Die Verdichtung verändern

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<iframe src="http://www.youtube.com/embed/7tRU1-YNh4Y" height="349" width="620" allowfullscreen="" frameborder="0"></iframe>Mit der Neuentwicklung will Stehr auch Probleme beim Verdichten von sandigen, kiesigen Böden, Frostschutzschichten und Recyclingschotter lösen. Die neue Maschine verspricht hier viel bessere Verdichtungswerte bei nur einem Drittel des bisherigen Kraftstoffverbrauchs – mit dementsprechend weniger Schadstoffausstoß. Die viel besseren Verdichtungswerte erreicht Stehr nach eigenen An­gaben oft mit nur einem Übergang – fast ohne spürbare Schwingungen in der Umgebung.


Damit wird auch ein Problem beim innerörtlichen Straßenbau gelöst, wo Schäden oft auf eine nicht ordnungsgemäße Verdichtung der Tragschichten zurückzuführen sind. Gerade hier wurden in der Vergangenheit wegen hoher Resonanzschwingungen im Umfeld Fehler gemacht. Die Verdichtung war nicht ausreichend, es kam zu Setzungsschäden. Im Rahmen der Entwicklung des neuen Verdichtungsgeräts errichtete Stehr eine Verdichtungstestbahn auf dem eigenen Gelände, auf dem sämtliche Materialien praxisgerecht eingebaut und verdichtet werden. Dazu wurden eigene Geräte wie auch Walzenzüge von führenden Herstellern angeschafft, um direkte Vergleichswerte zu erhalten. Die Messungen wurden von einem neutralen Erdbaulabor durchgeführt. Zudem konnte Stehr in der Entwicklungsphase das Institut von Dipl.-lng. Gerhard Bräu (TU München) als Unterstützer gewinnen. Bräu gilt als ausgewiesener Fachmann auf diesem Gebiet und ist Mitglied einer Arbeitsgruppe der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Unter der Leitung von Dipl.-lng. Franz Schlögl, der einen Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik bei der TU München innehat, fand Anfang Dezember der Test statt. Hierfür standen der Stehr-Plattenverdichter SBV 240/2, angebaut


an einen Bobcat-Raupenlader T 850 High Flow (6,5 t/69 kW), sowie Walzenzüge diverser Hersteller (alle 13-t-Klasse) zur Verfügung. Verfahren wie Troxler-Sonde, Statischer-Dynamischer-Plattendruckversuch (DIN 18134) und Messung der Dichte nach Proktor (DIN 18127) kamen zum Einsatz. Kein getestetes Verdichtungsgerät habe auch nur annähernd, so meldet Stehr, die Ergebnisse und Leistung des Stehr-Plattenverdichters SBV 240/2 erreicht.

Verbrauch senken


Einen Großteil der Kosten bei Baustellenabläufen stellt der Kraftstoffverbrauch dar. Stehr legt bei der Entwicklung neuer Maschinen ein Hauptaugenmerk darauf, durch bessere Gestaltung der Arbeitsabläufe die Energie effektiver einzusetzen. »Das ist unser Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs und Verbesserung des Umweltschutzes«, sagt Jürgen Stehr. Kein Anbaugerät auf dem Markt lasse sich so universell anbauen und einsetzen wie die Stehr-Plattenverdichter. Jürgen Stehr ist auch davon überzeugt, dass sich nicht alle Probleme auf dem Computer lösen lassen. Diese bestünden nach wie vor darin, dass beim Verdichten mit Walzenzügen oder Tandemwalzen auf Kies, Sand und Mineralbeton bei der Herstellung von Frostschutzschichten und ungebundenen Tragschichten nur ca. 20 % der Energie vertikal senkrecht in den Boden geleitet und zum eigentlichen Verdichten genutzt wird. Rund 80 % gehen durch starke, ungewollte Schwingungen im Umfeld verloren. »Eine Energieverschwendung, die damit zu vergleichen ist, als wenn ein 40-t-Tiefladerzug täglich nur einen 1,2-t-Minibagger transportiert«, verdeutlicht Stehr. Des Weiteren komme es durch die horizontalen Verschiebungen, die beim Abrollen des zylindrischen Walzenkörpers entstehen, noch zu einer Oberflächenauflockerung. So sei es nahezu unmöglich, die in der ZTVE-ST94 geforderten Verhältniswerte der Verformungsmodule EV2IEV1 zu erreichen. Deshalb werde ein zweites Verdichtungsgerät – wie ein Anbauplattenverdichter – benötigt, um das aufgelockerte ­Material nochmals zu verdichten. Nach dem Stand der Technik sei bis jetzt kein Verdichtungs­gerät vorhanden, das diese Probleme optimal löst.


