Österreich ist das Eisenwagen, in der Schweiz Avesco. In Deutschland heißen unsere Partner Nagel, Ramb, Swecon und BIK. Summa summarum sind das mit allen Niederlassungen und Vertriebsbüros in der DACH-Region gut 150 Anlaufstellen für unsere Kunden.

bauMAGAZIN: Wie hat sich der Markt für Rammer in Zentral­europa in den vergangenen Jahren entwickelt angesichts der ­guten Verkaufszahlen im Baumaschinenbereich in Großbritannien, Deutschland, Skandinavien oder auch jetzt wieder in Frankreich?

Schwark: Bei uns als ein Hersteller von Anbau­geräten gibt es einen sogenannten Nachsaugeffekt. Wenn die Verkaufsstückzahlen bei den Baggern auf dem Zenit sind, dann sind wir im Tal der Tränen. Denn die Kunden investieren in ihr großes Equipment, in ihre Trägerfahrzeuge. Wenn sich diese Stückzahlen konsolidieren und diese Welle an Schwung verliert, dann laufen wir hinterher, so ungefähr mit einem Jahr Verzögerung. Also wenn diese neuen Maschinen ein bis zwei Jahre im Einsatz sind, dann zieht der Markt für Anbaugeräte an.

bauMAGAZIN: Jetzt sind die Prognosen ja so, dass in Zentral­europa die Wachstumsraten nicht mehr so hoch sein werden wie in den zurückliegenden zwei Jahren. Bedeutet das, dass jetzt für Rammer das richtige Geschäft beginnt?

Schwark: Genau! Wir wollen dieses Jahr ein Plus von 15 % erwirtschaften. Und die ersten Ge­sprä­che oder auch Aufträge zeigen uns, dass es in diese Richtung geht. Wir haben das mit unseren Händlern so durchgesprochen. Die 15 %, das ist eine Zahl, die funktioniert. Vor allem auch, weil es für die Abbruchwerkzeuge einen sehr großen Markt gibt. Dort wollen wir mit der Hilfe unseres Händlernetzes unsere Marktanteile ausbauen. Darüber hinaus werden wir unser Hydraulikhammer-Portfolio erweitern. Zum Jubiläumsfest wird es beispielsweise in der Performance Line einen neuen Hammer mit einem Dienstgewicht von 1 000 kg geben. Außerdem arbeiten wir an der Version 3 unserer On-Board-Service-Anzeige Ramdata. Damit werden dann vom Sommer an alle Hydraulikhämmer von einem Dienstgewicht von 870 kg an serienmäßig ausgerüstet.

bauMAGAZIN: Welche Märkte sind für Rammer die Wachstumsmärkte der Zukunft?

Schwark: Beispielsweise haben wir uns eine Marktstrategie für Japan überlegt. Denn das ist immer noch ein Riesenmarkt für Hydraulikhämmer, allerdings auch ein sehr konservativer Markt, in dem bislang vor allem einheimische Produkte wie FRD oder NPK nachgefragt wurden. Wir sind jetzt dabei, dort Strukturen aufzubauen. Außerdem erwarten wir uns in Südamerika nach den vielen politischen Turbulenzen in den vergangenen Jahren einen Nachsaugeffekt. Und der Markt in der Golf-Region fällt und steht mit dem Ölpreis.

bauMAGAZIN: China ist mittlerweile wieder ein wachsender Markt…

Schwark: …in dem wir nicht so preisgünstige Geräte anbieten können, wie es dort durch die einheimischen Unternehmen der Fall ist. Und deshalb tun wir uns dort wirklich schwer. Wir können und wollen nicht zu diesen Konditionen produzieren.

bauMAGAZIN: In welcher Position sehen Sie Rammer beim 50. Geburtstag?

Schwark: Wir wollen die »Nummer 1« oder die »Nummer 2« sein in den Märkten, in denen wir präsent sind. Das ist unser Ziel, auf das wir hinarbeiten. Mit unserer Sparte Breakers liefern wir im Sandvik-Konzern eine hervorragende Performance. Wir haben alle die uns gestellten Aufgaben abgearbeitet und derzeit die besten Zahlen. Und deshalb gab’s Anfang Januar auch ein spezielles Lob vom Sandvik-Präsidenten.    ß

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