Hochschule München: Erstes Hochbauwerk aus Recycle-Beton entsteht vor Ort

Unter dem Motto »Bauen statt deponieren« läuft derzeit ein Modellprojekt auf dem Gelände der ehemaligen »Bayernkaserne« in München: Bauschutt der abgerissenen Gebäude soll hier vollständig für neue Bauwerke genutzt werden.

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Vor drei Jahren wurde mit dem Abbruch der in den 1930er-Jahren errichteten Gebäude begonnen. Der »Rückbau« wird 300 000 t Beton-, Ziegel- und Mörtelreste hinterlassen. Für Andrea Kustermann bietet der Schutt ein besonderes Forschungsobjekt – die Professorin kommt einmal in der Woche auf die Baustelle, um Proben zu nehmen: »In dem Modellprojekt, das vom Kommunalreferat der Landeshauptstadt mit 35 000 Euro gefördert wird, wollen wir herausfinden, wie sich der Beton, der beim Abriss der alten Bauten anfällt, zu 100 % recyceln lässt.«

Selten Kreislaufwirtschaft im Betonbau

Die Kapazität von Schuttdeponien ist bereits jetzt weitgehend erschöpft, jedes Jahr kommen Millionen Tonnen neuer Schutt dazu. Dessen Transport per Lkw verbraucht zusätzlich fossile Rohstoffe. Gleichzeitig werden neuer Sand und Kies für Neubauten abgebaut. Ein Recycling der Baumaterialien vor Ort, könnte die Öko-Bilanz deutlich verbessern. Dass aber die Kreislaufwirtschaft im Betonbau bisher kaum praktiziert wird, liegt u. a. an den gültigen Normen: Bisher ist nur eine begrenzte Zumischung von grobkörnigem Material erlaubt, Sand gar nicht. Poröse Zementbestandteile können Wasser aufnehmen, sich verformen und, wenn die Temperatur unter den Gefrierpunkt sinkt, den Beton sprengen.


100 % Recycling-Beton für den Hochbau

»Mit unseren Untersuchungen wollen wir zeigen, dass Recycling-Beton mit 100 % rezyklierter Gesteinskörnung durchaus für neue Betonkonstruktionen geeignet sind«, erklärt Kustermann. »Man muss die Materialeigenschaften allerdings genau kennen, um beurteilen zu können, wo ein Werkstoff eingesetzt werden kann – es macht einen großen Unterschied, ob man eine Innenwand daraus baut, die kaum Frost ausgesetzt wird, oder eine Fassade.«

Für die Verarbeitung müssen unterschiedliche Rezepturen entwickelt werden. Im ersten Schritt werden Korngrößen bestimmt, Dichte und die Wasseraufnahme gemessen. Anschließend wird das Material mit Zement und Wasser gemischt, die Mischungen werden dokumentiert. Schließlich werden Probewände gegossen, an denen Belastungsprüfungen erfolgen. »Mit diesen Untersuchungen können wir ermitteln, wie belastbar der fertige Beton ist und wie oft er sich einfrieren und wieder auftauen lässt, ohne Schaden zu nehmen«, so die Forscherin. Nach Abschluss der Tests wird die Genehmigung für den Einsatz des Materials beantragt. Schon 2020 sollen vor Ort die ersten temporären Gebäude aus dem neuen, alten Baustoff entstehen.  t

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