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GRIFA: Mit »Softstep« unfallfrei aus der Maschine steigen

Erfahrene Baumaschinen-Nutzer wissen: Die letzte Stufe beim Ausstieg sollte man lieber nicht zu leichtfertig nehmen. Häufig springt der Fahrer einfach ab und riskiert dabei Ver­stauchungen, Bänderrisse oder sogar Brüche. Der Grund dafür ist, dass bei einem Absprung sehr starke Kräfte auf Gelenke, Knochen und Rücken einwirken. Mit der Erfindung des »Grifa Softstep« hat Daniel Griener, Eigentümer von Grifa Fahrzeugtechnik, eine automatische Auf- und Abstiegshilfe entwickelt, mit der das Verletzungsrisiko minimiert und gleichzeitig mehr Komfort für den Maschinennutzer geschaffen werden soll (das bauMAGAZIN berichtete bereits kurz in Heft 2/18, Seite 56). Wie der 36-jährige Tüftler aus dem badischen Pfullendorf-Otterswang zu dieser Idee kam und welche Ziele er sich für das Produkt und sein Unternehmen steckt – darüber hat Daniel Griener mit ­bauMAGAZIN-Redaktionsmitglied Dan Windhorst gesprochen.

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bauMAGAZIN: Herr Griener, der Grifa Softstep wird als Weltneuheit präsentiert: Wie kommt ein gelernter Industriemechaniker aus Pfullendorf-Otterswang dazu, eine solche Absteighilfe zu entwickeln?

Daniel Griener: Ich war als Besucher auf einer Messe der Berufsgenossenschaft der Landwirtschaft (SVLFG), da bin ich dann durch einen Be­kannten auf einen gewöhnlichen Traktoreinstieg aufmerksam geworden. Ich habe ihn ausprobiert und dabei im Grunde das falsch gemacht, was auch die meisten anderen tun: Ich bin vorwärts herunter gestiegen und die letzte Stufe gesprungen. Am Boden war eine Waage installiert, um das Gewicht anzuzeigen, das beim Auftreten auf den Körper einwirkt. Und diese Kräfte sind immens – genauso wie das Unfallpotenzial. Bänderrisse, Verstauchungen, Sturzverletzungen und Brüche sind keine Seltenheit. Die Berufsgenossenschaften verzeichnen jedes Jahr mehrere tausend Unfälle in Verbindung beim Auf- und Absteigen von Maschinen. Deshalb dachte ich mir, dass man da etwas tun sollte. Nach der Messe habe ich dann auch gleich angefangen zu konstruieren.


bauMAGAZIN: Erklären Sie in kurzen Worten die Funktions­weise von Softstep.

Griener: Alles läuft automatisch ab: Der Fahrer sitzt in der Maschine, will absteigen und öffnet die Tür. Bei einem Fahrzeug mit installiertem Softstep geht er die Trittstufen hinunter und gleitet mit der letzten Stufe bis nach unten. Die Senkgeschwindigkeit ist auf sein Körpergewicht eingestellt. Beim Absteigen wird der Hilfstritt mit abgesenkt. Die beiden abgesenkten Stufen verharren solange in dieser Position, bis der Anwender wieder aufsteigt. Die beiden unteren Stufen werden dann automatisch eingezogen, die maximale Bodenfreiheit ist wieder hergestellt. Das System arbeitet dabei komplett autark und funktioniert ohne Druckluft, Strom oder Hydraulik. Möglich wird das auch durch den Einsatz einer verschleißfreien Wirbelstrombremse. Außerdem müssen keine Knöpfe oder Auslöser bedient werden, weshalb das System keine gewohnten Bewegungsabläufe stört.

bauMAGAZIN: Wie und von wem wird Softstep produziert? Mit welchen und wie vielen Zulieferern arbeiten Sie zusammen?

Griener: Wir haben bewusst auf eine Handvoll Zulieferer gesetzt, die sich in unmittelbarer Nähe zu unserem Produktionsstandort in Pfullendorf-Otterswang befinden. Alles läuft in einem Umkreis von rund 50 km ab. Zugeliefert werden zum Beispiel verschiedene Fräs-, Dreh- und Laser-Kantteile, die dann von uns komplett montiert werden und dort auch ihren Feinschliff erhalten.

bauMAGAZIN: Selbst das beste Produkt ist nicht viel wert, wenn es nicht verkauft wird: Wie ist der Vertrieb für Softstep organisiert?

