Schlichter-Spruch für den Bau: Mehr Lohn, Corona-Prämie, mehr Azubi-Vergütung und eine Fahrzeit-Entschädigung
Durchbruch bei der Schlichtung im Bau-Tarifstreit: Der Schlichterspruch sieht für die Baubeschäftigten insgesamt ein Lohn-Plus von 2,6 Prozent im Westen und 2,7 Prozent im Osten vor. Darin enthalten ist erstmals auch eine Vergütung für Fahrzeiten zur Baustelle. Darüber hinaus soll es eine „Corona-Prämie“ von 500 Euro als einmalige steuerfreie Sonderzahlung geben. Das teilte die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) am frühen Donnerstagmorgen nach Abschluss der Schlichtung der Tarifrunde für die rund 850.000 Bauarbeiter in Kassel mit. Die Löhne sollen demnach ab Januar um 2,1 Prozent im Westen und um 2,2 Prozent im Osten steigen. Hinzu käme dann noch einmal ein Lohnzuschlag von einem halben Prozent für die Zeit, die Bauarbeitern bei oft langen Fahrten zu den Baustellen verlorengeht. Diese Wegezeit-Entschädigung soll bereits ab Oktober auf den Lohn aufgeschlagen werden. Der Schlichterspruch vom Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, muss nun allerdings noch von den Tarifparteien angenommen werden. Die IG BAU und die Arbeitgeberverbände von Bauhandwerk (ZDB) und Bauindustrie (HDB) haben dafür zwei Wochen Zeit.
„Es ist gelungen“, so IG BAU-Chef Robert Feiger, „das Fundament für eine Entschädigung bei der Wegezeit zu legen. Der Einstieg ist damit geschafft.“ Die „oft enorm langen Fahrten zu den Baustellen“ seien für einen Großteil der Beschäftigten das „Job-Problem Nr.1 auf dem Bau“. Die IG BAU habe hierzu mit den Arbeitgebern von Bauhandwerk und Bauindustrie im Rahmen der Schlichtung eine konkrete Vereinbarung getroffen. Diese sehe vor, dass die Spitzen der Tarifparteien unter Leitung des Schlichters eine Lösung für eine verbindliche Einführung einer Wegezeit-Entschädigung erarbeiten. Ein Ergebnis dazu soll spätestens bis Juni nächsten Jahres vorliegen.
Die IG BAU habe sich zudem mit ihrer Forderung durchgesetzt, die Ausbildung auf dem Bau attraktiver zu machen: So sollen Azubis im ersten Ausbildungsjahr 40 Euro mehr pro Monat bekommen. Im zweiten Ausbildungsjahr sollen dies 30 und im dritten dann 20 Euro zusätzlich sein. „Damit hätten Azubis am Ende ihrer 3-jährigen Ausbildung 1.080 Euro mehr in der Tasche. Dazu kommt dann noch einmal eine geplante ‚Azubi-Corona-Prämie‘ von 250 Euro als Einmalzahlung. Damit ist es uns gelungen, jungen Menschen zur Berufswahl eine Botschaft mit auf den Weg zu geben: Der Bau lohnt sich – auch finanziell. Schon jetzt gehören die Bau-Azubis im Vergleich aller Branchen zu den ‚Bestverdienern‘ unter den Auszubildenden. Zudem bietet der Bau berufliche Perspektive. Und er steht vor einem digitalen Wandel mit viel Innovation“, sagte Carsten Burckhardt, der im Bundesvorstand der IG BAU für das Bauhauptgewerbe zuständig ist.
IG BAU-Chef Robert Feiger sprach von „ungewöhnlich zähen und harten Verhandlungen“: „Gelegentlich hatte man den Eindruck, man müsse die Arbeitgeber erst noch davon überzeugen, dass es dem Bau – trotz der Corona-Pandemie – ausgesprochen gut geht und die Bauwirtschaft besser als alle anderen Branchen durch die Corona-Krise kommt.“ Diesen „Branchen-Bonus“ habe die IG BAU deshalb auch am Verhandlungstisch eingefordert und „ein entsprechend gutes Ergebnis rausgeholt“, so Feiger. Durch die erzielte Einigung bekomme der Bau eine neue Perspektive, die er auch dringend brauche: „Wer auf dem Bau arbeitet, weiß jetzt wieder, dass seine Arbeit geschätzt wird. Schon deshalb hat sich das harte Ringen um jeden Cent gelohnt“, so Robert Feiger.
Die Schlichtung hatte sich über vier Tage mit insgesamt mehr als 35 Verhandlungsstunden hingezogen. Schlichter Rainer Schlegel fällte seinen Spruch in der Nacht zum Donnerstag um 2.35 Uhr und erzielte damit einen Durchbruch bei dem seit März andauernden Tarifstreit zwischen der IG BAU auf Gewerkschaftsseite und dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) sowie dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) auf Arbeitgeberseite.