Das »sehr hohe technologische Niveau« ermöglicht den weltweiten Erfolg in gleich zwei Nischenmärkten

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Dementsprechend selbstbewusst hat sich die Kaiser AG dem Wettbewerb um den Bauma-Innovationspreis gestellt, »denn wir wussten«, so Markus Kaiser, »dass wir mit unserer neuen Schreitbagger-Generation gute Chancen haben würden.« Gleichwohl sei man nach der Nominierung positiv überrascht gewesen, sich gegen so große Konkurrenz wie Liebherr oder Wacker Neuson durchsetzen zu können. »Dass wir diese neutrale Auszeichnung gewonnen haben, freut mich sehr«, sagt Markus Kaiser, »und macht unsere Mitarbeiter sehr stolz.« Auch über die Reaktion der Mitbewerber bei der Preisverleihung in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz hat er sich gefreut. »Sie haben uns gratuliert und gesagt, das habt ihr verdient.«Für Markus Kaiser ist der Bauma-Innovationspreis auch ein Beweis dafür, dass die Firmenphilosophie die richtige ist. »Seit es dieses Unternehmen gibt, sind es immer die technischen Differenzierungen und Innovationen gewesen, durch die wir uns weiterentwickelt haben«, sagt der 45-jährige studierte Betriebswirtschaftler. Was 1913 mit der Patentanmeldung auf eine Webmaschine durch seinen Großvater Josef Kaiser begann, wurde durch seinen Vater Josef Kaiser jun. auf eine neue Ebene gehoben. Mit der Produktion von Saugfässern für die Landwirtschaft stieg Kaiser 1953 in die industrielle Fertigung ein, bereits 1963 folgte der Bau des ersten Kanalreinigungsfahrzeugs, kurze Zeit später erfand man den Schreitbagger. Weil Liechtenstein und die angrenzende Schweiz als Absatzmärkte viel zu klein sind, war man zudem schon früh dazu gezwungen, das Unternehmen international auszurichten. »Heute prägen wir mit unseren zwei Produkten Kanalreinigungsfahrzeuge und Schreitbagger diese Nischenmärkte maßgeblich«, sagt Markus Kaiser nicht ohne Stolz.

Nr. 1 bei Kanalreinigungsfahrzeugen

So erwirtschaftete das nur wenige Meter vom österreichischen Grenzübergang beheimatete Unternehmen heute mit insgesamt rund 250 Mitarbeitern im Stammwerk Schaanwald, in den Tochterfirmen Eur-Mark Ab (Nykarleby/Finnland), Kaiser Eastern Europe s.r.o. (Krakovany/Slowakei) und Kaiser Fahrzeugtechnik GmbH (Nenzing/Vor­arl­berg) zuletzt einen Umsatz von umgerechnet rund 65 Mio. Euro. Dabei hat sich in den vergangenen zehn Jahren vor allem der Bereich Kanalreinigung und Entsorgung, mit dem heute rund zwei Drittel des Umsatzes generiert wird, äußerst positiv entwickelt. »Der Anteil hat sich quasi verdoppelt«, sagt Markus Kaiser. Damit sei das Unternehmen in Europa der klare Marktführer, und als solcher habe man natürlich auch gute Chancen auf den Märkten in Übersee. »Wer sich in Amerika oder in Asien für diese Technologie interessiert, schaut immer zuerst nach Europa. Und weil wir hier die Nummer 1 sind, bieten sich uns natürlich bessere Möglichkeiten.«

Patentiertes Pumpensystem


Hauptgrund dafür ist zum einen der gewachsene Stellenwert der Ökologie weltweit, zum anderen die technologische Spitzenstellung der Kaiser AG. »Wir haben dank unserer hohen Hydraulikkompetenz ein Pumpensystem entwickelt, das bei der Kanalreinigung ohne Frischwasser auskommt und mit dem wir weltweit absolut führend sind«, sagt Markus Kaiser. »Mit unserem patentierten Wasserrückgewinnungssystem kann man selbst eine extrem verschmutzte Kanalisation reinigen, ohne ständig Frischwasser aufnehmen zu müssen. Pro Jahr können das je Fahrzeug rund 25 Millionen Liter Wasser sein, die gespart werden. So entfallen die Deponiefahrten, was Zeit und Kraftstoff und somit Kosten signifikant reduziert.«


