Bergmann: »Es gibt für uns absolut keinen Grund, nicht optimistisch zu sein«

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Von: Michael Wulf

bauMAGAZIN-Interview mit Hans-Hermann Bergmann, Geschäftsführender Gesellschafter Bergmann Maschinenbau, und Bernd Kirschner,Vertriebsleiter Fahrzeugbau

Der Dumper-Spezialist Bergmann Maschinenbau setzt künftig verstärkt auch auf vollelektrische Antriebslösungen. So wird das Familienunternehmen mit Sitz in Meppen im Frühjahr mit dem Dumper C804e auf den Markt kommen, mit einer Nutzlast von bis zu 3,5 t der derzeit weltweit größte batteriebetriebene Elektro-Allroundtransporter. Im Video-Interview mit bauMAGAZIN-Chefredakteur Michael Wulf haben Firmenchef Hans-Hermann Bergmann und Bernd Kirschner als Vertriebsleiter Fahrzeugbau erläutert, warum man den kompletten Antriebsstrang inklusive Batteriemodulen und Batterie-Management-System selbst entwickelt hat, welche Strategie damit verbunden ist und weshalb Nordamerika innerhalb von nur einem Jahr zum wichtigsten Absatzmarkt für die Sparte Fahrzeugbau werden konnte, die im Jahr 2020 trotz der Corona-Pandemie einen Umsatzrekord verzeichnete.

bauMAGAZIN: Herr Bergmann, Herr Kirschner: Bergmann Maschinenbau hat im Herbst mit dem C804e den ersten vollelektrischen Dumper vorgestellt, mit einer Nutzlast von bis zu 3,5 t der derzeit weltweit größte batteriebetriebene Elektro-Allroundtransporter. Wie war die Resonanz und wann kommt die Maschine auf den Markt?
Hans-Hermann Bergmann: Die Resonanz war, so lange wir den C804e auf unserer Roadshow vorstellen konnten, sehr gut. Allerdings muss man feststellen: Die Baubranche ist etwas skeptisch gegenüber Elektrofahrzeugen, was Reichweite und Arbeitsdauer betrifft. Da muss man schon Überzeugungsarbeit leisten.
Bernd Kirschner: Geplant war eigentlich, den E-Dumper auf der GaLaBau im September zu präsentieren. Da die Messe aus bekannten Gründen abgesagt wurde, haben wir mit unseren Händlern die Bergmann-Roadshow organisiert und den C804e Corona-kompatibel in Deutschland vorgestellt. Dabei hat sich gezeigt: Alle sind an diesem Thema grundsätzlich sehr interessiert. Wenn es dann konkret wird, geht die Schere ein bisschen auseinander. Für Bauunternehmer ist die Ladeinfrastruktur ein wichtiges Thema, bzw. wie diese realisiert werden kann. Wir sehen natürlich die Stärken dieses Fahrzeugs im urbanen Bereich, in dem die Vorteile der Emissionsfreiheit – also keine CO₂- und keine Geräuschbelastung – am besten zum Tragen kommen. Und dort gibt es natürlich genügend Möglichkeiten, auf entsprechende Netze zuzugreifen. Das zeigt eindeutig, wo die Maschine ihre Stärken hat.

bauMAGAZIN: Und ab wann steht die Maschine bei den Händlern?
Kirschner: Die allerletzte Testphase wird Mitte Februar endgültig abgeschlossen, die Serienproduktion beginnt mit dem zweiten Quartal. Ausgeliefert werden die ersten Maschinen voraussichtlich Ende April, Anfang Mai.

