BKL Fischer Kühne + Partner: Gutes tun mit Herz und Verstand

Viele Entscheider engagieren sich auch ehrenamtlich in Vereinen und Stiftungen. Zu Vorsicht mahnt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes. Bei Steuerverstößen drohen weitreichende Sanktionen bis hin zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Wie sich Fallstricke mit Compliance-Maßnahmen frühzeitig erkennen und umgehen lassen, schildert Prof. Dr. Peter Fischer, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof und seit 2014 in beratender Funktion für die Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner tätig.

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Im Zuge der Corona-Krise befinden sich viele Vereine und Stiftungen in einer wirtschaftlichen Schieflage. Eine auf die Erfüllung der ideellen Satzungszwecke ausgerichtete Mittelverwendung ist das Gebot der Stunde. Erhöhter Handlungsbedarf besteht durch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Az. VR 5/17). Die Finanzrichter werten unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen an Geschäftsführer gemeinnütziger Rechtsträger als Mittelfehlverwendung. Ob Vergütungen angemessen sind, ist per Fremdvergleich zu klären. Dazu können Gehaltsstudien für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden. Wird die marktübliche Gehaltsobergrenze um mehr als 20 % überschritten, liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor.

Das BFH-Urteil hat weitreichende Konsequenzen für gemeinnützige Organisationen. Die aufgestellten Grundsätze sind auf andere Vertragsbeziehungen übertragbar und gelten beispielsweise auch für Miet-, Pacht- oder Darlehensverträge. Schwere Verstöße können den Entzug der Gemeinnützigkeit zur Folge haben.

Gemeinnützigkeit in Gefahr

Gemeinnützige Organisationen profitieren von Vergünstigungen, für die Körperschaft sowie ihre ehrenamtlichen Kräfte. Sie sind vor allem, aber nicht ausschließlich, steuerlicher Natur. Nur gemeinnützige Vereine dürfen Spendenbescheinigungen ausstellen, die Spender zum Sonderausgabenabzug berechtigen.

Gemeinnützige Organisationen dürfen keine Person mit Ausgaben begünstigen, die nicht dem Satzungszweck dienen. Überhöhte Gehälter, verdeckte Zahlungen, überteuerte Dienstwagen oder auch Lustreisen stellen gravierende Verstöße dar, die nicht immer auf Anhieb als solche erkannt werden. Ein besonderes Augenmerk erfordern zudem die Herkunft von Spendeneinnahmen und die korrekte Deklaration von Sponsoring-Geldern.


Die einschlägigen steuerlichen Vorschriften haben eine enorme Tragweite. Da Vereinsorgane meist als Ehrenamtler tätig werden, sollten sie ihre Arbeit rechtlich absichern. Wer steuerrechtliche Berater hinzuzieht, geht auf Nummer sicher und bleibt immer auf dem neusten Stand.

Keine Kollision mit dem Finanzamt

Zwar beschränkt der Gesetzgeber die Haftung ehrenamtlicher Vereinsorgane auf Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, doch wiegen Verstöße gegen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorgaben besonders schwer. Schnell wird die Grenze zur groben Fahrlässigkeit überschritten. Schließlich sind die Vereinsorgane nicht nur für das eigene Handeln, sondern auch für die Gesetzestreue sämtlicher Mitarbeiter verantwortlich.

Die Vereinsorgane müssen Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, um die Arbeit ihrer Mitarbeiter zu kontrollieren. Nach der BFH-Rechtsprechung können steuerliche Pflichten der Vereinsorgane nicht delegiert werden. Eine Delegation von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter ist nur möglich, wenn der Vorstand alle Arbeiten gründlich überwacht. Werden vorsätzlich oder fahrlässig Aufsichtsmaßnahmen verletzt, drohen weitreichende Konsequenzen, die auch zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen können.

Die Finanzbehörden haben die Kontrolle von gemeinnützigen Organisationen zunehmend verschärft. Nicht jeder Gesetzesverstoß hat den Entzug der Gemeinnützigkeit zur Folge. Doch wenn Auffälligkeiten zu Tage treten, intensivieren die Finanzbehörden gerne ihre Prüfungen und schauen noch genauer hin, ob alle steuerrechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Vielfach kommt es zu langwierigen Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden, die zumindest einen hohen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand für die Organisationen nach sich ziehen.

Schutzmaßnahmen ergreifen

Bei schwerwiegenden Verstößen und im Wiederholungsfall droht der Verlust der Gemeinnützigkeit. Mit dem Wegfall der Gemeinnützigkeit werden alle Begünstigungen gestrichen, womöglich rückwirkend vom Tag des Gesetzesverstoßes an. Es werden auf einen Schlag hohe Nachzahlungen fällig, die den Fortbestand der Organisation gefährden. Die Vereinsführung sollte frühzeitig interne Kontrollme­chanismen prüfen und bei Bedarf etablieren. So lassen sich Steuerverfehlungen und ihre Folgen vielfach von vorneherein vermeiden (siehe »Fakten« auf Seite 115). Zusätzlicher Handlungsbedarf besteht durch das von der Regierung geplante Verbandssanktionengesetz, das bis Herbst verabschiedet werden soll. Es zielt darauf ab, Verstöße effizienter zu ahnden und Compliance-Maßnahmen zu fördern. Der Gesetzentwurf nimmt neben Unternehmen bislang nur wirtschaftliche Vereine ins Visier, was allerdings fragwürdig erscheint. Auch ideelle Vereine können mit einem steuerlich begünstigten Zweckbetrieb erhebliche unternehmerische Dimensionen haben, die ein Compliance Management dringlich machen.

Grundsätzlich führt an Compliance auch in wirtschaftlichen Betrieben im Dritten Sektor kein Weg vorbei. Die Vorstände von wirtschaftlich tätigen Vereinen oder großen Verbänden treffen weitgehend die gleichen Pflichten wie die Vorstände einer Aktiengesellschaft oder die Geschäftsführer einer GmbH. Willkommener Nebeneffekt: Nach geltendem Recht kann die Einführung eines internen Kontrollsystems bußgeldmindernd wirken. Mit systematischen Compliance-Maßnahmen zeigen die Organe ein Problembewusstsein und dokumentieren, dass eben nicht vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt wird.     t

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