IB: Le Corbusiers Beton-Architektur bewahren

Die Erhaltung und Sanierung der »brutalistischen ­Architektur« der 1960er- und 1970er-Jahre wird zum Teil kontrovers diskutiert: Während die einen sie als Bausünden beschimpfen und für den Abriss plädieren, fordern andere zur Rettung der »Beton-Monster« auf. Erhalt und Instandsetzung erfordern denkmalgerechte bauliche Maßnahmen, wie Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken (Bundesgütegemeinschaft ib) betont. Voraussetzung seien detaillierte, auf den Einzelfall abgestimmte Bauwerksunter­suchungen, wie beim »Corbusierhaus«, das nach Plänen des ­schweizerisch-französischen Architekten Le Corbusier bis 1958 in Berlin errichtet wurde und seit 1996 unter Denkmalschutz steht.

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Der unverputzte – rohe – Beton (franz. béton brut) gab dem Baustil der direkten Nachkriegsepoche seinen Namen: Brutalismus. Als Vordenker der Bauweise gilt Le Corbusier. Schon auf der Weltausstellung 1925 in Paris stellte er einen Entwurf für ein Mehrfamilienhaus vor, realisiert wurde die Idee erstmals 1947 als Unité d’Habitation (Wohnmaschine) in Marseille, ein Gebäude entstand auch in Berlin. Mit 530 Wohnungen bot das dortige Konzept nicht nur ein nennenswertes Plus an Wohnraum, es präsentierte gleichzeitig ein Manifest für eine neue Architektur.


Renaissance des Brutalismus
In Deutschland setzte sich der Brutalismus bis in die 1960er- und 1970er-Jahre durch. Nicht jeder Architekt verfügte über das Genie von Le Corbusier. So sorgte ein oft phantasieloser Umgang mit dem Baustoff dafür, dass die Bauten zum Symbol schlechter Architektur wurden. Zahlreiche Gebäude sind vom Verfall bedroht, viele wurden abgerissen. Mittlerweile erfreuen sich die brutalistischen Bauten aber einer Renaissance. Immer mehr Betongebäude dieser Zeit werden wegen ihrer inzwischen erkannten Eigenschaften als schützenswert eingestuft. Aber wie ist die Betoninstandsetzung unter den Vorgaben des Denkmalschutzes zu leisten, ohne dass die ursprüngliche Konstruktion und Ausdruckskraft verloren gehen?

»Schadensbilder unterscheiden sich nicht«

Entsprechende Gebäude stehen in ­zunehmendem Maße zur ­Instandsetzung an. »Grundsätzlich unterscheiden sich die ­Schadensbilder bei denkmal­geschützten Betonbauwerken nicht von denen anderer Betonbauten«, erklärt Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft ib. Witterungseinflüsse, Immissionen, Kiesnester oder poröse Oberflächen und mechanische Belastungen nagen an der Substanz. Abplatzungen, Risse oder korrodierende Bewehrungsstähle weisen auf eine deutliche Schädigung der Substanz mit langfristig tiefgreifenden Folgen hin, wenn nicht umgehend darauf reagiert wird. Hier wie dort gelten auch die gleichen Regelwerke (DAfStb Instandsetzungs-Richtlinie und DIN EN 1 504). »Sie sind die Basis, um ein mangelfreies Werk abzuliefern«, betont Götze. »Zunächst ermitteln wir den Ist-Zustand und legen den Mindest-Sollzustand fest. Dann erstellen wir ein Instandsetzungskonzept mit anschließender Instandsetzungsplanung«, beschreibt er die Vorgehens­weise.

Gratwanderung

Während anfangs auch bei der Instandsetzung von denkmalgeschützten Bauwerken die Herstellung der Integrität der Betonstruktur im Vordergrund stand, was oft mit massiven, meist irreversiblen, Eingriffen in die Bausubstanz verbunden ist, setzen sich Denkmalpfleger inzwischen für einen sensibleren Umgang mit denkmalgeschützten Sichtbetonfassaden ein. Durch eine partielle Instandsetzung soll so wenig wie möglich in die Substanz eingegriffen und vorhandene Oberflächen sollen so weit wie möglich erhalten werden. »Dies ist oft eine Gratwanderung«, gibt Götze zu. Es gelinge nicht immer, technische Erfordernisse und die Anforderungen der Denkmalpflege in Einklang zu bringen. Speziell bei der Restaurierung von Abplatzungen und Ausbrüchen an Bauteilen sei, so Götze, mit der Denkmalschutzbehörde zu klären, ob die Instandsetzung mit Original- Baustoffen ausgeführt werden soll. »Allerdings hat sich die Baustoffkunde weiter entwickelt, sodass grundsätzlich zu überlegen ist, ob eine Reprofilierung von Schadstellen statt mit Original-Baustoffen nicht besser mit speziell auf das Bauwerk abgestimmten modernen Instandsetzungsmörteln oder Betonen, die dann in Farbe und Struktur optisch an den Bestand angeglichen werden, ausgeführt wird«, so der Vorsitzende.
Wichtig sei auch die größtmögliche Reversibilität der Maßnahmen. »So kann sichergestellt werden, dass nachträglich neu entwickelte und möglicherweise besser geeignete Maßnahmen eingesetzt werden können.« Im Idealfall werden zur Vermeidung fortschreitender Schädigungen zusätzliche Schutzmaßnahmen vereinbart.

Aufgabe für sachkundige Planer

Die Entscheidung über die Instandsetzung und die Abwägung der Frage, ob eine auf lokale Schäden konzentrierte Instandsetzung ausgeführt werden kann oder ob eine konventionelle, großflächige und mitunter irreversible Maßnahme nötig ist, zählt zur grundsätzlichen Aufgabe eines sachkundigen Planers. Diese können bei der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken abgefragt werden. Dort sind auch fachkundige ausführende Unternehmen registriert, die über einen Eignungsnachweis nach MHAVO (Muster-Hersteller-und-Anwender-Verordnung) verfügen, was eine regelmäßige Weiterbildung des Personals einschließt. Standsicherheitsrelevante Maßnahmen sind durch eine anerkannte Stelle, wie die Prüf- und Überwachungsstelle der Bundesgütegemeinschaft, zu überwachen. Regelmäßige visuelle Kontrollen und die jährliche Inaugenscheinnahme der Fassade minimieren Schäden zusätzlich. Vorgefundene Schäden sollten – auch um die Kosten zu begrenzen – umgehend instand gesetzt werden.    §

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