bauMAGAZIN: Was waren die Gründe für diese Neuent­wicklung? Welche Anforderungen mussten die Konstrukteure erfüllen? Was waren die größten Hindernisse bzw. Schwierigkeiten?
Kirschner: Mit dem Thema Elektrifizierung auf der Baustelle haben wir schon 2016 begonnen, u. a. ausgelöst durch den handgeführten Dumper C301. 2017 haben wir dann die langfristige strategische Entscheidung getroffen, alle unsere Maschinen mit einer Nutzlast von bis zu 4 t zu elektrifizieren. Oberhalb dieser Grenze setzen wir vorerst weiterhin auf modernste Diesel-Technologie. Während der ersten Gespräche mit potenziellen Zulieferern haben wir damals relativ schnell festgestellt, dass die für eine Elektrifizierung angebotenen Komponenten unsere Anforderungen nicht immer erfüllen konnten.
Bergmann: Die Lieferanten für diese E-Technik waren seinerzeit einfach dünn gesät. Wenn wir aber eine neue Maschine entwickeln, dann müssen wir auch den Zugriff auf alle Steuerungen haben.
Kirschner: Und deshalb haben wir Anfang 2018 entschieden, den kompletten Antriebsstrang selbst zu entwickeln und zu bauen. Das bedeutet heute: Wir bauen die Batteriemodule selbst, und wir haben das komplette Batterie-Management-System – quasi das Gehirn des Elektroantriebs – im Haus entwickelt und programmiert. Der Antriebsstrang läuft seit 2018 im Dauertest und wird laufend optimiert. Das heißt, die zentralen Elemente des C804e laufen jetzt bereits seit mehr als zwei Jahren. Weshalb wir auch sehr selbstbewusst sind hinsichtlich der technischen Fähigkeiten des Fahrzeuges. 2020 haben wir dann das finale Design um diesen Antriebsstrang herum konstruiert.
Bergmann: Der mobile Teststand basierte auf dem Modell 2040, einem eigentlich dieselangetriebenen 4-t-Dumper. Mit der Unterstützung dieses Fahrzeugs konnten wir alle Leistungsparameter sowie die Anforderungen unserer Kunden erfassen. Diese Zahlen und Informationen waren dann die Basis für die Entwicklung des komplett neuen Maschinen-Designs.
Kirschner: Von Anfang an war klar – wir wollten eine robuste und voll einsatzfähige, aber elektrisch angetriebene Baumaschine entwickeln, die ihren Job erfüllt. Das unterscheidet uns letztendlich von anderen Elektrokonzepten, die auf Leichtbauweise setzen und entsprechend geringe Nutzlasten aufweisen. Im Gegensatz dazu verbauen wir kein Aluminium, sondern massiven Stahl. Alles unter der Prämisse: Wir wollen eine Nutzlast anbieten, die im Gelände funktioniert. Den neuen Antrieb mit den Anforderungen an die Baumaschine »Dumper« zusammenzubringen, das war die Herausforderung, der wir uns gestellt haben.

bauMAGAZIN: Was zeichnet den C804e, abgesehen vom Antriebsstrang, vor allem aus?
Kirschner: Als wir wussten, was die Maschine leisten kann, haben wir im zweiten Schritt gesagt: Es gibt jede Menge neuen Bauraum, wo also sehen wir die Maschine im Einsatz? Unter dem Arbeitstitel »City-Dumper« wollten wir ein Fahrzeug bauen für den innerstädtischen Einsatz, denn dort kommen die Stärken am besten zum Tragen. So liegt die Gesamthöhe mit 1 996 mm unter 2 m und die Fahrzeugbreite mit 1 486 mm unter 1,5 m. Dadurch kommt das Fahrzeug in jedes Parkhaus, jede Tiefgarage, in die Hinterhöfe in Großstädten oder Industriehallen, die zu Wohngebäuden umgebaut werden – überall dorthin, wo es eng und niedrig ist beim Rein- und Rausfahren. Das gerade einmal 3 950 mm lange Fahrzeug verfügt zudem über ein Vier-Rad-Lenksystem mit einem extrem kleinen, dynamischen Wendekreis sowie über einen drehbaren Führerstand. Also alles, was eine Maschine wendig, klein, kompakt und gleichzeitig effizient und leistungsstark macht, ist in dieses Fahrzeug eingeflossen. Und das immer wieder unter den zwei großen genannten Prämissen: Es muss eine voll geländegängige Baumaschine sein, die eine Nutzlast von bis zu 3,5 t den ganzen Arbeitstag bewegen kann.
Bergmann: Weil wir die Batterie selbst bauen und daher auch die Dimensionen selbst festlegen, konnten wir das Fahrzeug ganz anders konstruieren. Beispielsweise ist der Einstieg außerordentlich niedrig positioniert trotz der Geländegängigkeit. Auch das Sichtfeld ist eigentlich unschlagbar. Deshalb sind wir auch in Sachen Sicherheit ganz weit vorn, was beim Einsatz im Straßenverkehr bedeutsam ist. Auch ganz wichtig: Man kann den C804e mit der Führerscheinklasse B fahren, weil für ein E-Fahrzeug ein anderes Gesamtgewicht maßgeblich ist als bei einem konventionell angetriebenen Fahrzeug. Da liegt die Grenze bei 3,5 t. Beim E-Fahrzeug ist die erhöht auf 4,25 t. Deshalb kann man mit dem C804e, der ein Leergewicht von rund 2,5 t hat, so viel Nutzlast im Straßenverkehr transportieren wie mit keinem anderen Fahrzeug in dieser Führerscheinklasse. Dadurch erschließen wir mit diesem Fahrzeug einen unheimlich großen Anwenderkreis auf den Baustellen.

