Digitalisierung der Baubranche könnte Steuergeld-Verschwendung verringern

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Egal ob der Berliner Großflughafen BER, die Elbphilharmonie in Hamburg oder Stuttgart 21: Zu Beginn sind sie groß gefeiertes Prestigeprojekt. Nach kurzer Zeit häufen sich die Meldungen, dass das geplante Bauprojekt doch teurer wird als ursprünglich geplant. So liegt das Nachtragsvolumen im Schnitt bei ca. 20 %. Auf Nachtrag folgt Nachtrag und die Eröffnung verschiebt sich nicht selten auf das Folgejahr oder im schlimmsten Fall gar auf unbestimmte Zeit. Auf dem Rücken der Steuerzahler wird das ehemalige Vorzeigeprojekt zur Geld fressenden Dauerbaustelle. Kurzum: Die Kosten- und Terminsicherheit kann für eine erhebliche Anzahl an Bauprojekten als ungenügend bis katastrophal eingestuft werden.


Dabei liegt eine mögliche Lösung des Planungschaos näher als man denkt. Nur 24 Kilometer von der Dauerbaustelle am Flughafen BER entfernt hat die TU-Ausgründung Sablono (www.sablono.com) die Prozessmanagement-Software PrIM für das Bauwesen entwickelt, mit dem Ziel, Fehlplanungen bei Großbauprojekten gar nicht erst entstehen zu lassen. „Die Software verwendet dabei eine Technik, die sich bereits in anderen Industrien erfolgreich etabliert hat und Prozessmodellierung genannt wird“, so das Unternehmen.


Die Idee sei, bereits in der Planungsphase eines Projekts jeden einzelnen Schritt, der später auf der Baustelle ausgeführt wird, vorab abzubilden, um Abhängigkeiten zwischen Bauteilen und Bauabschnitten auch auf detailliertester Ebene festzustellen. Durch dieses Vorgehen könne beispielsweise verhindert werden, dass Lüftungsschächte eingebaut werden, ohne dass alle notwendigen Vorarbeiten auch tatsächlich abgeschlossen sind. Termine könnten zu jedem Zeitpunkt exakt vorausgesagt und an täglich auftretenden Veränderungen angepasst werden. Ein geplanter Endtermin werde damit nicht mehr zur absoluten Wahrheit, wenn bereits Monate zuvor erkennbar sei, dass dieser technisch schlicht nicht zu erreichen sei, heißt es.


"Wenn wir uns die aktuellen Fälle fehlgeplanter Großbauprojekte anschauen, scheint es so, als ob jemand einen IKEA-Schrank ohne Anleitung aufbauen möchte. Die Materialien sind zwar alle da, und eventuell kann man sich aus der Erfahrung heraus auch viele Schritte herleiten. Wer jedoch von vornherein Schritt für Schritt einer festgelegten Bauanleitung folgt, spart Zeit und vermeidet teils schwer widerrufbare Fehler", kommentiert Dr.-Ing. Felix Enge, Bauinformatiker und Mitgründer der Sablono GmbH, und fügt hinzu: "Was eindeutig im Bauwesen fehlt, ist die digitalisierte und kollaborative Darstellung und Verwaltung der Prozesse. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftig auch die Baubranche im Web 2.0 ankommt, keine öffentlichen Gelder mehr verbrannt und solch elementare Dinge, wie der Brandschutz nicht mehr vergessen werden."


Sablono hat seinen Ursprung als Spin-Off aus dem Forschungsprojekt "IT für Bauprozesse" des Fachgebiets Bauinformatik der TU Berlin und wird durch den Gründungsservice der TU Berlin unterstützt. Im Juni dieses Jahres wurde Sablono für eine Delegationsreise des deutschen Wirtschaftsministers Philipp Rösler ausgewählt. Geschäftsführer Dr.-Ing. Felix Enge war einer von nur 75 Vertretern deutscher Startups, die Rösler nach Israel begleiteten durften. Darüber hinaus ist Sablono Gewinner des Weconomy Preises 2013, der jährlich vom Handelsblatt und der Wissensfabrik vergeben wird.

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