Mutterschutz nicht auf die leichte Schulter nehmen

Mit der Novelle des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) zum 1. Januar 2018 gehen auch für Unternehmen weit­reichende Änderungen einher – nicht nur den Kreis der geschützten Mitarbeiterinnen, sondern auch der ­betroffenen Firmen wird erweitert. Das Gesetz nimmt selbst Arbeitgeber in die Pflicht, die aktuell gar keine Frauen ­beschäftigen, wie Rebekka De Conno, LL.M, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht betont. Unternehmen sollten das Thema Mutterschutz auf die Agenda setzen, denn bei Verstößen gegen die Vorgaben drohen Bußgelder oder ­straf­rechtliche Konsequenzen.

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Das erneuerte MuSchG bringt schwangeren und stillenden Frauen einige Vorteile. Sie profitieren etwa von einem erweiterten Kündigungsschutz und einer verlängerten Schutzfrist nach der Geburt von zwölf statt acht Wochen bei Mehrlings- oder Frühgeburten. Unternehmen hingegen müssen künftig mehr leisten, um die Vorgaben zu erfüllen. Mit der Gesetzesnovelle geht für Firmen ein bürokratischer Mehraufwand einher.


Allgemeine Gefährdungsprüfung für jede Tätigkeit

Ein zentraler Punkt im MuSchG ist das Thema »Sicherheit am Arbeitsplatz«. Bislang mussten Unternehmen in Einzelfällen eine individuelle Gefährdungsprüfung vornehmen. Sie waren dazu nur verpflichtet, wenn eine Schwangerschaft bekannt wurde und die betreffende Mitarbeiterin bei der Arbeit einer konkreten Gefährdung ausgesetzt war – durch potenziell schädliche chemische oder biologische Stoffe oder durch physikalische Einwirkungen. Das neue MuSchG schreibt für jede Tätigkeit eine allgemeine Gefährdungsprüfung vor und zwar unabhängig davon, ob die Tätigkeit von einer Frau oder ­einem Mann ausgeübt wird. Jede Firma muss prüfen, ob die Tätigkeit die besonderen Schutzbedürfnisse von werdenden und stillenden Müttern erfüllt. Auch Betriebe ohne eine einzige Mitarbeiterin kommen um diese Pflicht nicht herum. Sobald dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft bekannt wird, muss er diese zusammen mit dem Ergebnis der Gefährdungsprüfung für die betreffende Tätigkeit dem Gewerbeaufsichtsamt melden.

Bis zu 30 000 Euro Bußgeld

Der Gesetzgeber will mit dem neuen MuSchG Beschäftigungsverbote vermeiden. Firmen müssen im Rahmen der Gefährdungsprüfung auch darüber befinden, ob es für einen ungeeigneten Arbeitsplatz durch besondere Schutzmaßnahmen oder eine betriebsinterne Versetzung möglich ist, die Tätigkeit fortzuführen. Alle Prüfungen müssen Firmen bis spätestens 2019 abgeschlossen und dokumentiert haben. Wer Frist und Dokupflicht nicht einhält oder das ­Gefahrenpotenzial falsch einschätzt, dem droht Ungemach. In solchen Fällen kann die Gewerbeaufsicht ein Bußgeld von bis zu 5 000 Euro verhängen.

Unternehmen sollten ihre Arbeitsplätze zügig und nicht erst kurz vor Fristablauf prüfen. Der Grund: Schwangere Mitarbeiterinnen können nur dann auf ihrem Arbeitsplatz weiterarbeiten, wenn die Gefährdungsprüfung vorliegt und dies erlaubt. Steht das Prüfungsergebnis noch aus und die Firma kann keinen geprüften alternativen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, muss sie die Arbeitnehmerin einstweilig freistellen. Bei Verstößen gegen die Fürsorgepflicht droht ein Bußgeld von bis zu 30 000 Euro, in besonders schwerwiegenden Fällen bis zu ein Jahr Haft. Die Gesetzesnovelle erweitert neben dem betroffenen Firmen- auch den geschützten Personenkreis.

Hinzu kommen im Wesentlichen Auszubildende und Praktikantinnen sowie Heimarbeiterinnen oder auch arbeitnehmerähnliche Personen wie etwa unter Umständen Handelsvertreterinnen:

Kündigungsschutz

Eine wesentliche Neuerung gibt es auch beim Kündigungsschutz. Bisher durften Arbeitgeber Müttern von der Mitteilung einer Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung nicht kündigen. Das neue MuSchG geht noch einen Schritt weiter: Es verbietet für diesen Zeitraum auch Maßnahmen zur Vorbereitung einer Kündigung. Darunter könnten etwa die Anhörung des Betriebsrats oder die Einholung der Zustimmung des Integrationsamts fallen. Die Änderung führt in vielen Fällen zu einer Verlängerung des Kündigungsschutzes. Eine Kündigung kann künftig kaum noch direkt im Anschluss an das Auslaufen der Schutzfrist erfolgen.

Das Thema Mutterschutz wirft im Einzelfall viele Detailfragen auf. Personalverantwortliche sollten im Zweifel immer fachlichen Rat einholen. So können Unternehmen Lösungen finden, die für alle Beteiligten sowohl praktikabel als auch rechtssicher sind.    §

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