bauMAGAZIN: Den Allradtransporter soll es zu Beginn in zwei Varianten geben: als C804e für die Baustelle und als M804e mit Drei-Seiten-Kipppritsche und unterschiedlichen Anbaugeräten für den kommunalen Einsatz. Mit welchen Absatzzahlen rechnen Sie in diesem und im kommenden Jahr in beiden Einsatzbereichen?
Kirschner: Die Fahrzeugversionen Bau und Kommunal sind als Beispiele zu sehen, die zum einen die Herkunft der Maschine unterstreichen soll, zum anderen aber auch deren Variabilität und Flexibilität. Es soll also nicht im Kommunalbereich enden. Denn wir haben schon heute Kunden aus dem Industriebereich, die Elektrofahrzeuge in der Produktion nutzen. Andere Zielgruppen sind Einrichtungen wie z. B. Flughäfen, Freizeitparks oder der Tourismus. Da sehen wir großes Potenzial. Grundsätzlich ist unser Ansatz: Überall dort, wo viel Material bzw. Gewicht emissionsfrei und geräuscharm transportiert werden soll, wollen wir mit dem 804 eine Option bieten. Zu Beginn wollen wir aber natürlich zunächst einmal unsere bestehenden Netzwerke in der Bauwirtschaft und im kommunalen Bereich nutzen. Das Absatzpotenzial lässt sich derzeit wirklich nur schwer abschätzen. Aber wir wollen spätestens nächstes Jahr eine dreistellige Absatzzahl erreichen.

bauMAGAZIN: Wie hoch waren die Investitionen bei diesem Projekt und wie groß war das Risiko, das Sie eingegangen sind?
Bergmann: Die Frage ist doch – wie groß wäre das Risiko gewesen, hätten wir nichts gemacht und darauf gewartet, bis elektrisch angetriebene Fahrzeuge anderer Hersteller unsere Diesel-Dumper verdrängen?
Kirschner: Es ist ein kalkulierbares Risiko, natürlich verbunden mit einer hohen Investition. Kalkulierbares Risiko deshalb, weil wir den Markt analysiert und dabei festgestellt haben, dass das Segment der 3-t-Klasse eines der größten Stückzahlensegmente in Europa ist, wir aber mit unseren Modellen in dieser Klasse nicht präsent waren. Wir hatten zwar immer ein großes Interesse, in dieses Marktsegment zu gehen. Doch wir wollten dabei eine klare technische Alternative anbieten können. Dadurch, dass sich die Rahmenbedingungen für Maschinen beim Einsatz im urbanen Raum ganz klar in Richtung Elektrifizierung ändern, hatten wir diese Möglichkeit. Und natürlich versprechen wir uns vom 804e, einen Anteil dieses Marktes neu für uns zu gewinnen.
Bergmann: Wir sind mit einem komplett anderen Blick an dieses Projekt herangegangen. Wir haben nicht wie andere nur den Verbrennungsmotor durch einen E-Antrieb ersetzt und das ursprüngliche Fahrzeugkonzept weiterhin genutzt. Wir haben alles, wirklich alles noch einmal neu durchdacht.
Kirschner: Das Gesamtkonzept ist wirklich am Reißbrett entstanden – und es ist unserer Ansicht nach gut gelungen.