Während die Kaiser AG ihre Marktanteile bei den Kanalreinigungsfahrzeugen von Jahr zu Jahr vergrößert, »ist das Wachstumspotenzial der Schreitbagger ein wenig begrenzt«, sagt Markus Kaiser. »Aber er gehört bei uns weiter zum Kernbereich und hat seine Bedeutung für das Unternehmen nicht verloren.« Zusammen mit dem Schweizer Mitbewerber Menzi Muck (siehe auch »Übrigens« auf Seite 24) dominiere man zwar den Markt weltweit. Allerdings sei ein Schreitbagger eine absolute Nischenmaschine. »Es braucht schon topografisch äußerst schwierige Verhältnisse, damit er seine Vorzüge ausspielen kann. Oder anders gesagt: Er erledigt die Arbeiten, die andere Bagger nicht erledigen können.«Unabdingbare Voraussetzung dafür sei zudem, dass der Bediener eines Schreitbaggers exzellent geschult ist. »Ich vergleiche einen Schreitbaggerfahrer mit einem Helikopter-Piloten«, so Markus Kaiser, »nicht zuletzt wegen der vielfältigen ­Einsatzmöglichkeiten, die ein Schreitbagger bietet.« So sind Kaiser-Schreitbagger beispielsweise im indischen Mumbai genauso im Einsatz wie beim Bau der olympischen Sportstätten im russischen Sotschi, bei diversen Tunnelprojekten, im hochalpinen Gelände oder in der extensiven Landschaftspflege.


Dass die Kaiser AG die neue Schreitbagger-Generation mit der Typenbezeichnung S10 und S12 als Nachfolger des bekannten S2 punktgenau zur Bauma präsentieren konnte, führt Markus Kaiser auch auf die hohe technische Kompetenz im Unternehmen zurück, die man in den vergangenen Jahren ausgebaut hat – und auf die qualifizierten Mitarbeiter, deren Einfluss auf die Qualität der Produkte nicht hoch genug einzuschätzen sei. »Durch den kontinuierlichen Ausbau unserer technischen Ressourcen in den Kernbereichen Hydraulik und Elektronik sowie unserer Stahlbaukompetenz erreichen wir als mittelständisches Unternehmen ein sehr hohes technologisches Niveau«, sagt Markus Kaiser, »von dem natürlich beide Produktgruppen profitieren.«

Neues Hydrauliksystem ELIS


Bei den neuen Schreitbaggern S10 und S12 könne der Fahrer jetzt dank des neu entwickelten Hydrauliksystems ELIS jederzeit die ideale Hydraulikleistung abrufen, erläutert René Geiger, Entwicklungsleiter Schreitbagger. Zudem sorgten der stufenlose Fahrantrieb mit einer Höchst­geschwindigkeit von bis zu 15 km/h und deutlich höherer Durchzugskraft sowie die elektronische Steuerung, eine moderne Motorentechnologie gemäß Stufe IIIB/Tier IV interim und die designprämierte Fahrerkabine dafür, dass die Effizienz und die Produktivität der Maschinen nochmals deutlich erhöht werden konnte bei gleichzeitig verringertem Kraftstoffverbrauch.

»Intensiver Wettbewerb«


Weil ein Schreitbagger zwar ein äußerst spektakuläres Produkt ist, andererseits aber auch ein absolutes Nischenprodukt – weltweit werden jährlich nur rund 200 bis 250 Einheiten produziert –, macht sich Markus Kaiser keine großen Sorgen dahingehend, dass Nachbauten beispielsweise aus Asien zu einer ernsthaften Konkurrenz werden könnten. »Zum einen ist es eine sehr komplexe Maschine, deren Entwicklung und Produktion ein ganz besonderes Know-how benötigt. Zum anderen hätten die großen Hersteller schon längst versucht, solch ein Gerät zu bauen, wenn es für sie interessant wäre. Aber es ist ein ganz spezieller Markt, in dem die Hürden für Neueinsteiger sehr hoch sind. So bestimmen wir zusammen mit Menzi Muck den Markt und liefern uns einen intensiven Wettbewerb.«

»Position stärken und ausbauen«


Bei diesem spielt die Wirtschaftskrise im Euro-Raum eine eher untergeordnete Rolle, auch wenn Märkte wie Spanien oder Italien so gut wie nicht mehr existent sind. »Es gab für uns keine extremen Einbrüche, weil sich unsere Hauptmärkte Schweiz, Österreich, Deutschland und Frankreich als sehr stabil erwiesen haben und unsere Maschinen in Osteuropa sowie in Amerika und Asien für ganz bestimmte Projekte verstärkt nachgefragt wurden«, sagt Markus Kaiser. Der künftig – und damit meint er nicht die nächsten 100 Jahre – die Marktposition in beiden Produktgruppen stärken und weiter ausbauen will, sei es durch organisches Wachstum, sei es durch Akquisitionen.


»Wir sind ein Unternehmen, das nicht so sehr in die Vergangenheit blickt, sondern in der Gegenwart lebt und an die Zukunft denkt«, sagt Markus Kaiser im Hinblick auf das Firmenjubiläum, das am 21. September in Schaanwald groß gefeiert wird. »Theoretisch denkbar« sei sogar, dass man das Produktportfolio erweitert und eine ähnlich spektakuläre Baumaschine entwickelt wie den Schreitbagger. »Solch eine Maschine müsste allerdings zu unserem Portfolio passen, also ein Nischenprodukt sein, für dessen Produktion man eine hohe technische Kompetenz benötigt«, sagt Markus Kaiser. Und: »Wir sind am Über­legen.«


Von Michael Wulf

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