Griener: Im Sommer 2017 haben wir das noch selbst gemacht. Auf einer Messe in Passau wurden wir dann direkt von der Ernst Wagener Hydraulikteile GmbH mit Sitz in Hattingen angesprochen. Dort hatte man ein großes Interesse daran, unser Produkt zu vertreiben. Dazu kommt, dass die BG Bau den Kauf von Softstep fördert: Jeder, der das System an seinem Fahrzeug oder seiner Maschine nachrüstet, erhält nach einer Wirksamkeitsprüfung einen Nachlass von 50 % zugesprochen. Dieser Aspekt spielt in der derzeitigen Entwicklung und damit natürlich auch im Bereich des Verkaufs eine wichtige Rolle. Was den allgemeinen Vertrieb angeht, haben wir eine Exklusivpartnerschaft mit Wagener geschlossen. Wagener ist eine gute Adresse dafür, wenn es darum geht, Innovationen insbesondere bei Herstellern und Großhändlern bekannt zu machen. Und natürlich hat Wagener große Vertriebsqualitäten, vor allem in den Bereichen Landtechnik und Baumaschinentechnik sowie im Export. Ein spezieller Produktmanager koordiniert dort den Vertrieb von Softstep und ist überdies Experte für die technischen Belange.

bauMAGAZIN: Haben Sie mit der Wagener GmbH einen langfristigen Vertrag abgeschlossen?

Griener: Wir sind ganz bewusst eine vertrauensvolle, partnerschaftliche Vereinbarung eingegangen – quasi ein Vertrag, der auf Respekt und Vertrauen beruht. So etwas ist in der heutigen Zeit nicht nur selten, sondern auch kostbar.

bauMAGAZIN: Streben Sie im Vertrieb vor allem OEM-Partnerschaften mit namenhaften Herstellern an, oder haben Sie da eher den Endkunden im Blick?

Griener: Selbstverständlich sind die OEM ein großes Ziel. Und wir haben bereits Schritte in diese Richtung unternommen. Es wurden zahlreiche Muster angefordert, unter die Lupe genommen und von diversen Weltmarktführern getestet.

bauMAGAZIN: Mit Softstep haben Sie bereits mehrere Preise gewonnen, wie den Förderpreis der BG RCI. Wie wichtig sind ­diese Auszeichnungen für Sie?

Griener: Ganz ehrlich: Für mich persönlich sind diese Preise eine tolle Bestätigung, wenn absolute Fachleute den Softstep als preiswürdig erachten und damit letztlich den Wert unserer Arbeit honorieren. Gleichzeitig haben uns die Auszeichnungen Türen geöffnet. Durch die mediale Präsenz sind einzelne Neukunden, aber auch verschiedene Fahrzeug- und Maschinenhersteller auf uns aufmerksam geworden.

bauMAGAZIN: Welche Entwicklung wünschen Sie sich für Ihr Unternehmen in diesem Jahr? Gibt es hinsichtlich Stückzahl und Umsatz bestimmte Ziele?

Griener: Bei uns heißt es nur Vollgas! Für 2018 sind 500 Einheiten geplant, und nach aktuellem Stand sieht es sehr gut damit aus.

bauMAGAZIN: Nun gibt es in Pfullendorf mit Kramer einen großen Hersteller, der Maschinen für die Bau- und Agrarwirtschaft entwickelt und außerdem zum Konzern Wacker Neuson gehört. Hat es von dieser Seite kein Interesse an Softstep gegeben?

Griener: Es gab zwar in diese Richtung Überlegungen. Aber Softstep ist für Kramer mit seinen Kompaktladern und der damit einhergehenden Bodenfreiheit der Modelle weniger interessant. Technisch gesehen sind Nutzer dieser eher kleinen Maschinen nicht den Problemen ausgesetzt, wie es sie bei großen Maschinen gibt.

bauMAGAZIN: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen und Ihr Produkt, sagen wir mal, in fünf Jahren?

Griener: In fünf Jahren soll unser Unternehmen mit einem möglichst großen Portfolio aufgestellt sein und das Unternehmen Grifa als Problemlöser wahrgenommen werden. Bei den Anwendern soll Softstep als wichtiger Bestandteil einer guten Maschine gelten. Mit dem Resultat, dass die Unfallzahlen in Bezug auf das Auf- und Absteigen sich drastisch verringern. Des Weiteren bieten wir Lösungen an in den Bereichen Mobilhydraulik und Elektronik mit Funkfern- und Joysticksteuerungen sowie Plug-and-play. Auch in diesen Bereichen wollen wir stark wachsen. Zudem ist eine neue Produktionshalle in Planung. Es bleibt also spannend!

bauMAGAZIN: Was machen Sie, wenn Sie ein Kaufangebot von einem Branchen-Riesen erhalten? Oder ist Softstep un­verkäuflich?

Griener: Jetzt haben wir uns erst einmal etwas Tolles aufgebaut. Wir wollen weiter daran arbeiten, um dieses Unternehmen stark zu machen und unseren Kunden tolle Produkte bieten zu können. Sollten wir tatsächlich ein Kaufangebot erhalten, dann werden wir die Weichen stellen.    ™

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