bauMAGAZIN: Und wie wird die Preisgestaltung beim C804e sein? Oder anders gefragt: Um wie viel ist dieser E-Dumper teurer als ein Diesel-Dumper in diesem Nutzlastbereich?
Kirschner: Eine schnelle Antwort ist bei diesem Thema nicht möglich. Nehmen wir nur die reinen Anschaffungskosten, dann ist ein E-Fahrzeug natürlich teurer. Das ist keine Überraschung. Auf der anderen Seite gibt es Förderungen, zum Beispiel durch die Bafa, auf deren Liste der 804e als förderungsberechtigt gelistet ist. Außerdem werden mit dem E-Konzept zahlreiche Kosten eingespart, betrachten wir einmal nur den deutschen Markt: Das Fahrzeug ist für zehn Jahre von der Steuer befreit. Die Wartungs- und Servicekosten sind viel geringer, ebenso natürlich die Verbrauchskosten. Betrachtet man also die Lebenszykluskosten dieses E-Fahrzeugs, sind wir im Vergleich zu einem 3-t-Dumper mit Dieselantrieb absolut auf Augenhöhe. Ebenfalls berücksichtigen sollte man vor einer Investitionsentscheidung, dass man mit E-Konzepten zusätzliche Umsätze generieren kann, für die ein Verbrenner nicht mehr in Frage kommt.

bauMAGAZIN: Ist daran gedacht, künftig auch andere Dumper-Modelle zu elektrifizieren?
Kirschner: Seit 2017 haben wir bereits den kleinen Dumper 301e mit einer Nutzlast von ungefähr einer halben Tonne im Programm. Jetzt kommen wir mit dem C804e und einer Nutzlast von bis zu 3,5 t auf den Markt. Unser Ziel ist es natürlich, diese Lücke in den kommenden ein bis zwei Jahren zu schließen, um dann als Fullliner in dem Segment zwischen 0,5 t und 4 t für jede Klasse eine elektrische Lösung anbieten zu können. Wir möchten als Dumper-Hersteller, aber auch als Transporter­hersteller die komplette Bandbreite im elektrifizierten Bereich abdecken und damit europaweit führend sein.


bauMAGAZIN: Der M804e ist damit nach der im vergangenen Sommer vorgestellten Funkraupe M201 die zweite Maschine, die für den Einsatz im kommunalen sowie im Forst- und Landschaftspflegebereich angeboten wird. Ist geplant, künftig verstärkt Maschinen für dieses Segment zu entwickeln?
Kirschner: Anfang 2020 haben wir unser Maschinen-Portfolio umbenannt. Ein Element dieser neuen Bezeichnung ist immer der erste Buchstabe, der die Produktfamilie kennzeichnet. »C« steht für »Construction«, also die Baumaschinen-Reihe, »M« steht für »Municipality«, also die Kommunalmaschinenreihe. Wir wollten uns seinerzeit als Unternehmen breit aufstellen, sodass wir in Zukunft auch in weitere Marktsegmente hineinwachsen können. So kann es durchaus sein, dass wir allein auf Basis dieses von uns entwickelten elektrischen Antriebsstrangs weitere Kommunalfahrzeuge entwickeln. Da möchten wir nichts ausschließen. Ähnlich sieht es bei der Raupe aus. Wenn die Rückmeldungen sich weiterhin so positiv entwickeln, kann man natürlich auch über die Produktion einer Schwestermaschine in einer anderen Leistungsklasse nachdenken.

