Für die »Ewigkeit« gebautes Postverteilzentrum muss weichen

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Die Volumina oberhalb und unterhalb der Erde waren fast gleich. Allein diese Parität zwischen dem, was man von außen sehen konnte, und dem, was noch im Boden steckte, ist außergewöhnlich, und wird bei kaum einem Abbruchobjekt erreicht. Lediglich eine 500 m² große Fläche war nicht unterkellert, was ca. 4 % der Gesamtfläche entsprach. Und dies hatte erhebliche Konsequenzen: Diese Fläche war der einzige Bereich, in dem Großmaschinen ohne das Risiko arbeiten konnten, in den Keller einzubrechen. Die laut Statiker zulässige Deckenlast über dem Keller ließ den Einsatz eines Baggers von mehr als 30 t nicht zu. Für den Abbruch solch massiver Gebäude werden aber große, tonnenschwere Maschinen benötigt.

Eine Alternative wäre gewesen, die Kellerdecke zu Beginn abzubrechen, um dann auf dem Kellerboden eine wirklich belastbare Standfläche zu haben; dann jedoch hätten die Maschinen noch größer sein müssen, denn wenn man 8 m bis 9 m tiefer steht, wird aus einem großen Bagger plötzlich ein ziemlich kleiner, und die Leistung beim Abbruch verringert sich mit der Höhe. Außerdem wäre bei einem frühzeitigen Abbruch der Kellerdecke die Operationsfläche für Handling und Laden des zuhauf anfallenden Entkernungsgutes aus den anderen Gebäudebereichen verloren gegangen. Teilbereiche abzubrechen wäre gefährlich gewesen, denn die Tragfähigkeit einer Decke leidet enorm, wenn ein Teil geöffnet und somit deren Spannung weg ist.

Mit langjähriger Abbruch­erfahrung im Rücken, kamen die InduRec-Spezialisten allerdings zur Einschätzung, dass die Tragfähigkeit der Kellerdecke deutlich höher war als von den Statikern angenommen. Entsprechend entschloss man sich, das oberste Geschoss mit Kleinbaggern und den gesamten Rest mit Großmaschinen abzubrechen.


Viele Herausforderungen

Die Baustelle befand sich gegenüber von Hauptbahnhof und Zentralem Omnibusbahnhof (ZOB) und wurde von vier zum Teil stark befahrenen Straßen begrenzt. Ein klassischer Abbruch des Verwaltungsgebäudes war nicht möglich, da die Straßen nicht so gesperrt werden konnten, dass ein konventioneller Abbruch mit dem Longfrontbagger verantwortbar gewesen wäre und der ohnehin am Kapazitätslimit laufende Verkehr nicht zusammengebrochen wäre.

Als Problemlösung erwiesen sich auch hier die kleineren 8-t-Bagger, die schon auf den Geschossdecken eingesetzt wurden: Die Decken wurden ausge­stemmt, das Gebäude sicher von innen her ausgehöhlt und die Wände geschossweise nach innen geklappt. Die Arbeit an den etwa 15 m hohen Gebäudekanten stellte hohe Anforderungen an den Arbeitsschutz. Dass es gelang, diesen sicherzustellen, wird an der makellosen Beurteilung der Baustelle durch die Sicherheits- und Gesundheitskoordination deutlich.


Staub und Erschütterungen

Die Prävention gegen die beiden klassischen Abbruch-Kollateralprobleme Staub und Erschütterungen war herausfordernd, und die Gewerbeaufsicht wachte über den Erfolg der gewählten Maßnahmen. Durch eine praktisch lückenlose Besprengung mit Wasser konnte jedoch jede nennenswerte Staubemission erfolgreich bekämpft werden. Dabei war jedem einzelnen Bagger eine Wasserkanone zugeteilt, die in aller Regel durch einen Mitarbeiter geführt wurde. Durch eine intelligente Vorgehensweise beim Abbruch konnten außerdem gebäudegefährdende oder von Menschen als störend empfundene Erschütterungen vermieden werden, obwohl wegen der Terminvorgabe zum Teil sehr große Hämmer eingesetzt werden mussten. Gerade die großen Hämmer der neuesten Generation überraschten dabei durch besonders niedrige Erschütterungsemissionen.


Arbeitsschutz

Die Sicherheit von Mensch und Maschine steht bei InduRec traditionell im Vordergrund. Während der Planung und der sechsmonatigen Abbruchphase kam es regelmäßig zu Terminen mit Gewerbeaufsicht, Berufsgenossenschaft, Sicherheits- und Gesundheitskoordination sowie Bauherrschaft. Immer wieder wurde dabei von den Aufsichtsbehörden der hohe Standard der auf der Baustelle praktizierten Arbeitsschutzmaßnahmen bestätigt.

Auf großen Teilen der Dächer gab es eine Kiesschicht. Der Kies auf dem Bürogebäude, unerreichbar auch für Kleinstmaschinen, musste abgesaugt werden. Die in rund 20 m Höhe liegenden Kieselsteine hätten sich beim Abbruch sonst im größeren Umkreis zu Geschossen entwickeln können.

Am nördlichen Ende sprang das Gebäude ab dem 1. OG um 4 m über die Abmessungen im Erdgeschoss zur Straße hin vor. Dieser Überhang hatte es in sich: Die Decke über dem 1. OG war quer, die über dem 2. OG längs zur Straße gespannt. Auch hier kamen daher die Minibagger in der Höhe zum Einsatz.

Die vorgehängten Fassadenplatten mussten teilweise mithilfe eines Autokrans abgehängt werden. Die richtige Dimensionierung und Positionierung des Krans sowie die Kenntnis des Aufhängesystems waren ausschlaggebend für den Erfolg. Ein Abwerfen der Platten war zum einen wegen des Verkehrs auf der Straße nicht möglich, und zum anderen galt es, die Anwohner in der angrenzenden Wohnbebauung nicht durch starke Erschütterungen über Gebühr zu belästigen.

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