Ein rekordverdächtige Verlegeleistung

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Im Mai dieses Jahres waren die Rohbauarbeiten für Passagierterminal, Feuerwache, Multifunktionsgebäude, das Gebäude der Allgemeinen Luftfahrt und den Tower bereits abgeschlossen. Im Anschluss begannen die Erschließungsarbeiten auf dem Flughafengelände. Auf der sogenannten Luftseite verlegt Bickhardt Bau rund 12600 m Flowtite-GFK-Rohre, die das Oberflächenwasser vom Flugfeld mit Start- und Landebahnen aufnehmen und zum Vorfluter leiten.


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In erster Linie haben die Werkstoffeigenschaften bei der Wahl des Rohrsystems eine Rolle gespielt. Die GFK-Rohre, die von Amitech Germany im Wickelrohrverfahren hergestellt werden, verfügen über eine besondere chemische Beständigkeit – ein Aspekt, der auf Flughäfen vor allem mit Blick auf die verwendeten Enteisungsmittel und möglicherweise anfallende Kerosinreste eine wichtige Rolle spielt.


Im Winter 2009/10 begannen Rodungsarbeiten, gleichzeitig wurden neue Waldflächen angelegt und ab Mitte 2010 mit der notwendig gewordenen Umverlegung der B 7 begonnen. Danach bestimmte schweres Baugerät das Geschehen auf dem Baufeld. »60 Dumper, 16 Großbagger, vier Großradlader, 20 Raupen und 30 Walzen waren wochenlang im Einsatz, um mit gewaltigen Erdbewegungen eine ebene Grundlage für den späteren Flugbetrieb zu schaffen«, erinnert sich Oberbauleiter Fred Haschler, Abteilungsleiter Eisenbahnbau bei Bickhardt Bau. Rund 3600 Lastwagenladungen Erde – rund 55 000 m³ – wurden jeden Tag bewegt, um die Höhenunterschiede von bis zu 26 m auszugleichen. Nach dem Ausbaggern wurde der Boden mit Kalk vermischt, um den optimalen Wassergehalt einzustellen. Darüber hinaus waren weitere geotechnische Vorarbeiten zur Flugfeldstabilisierung nötig. ­Deshalb wurden zusätzlich 66000 m Rüttelstopfsäulen in den Untergrund eingebracht. »Mit dem Verfahren, bei dem mithilfe eines Rüttlers eine Schottersäule auf die gewünschte Tiefe in den Boden eingerüttelt wird, lassen sich die mittleren Steifeziffern des Bodens auf das Zwei- bis Dreifache erhöhen und damit die Tragfähigkeit des Untergrundes speziell unter Start- und Landebahn deutlich verbessern«, so Haschler.

Werkstoffeigenschaften


Die weiteren Erschließungsarbeiten umfassen die Erstellung von Mulden und Gräben, diverser Dränagen und Kanalleitungen in Nennweiten von bis zu DN 1400 sowie den Bau von sechs Regenrückhaltebecken. Auf der Luftseite des Flughafens verlegt Bickardt Bau mehr als 12 600 m Flowtite-GFK-Rohre, die das Oberflächenwasser aufnehmen und ableiten sollen. »Schlitzrinnen, die mit den GFK-Leitungen verbunden sind, nehmen das Wasser auf«, erklärt Haschler. »Es wird dann in Regenrückhaltebecken und von hier über Abscheider in den Vorfluter geleitet.« Vor allem wegen ihrer Werkstoffeigenschaften machten die glasfaserverstärkten Kunststoffrohre von Amitech bei der Auswahl des Rohrsystems das Rennen. »Hierzu zählt unter anderem die hohe chemische Beständigkeit, ein Aspekt, der gerade auf Flugplätzen eine besondere Bedeutung hat, da sich hier Kerosin, Enteisungsmittel, Löschmittel und Oberflächenwasser vermischen können«, sagt Ami­tech-Gebietsleiter Rolf Heimann.

Logistisches Meisterstück


Die Flowtite-GFK-Rohre sind mit Dichtungen aus Nitril-Butadien-Kautschuk (NBR) ausgestattet. Zum Einsatz kommen Nennweiten von DN 300 bis DN 1400. Sie werden in großen Mengen auf einem Lagerplatz auf dem Flughafengelände vorgehalten und per Tieflader zu den Einbaustellen transportiert. 13 Verlegetrupps sind im Einsatz und bringen die Rohre in hohem Tempo unter die Erde: Bis zu 800 m haben die Kolonnen in Spitzenzeiten pro Tag verlegt. Grundlage für die Leistung ist ein organisatorisches und logistisches Meisterstück, das Oberbauleiter Haschler mit seinen Bauleitern entwickelt hat. Zwei Mann und ein Bagger ergeben 100 m Rohre – so die Gleichung Haschlers, die für einen zügigen Baufortschritt bei der Erschließung des Geländes sorgt. Sukzessive werden abgeböschte Gräben an den verschiedenen Einbaustellen mit schwerem Gerät vorbereitet, danach das Planum mit dem Laser hergestellt. Nachdem die bis zu 12 m langen GFK-Rohre eingebaut worden sind, beginnen Raupen und Bagger mit der Verfüllung der Baugruben.

Flexibilität


»Die großen Baulängen und die einfache Handhabung sorgen für größtmögliche Flexibilität beim Einbau«, äußert sich Haschler zufrieden mit den Flowtite-GFK-Rohren, die bei Amitech Germany im Werk Mochau im Wickelverfahren hergestellt werden. »Eine kontinuierliche Endlosfertigung wird bei diesem Verfahren möglich, da anstelle eines festen Stahlzylinders eine wandernde zylindrische Spirale den Stützkern bildet«, beschreibt Heimann den Herstellungsprozess. Auf diesen Kern werden ­alle zur Produktion nötigen Materialien nacheinander aufgetragen. Das Ergebnis ist ein geprüftes Qualitätsprodukt, das über hervorragende hydraulische Eigenschaften und eine hohe chemische Beständigkeit verfügt und das aufgrund seiner Handhabbarkeit vor Ort auf der Baustelle für reibungslose Abläufe sorgt. Vor allem das niedrige Gewicht der Rohre bei gleichzeitig großen Baulängen trägt in Kassel dazu bei, dass das Verteilen auf dem Baufeld wie am Schnürchen klappt. »Für die Menge an Rohren, die wir hier mit nur einer Lkw-Ladung verteilen können, benötigen wir bei anderen Werkstoffen sechs oder acht Fahrzeuge«, ist Haschler sicher. Falls nötig werden die Rohre auf dem Lagerplatz mit einer Schneidvorrichtung auf die Solllänge angepasst. »Passstücke benötigen wir unter anderem dann, wenn Schächte gesetzt werden«, so Haschler weiter.


Zum Jahreswechsel sollen die Arbeiten auf dem Flughafengelände abgeschlossen sein und schon im April nächsten Jahres die ersten Maschinen von dem neuen Flughafen starten.

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