bauMAGAZIN: Bergmann hat seit der Conexpo im Frühjahr vergangenen Jahres in Nordamerika, genauer gesagt im US-Bundesstaat South Carolina, mit Bergmann Americas Inc. ein eigenes Standbein. Wie hat sich der Vertrieb dort seitdem entwickelt, welche Pläne gibt es?
Kirschner: Bergmann Americas Inc. ist ein eigenständiges Unternehmen, das exklusiv für uns als Generalimporteur tätig ist. Es ist also keine Bergmann-Niederlassung, sondern diese Firma kümmert sich unter Nutzung der Marke Bergmann um den Vertrieb unserer Produkte in Nordamerika und baut dort ein Händlernetzwerk auf. Für uns ist das Konzept äußerst attraktiv, weil wir so eine große Schnittstelle sehr gut und nachhaltig managen können. Der Markteintritt auf der Conexpo fand dann wegen Corona unter ganz besonderen Vorzeichen statt, und Herr Bergmann und ich haben uns beim Rückflug schon gefragt: Kann das funktionieren, Bergmann unter diesen Bedingungen als neue Marke in Nordamerika zu etablieren? Jetzt, ein Jahr später, können wir sagen: Wir sind absolut begeistert von den ersten zwölf Monaten. Wir haben nahezu alle Ziele erreicht und sind sehr optimistisch, dass sich diese Dynamik 2021 nochmals er­höht. Damit ist Nordamerika, das kann man jetzt schon nach dem ersten Jahr feststellen, hinsichtlich der totalen Zahlen unser wichtigster Absatzmarkt.

bauMAGAZIN: Und wie sind die Zahlen konkret?
Kirschner: Wir konzentrieren uns in Nordamerika bis jetzt fast nur auf die großen Maschinen der Modelle C815 und C912. Im Gegensatz zu Europa, wo eher unsere Kompakt-Dumper stärker nachgefragt werden. In Nordamerika haben wir seit März vergangenen Jahres gut 80 Großmaschinen ausgeliefert. Das ist für uns ein richtiges Brett. Dabei hat es unser Generalimporteur geschafft, diese Maschinen landesweit an Händler auszuliefern. Bei unserem Partner steht jedenfalls keine Maschine auf dem Hof. Dementsprechend groß ist die Dynamik.
Bergmann: Und das Feedback der Kunden ist sehr, sehr positiv. Die von uns angebotene Leistungsklasse im Bereich von zwölf Tonnen gab es dort wohl so nicht …

bauMAGAZIN: Wie hat sich das Mietgeschäft in Deutschland entwickelt, das neu strukturiert worden ist?
Bergmann: Zusammen mit unseren 22 Händlern funktioniert das sehr gut. Die konzentrieren sich vor allem auf Modelle im Bereich von bis zu neun Tonnen. Im Segment der Großmaschinen unterstützen wir unsere Händler durch unsere derzeit vier Mietstützpunkte dahingehend, dass sie einen schnellen und unkomplizierten Zugriff auf diese Maschinen erhalten.
Kirschner: Das ist ganz wichtig für uns: Wir treten nicht in Konkurrenz zu unseren Vertriebspartnern. Man muss sich das mit unseren Stützpunkten eher so vorstellen wie bei Logistikcentern, die über Deutschland verteilt dafür sorgen, dass unsere Händler auf unseren zentralen Pool zugreifen und so ergänzend Maschinen für die Vermietung ordern können. Das sorgt für eine größere Flexibilität und bietet den Händlern die Möglichkeit, auch mehrere Maschinen im Verbund anbieten zu können, ohne dass es für sie kompliziert wird. Bis zum Sommer wollen wir zusätzlich noch einmal drei Stützpunkte installieren.

bauMAGAZIN: Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Entwicklung des deutschen Baumaschinenmarkts in diesem Jahr?
Kirschner: Wir rechnen mit einer stabilen Entwicklung, und glauben, dass es gerade in diesem Dumper- und Muldenkippersegment noch gewisse Nachholeffekte geben wird. International erwarten wir, dass einige Märkte zurückkommen werden – wie beispielsweise Frankreich, Schweden oder Großbritannien.