Um bei der dynamischen Verdichtung mit Vibrationswalzen eine wirksame Verdichtung zu erreichen, wird eine hohe Wuchtkraft benötigt. Diese wird mit einer Frequenz zwischen 25 und 40 Hz und einer großen Amplitude in den Boden geleitet. »Oft sind bis zu acht Überfahrten mit Walzenzügen nötig, um die Werte zu erreichen«, betont Stehr. Hierbei komme es auch zu einer Kornzertrümmerung und einer Entmischung in den oberen Bereichen. Die Verdichtungsergebnisse können sich dadurch weiter verschlechtern. Durch die starken Resonanzschwingungen, die dabei entstehen, wurden bereits Schäden im Umfeld an Gebäuden und Leitungssystemen festgestellt. Besonders bei innerörtlichen Baumaßnahmen sind diese Probleme bekannt.

Herzstück ist ein neues Vibrationsgetriebe


Baustellen gelten nach dem ­Bundesimmissionsschutzgesetz in der Regel nicht als genehmigungsbedürftige Anlagen. Die Arbeiten sind aber so abzu­wickeln, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Unvermeidbare schädliche Umwelt­einwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Stehr entwickelte hierzu einen Anbauplattenverdichter, der den bekannten nicht ablösen, sondern ergänzen soll. Herzstück ist ein neues Vibrationsgetriebe, mit vier Unwuchtwellen, die mit einer Drehzahl von 4 200 U/min angetrieben werden. So entsteht eine Schwingungsfrequenz von 70 Hz. Durch die Addition der Fliehkräfte aller acht Wellen wird eine Gesamtwuchtkraft von 240 kN erreicht. Die Stellung der Unwucht im Getriebe ist so angebracht, dass über den Zahnradantrieb eine Gegenläufigkeit entsteht. In der Ruhestellung stehen alle Unwuchten der Wellen vertikal nach unten. Nach einer 90°-Drehung, je nach Drehrichtung horizontal gegeneinander oder auseinander, werden die Fliehkräfte komplett aufgehoben. Nach 180° stehen alle Unwuchtwellen vertikal nach oben. In dieser Stellung hebt die Platte nach oben ab. In der 270°-Stellung erfolgt wieder eine Drehung in die Horizontale, die Unwuchten stehen wiederum gegeneinander oder auseinander, und es erfolgt eine Aufhebung der Kräfte. Auf der 360°-Stellung erfolgt durch die Addition der Fliehkräfte aller Unwuchtwellen die Krafteinleitung wieder komplett vertikal mit einer gerichteten Schwingung in das zu verdichtende Material. Da die Unwuchtwellen eine kleinere Fliehkraft erzeugen, lassen diese viel höhere Drehzahlen (Frequenzen) zu. Durch diese entsteht dennoch eine Amplitude von 1,6 mm bei großer Wuchtkraft. Es gibt keine Kornzertrümmerung, die bei einer Überverdichtung entsteht, und keine Auflockerung der Oberfläche. Auf ein zusätzliches Verdichtungsgerät kann verzichtet werden. Schwingungen im Umfeld werden fast vollständig aufgehoben.


 

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