bauMAGAZIN: Bergmann Maschinenbau bietet drei Produktgruppen bei den Dumpern an und ist zudem seit Jahren als Zulieferer vor allem für die Automobilindustrie mit der Entwicklung und dem Bau von Fertigungsanlagen sowie der Produktion diverser Komponenten tätig. Wie hat das Unternehmen die Corona-Krise bislang bewältigt?
Kirschner: Der Fahrzeugbau hat sich, unter den gegebenen Umständen, hervorragend entwickelt. Wir haben 2020 einen Umsatzrekord realisieren können. Als es im zweiten Quartal zu Verzögerungen bei unseren Lieferanten kam, haben wir in Absprache mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Betriebsurlaub in die Zeit vorverlegt, in der wir diese Engpässe hatten. Dadurch konnten wir im Sommer voll produzieren und so diese Verzögerungen in der Produktion wieder wettmachen.
Im Automobilbereich, bei den Komponenten, da war es deutlich schwieriger. Wenn VW oder PSA sagt, wir schließen von heute auf morgen unsere Werke, dann betrifft das jeden Zulieferbetrieb weltweit. Damit mussten auch wir umgehen, ohne großartig vorgewarnt zu werden. Deshalb mussten auch wir unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, weil schlichtweg keine Teile abgefragt und auch keine Rohteile mehr angeliefert wurden. Die für 2020 ursprünglich geplanten Gesamtmengen konnten also nicht realisiert werden …
Bergmann: Wenn über zwei oder drei Monate lang Kurzarbeit ein Muss ist, dann kann man die in dieser Zeit aufgelaufenen Rückgänge nicht in der restlichen Zeit des Jahres wieder aufholen. Das funktioniert einfach nicht.
Kirschner: In dieser Gemengelage kam für uns noch erschwerend hinzu, dass einer unserer Gussteil-Lieferanten, die Dieckerhoff Guss GmbH in Gevelsberg, Insolvenz anmelden musste. Wir haben für das Unternehmen abgasführende Bauteile produziert, die zum Beispiel in Fahrzeugen von Mercedes und AMG verbaut wurden. Im Zuge der Insolvenz verlor Dieckerhoff Aufträge, und das hat uns in der Folge natürlich schwer getroffen. Wir mussten daraufhin betriebsbedingt Arbeitsplätze abbauen, was uns sehr schwer gefallen ist.

bauMAGAZIN: Wie viele Arbeitsplätze waren bei Ihnen davon betroffen?
Bergmann: Wir mussten 40 Mitarbeiter entlassen. Die Entlassungen waren eine schlimme Sache für uns als Unternehmen, aber auch für mich persönlich. Das war das erste Mal in unserer 60-jährigen Unternehmensgeschichte, dass wir so etwas machen mussten. Aber mit der Insolvenz war der Auftrag von heute auf morgen weg, und dagegen ist man dann machtlos.
Kirschner: … es gab keine Alternative, so schmerzlich es war. Deshalb ist 2020 für uns insgesamt betrachtet ein Jahr mit vielen gemischten Gefühlen.

bauMAGAZIN: Da schließt sich die nächste Frage an: Der VW-Konzern als einer Ihrer größten Kunden setzt verstärkt auf die Elektrifizierung seiner Fahrzeuge. Welche Konsequenzen hat das für die Produkte, die Bergmann für die Automobil-Industrie produziert?
Bergmann: Wir haben uns schon in den vergangenen Jahren immer weiter auf die Produktion von Achskomponenten konzentriert, was die richtige Strategie war. Diese Teile werden immer benötigt, egal ob die Fahrzeuge elektrisch angetrieben werden oder mit einem Verbrennungsmotor.

bauMAGAZIN: Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Aussichten für Bergmann in diesem und im kommenden Jahr, das dann auch wieder ein Bauma-Jahr ist?
Kirschner: Wir sind grundsätzlich immer Optimisten. Im Jahr 2020 haben wir einen Rekordumsatz im Fahrzeugbau erwirtschaftet, obwohl einige Auslandsmärkte komplett weggebrochen waren. Wenn diese Länder sich erholen plus unsere Entwicklung in den USA und die erwartete stabile Lage in Deutschland – da gibt es für uns absolut überhaupt keinen Grund, nicht optimistisch zu sein. Die Rahmenbedingen sind also robust. Im Fahrzeugbau sehe ich ein Wachstumspotenzial, sodass wir die Auslastung unserer Kapazitäten nochmals optimieren können.
Bergmann: Wir haben in den vergangenen Jahren viel in neue Konzepte und Innovationen investiert. Und das wird sich jetzt auszahlen, da bin ich mir ziemlich sicher. Nehmen wir nur das Beispiel Mietpark: Da können wir jetzt wirklich Fahrzeug-Flotten vermieten und haben dementsprechend ein Standing im Markt. Da bin ich ganz optimistisch. Wenn wir dann noch im nächsten Jahr unser Fahrzeug-Programm in der Elektro-Reihe erweitern, dann …
Kirschner: … insgesamt sind wir mittlerweile sehr breit aufgestellt, nicht mehr abhängig von einzelnen Märkten. Auch nicht von einem Markt wie Deutschland, obwohl das natürlich unser Kern- und Heimatmarkt ist. Wir haben es aber ganz gut geschafft, für unsere verschiedenen Produktgruppen vielseitige Absatzkanäle zu finden. Selbst wenn einmal ein Markt ausfällt, der vor zwei Jahren noch mit zu unseren besten gehörte, dann können wir das heute kompensieren.
Bergmann: Und nicht zu vergessen den Sondermaschinenbau, den wir weiter ausgebaut haben. Und zwar nicht nur hinsichtlich Stahl und Eisen, sondern auch in den Bereichen Steuerung oder Digitalisierung. Da arbeiten wir an ganz tollen Konzepten, und die werden uns in den nächsten Jahren extrem weiterbringen.
Kirschner: Zusammengefasst kann man sagen: Märkte top aufgestellt, Produktportfolio Serienmaschinen sehr gut aufgestellt, Maschinenbau sehr gut aufgestellt. Alle Vorzeichen stimmen also. Und klar, die Bauma ist für uns immer eine wichtige Veranstaltung. Dort wollen wir natürlich wieder alte und neue Kunden überzeugen und uns mit Neuheiten präsentieren.

bauMAGAZIN: Sie haben immer auf die hohe Wertschöpfung in Ihrem Unternehmen verwiesen und darauf, dass es organisch wachsen soll und nicht durch Zukäufe. Wie stellt sich die Situation derzeit dar, welche Investitionen sind für die Zukunft geplant?
Bergmann: In der Akkutechnik wollen wir gewaltig was machen, um künftig ein noch größeres Angebot an E-Fahrzeugen offerieren zu können. Mit dem Baukastensystem, das wir für uns entwickelt haben, können wir in Zukunft auch ganz andere Märkte bespielen …

bauMAGAZIN: Aber Tesla-Gründer Elon Musk hat bei Ihnen noch nicht vorbeigeschaut und sich nach Ihrer Batterie-Technologie erkundigt?
Bergmann: Nee, das noch nicht. Bei uns ist ja nicht die Großserie das Thema, bei uns geht es um kleine Serien. Deshalb haben wir uns für eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie entschieden. Unserer An­sicht nach ist das die beste Kombination, denn die ist sicher. Und darauf kommt es ja bei einer Baumaschine an.
Kirschner: Die meisten Automobilhersteller verbauen Lithium-Ionen-Batterien, die technisch natürlich sehr leistungsstark sind, gleichzeitig aber auch ein gewisses Sicherheitsrisiko mitbringen in Bezug auf Löschfähigkeit im Brandfall. Das müssen wir beim Bau unserer robusten Baumaschinen natürlich berücksichtigen. Andererseits sind Blei-Batterien, wie sie bis heute in Baumaschinen zum Einsatz kommen, aus unserer Sicht technisch veraltet. Die Kombination aus Sicherheitsaspekt bei einer Baumaschine und Vorteile der Lithium-Technologie haben wir so auf dem Markt nicht gefunden und deshalb in Eigenregie umgesetzt.

bauMAGAZIN: Corona hat Ihnen und Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Jahr 2020 die Jubiläumsparty zum 60-jährigen Bestehen des von Ihrem Vater Hermann Bergmann gegründeten Unternehmens vermasselt. Wie groß war Ihr Ärger darüber und wird noch richtig nachgefeiert, wenn die Pandemie überstanden ist?
Bergmann: Wir werden noch irgendetwas machen, ganz bestimmt. Aber wir sind ein Familienbetrieb. Und als solcher können wir nicht einerseits feiern, andererseits Mitarbeiter entlassen. Das verträgt sich nicht. Wenn wir alles bewältigt haben und Corona vorbei ist, werden wir auch feiern. Dann wird es eben »60 plus x«, ich weiß es heute nicht. Aber die Vorzeichen dafür müssen einfach andere sein.    M

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